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Millionen Menschen von Überschwemmungskatastrophe in Pakistan betroffen *

Die pakistanische Provinz Sindh steht nach exzessiven Niederschlägen und ausgedehnten Überschwemmungen unter Wasser. In Sindh gießt es seit Wochen nahezu ununterbrochen. In den zehn am schwersten betroffenen Distrikten registrierte man in den letzten drei Monaten eine Niederschlagsmenge, die das jährliche Mittel um das fast Siebenfache übertraf.

Die Folge: Überschwemmungen des Hauptflusses Indus, brechende Dämme, Deiche und Uferbefestigungen, Fluten nicht nur in den Küstenregionen, sondern auch in der Thar-Wüste. Mindestens fünf Millionen Menschen sind in Mitleidenschaft gezogen. Über 300 starben bisher. Zwei Millionen Familien brauchen dringend Soforthilfe. 400000 erhielten eine Notunterkunft in Lagern. Laut der National Disaster Management Authority erkrankten 2,3 Millionen Bürger an Durchfällen, Malaria, Augen- und Hautleiden. 7000 Schlangenbisse wurden bislang registriert.

1,4 Millionen Behausungen in fast 32000 Dörfern wurden zerstört oder schwer beschädigt. 95 Prozent der Ernte in Sindh, Baumwolle, Zuckerrohr, Tomaten, Zwiebeln, Chili, Datteln und Bananen, auf 1,15 Millionen Hektar wurden vernichtet. 80000 Stück Vieh kamen um. 80 Prozent aller Trinkwasserreserven wurden verschmutzt oder zerstört.

»Wir glauben, es ist schlimmer als voriges Jahr, weil es sich zum großen Teil um die gleiche Bevölkerungsgruppe handelt, die unter der Megaflut 2010 zu leiden hatte«, schätzte Neva Khan, der Pakistan-Direktor der Hilfsorganisation Oxfam, ein. Schon während der Monsunzeit im Vorjahr waren 21 Millionen Menschen von den weit ins Land vordringenden Wassermassen des Indus und anderer Flüsse entwurzelt und ins Elend gestürzt worden. Mehr als 2000 Tote waren zu beklagen. Ein solches Desaster hatte es zuvor in Pakistan noch nicht gegeben.

Obwohl Behörden und Nichtregierungsorganisationen, die Armee und Marine Pakistans im Einsatz sind, hagelt es Kritik: Die Regierung habe aus der Tragödie 2010 nichts gelernt und die Warnungen der Meteorologen und Katastrophendienste vor den diesjährigen Monsunniederschlägen nicht ernst genommen. Internationale finanzielle Hilfe sei vergeudet und durch Korruption in private Taschen geleitet worden. Ein von der Weltbank finanziertes Projekt am Indus im Distrikt Badin, das Überschwemmungswasser ableiten sollte, sei eklatant fehlerhaft verwirklicht worden und fördere jetzt sogar die Überflutungen.

* Aus: junge Welt, 20. September 2011


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