Nahostkonflikt: Die Ereignisse ab Juni 2002
Zusammengestellt aus Agenturmeldungen
1. - 9. Juni 2002
Die israelische Armee setzte am 1. und 2. Juni ihre Militäraktionen in verschiedenen Palästinenserstädten fort. Einheiten kontrollieren bzw. besetzten das Flüchtlingslager von Tulkarem sowie die Städte Nablus, Kalkilja und Bethlehem. Am 1. Juni sollen Hunderte von Palästinensern festgenommen worden sein.
Unterdessen laufen die diplomatischen Bemühungen um eine Lösung des Konflikts wieder an. Der EU-Außenbeauftrage traf sich am 2. Juni zu einem Gespräch mit dem israelischen Außenminister Schimon Peres. Peres sagte nach dem Gespräch, es gehe jetzt darum, Israelis und Palästinenser wieder an den Verhandlungstisch zu bringen. Auch die arabischen Naqchbarn hätten Verständnis für eine Regionalkonferenz.
Auch der US-Gesandte William Burns el auf und führte am 2. Juni Gespräche mit Israels Verteidigungsminsietr Ben-Elieser und mit Ariel Scharon. Burns hatte in den Tagen dzuvor bereits mit Arafat über eine Reform der palästinensischen Sicherheitsdienst gesprochen.
Am Abend des 3. Juni traf auch der CIA-Chef George Tenet in der Region ein. Er soll den Palästinensern bei der Umstrukturierung der Sicherheitsdienste helfen.
Am 3. Juni umstellte die israelische Armee das Flüchtlingslager Ain Bet Ilma und verhaftete alle männlichen Lagerbewohner zwischen 15 und 50 Jahren, rund 400. Sie wurden abtransportiert und in einem israelischen Militärstützpunkt verhört. Die meisten von ihnen seien anschließend wieder freigelassen worden.
Israelische Panzer drangen auch in die Stadt Kalkilja ein und verhängten ein Ausgehverbot.
Im Flüchtlingslager Balata im Westjordanland haben israelische Soldaten acht ausländische Friedensaktivisten festgenommen und der israelischen Polizei zwecks Abschiebung übergeben.
Das höchste palästinensische Gericht ordnete am 3. Juni die sofortige Freilassung des PFLP-Chefs Ahmed Saadat an. Israel wirft Saadat vor, Drahtzieher des Mordes an dem israelischen Tourismusminister Rechavam Zeevi zu sein. Saadat war im Mai nach internationaler Vermittlung mit vier weiteren verurteilten Männern aus dem Hauptquartier Arafats in ein Gefängnis nach Jericho gebracht worden, wo sie von britischen und US-Beobachtern bewacht werden. Israeles Premier Ariel Scharon, er werde alles unternehmen, dass Saadat nicht frei komme. Er leiß israelische Armeeverbände an den Stadtrand von Jericho vorrücken. Arafat setzte des Beschluss des obersten Gerichts wegen "quasi höherer Gewalt" aus.
Israel hat unterdessen mit dem Bau einer großen israelischen Siedlung im arabischen Ostjerusalem begonnen. Der Bauherr habe alle nötigen Genehmigungen von der Jerusalemer Stadtverwaltung erhalten. Dagegen haben Palästinenser geltend gemacht, dass Teile des Baulands ihnen gehörten.
Am 4. Juni legte CIA-Chef George Tenet Palästinenserpräsident seine Pläne zur Reorganisation des palästinensischen Sicherheitsapparats vor. Statt einem Dutzend diverser Dienste soll es künftig nur noch vier geben. Deren Hauptaufgabe soll nach amerikanischem Willen in der Verfolgung islamistischer Extremisten liegen.
Am 5. Juni verübte ein palästinensischer Attentäter in Nordisrael mit einer Autobombe einen Anschlag, bei dem 16 Israelis, die meisten von ihnen junge Soldaten, ums Leben kamen. (Später erlagen zwei weitere Opfer ihren Verletzungen, sodass die Zahl der Toten auf 18 stieg.) Die Gruppe Dschihad (Heiliger Krieg) bekannte sich zu dem Attentat. Es sollte an den 35. Jahrestag der im Sechs-Tage-Krieg von 1967 erfolgten Besetzung von Gaza und Westbank erinnern. Gleichzeitig war es natürlich ein Signal gegen die Gespräche, die zuvor Tenet mit Arafat geführt hat. Es war die verheerendste Explosion seit dem Anschlag auf eine jüdische Pessahfeier in Netanja Ende März - damals Anlass für Israel zur bisher größten Militäroffensive gegen Palästinensergebiet.
Die Palästinenserbehörde verurteilte den Anschlag und kündigte an, die Aktivisten des Dschihad festnehmen zu wollen. Israel wertete das Attentat dagegen als Beweis dafür, dass die Regierung Arafats mit einem "Terrorregime" gleichzusetzen sei. Im israelischen Sicherheitskabinett gab es unterschiedliche Meinung über eine angemessene Reaktion auf den Anschlag.
Die Reaktion auf den Anschlag vom 5. Juni ließ nicht lange auf sich warten. Am 6. Juni griffen israelische Panzer und Planierraupen das Hauptquartier von Arafat in Ramallah an. Ein Leibwächter Arafats wurde getötet, sieben Sicherheitskräfte verletzt. Mehrere Gebäude wurden dem Erdboden gleichgemacht. Arafat sprach in einer ersten Reaktion von einer "faschistischen" Aktion.
Am 7. Juni drang die israelische Arme wieder in die autonome Stadt Dschenin ein. Erst einen Tag zuvor hat sich die Armee aus Nablus wieder zurückgezogen. In anderen Städten wurde der Belagerungsring indessen enger gezogen. Bei Razzien in mehreren Flüchtlingslagern bei Tulkarem, Bethlehem und Hebron nahmen israelische Soldaten nach eigenen Angaben acht mutmaßliche Extremisten fest. Einen Friedesnplan des ägyptischen Präsidenten Mubarak, der für eine palästinensische Unabhängigkeit in mehreren Etappen plädiert, lehnte Arafat inzwischen ab. Er bevorzuge nach wie vor den saudi-arabischen Friedensplan.
Beim Besuch des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak in den USA gabe es unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich des Nahost-Friedensprozesses zwischen ihm und dem US-Präsidenten. Bush hatte Mubarak auf dem Landsitz camp David empfangen. Bush sagte vor der Presse, er halte es für verfrüht, einen konkreten Zeitplan für die Schaffung eines Palästinenserstaates vorzulegen. Von Arafat verlange er, dass er alles in seiner Macht stehende tut, um die Anschläge gegen Israel zu stoppen. Demgegenüber bekräftigte Mubarak, ein solcher Zeitplan sei notwendig, damit das palästinensische Volk wieder Hoffnung bekäme. Mubarak forderte den Rückzug der israelischen Armee aus den Autonomiegebieten und einen Stopp des Siedlungsbaus.
Am 8. Juni wurden im Westjordanland zwei jüdische Siedlungen (Karmei und Jizchar) überfallen. Drei israelische Soldaten starben, zwei palästinensische Angreifer wurden erschossen.
An der Küste des Gaza-Streifens erschoss die israelische Marine am 8. Juni zwei schwer bewaffnete Palästinenser, die schwimmend nach Israel vordringen wollten. Drei weitere Palästinenser wurden von einer offenbar von ihnen selbst platzierten Bombe getötet.
Der Informationsminister der Palästinenserbehörde, Yassir Abed Rabbo, teilte am 9. Juni mit, die Regierung werde von 31 auf 21 Minister verkleinert.
In einem Beitrag für die New York Times schreibt Ariel Scharon am 9. Juni, er teile die Auffassung des US-Präsidenten Bush, der einen festen Zeitplan für die Gründung eines Palästinenserstaates ablehnt. Gleichzeitig wiederholte Scharon seine Kritik an der Palästinenserführung, die "terroristische Attacken gegen israelische Menschen bewusst unterstützt" und "terroristische Gruppen wie Hamas und Islamischer Dschihad" nicht unterdrückt habe.
10. - 15. Juni 2002
Unbeeindruckt von dem Bemühen der Palästinenserbehörde, ihre eigene Verwaltung zu reformieren (z.B. Verkleinerung des Kabinetts), marschierte die israelische Armee auch am 10. Juni wieder in Ramallah ein, umstellte das Hauptquartrier Arafats und verhängte eine Ausgangssperre über die Stadt. 50 Palästinenser wurden festgenommen. Im Stadtzentrum nehmen die israelischen Soldaten ein Funkhaus ein, in dem u.a. ausländische TV-Stationen untergebracht sind.
An der Umbildung des palästinensischen Kabinetts fand weder die israelische Regierung noch die islamistische Hamas-Organisation Gefallen. Hamas geißelte die Reform als "Produkt der US-Einmischung inn interne Angelegenheiten", Israels Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser sprach von der "Rückkehr der alten Generation". Wichtigste Änderungen, bei denen Arafat den US-Wünschen entgegenkam: Es wurde ein Innenminister ernannt, der den Polizeiapparat entschlacken und kontrollieren soll: Abdel Rasak al Jehihe. Zum Finanzminister berief Arafat den Regionaldirektor der Arabischen Bank, Salam Fayyed, der früher auch einmal bei der Weltbank tätig war.
In der Nacht zum 11. Juni rückten israelische Truppen in mehrere palästinensische Orte im Westjordanland ein, angeblich auf der Suche nach Attentätern. Im Gazastreifen wurde ein Palästinenser erschossen.
Die Belagerung von Arafats Hauptquartier dauert an. In Ramallah wurden 30 Palästinenser festgenommen; die israelische Armee sagte, dabei wurden zwei Autobomben sichergestellt.
In Hebron wurden zwei Männer, denen Kollaboration mit Israel vorgworfen wurde, von Palästinensern erschossen.
In Washington, wo sich Ariel Scharon aufhielt, gab US-Präsident Bush der israelischen Regierung Rückendeckung für die Militäraktionen. Bush bezeichnete sie als legitime Selbstverteidigung. Da kein Vertraeun zur Palästinenser-Regierung bestehe, sei die Zeit auch noch nicht reif für eine Nahost-Friedenskonferenz.
Bei einem palästinensischen Selbstmordanschlag in der israelischen Stadt Herzlia bei Tel Aviv sind am 11. Juni der Attentäter getötet und zahlreiche Israelis verletzt worden. Im Westjordanland wurden drei israelische Jugendliche durch eine Bombe in der Nähe ihres Schulbusses verletzt worden.
Israel hat nicht die Absicht, das Statut für den Internationalen Strafgerichtshof zu ratifizieren. Justizminister Jacob Galanti sagte am 12. Juni, das Risiko sei zu groß, dass das Gericht "für politische Zwecke missbraucht" würde. Einen Tag zuvor hatte der israelische Chefankläger Eliakim Rubinstein das Parlament darüber informiert, dass Israel mit einer Anklage rechnen müsse, weil die Ansiedlung israelischer Bürger in den besetzten Gebieten gegen internationales Recht verstößt. Hochrangige Politiker oder Offiziere könnten im Ausland festgenommen oder verfolgt werden.
Am 12. Juni wurden bei einem Selbstmordanschlag in Tel Aviv der palästinensische Attentäter und eine 15-jährige Israelin getötet. Sechs bewaffnete Palästinenser wurden erschossen, weil sie angeblich eine jüdische Siedlung angreifen wollten. Palästinensischen Angaben zufolge wurde außerdem ein 9-jähriges Kind bei Nezarim von einem israelischen Geschoss getötet.
Einer der Wortführer der israelischen Soldaten, die es ablehnen, in den besetzten Gebieten Dienst zu tun (sog. "Refusniks") wurde am 12. Juni wegen Befehlsverweigerung zu 35 Tagen Haft verurteilt.
In der Nacht zum 13. Juni zog sich die israelische Armee aus Ramallah wieder zurück. Nachdem auch die Blockade um den Präsidentensitz aufgehoben wurde, konnte Arafat die erste Sitzung seines neuen Kabinetts einberufen.
Israel setzte aber die Militäraktionen in den besetzten Gebieten fort. 20 Panzer sollen in den Ort Tubas in der Nähe von Dschenin eingerückt sein. Die israelischen Soldaten durchsuchten Haus für Haus. Dabei kam es auch zu Schusswechseln und Verletzten auf beiden Seiten.
Am 14. Juni verkündete der israelische Verteidigungsminister Ben-Elieser, im nächsten halben Jahr ein erstes, 110 km langes Teilstück eines "Walls" zwischen Israel und den Palästinensergebieten zu errichten. Baubeginn soll der 16. Juni sein. Später soll das Bauwerk aus Mauern und Schützengräben 350 km lang und mit elektronischen Überwachungsgeräten ausgestattet sein.
Nach Gesprächen mit dem saudischen Außenminister Saud al Feisal äußerte sich US-Präsident nicht mehr so ablehnend gegenüber der Idee eines palästinensischen Übergangsstaats. Er sagte, es müssten Institutionen geschaffen werden, um einen Palästinenserstaat aufzubauen. Auch Außenminister Powell sagte bei einem G-8-Treffen in Whistler (Kanada), ein Übergangsstaat werde von allen Beteiuligten in Betracht gezogen.
Nach einem Messerangriff auf einen jüdischen Siedler ist ein Palästinenser in der Nähe von Kadumim (Westjordanland) erschossen worden. Am Abend des 14. Juni rückte die israelische Armee mit zahlreichen Panzern auch wieder in Tulkarem ein, zog sich aber einige Stunden später wieder zurück.
Der palästinensische Minister für internationale Zusammenarbeit, Nabil Schaath, forderte am Freitag in Washington einen zweijährigen Fahrplan für die Gründung des Palästinenserstaates. Zuvor hatte er mit US-Außenminister Colin Powell gesprochen.
Am 15. Juni marschierte die israelische Armme in Dschenin ein: Besetzung in den Morgenstunden, später wieder Rückzug. Es soll keine Verhaftungen gegeben haben.
16. - 21. Juni 2002
Am 16. Juni wurde bekannt, dass israelische Offiziere bereits am 4. Juni in Tel Aviv erklärt hätten, ihnen lägen keine Angaben vor, wonach EU-Budgetzuschüsse an die palästinenische Autonomiebehörde für Waffenkäufe oder zur Unterstützung von Terroraktionen zweckentfremdet worden wären. Auch in Washington, so verlautete aus dem US-Außenministerium, lägen keine Anhaltspunkte dafür vor.
Unter zahlreichen Protesten von palästinensischer Seite und von israelischen Friedensgruppen begann Israel am 16. Juni mit dem Bau des umstrittenen Walls an der Grenze zum Westjordanland.
Israel dementierte einen Bericht der Washington Post vom 15.06.2002, wonach die israelische Marine ihre in Deutschland gebauten U-Boote mit Marschflugkörpern ausgestattet habe, die auch Atomsprengköpfe tragen können.
Währen Ariel Scharon am 17. Juni noch einmal seinen Standpunkt erklärte, für einen Palästinenserstaat sei es zu früh, sagte sein Außenminister Schimon Peres, er erwarte von der angekündigten Erklärung des US-Präsidenten Bush, dass sie "klar eine bereits bekannte Vision enthält: zwei Staaten für zwei Völker".
Die EU will ihre Finanzhilfen für die Autonomiebehörde fortsetzen, sagte EU-Außenkommissar Chris Patten am 17. Juni. Gleichzeitig setzten die EU-Außenminister die Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) und die Al-Aksa-Brigaden auf ihre Liste terroristischer Organisationen.
Bei einem der folgenschwersten Selbstmordattentate auf einen israelischen Linienbus in Jerusalem starben am 18. Juni mindestens 19 Menschen, darunter zahlreiche Schulkinder; 50 Personen wurden verletzt. Scharon eilte persönlich zum Tatort und versprach eine Fortsetzung seines Kampfes gegen den "palästinensischen Terrorismus". Indirekt sprach er den US-Präsident an, als er sagte: "Über welche Art von Palästinenserstaat sprechen sie? ... Das Schreckliche, das wir heute sehen, ist eine Fortsetzung des palästinensischen Terrorismus, und dieser Terrorismus muss bekämpft werden. Das ist es, was wir tun." Scharon und sein Verteidigungsminister Ben-Elieser kündigten nach einer Beratung mit der Armeeführung Vergeltung an. - Das Attentat wurde auch vom Informationsminister der Autonomiebehörde, Yassir Abed Rabbo, verurteilt. Der Anschlag, sagte er, diene nur den "aggressiven Plänen von Ariel Scharon".
Am 19. Juni kam es zu einem weiteren Attentat: An einer Bushaltestelle in Jerusalem sprengte sich ein Attentäter in die Luft und riss sechs Menschen mit in den Tod. 35 Personen wurden verletzt.
Zuvor hat das israelische Sicherheitskabinett mitgeteilt, auf terroristische Aktionen werde man mit der "Besetzung von Gebieten der palästinensischen Autonomiebehörde antworten. Diese Gebiete werden von Israel so lange besetzt gehalten, wie der Terror andauert." Außerdem wurde beschlossen, "eine Reihe militärischer Aktionen gegen die palästinensische Autonomiebehörde zu unternehmen". Auch denke man an die Ausweidung führender Palästinenser. Arafat sei aber nicht gemeint.
Seit dem Anschlag vom Vortag sind in Israel rund 1.200 Palästinenser festgenommen und zum größten Teil ins Westjordanland abgeschoben worden. Israelisches Militär rückte in Kalkilja, Nablus und Dschenin ein. Aus der Umgebung Arafats war zu hören, dass jede Form des Widerstands gegen die Besetzung legitim sei.
US-Präsident Bush hat seine für den 19. Juni angekündigte Erklärung zum Nahen Osten verschoben.
In Palästina haben 55 führende Palästinenser dazu aufgerufen, die Selbstmordanschläge sofort zu beenden.
Am Abend des 19. Juni hat Israel seine Militäraktionen im Westjordanland ausgeweitet. Nun wurde auch Tulkarem besetzt. Auch im Gazastreifen wurden mehrere Ziele mit Hubschraubern angegriffen. Die Palästinenser meldetetn 13 Verletzte.
Ariel Scharon nannte am 20. Juni die Autonomiebehörde eine "Terrororganisation". Sie stehe hinter den Anschlägen und bilde mit dem Irak, Iran, Syrie und Osama bin Laden eine "Achse des Terrors".
Am Abend des 20. Juni starben fünf Israelis nach einem Anschlag auf die jüdische Siedlung Itamar im Westjordanland, darunter eine Mutter und ihre drei Kinder.
Am 21. Juni beschloss das israelische Sicherheitskabinett eine neue Strategie, wonach palästinensisches Gebiet "entsprechend der Notwendigkeit und bis zum Erreichen der Ziele" besetzt werden solle. Außerdem sollten weitere Reservisten mobilisiert werden. Am selben Tag sind bei israelischen Militäraktionen in Dschenin und anderen Städten mindestens zehn Palästinenser getötet worden.
Nach einem Bericht der israelischen liberalen Zeitung Haaretz vom 21. Juni hat sich Arafat für die Annahme des Clinton-Friedesnplans vom Sommer 2000 ausgesprochen. Dieser Plan sah vor, dass die Palästinenser einen Staat auf 95 Prozent der Fläche des Westjordanlands und des Gazastreifens erhalten.
Die Vereinten Nationen haben ihre Mitglieder aufgefordert, 57,7 Mio. € für den Wiederaufbau palästinensischer Flüchtlimngslager zu spenden.
22. - 30. Juni 2002
Am 22. und 23. Juni sind wieder palästinensische Städte im Westjordanland von israelischem Militär besetzt worden. Die Armeeführung kündigte an, sie werde so lange bleiben, bis die Terroranschläge gegen Israel aufhörten. Verteidigungsminister Ben-Elieser bezeichnete die Aktionen als legitime Maßnahme zur Selbstverteidigung. Am 23. Juni ist eine Reservistenbrigade einberufen worden. Der Armeerundfunk meldete, Tausende Reservisten würden mindestens einen Monat zum Einsatz kommen.
Die angekündigte Rede von US-Präsident Bush zur Lage im Nahen Osten ist erneut verschoben worden. Wie es heißt, gibt es in der US-Administration unterschiedliche Standpunkte darüber, welche Voraussetzungen die Palästinenser erfüllen müssten, um einen eigenen Staat gründen zu können.
Der Amtssitz des Palästinenserpräsidenten in Ramallah ist am 24. Juni erneut (zum dritten Mal in diesem Monat) von israelischem Militär umstellt worden.
Palästinensische Sicherheitskräfte stellten den Hamas-Führer Scheich Ahmed Yassin im Gazastreifen unter Hausarrest. Hamas habe sich nicht an die Aufforderung Arafats gehalten, die Selbstmordanschläge einzustellen.
In Dschenin zerstörte israelischesw Militär ein Gebäude, in dem eine Werkstatt zum Bau von Raketen und Sprengsätzen untergbracht gwesen sein soll.
Im Süden des Gazastreifens beschossen isrealische Kampfhubschrauber zwei Fahrzeuge. Dabei sind sechs Menschen getötet worden, nach israelischen Angaben handelte es sich um Hamas-Mitglieder, darunter auch der Chef des örtlichen militärischen Arms der Hamas, Yassir Rasak.
Am 25. Juni hielt US-Präsident Bush endlich die mehrfach verschobene
Rede zum Nahost-Konflikt. Darin macht er eine palästinensische Staatsgründung abhängig von der Ablösung Arafats als Chef der Autonomiebehörde. Die Rede wurde von Ariel Scharon begrüßt, stieß im Ausland aber überwiegend auf Kritik.
Mit Ausnahme von Jericho sind mittlerweile (am 25. Juni) wie3der alle Palästinenserstädte im Westjordanland von israelischem Militär besetzt. Wenige Stunden nach der Rede von George Bush hat die israelische Armee das Hauptquartier der Palästinenserbehörde in Hebron gestürmt. Dabei sind vier palästinensische Polizisten getötet worden. Die Armee verhängte ein Ausgehverbot über die Stadt und gab bekannt, dass sie eine große Zahl mutmaßlicher Terroristen festgenommen habe.
Ein Brüsseler Berufungsgericht entschied am 26. Juni, dass in Belgien keine Anklage gegen den israelischen Premier Ariel Scharon wegen dessen Verantwortung für die Massaker von 1982 in den palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Schatila (Libanon) erhoben werde. Eine solche Anklage sei nicht möglich, solange der Angeklagte nicht in Belgien selbst gestellt werde.
Im Januar 2003 soll es in den palästinensischen Autonomiegebieten Präsidenten- und Parlamentswahlen geben, teilte der palästinensische Minister Saeb Erekat am 26. Juni in Jericho bekannt.
Im palästinensischen Flüchtlingslager Dschenin wurde ein sechsjähriges Kind von israelischen Soldaten erschossen.
Die Aktionen des israelischen Militärs im Westjordanland wurden auch am 27. Juni ausgeweitet. Bei Nablus wurde bei einem Feuergefecht in einem Flüchtlingslager ein Palästinenser getötet, zwei weitere wurden verletzt. In Hebron griffen Kampfhubschrauber das Hauptquartier der palästinensischen Sicherheitskräfte an. Nach palästinensischern Angaben halten sich in dem umstellten Gebäude 15 Mitglieder militanter Gruppen auf.
Yassir Arafat unterstellte am 27. Juni mit einem Erlass die Polizei, die Sicherheitskrfte und den Zivilschutz der Aufsicht durch das neue Innenministerium.
Während die Islamische Konferenz als Reaktion auf die Rede des US-Präsidenten ausdrücklich hervorhob, weiter an Arafat festhalten zu wollen, erklärten die Organisationen Hams und Dschihad, sie lehnten die von Arafat angekündigten Wahlen im Januar nächsten Jahres ab, und zwar vor allem deshalb, weil die Ankündigung auf Druck der USA erfolgt sei.
Am 27. Juni eröffneten israelische Soldate das Feuer auf eine Gruppe von menschen und verletzten dabei drei Schüler, darunter einen Neunjährigen, schwer. Die Streitkräfte sagten später, die Soldaten hätten nicht adäquat gehandelt.
Der Gipfel der G-8-Staaten im kanadischen Kananaskis hat sich in der Abschlusserklärung am 28. Juni nicht hinter die Position Bushs gestellt, Arafat fallen zu lassen.
In mehreren Orten des Westjordanlands verhafteten auch am 28. Juni israelische Soldaten verdächtige Palästinenser. Insgesamt besteht zur Zeit für 575.000 Palästinenser eine Ausgangssperre.
Am 28. Juni begann die israelische Armee, mit Bulldozern die Mauern des palästinensischen Hauptquartiers in Hebron einzureißen und das festungsähnliche Gebäude mit Panzern zu beschießen. Der palästinensische Minister Talal Sidr hatte nach einem Besuch im Hauptquartier erklärt, er hätte niemanden mehr angetroffen. Er schloss aber nicht aus, dass in Teilen des Gebäudes noch Menschen seien. In der Nacht zum 29. Juni wurde das Gebäude gestürmt. Nach Augenzeugen habe es eine schwere Explosion gegeben, mit der die im Gebäude vermuteten Palästinenser zur Aufgabe gezwungen werden sollten. Danach hat die israelische Armeeführung bekannt gegeben, dass alle 15 Palästinenser, die sich im Gebäude aufgehalten hatten, getötet worden seien. Es habe sich um Mitglieder der Fatah-Organisation, der auch Arafat angehört, gehandelt. Israelische Militärkreise priesen die Aktion als "großartigen Erfolg". Die Suche nach den 15 Palästinensern indessen verlief am 30. Juni ergebnislos. Palästinensische Sicherheitsbeamte sagten, es hätte sich zum Zeitpunkt des israelischen Angriffs niemand mehr im Gebäude befunden. Es wird spekuliert, ob die Vermissten durch ein unetrirdisches Tunnelsystem geflohen sind.
Am 30. Juni begannen die Israelis mit dem Bau des Grenzzauns um Jerusalem. Er soll 50 km lang werden und dient u.a. dem Schutz der jüdischen Siedlung Gilo an der östlichen Stadtgrenze.
Bei der Explosion einer Sprengladung unter einem vorbeifahrenden Personenzug sind am 30. Juni südöstlich von Tel Aviv zwei Menschen verletzt worden. Die Polizei vermutet einen Anschlag palästinensischer Extremisten.
Nach einem Zeitungsbericht in der "Yediot Aharonot" plant Israel offenbar die Auflösung der israelisch-palästinensischen Verbindungsbüros. Ein Zeitpunkt dafür wurde aber nicht angegeben. Die Verbindungsbüros waren nach den Friedensverträgen von Oslo 1993 eingerichtet worden und gelten als letztes Symbol für die Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen.
US-Außenminister Powell sagte im Fernsehen, eine Nahost-Konferenz in diesem Sommer werde es wohl nicht geben. Es sei jetzt nicht die Zeit über eine Konferenz zu sprechen.
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