Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

16. bis 31. August 2006

Chronologie der Ereignisse

Mittwoch, 15. August, bis Sonntag, 20. August
  • Die deutsche Beteiligung an der UN-Friedenstruppe im Libanon nimmt immer konkretere Formen an: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will mit den Koalitionsspitzen im bayerischen Bayreuth über das Engagement im Libanon beraten. Nach Regierungsangaben ist eine endgültige Entscheidung jedoch noch nicht zu erwarten. Die UNO hofft, die UN-Truppe im Libanon in den nächsten zwei Wochen um bis zu 3.500 Soldaten verstärken zu können. Merkel will sich mit den Parteivorsitzenden von CSU und SPD, Edmund Stoiber und Kurt Beck, sowie Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) treffen. Vizeregierungssprecher Thomas Steg betonte am 16. Aug., dass das Treffen schon seit vielen Wochen geplant gewesen sei, ursprünglich mit dem Ziel, die politische Planung für den Herbst zu besprechen. Eine "definitive politische Entscheidung" sei nicht zu erwarten.
  • Der palästinensische Ministerpräsident Ismail Hanija und Präsident Mahmud Abbas wollen über die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit verhandeln. Eine entsprechende Entscheidung sei bei einem Treffen der beiden Politiker gefallen, sagte Ghasi Hamad, ein Sprecher der Hamas-Regierung, am 16. Aug. Hanija gehört der Hamas an, Abbas der gemäßigteren Fatah-Bewegung. Hanija erklärte, eine solche Regierung könne erst gebildet werden, wenn die von Israel festgenommenen Kabinettsmitglieder und Abgeordneten freigelassen würden. Die bei der Parlamentswahl im Januar siegreiche Hamas und die unterlegene Fatah lieferten sich bis vor wenigen Wochen einen Machtkampf, in dessen Mittelpunkt ein Fatah-Papier zur Zwei-Staaten-Lösung stand. Dieses beinhaltete eine indirekte Anerkennung Israels. Abbas hatte mit einem Referendum über das Dokument gedroht, das die Hamas schließlich akzeptierte.
  • Frankreich hat von Israel ein Ende der Blockade des Libanon gefordert. Die seit dem Beginn der israelischen Offensive am 12. Juli verhängte Sperrung des Zugangs über den See- und Luftweg müsse beseitigt werden, um den Wiederaufbau und die Wirtschaft in Gang zu bringen, sagte der französische Außenminister Philippe Douste-Blazy am 16. Aug. in Beirut. Es sei Aufgabe der libanesischen Regierung zu verhindern, dass keine Waffenlieferungen über ihre Grenzen an die Hisbollah gelangten.
  • Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat Verstöße gegen das Kriegs- und Völkerrecht bei dem Konflikt zwischen Israel und der radikalislamischen Hisbollah-Miliz im Libanon verurteilt. "Mit großer Besorgnis haben wir feststellen müssen, dass die Genfer Konvention und das humanitäre Völkerrecht in dieser kriegerischen Auseinandersetzung nicht immer in ausreichendem Maße beachtet werden", sagte DRK-Präsident Rudolf Seiters am 16. Aug. bei der Vorstellung der Auslandshilfe-Bilanz für 2005 in Berlin. Er erinnerte die Konfliktparteien an die Verpflichtung, zwischen zivilen und militärischen Zielen zu unterscheiden. Das DRK nutze die Waffenruhe, um die Bevölkerung im Libanon mit dringend benötigten Lebensmitteln und Medikamenten zu versorgen. Die Hilfsorganisation rief dringend zu Spenden auf.
  • Die UN-Blauhelmmission UNIFIL hat am 16. Aug. drei Verstöße gegen die Waffenruhe zwischen Israel und der radikalislamischen Hisbollah binnen 24 Stunden registriert. Zwar sei die Vereinbarung zur Einstellung der Feindseligkeiten "im Allgemeinen" eingehalten worden, teilte die UNIFIL mit. Doch seien "drei Vorfälle" beobachtet worden, von denen einer offenbar tödliche Folgen hatte.
  • Der pro-syrische Präsident des Libanon hat die internationale Forderung nach einer Entwaffnung der radikalislamischen Hisbollah zurückgewiesen. Die Schiitenmiliz sei "die einzige Macht der arabischen Welt, die Israel die Stirn geboten" habe, erklärte Emile Lahoud am 16. Aug. in Beirut. "Es ist schändlich, die Entwaffnung des nationalen Widerstands zu fordern, wenn das Blut der Märtyrer noch warm ist."
  • Die Linksfraktion im Bundestag hat das Angebot der Bundesregierung an die UN, Polizisten und die Marine in den Nahen Osten zu schicken, als "verhängnisvolle Fehlentscheidung" kritisiert. Fraktionschef Gregor Gysi erklärte am 16. Aug. in Berlin: "Deutsche Soldaten und Polizisten können als Teil einer internationalen Truppe keine Stabilisierung bewirken, weil jede ihrer Handlungen von der davon betroffenen Seite in historischen Zusammenhängen bewertet würde." FDP-Chef Guido Westerwelle bekräftigte, seine Partei lehne einen Einsatz bewaffneter deutscher Soldaten an der Grenze zu Israel ab.
  • Die israelischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben erste Stellungen im Südlibanon an die UN-Truppe übergeben. Das sagte eine israelische Militärsprecherin am 17. Aug. Der Libanon will heute zunächst 2.500 Soldaten in den Süden des Landes verlagern. Bis zu 15.000 libanesische Soldaten sollen zusammen mit UN-Truppen Angriffe der Hisbollah auf Israel verhindern. Im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York wird heute über die Aufstockung der UN-Truppe im Südlibanon verhandelt.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will am 17. Aug. die Fraktionsspitzen der im Bundestag vertretenen Parteien über den Stand der Überlegungen zu einen deutschen Beitrag im Nahen Osten unterrichten. Wie aus Regierungskreisen verlautete, sind an den Gesprächen auch Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) sowie Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Verteidigungsminister Franz Josef Jung und Innenminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) beteiligt. Derweil sieht Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) kaum Möglichkeiten für die Entsendung von Soldaten des Heeres im Rahmen einer UN-Friedenstruppe für den Nahen Osten. Bei der Marine gebe es dagegen Möglichkeiten, sagte er bei einem Besuch des Mittleren Transporthubschrauberregimentes im nordrhein-westfälischen Rheine.
  • Erstmals seit Beginn der israelischen Angriffe im Libanon ist am 17. Aug. ein Passagierflugzeug auf dem Beiruter Flughafen gelandet. Die Maschine der libanesischen Fluggesellschaft Middle East Airlines kam aus der jordanischen Hauptstadt Amman, wie ein Flughafensprecher mitteilte. Ein Flug der jordanischen Gesellschaft Royal Jordanien wurde am Nachmittag ebenfalls aus Amman erwartet. Der Flughafen von Beirut zählte zu einem der ersten Ziele der israelischen Luftangriffe, die am 12. Juli begonnen hatten.
    Trotz der Landung der ersten Passagierflugzeuge in Beirut seit Beginn des militärischen Konfliktes mit der Hisbollah will die israelische Armee ihre Luftblockade aufrechterhalten. Die Beschränkungen im Flugverkehr blieben in Kraft, solange Israel die von ihm kontrollierten Gebiete im Südlibanon nicht an die UN- und libanesischen Truppen übergeben habe, sagte eine Sprecherin der israelischen Armee am 17. Aug.
  • Der palästinensische Parlamentspräsident Asis Duweik bleibt weiter in israelischem Polizeigewahrsam. Ein israelisches Militärtribunal verlängerte am 17. Aug. den Gewahrsam um fünf Tage bis kommenden Dienstag. Duweik erschien in Fußfesseln und Trainingsanzug vor den Richtern in Ofer nahe Ramallah im Westjordanland. Vor Journalisten bekräftigte er, Israel habe kein Recht, ihn vor Gericht zu stellen. Zugleich kritisierte er erneut scharf die Festnahme dutzender Hamas-Funktionäre, darunter Minister und Abgeordnete, durch die israelische Armee. Nur einige wenige wurden seitdem wieder freigelassen.
  • Mit der Überquerung des Flusses Litani sind erstmals seit 38 Jahren wieder reguläre libanesische Streitkräfte in den Süden des Landes eingerückt. Über eine Behelfsbrücke fuhren am 17. Aug. Armeefahrzeuge mit Panzern und gepanzerte Mannschaftswagen Richtung Süden. Gleichzeitig zog sich die israelische Armee aus dem Südlibanon weiter zurück.
  • Im Bundeskanzleramt hat am Abend des 17. Aug. ein Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Koalitionsspitzen und Fachpolitikern über den deutschen Beitag zu einer Friedensmission im Nahen Osten begonnen. Der Unions-Verteidigungspolitiker Thomas Kossendey (CDU) sagte kurz vor Beginn, die Diskussion dürfe nicht auf den militärischen Aspekt verengt werden. Wichtig sei ein Gesamtkonzept. Sein SPD-Kollege Hans-Peter Bartels betonte, dass der deutsche Beitrag "sicher nicht in Kampftruppen im Grenzgebiet" zwischen Israel und dem Libanon bestehen könne. Für die Opposition beklagte FDP-Fraktionschef Guido Westerwelle die "späte Informationspolitik" der Bundeskanzlerin. Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn sagte: "Es muss ein klares politisches Konzept her, das klar macht, dass es ein vernünftiger und tragbarer Einsatz ist."
    Deutschland hat den Vereinten Nationen eine Entsendung der Bundesmarine zur Friedenssicherung im Nahen Osten angeboten. Dafür müssten allerdings drei Bedingungen erfüllt werden, betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Abend des 17. Aug. in Berlin: Die Einsatzregeln müssten klar sein und die libanesische Regierung sowie der deutsche Bundestag müssten noch zustimmen. Zu einem Kampfeinsatz der Bundeswehr im Südlibanon werde es nicht kommen, versicherte Merkel.
  • Deutschland hat der UNO Einheiten für die geplante Verstärkung der UN-Friedenstruppe im Libanon (UNIFIL) in Aussicht gestellt. Der deutsche UN-Botschafter Thomas Matussek zählte bei einer Truppenstellerkonferenz Die bislang eingegangenen Zusagen von 3.500 Soldaten für den Aufbau einer UN-Friedenstruppe im Südlibanon bleiben weit hinter den Erwartungen zurück. Auf einer Konferenz mit Delegationen aus 49 UN-Staaten bot Bangladesch mit 2.000 Soldaten das größte Kontingent an. Frankreich, das sich zur Führung der UN-Truppe bereit erklärt hat, stellte lediglich die Entsendung von 200 Mann in Aussicht, was in New York mit Enttäuschung aufgenommen wurde. Deutschland will Kräfte der Bundesmarine beisteuern.
  • Die libanesische Armee hat am 18. Aug. erstmals die Grenze zu Israel erreicht. Ein Militärfahrzeug mit der libanesischen Flagge patrouillierte in der Nähe des Dorfes Kfar Kila nur wenige Meter von der Grenzlinie entfernt. Die Dorfbewohner empfingen die Soldaten mit Reis und Hochrufen auf die schiitische Hisbollah-Miliz.
  • Eine Beteiligung Deutschlands an der geplanten UN-Friedenstruppe im Libanon findet bei den Bundesbürgern offenbar wenig Zustimmung. In dem am 18. Aug. veröffentlichten neuen ZDF-"Politbarometer" lehnten 58 Prozent der Befragten eine Beteiligung Deutschlands daran grundsätzlich ab. 26 Prozent wären damit einverstanden, wenn sichergestellt würde, dass deutsche Soldaten nicht in militärische Auseinandersetzungen mit Israel verwickelt würden. Nur 13 Prozent unterstützen eine uneingeschränkte Beteiligung Deutschlands. In dieser Frage gibt es den Angaben zufolge praktisch keine Unterschiede zwischen den Anhängern von Union, SPD, FDP und Grünen. Die Forschungsgruppe Wahlen befragte vom 15. bis 17. August 1259 Wahlberechtigte.
  • Seit Inkrafttreten der Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah Anfang der Woche sind laut UNO rund 500.000 libanesische Flüchtlinge wieder in ihre Heimat zurückgekehrt. "Rund 200.000 Flüchtlinge kehrten in den Südlibanon und weitere rund 200.000 in die südlichen Vororte von Beirut zurück", sagte eine Sprecherin des UN-Welternährungsprogramms am 18. Aug. in Genf. Darüber hinaus passierten nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) 107.000 Menschen, die ins benachbarte Syrien geflohen waren, inzwischen die offiziellen Grenzposten in Richtung Libanon. Die finnische Entwicklungsministerin Paula Lehtomäki ging nach einem Besuch im Libanon davon aus, dass dort durch die wochenlangen Gefechte zwischen 15.000 und 30.000 Häuser zerstört wurden.
  • Israel hat die russische Regierung wegen der Lieferung in Russland hergestellter Panzerabwehrraketen an die Hisbollah kritisiert. Direkte Waffenverkäufe an die Miliz würden Moskau zwar nicht vorgeworfen, hieß es am 18. Aug. aus Regierungskreisen in Jerusalem. Wohl aber der Verkauf an den Iran und Syrien, die die Raketen an die Hisbollah weitergeleitet hätten. Durch Panzerabwehrraketen kamen mindestens 50 der 118 bei den Kämpfen in den vergangenen vier Wochen getöteten israelischen Soldaten ums Leben. Eine israelische Delegation sei bereits Anfang der Woche nach Moskau gereist, erklärte Asaf Schariv, ein Berater des israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert. Das russische Außenministerium erklärte, die Waffenverkäufe würden streng kontrolliert. Ungenauigkeiten bei den Empfängern könnten ausgeschlossen werden, betonte Ministeriumssprecher Michail Kamynin.
  • Ein 19-jähriger Aktivist der radikalen Palästinensergruppe Islamischer Dschihad ist am 18. Aug. von israelischen Soldaten im Gazastreifen getötet worden. Nach Angaben eines Krankenhauses wurde ein zweiter durch Schüsse verletzt, als sich die beiden in der Nähe von Karni im Osten Gazas befanden. Ein Sprecher der israelischen Armee sagte, die zwei Palästinenser seien "verdächtigen Aktivitäten" nachgegangen. Karni ist ein wichtiger Warenumschlagplatz zwischen dem Gazastreifen und Israel.
  • Die Hisbollah-Miliz hat am 18. Aug. in Beirut mit der Entschädigung von Opfern des Kriegs mit Israel begonnen. Wer während der 34 Tage dauernden Kämpfe im Libanon seine Wohnung verloren hat, soll demnach umgerechnet rund 9.500 Euro Bargeld für eine neue Unterkunft und Möbel erhalten. Hisbollah-Führer Scheich Hassan Nasrallah hatte Anfang der Woche im Fernsehen angekündigt, die Miliz werde beim Wiederaufbau des Landes mithelfen und den betroffenen Zivilpersonen finanzielle Mittel zur Verfügung stellen.
  • Israel will nur solche Länder als Mitglied der UN-Friedenstruppe im Libanon akzeptieren, die auch diplomatische Beziehungen zu dem jüdischen Staat unterhalten. "Es wäre schwierig, wenn nicht unbegreiflich, dass Israel Truppen aus Ländern akzeptiert, die Israel nicht anerkennen", sagte der israelische Botschafter bei der UNO, Dan Gillerman, am 18. Aug. dem Radiosender BBC. Israel wäre sehr "froh" darüber, wenn sich moslemische Staaten, mit denen es gute Beziehungen unterhalte, an der UN-Friedenstruppe UNIFIL beteiligten. Es wäre jedoch "ein wenig naiv", von "einem Land, das Israel nicht anerkennt, zu erwarten, das es für die Sicherheit Israels sorgt."
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat Israel zu einer sofortigen Aufhebung der gegen Libanon verhängten Luft- und Seeblockade aufgerufen. Hunderttausende Libanesen müssten dringend mit Hilfsgütern versorgt werden, sagte Annan. Die Beigeordnete Generalsekretärin für humanitäre Angelegenheiten, Margareta Wahlstrom, sagte dem UN-Sicherheitsrat am 18. Aug., die enormen Schäden an Straßen und Brücken durch israelische Luftangriffe stellten das größte Hindernis für Hilfslieferungen dar.
  • Israelische Soldaten haben in der Nacht zum 19. Aug. den stellvertretenden palästinensischen Regierungschef Nasseredin el Schaer von der radikalislamischen Hamas festgenommen. Schaers Frau Huda sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Soldaten seien in ihr Haus in Ramallah eingedrungen und hätten ihren Mann mitgenommen. Nach Angaben palästinensischer Sicherheitsvertreter waren an der Aktion 30 Geländefahrzeuge der Armee beteiligt.
  • Israelische Kampfflugzeuge haben am frühen Morgen des 19. Aug. mehrfach das Bekaa-Tal im Osten des Libanons überflogen, wie aus libanesischen Sicherheitskreisen verlautete. Die Gewährsleute konnten nicht bestätigen, dass es zu Luftangriffen kam, wie ein privater Rundfunksender berichtet hatte. Bereits am Abend des 18. Aug. hatte es geheißen, israelische Kampfflugzeuge und Drohnen hätten das Bekaa-Tal überflogen. Sie hätten aber keine Waffen abgefeuert. Es habe Flugabwehrfeuer gegen die Kampfjets gegeben, hieß es.
  • Die israelische Armee hat am frühen 19. Aug. nach libanesischen Angaben einen Hubschrauber-Einsatz im Osten Libanons geflogen. Ein libanesischer Militärsprecher sagte, der Einsatz in der Nähe von Baalbeck sei von der schiitischen Hisbollah-Miliz zurückgeschlagen worden.
    Trotz der von den Vereinten Nationen ausgehandelten Waffenruhe sind Spezialeinheiten der israelischen Truppen in der Nacht zum 19. Aug. tief im Libanon im Einsatz gewesen, wie die Streitkräfte erklärten. Die Soldaten hätten dort "Terroraktivitäten gegen Israel" unterbinden und vor allem gegen den Waffenschmuggel vorgehen sollen. Die Truppe habe ihren Auftrag erfolgreich erfüllt. Dabei wurden drei Kämpfer der Hisbollah und ein israelischer Offizier getötet.
  • Der libanesische Regierungschef Fuad Siniora hat den nächtlichen Militäreinsatz der israelischen Armee im Libanon als "unverhohlenen Bruch" der vereinbarten Waffenruhe bezeichnet. Der Einsatz der "israelischen Besatzungskräfte" verstoße gegen die Vorgaben des UN-Sicherheitsrates, hieß es in einer am 19. Aug. in Beirut veröffentlichten Erklärung des Regierungschefs.
  • Israelische Soldaten haben den stellvertretenden palästinensischen Ministerpräsidenten Nasser al-Schair festgenommen. Wie aus der regierenden Hamas-Organisation am 19. Aug. verlautete, führten die Soldaten Schair aus seinem Haus in Ramallah ab. In den vergangenen zwei Monaten hätten die israelischen Streitkräfte mehrmals erfolglos versucht, den Vize-Premier und Erziehungsminister festzunehmen. Die israelischen Behörden halten bereits sechs Minister der Hamas- Regierung und zwei Dutzend Abgeordnete fest.
  • Trotz der geltenden Waffenruhe will Israel auch weiterhin mit militärischen Mitteln Waffenlieferungen an die Hisbollah-Miliz im Südlibanon verhindern. Israel unterbinde damit Lieferungen aus Syrien, sagte Umweltminister Gideon Esra am 20. Aug. im öffentlichen Rundfunk. Solange die libanesische Armee oder die internationalen Truppen noch nicht aufgestellt seien, werde die israelische Armee ihre Flüge in der Region fortsetzen. Esra steht Regierungschef Ehud Olmert nah.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat sich "tief betroffen" über den Bruch der Waffenruhe im Libanon durch Israel gezeigt. In einer Mitteilung der Vereinten Nationen vom 19. Aug. hieß es, Israel habe mit seiner Militäraktion im Osten des Libanons die Resolution des UN-Sicherheitsrats über das Ende der Feindseligkeiten verletzt. Annan rief alle Konfliktparteien auf, das Waffenembargo strikt zu beachten, höchste Zurückhaltung an den Tag zu legen und provozierende Aktionen zu vermeiden. Der Generalsekretär erörterte die Vorfälle mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert und dem libanesischen Regierungschef Fuad Siniora. Dieser hatte zuvor den Militäreinsatz als "unverhohlenen Bruch" der Waffenruhe kritisiert. Beirut hatte außerdem angekündigt, dass die in der UN-Resolution vorgesehene Stationierung von Regierungssoldaten im Südlibanon abgebrochen werden könne, falls die UNO den israelischen Vorstoß gegen die Waffenruhe nicht verurteile.
  • Der libanesische Regierungschef Fuad Siniora hat Israel vorgeworfen, mit seiner siebenwöchigen Offensive im Libanon "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" begangen zu haben. Die Offensive sei "ein krimineller Akt" gewesen, der den "Groll" Israels sowie seinen Willen zeige, den Libanon und dessen staatliche Einheit zu zerstören, sagte Siniora am 20. Aug. bei einem Besuch der stark zerstörten schiitischen Vororte von Beirut.
  • Die israelische Armee hat am 20. Aug. den Generalsekretär des Palästinenserparlaments, Mahmud el Ramhi, festgenommen. Die Soldaten kamen in Geländewagen und umstellten in der Nähe von Ramallah das Domizil des Mitglieds der radikalislamischen Hamas, wie ein AFP-Reporter berichtete. Ramhi ist die Nummer drei des palästinensischen Parlaments nach dessen Präsidenten und Vizepräsidenten. Am Vortag hatte die israelische Armee den palästinensischen Vizeregierungschef Nasseredin el Schaer festgenommen. Am 5. August nahm die Armee außerdem den Parlamentspräsidenten Asis Duweik fest.
  • Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hat die italienische Regierung am 20. Aug. gebeten, die Führung der UN-Friedenstruppe im Libanon (UNIFIL) zu übernehmen. Zugleich forderte Olmert, dass sich an der Mission nur Länder beteiligen, die diplomatische Beziehungen zu Israel unterhalten, wie sein Büro mitteilte. Während eines Telefonats mit seinem italienischen Kollegen Romano Prodi habe Olmert außerdem vorgeschlagen, dass Rom Soldaten an der Grenze zwischen dem Libanon und Syrien stationiert, um Waffenschmuggel an die Hisbollah zu verhindern. Aus Prodis Regierungskoalition hieß es, Italien sei zur Führung der UNIFIL bereit, sollten die Vereinten Nationen darum bitten.
Montag, 21. August, bis Sonntag, 27. August
  • Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hat Forderungen aus seinem Kabinett nach einer Wiederaufnahme der diplomatischen Gespräche mit Syrien zurückgewiesen. Olmert empfahl am 21. Aug., sich keinen falschen Hoffnungen hinzugeben. Erst wenn Syrien die Unterstützung für Terrorgruppen einstelle, könne es Verhandlungen geben. Er bezog sich damit auf die Hisbollah-Miliz, die nach allgemeiner Einschätzung von Syrien unterstützt wird. Zuvor hatte Kabinettsminister Avi Dichter neue Gespräche mit Damaskus verlangt.
  • Israels Ministerpräsident Ehud Olmert hält Friedensgespräche mit Beirut für möglich. "Wenn die libanesische Regierung ihren Weg weiter geht und Regierungschef (Fuad) Siniora seine Bemühungen fortsetzt, um einen Wandel im Libanon zu erwirken, dann habe ich keinen Zweifel, dass es Verhandlungen geben wird", sagte Olmert am 21. Aug. in Jerusalem. Diese Verhandlungen würden dann in die formale Aufnahme von Beziehungen zwischen beiden Ländern münden, fügte er hinzu. Ähnlich hatte sich Siniora am 20. Aug. geäußert. Seit der Gründung Israels 1948 hatten beide Länder nie diplomatische Beziehungen.
  • Verärgerte israelische Reservisten haben am 21. Aug. eine formelle Untersuchung des Libanon-Krieges gefordert. Hunderte von ihnen unterzeichneten eine Petition, in der sie Unentschlossenheit von Regierung und Militärführung beklagten. Sie seien bereit gewesen, ihr Leben für die Verteidigung des Landes zu riskieren, schrieben sie an Verteidigungsminister Amir Perez und Generalstabschef Dan Halutz. "Aber es gab eine Sache, die wir nicht akzeptieren können - Unentschlossenheit." Der Psychiater Avi Jakir berichtete von seinen Erfahrungen als Reservist während des Krieges. Die Soldaten hätten ständig ein Gefühl der Unsicherheit gehabt, es habe nicht genügend Wasser und Lebensmittel gegeben, und auch die Ausrüstung habe Mängel gehabt, sagte er. All dies zusammen habe zu einer erhöhten Zahl von Traumata unter den Soldaten geführt. "So zieht man nicht in den Krieg", erklärte er. "Man muss Vorbereitungen treffen, die Befehle müssen klar sein, und ich hoffe, dass wir alle daraus lernen." Eine Gruppe Eltern von getöteten israelischen Soldaten forderte den Rücktritt von Ministerpräsident Ehud Olmert. Sie erklärten, die Kriegsziele seien nicht erreichen worden. Ihre Söhne seien umsonst gestorben.
    Perez hat bereits eine Kommission mit der Untersuchung des Kriegsablaufs beauftragt. Diese wurde allerdings von Beobachtern als unzureichend kritisiert, da sie von einem Vertrauten des Verteidigungsministers geleitet wird. Sie kann darüber hinaus keine Verantwortlichen entlassen und auch nicht gegen den Verteidigungsminister ermitteln.
  • In Frankreich lebende libanesische Künstler und Politiker haben eine Untersuchung zu den "ungerechtfertigten Verbrechen" Israels während des Libanon-Konflikts gefordert. "Angesichts des libanesischen Widerstands hat die israelische Armee sich mit blinden Bombardements gegen die Zivilbevölkerung gerächt und hunderte Frauen, Kinder oder Alte niedergemetzelt oder verletzt", heißt es in einer am 21. Aug. in Paris veröffentlichten Petition. Die Vereinten Nationen müssten eine unabhängige Kommission einsetzen, die Kriegsverbrechen prüfe. Unterzeichnet wurde die Petition von 16 libanesischen Persönlichkeiten, darunter die Schriftsteller Nayla Nasser, Gérard Khoury und Venus Khoury-Ghata sowie der Historiker und Ex-Finanzminister Georges Corm.
  • Eine Woche nach Beginn der Feuerpause zwischen Israel und der Hisbollah hat sich US-Präsident George W. Bush für eine schnelle Entsendung einer UN-Friedenstruppe in den Libanon ausgesprochen. "Der Bedarf ist dringend", sagte Bush am 21. Aug. in Washington. Die internationale Gemeinschaft müsse die Führung der Truppe "jetzt" festlegen, ihr "robuste Regeln" geben und sie "so schnell wie möglich aufstellen, um den Frieden zu sichern". Das Ziel der Entwaffnung der Hisbollah-Milizen könne nur durch die Einrichtung einer "Sicherheitszone" entlang der libanesisch-israelischen Grenze erreicht werden. Der US-Präsident kündigte zudem an, die USA würden ihre Hilfen für humanitäre Maßnahmen und den Wiederaufbau des Libanon auf 230 Millionen Dollar (179 Millionen Euro) aufstocken. (Hier geht es zur Erklärung des US-Präsidenten.)
  • Die Bundeswehr hat am 21. Aug. erstmals Hilfsgüter in den Libanon geflogen. Nach Angaben eines Luftwaffen-Sprechers brachte eine Transall-Maschine für die UNO 5,5 Tonnen Zelte von Jordanien nach Beirut. Eine weitere Maschine wurde nach Zypern verlegt und soll von dort Medikamente, medizinische Ausrüstung und Nahrungsmittel nach Beirut fliegen.
  • Während sich die Vorbereitungen für die Bildung der UN-Friedenstruppe weiter hinziehen, forderte Kanzlerin Angela Merkel (CDU), mehr Augenmerk auf die politische Konfliktlösung zu legen. Merkel sagte, angesichts des fragilen Waffenstillstands im Libanon sei es notwendig, das Mandat für die UN-Friedenstruppe "sehr schnell" hinzubekommen. Die Kanzlerin geht davon aus, dass es auch einen europäischen Beitrag mit Bodentruppen geben werde. Mit dem deutschen Angebot, die libanesische Seeseite zu schützen, gebe es "viel Einverständnis". Um Fortschritte in der gesamten Region zu erreichen, müsse vor allem auch der israelisch-palästinensische Konflikt gelöst werden.
  • Die Europäische Union will erst bei einer stabilen Waffenruhe Soldaten zur Verstärkung der UN-Friedenstruppe im Libanon entsenden. Die EU werde abwarten, ob alle Konfliktparteien es mit der Umsetzung der UN-Resolution 1701 ernst meinten, bevor Soldaten ins Feld geschickt würden, sagte der niederländische Außenminister Ben Bot am 21. Aug. nach einem Treffen mit Israels Vize-Regierungschef Schimon Peres.
  • Eine Woche nach Beginn des Waffenstillstands haben israelische Soldaten im Südlibanon nach Armeeangaben mindestens zwei Hisbollah-Kämpfer getötet. Eine Armee-Einheit habe am Abend des 21. Aug. das Feuer eröffnet, weil sich die bewaffneten Milizionäre "bedrohlich" verhalten hätten, sagte ein Armeesprecher. Dabei seien mindestens zwei Hisbollah-Kämpfer getötet worden. Der private Fernsehsender Channel 10 berichtete von drei getöteten Hisbollah-Kämpfern.
  • Der UN-Gesandte Terje Roed-Larsen hat am 21. Aug. mit Vertretern der israelischen Regierung über Möglichkeiten zur Entwaffnung der libanesischen Hisbollah-Miliz beraten. Er traf dazu in Jerusalem mit Außenministerin Zipi Livni, Verteidigungsminister Amir Perez sowie Vize-Ministerpräsident Schimon Peres zusammen. Bei den Gesprächen ging es ferner um die dauerhafte Sicherung des seit einer Woche wirksamen Waffenstillstands. Er habe mit Livni auch über eine Aufhebung der israelischen Luft- und Seeblockade gegen den Libanon gesprochen, sagte Roed-Larsen vor Journalisten. Nähere Einzelheiten nannte er nicht. Der UN-Gesandte war am 20. Aug. nach zweitägigen Gesprächen in Beirut in Jerusalem eingetroffen. Offenbar seien sowohl Israel als auch der Libanon aufrichtig an einer Wahrung der Waffenruhe interessiert, sagte Roed-Larsen.
  • Italien ist bereit, die Führung der UN-Friedenstruppe im Libanon zu übernehmen. Der italienische Regierungschef Romano Prodi habe gegenüber UN-Generalsekretär Kofi Annan "bestätigt", dass sein Land dafür "zur Verfügung" stehe, meldete die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Er habe ein langes Telefonat mit Annan geführt, sagte Prodi am 21. Aug. vor Journalisten. Der Ministerpräsident sprach sich zugleich für eine neue UN-Resolution aus, die "ein präzises Mandat, präzise Inhalte und eine sehr klare Definition der Allianzen" beinhalte.
  • Die USA haben bei den Vereinten Nationen eine zweite Libanon-Resolution ins Gespräch gebracht, in der die Entwaffnung der schiitischen Hisbollah-Miliz gefordert werden soll. Dies sei ein Schlüssel für einen dauerhaften Frieden zwischen dem Libanon und Israel, sagte der amerikanische UN-Botschafter John Bolton in New York. Zunächst aber gehe es darum, die in der ersten Resolution vom 12. Juli beschlossene UN-Friedenstruppe so schnell wie möglich zu stationieren. (AP, 22. Aug.)
  • Erstmals seit Beginn der israelischen Angriffe im Libanon fliegt die Deutsche Lufthansa wieder nach Beirut. Nach dem Ende der Kampfhandlungen gebe es ab dem23. Aug. wieder fünf Verbindungen pro Woche von Frankfurt in die libanesische Hauptstadt, teilte die Lufthansa am 22. Aug. in Frankfurt am Main mit.
  • Das israelische Verteidigungsministerium hat eine Untersuchung zum Vorgehen der Streitkräfte im Libanon-Krieg gestoppt, wie am 22. Aug. aus Sicherheitskreisen verlautete. Verteidigungsminister Amir Perez hatte die Kommission in der vergangenen Woche eingesetzt, nachdem Kritik an der 34 Tage dauernden Offensive gegen die Hisbollah-Miliz laut geworden war. Die Kommission werde ihre Arbeit einstellen, bis die Regierung über umfassendere Ermittlungen entschieden habe, hieß es in Jerusalem. Kritiker haben unter anderem moniert, die Soldaten seien nicht ausreichend ausgebildet und ausgerüstet gewesen.
  • Syrien muss bei der Lösung des Libanon-Konflikts nach Einschätzung des spanischen Außenministers Miguel Angel Moratinos einbezogen werden. "Ich denke, dass das sehr isolierte Syrien wie die Palästinenser in das internationale Spiel zurückgebracht werden müssen", sagte Moratinos der französischen Zeitung "Sud Ouest" vom 22. Aug. Er sprach sich zudem für ein starkes Engagement Europas aus. Die EU-Staaten könnten "nicht mit verschränkten Armen stehenbleiben, wenn man vor ihrer Tür in befreundeten Ländern wie dem Libanon und Israel kämpft". Spanien werde "bedeutend" zur Verstärkung der UN-Truppe im Libanon beitragen. "Endgültige Zahlen" zum spanischen Truppenengagement wollte Moratinos nicht nennen. In Madrid war bisher von der Entsendung von 700 Soldaten gesprochen worden.
  • Die Mehrheit der in den grössten Ländern Europas (Deutschland, Frankreich und Grossbritannien) Befragten ist der Meinung, dass die militärische Intervention des israelischen Militärs zur Bekämpfung der Hezbollah im Libanon nicht gerechtfertigt war. Amerikaner sind der gegenteiligen Ansicht. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse einer von TNS opinion bei über 4.000 Personen, einen Tag vor der Annahme der UNO-Resolution für den Waffenstillstand, durchgeführten Umfrage. Von den vier Ländern, die in die Untersuchung einbezogen wurden, scheinen die Franzosen am kritischsten zu sein: 66 % hielten die militärische Intervention der Israelis im Libanon für nicht gerechtfertigt. Eine deutliche Mehrheit der Deutschen kommt zum selben Schluss (65 % antworteten "ungerechtfertigt") und unterstützt so die Ansicht der Mehrheit der Franzosen. In Grossbritannien sieht die Verteilung ähnlich aus (46 % waren der Meinung, dass die Aktion nicht gerechtfertigt war, während 24 % der gegenteiligen Meinung waren), obwohl hier ein bedeutender Teil der Befragten sich nicht an der Debatte beteiligen wollte (29 % entschieden sich entweder für "weiss nicht" oder gaben schlicht überhaupt keine Antwort).
    Diese Ergebnisse scheinen indirekt darauf hinzuweisen, dass ein bedeutender Teil der öffentlichen Meinung in diesen Länder der Auffassung ist, dass Israel mit seiner Antwort auf die Entführung zweier israelischer Soldaten durch die Hezbollah zu weit gegangen ist. Mit anderen Worten: Die Aktion wurde als übertrieben und somit nicht gerechtfertigt empfunden.
    Der Stand der öffentlichen Meinung in den USA hingegen ist von dem der drei grössten Länder Europas recht verschieden. So unterstützen 45 % der Amerikaner Israels Entscheidung, gegen die Hezbollah im Libanon vorzugehen (34 % halten dies für ungerechtfertigt). (Quelle: ots, 22. Aug.)
    Diese Untersuchung wurde anhand einer internationalen Sammelumfrage von TNS opinion durchgeführt. Deutsch- und französischsprachige Versionen der Ergebnisse stehen auf Anfrage zur Verfügung. http://www.tns-opinion.com
    Hier geht es zu den TNS-Umfrageergebnissen über den Libanon-Krieg (englisch; pdf-Datei).
  • Israel will seine See- und Luftblockade gegen den Libanon aufheben, sobald die geplante internationale Friedenstruppe stationiert ist. Das kündigte Ministerpräsident Ehud Olmert am 22. Aug. in Jerusalem an. Bedingung für die Aufhebung der Blockade sei die Stationierung internationaler Soldaten an den Grenzübergängen zwischen dem Libanon und Syrien sowie am Flughafen, hieß es in einer Erklärung von Olmerts Büro. Dies habe der Regierungschef auch dem UN-Gesandten Terje Roed-Larsen in einem Gespräch mitgeteilt.
  • Angesichts der brüchigen Waffenruhe im israelisch-libanesischen Konflikt verstärkt die UNO ihre Bemühungen zur Stationierung einer multinationalen Truppe im Libanon. UN-Generalsekretär Kofi Annan intensiviert nach UN-Angaben seine Kontakte zu möglichen Truppenstellern. Er erwäge auch eine Reise in mehrere Länder des Nahen Ostens, darunter auch Syrien und Iran. Italien, das die Führung der UN-Truppe übernehmen will, knüpft einen entsprechenden Einsatz an die Einhaltung der Waffenruhe durch Israel, wie Außenminister Massimo D'Alema am 22. Aug. mitteilte. Ein Datum für Annans mögliche Nahostreise steht noch nicht fest. Annan werde auf jeden Fall die Rückkehr der UN-Sonderbeauftragten Vijay Nambiar und Terje Roed-Larsen abwarten, die Mitte der Woche in New York erwartet würden, sagte ein Sprecher Annans am 22. Aug. Der italienische Ministerpräsident Romano Prodi rechnet nach einem langen Telefonat mit Annan damit, dass der UN-Generalsekretär Ende der Woche in den Nahen Osten reisen und nach umfassenden Beratungen eine endgültige Entscheidung über die Führung der UN-Truppe treffen werde. D'Alema sagte der Zeitung "La Repubblica": "Von Israel erwarten wir, dass es seine Verpflichtung erneuert und sich diesmal wirklich daran hält, den Waffenstillstand zu achten". Damit Italien sich im Libanon engagiert, müssen laut D'Alema weitere Vorbedingungen erfüllt sein. Es müsse "klare und gemeinsame Regeln" für den Einsatz der Vereinten Nationen geben, "einen genauen Beteiligungsplan der teilnehmenden Länder", ein "starkes Mandat" der Europäischen Union und "die Garantie, dass Israel sich an die Waffenruhe hält".
  • Der Internationale Verband der Friedenssoldaten (SPIA) hat für die UN-Truppe im Libanon (UNIFIL) ein Mandat zur Entwaffnung der Hisbollah gefordert. Es sei nicht Aufgabe der libanesischen Armee, die Waffen der schiitischen Miliz einzusammeln und zu zerstören, sagte SPIA-Präsident Laurent Attar-Bayrou am 22. Aug. der Nachrichtenagentur AFP in Paris. Er verlangte für die UN-Truppe, die von 2000 auf 15.000 Mann verstärkt werden soll, "starke Einsatzregeln" sowie "Luft- und See-Unterstützung".
  • Die UN-Truppe im Libanon (UNIFIL) soll laut einem französischen Pressebericht nicht den Auftrag erhalten, aktiv nach Waffen der Hisbollah zu suchen. Ein 21-seitiges UN-Dokument zum Mandat der Truppe verlange, dass der Handlungsauftrag "hauptsächlich defensiver Natur" sei, berichtete die Zeitung "Le Monde" (Ausgabe vom 23. Aug.). Eine Suche nach Waffen der schiitischen Miliz sei damit ausgeschlossen. Wenn nötig, solle der Truppe aber "der Einsatz von angemessener und glaubwürdiger Gewalt" erlaubt sein, hieß es. Dies gelte für die Selbstverteidigung, den Schutz von Zivilisten und für den Auftrag zu verhindern, dass die Pufferzone zwischen der so genannten blauen Linie und dem Fluss Litani "für feindliche Aktivitäten genutzt" werde.
  • Der finnischen Außenminister Erkki Tuomioja reist am 24. Aug. zu Gesprächen über die Lage im Libanon nach Berlin und Paris. Wie seine Sprecherin am 22. Aug. mitteilte, trifft Tuomioja zunächst mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und anschließend mit seinem Kollegen Philippe Douste-Blazy zusammen. Im Mittelpunkt der Gespräche stehen den Angaben zufolge die Modalitäten für eine Beteiligung der EU-Staaten an der UN-Truppe im Libanon (UNFIL). Finnland hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne.
  • Wegen der Auslandseinsätze der Bundeswehr fordert Verteidigungsminister Franz-Josef Jung Medienberichten zufolge zusätzliche Mittel für seinen Etat. "Für zusätzliche Aufgaben brauchen wir mehr Geld", sagte der CDU-Politiker nach einem Bericht der "Elmshorner Nachrichten" (Ausgabe vom 23. Aug.). Der Verteidigungsetat sei in den vergangenen Jahren um ein Drittel zusammengestrichen worden. Den geplanten Libanon-Einsatz der Bundeswehr bezeichnete Jung den Angaben zufolge als notwendig. "Ich gehe erst einmal von einer Einsatzdauer von einem Jahr aus", sagte er laut Zeitungsbericht.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan will am Wochenende (26./27. Aug.) in den Nahen Osten fliegen, um persönlich die Umsetzung der Waffenstillstandsresolution zu forcieren. Geplant sind Gespräche im Libanon und in Israel sowie in Syrien und im Iran. Vorher will Annan am 25. Aug. an der Sondersitzung der EU-Außenminister in Brüssel teilnehmen, wie am 22. Aug. in New York mitgeteilt wurde. Die europäischen Staaten wollen sich dabei über ihren Beitrag für die geplante UN-Friedenstruppe im Libanon verständigen.
  • Seit In-Kraft-Treten der Waffenruhe im Nahen Osten sind schätzungsweise 90 Prozent aller libanesischen Flüchtlinge in ihre Heimat zurückgekehrt. Der Flüchtlingsstrom sei inzwischen deutlich zurückgegangen, sagte ein Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Jack Redden, am 23. Aug. in Genf. Während noch vergangene Woche täglich bis zu 30.000 Libanesen aus Syrien zurückgekommen seien, sei die Zahl mittlerweile auf 5.000 bis 6.000 gefallen. Die Vereinten Nationen gingen davon aus, dass bis zu 2.000 Flüchtlinge dauerhaft in Syrien bleiben wollten.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan will bei seiner Nahostreise von Israel die Aufhebung der gegen den Libanon verhängten Seeblockade fordern. Nach UN-Angaben will Annan in Jerusalem deutlich machen, wie wichtig für den Libanon die Nutzung seiner Seehäfen und die damit verbundene Wiederaufnahme des Handels sind. Annan besucht nach seinem Treffen mit den EU-Außenministern am Wochenende in Brüssel neben Israel und dem Libanon noch andere Nahoststaaten. Geplant seien auch Gespräche in Syrien und im Iran, hieß es am 23. Aug.
  • Der israelische Generalstabschef Dan Halutz hat erstmals Fehler bei der Libanon-Offensive eingestanden. "Parallel zu unseren Erfolgen gab es in bestimmten Bereichen Fehler, vor allem auf logistischem und operationellem Niveau sowie auf der Kommandoebene", erklärte Halutz am 24. Aug. in einem Schreiben an die Armee. Erfolge und Fehler müssten nun untersucht werden. Die Armee müsse Lehren daraus ziehen, da sie vor weiteren Herausforderungen stehe. "Diese Untersuchung betrifft uns alle, von mir bis zum letzten Soldaten." Halutz war wegen der israelischen Offensive im Libanon in die Kritik geraten. Unter anderem wurde ihm vorgeworfen, die Kapazitäten der israelischen Luftwaffe überschätzt zu haben.
  • Libanons Regierungschef Fuad Siniora hat Frankreich zur Entsendung weiterer Truppen für die UN-Mission in seinem Land gedrängt. "Ich hoffe, dass Frankreich seine bisherigen Anstrengungen fortsetzt und weitere Soldaten schickt", sagte Siniora am 24. Aug. dem französischen Radiosender RMC. "Ich will nicht verhehlen, dass die Menschen hier deutlich mehr als 400 französische Soldaten erwartet haben." Frankreich ist an der bisherigen Libanon-Truppe der UNO mit 200 Mann beteiligt. Paris entsandte nach dem UN-Beschluss zur Verstärkung bisher weitere 200 Soldaten. Vor weiteren Zusagen will die ehemalige Mandatsmacht des Libanon eine Klarstellung zu Mandat und Einsatzzielen der Truppe abwarten.
  • Die israelische Außenministerin Zipi Liwni hat am 24. Aug. in Rom erneut betont, dass schnellstmöglich eine internationale Friedenstruppe in den Libanon entsenden werden müsse. "Es ist sehr wichtig, dass die internationale Gemeinschaft Verantwortung übernimmt, sobald wie möglich die Resolution 1701 anwendet und Soldaten entsendet", sagte Liwni dem Fernseh-Sender Rainews24 kurz vor einem Treffen mit ihrem italienischen Amtskollegen Massimo D'Alema.
  • Der US-Bürgerrechtler Jesse Jackson beginnt am 28. Aug. im Libanon eine Vermittlungsmission zur Befreiung der von der Hisbollah entführten israelischen Soldaten. Dort will der prominente schwarze Pastor unter anderem mit Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah, Parlamentspräsident Nabih Berri und Regierungschef Fuad Siniora zusammentreffen, wie am 25. Aug. aus libanesischen Regierungskreisen verlautete. Vor seinem Eintreffen in Beirut will Jackson zunächst nach Syrien reisen.
  • Frankreich hat sich bereit erklärt, die Führung über die künftige UN-Truppe im Südlibanon zu übernehmen. Die französische Armee werde "das Kommando der Truppe weiter führen, wenn die UNO dies wünscht", sagte Staatspräsident Jacques Chirac in einer Fernsehansprache am 24. Aug. Sein Land werde die UNIFIL-Truppe mit insgesamt 2000 Soldaten unterstützen. Zusätzlich zu den 400 Franzosen, die der UN-Truppe bereits angehören, würden zwei Brigaden zu je 800 Soldaten entsandt. Auch Italien hatte sich bereit erklärt, die Führung der UNIFIL zu übernehmen. Die Truppe soll nach dem Willen des UN-Sicherheitsrats auf bis zu 15.000 Mann aufgestockt werden.
  • US-Präsident George W. Bush hat Frankreichs Zusage für eine Aufstockung seines Kontingents der erweiterten UN-Truppe im Libanon (UNIFIL) auf insgesamt 2.000 Mann begrüßt. Zugleich rief Bush am 24. Aug. dazu auf, die UN-Truppe so schnell wie möglich im Libanon zu stationieren, wie seine Sprecherin mitteilte.
  • Die Vereinigten Staaten untersuchen offenbar, ob Israel bei den Angriffen im Libanon gegen heimliche Abkommen mit der US-Regierung verstoßen und Streubomben eingesetzt hat. Die für Rüstungskontrollen zuständige Abteilung im US-Außenministerium habe diese Woche Ermittlungen eingeleitet, berichtete die "New York Times" am 25. Aug. in ihrer Online-Ausgabe unter Berufung auf zwei nicht namentlich genannte Regierungsmitarbeiter.
    Die Abteilung im US-Außenministerium gehe Berichten nach, dass die israelische Armee in den USA hergestellte Streubomben im Südlibanon eingesetzt habe, die sich in der Luft öffnen und weitflächig kleinere Bomben abwerfen. Die Zeitung berichtete, dass das US-Außenministerium die Ermittlungen bestätigt habe: Ein Sprecher des Außenamtes habe auf Fragen zugegeben, dass das Ministerium "mehr Informationen" über den Vorwurf sammeln wolle.
    Der Anti-Minen-Ausschuss der Vereinten Nationen hatte am 24. Aug. berichtet, dass im südlichen Libanon an 267 Stellen Streubomben eingeschlagen hätten. Die US-Regierung hat demnach mit Israel in den 70er Jahren abgemacht, wann die in den USA hergestellten Bomben verwendet werden dürfen.
  • Anderthalb Wochen nach Beendigung des Libanon- Kriegs durch eine Waffenruhe wächst in Israel die Unzufriedenheit über die Regierung von Premierminister Ehud Olmert. Nach einer am 25. Aug. veröffentlichten Meinungsumfrage sprechen sich 63 Prozent der Befragten für einen Rücktritt Olmerts aus. 74 Prozent bewerten die Leistung des Regierungschefs während der 33-tägigen Kampfhandlungen als "schlecht". Auch die Arbeit von Verteidigungsminister Amir Perez (79 Prozent) und Generalstabschef Dan Haluz (63 Prozent) erhielt die selbe Bewertung. In Israel überwiegt der Eindruck, dass die Armee in ihrem Kampf gegen die radikal-islamische Hisbollah-Miliz im Libanon über keine klare Strategie verfügte und dass die Feindseligkeiten endeten, ohne dass Israel der pro-iranischen Guerilla im nördlichen Nachbarland eine entscheidende Niederlage zufügen konnte.
  • Im Fall einer erfolgreichen Stationierung von Blauhelmen im Libanon hat Italien eine UN-Truppe für den Gazastreifen vorgeschlagen. Der italienische Außenminister Massimo D'Alema sagte der israelischen Zeitung "Haaretz" vom 25. Aug., eine solche Möglichkeit werde derzeit erörtert. Sie komme in Betracht, falls die Hamas und die Fatah eine Regierung der nationalen Einheit bildeten und die Hamas den entführten israelischen Soldaten freilasse. Die Palästinenser fordern seit langem die Stationierung von Blauhelmen im Gazastreifen. Israel hat dies stets abgelehnt.
  • Der Libanon will Deutschland offiziell um technische Unterstützung bei der Grenzsicherung bitten. Dafür sprach sich das Kabinett in Beirut aus, wie Informationsminister Ghasi Aridi am 25. Aug. mitteilte. Ministerpräsident Fuad Siniaro werde die Bundesregierung bitten, "die libanesischen Streitkräfte mit der notwendigen Ausrüstung und Technologie zur Sicherung der Landes- und Seegrenzen auszustatten", sagte Aridi. Einen entsprechenden Auftrag habe das Kabinett dem Regierungschef am Abend des 24. Aug. erteilt. Siniora stehe in Kontakt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Saniora erklärte, er habe US-Außenministerin Condoleezza Rice und UN-Generalsekretär Kofi Annan in Telefonaten erneut gebeten, sich für eine Aufhebung der israelischen Land- und Seeblockade gegen den Libanon einzusetzen. Nach einer vorübergehenden Entspannung leidet das Land inzwischen wieder unter Versorgungsengpässen. An den Tankstellen bildeten sich am Freitag lange Warteschlangen.
  • Mit großer Sorge nehmen zivilgesellschaftliche Kräfte im Libanon die aktuelle Debatte um Mandat und Aufgabe der UN-Truppen zur Kenntnis. Das berichtet am 25. Aug. Martin Glasenapp, Nahost-Koordinator von medico international, der sich gerade im Libanon aufhält. "Viele unserer Partner fürchten, dass die UN-Truppen der Fragmentierung des Libanons noch Vorschub leisten könnten", so Glasenapp. Die UN-Truppen müssten ein klares Mandat zur Stärkung der staatlichen Souveränität des Libanons haben. Dazu gehöre die Einbindung aller konfessionellen und politischen Gruppierungen, auch der Hisbollah, in eine staatliche Perspektive des Libanon. Bislang ist die Stationierung der UN-Truppen nicht nur südlich des Litani-Flusses, sondern auch an der Grenze zu Syrien sowie zur Kontrolle der Seewege und des libanesischen Luftraums geplant. "Der Libanon wäre dann vollständig von den arabischen Staaten abgeschnitten. Das würde den Prozess der Entlibanonisierung des Landes verstärken," so der medico-Mitarbeiter.
  • Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac hat Vorwürfe zurückgewiesen, sein Land habe bei der Zusage von Soldaten für den Libanon zu zögerlich gehandelt. Er habe sich bei dieser Entscheidung Zeit nehmen müssen, um das Leben französischer Soldaten wegen unklarer Einsatzregeln nicht in Gefahr zu bringen, sagte Chirac am 25. Aug. während des Besuchs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Paris. "Ich frage mich, wie ich beurteilt worden wäre, wenn ich wie ein verrückter Hund losgerannt wäre, ohne nachzudenken und ein Minimum an Garantien zu haben." Dies wäre aus seiner Sicht "unverantwortlich" gewesen.
  • Der seit zwei Monaten fast ständig geschlossene Grenzübergang zwischen dem Gazastreifen und Ägypten bei Rafah ist am 25. Aug. wieder geöffnet werden. Mehrere tausende Menschen, die auf beiden Seiten der Grenze gestrandet sind, hatten damit wieder die Möglichkeit, in das andere Land zu wechseln. Eine Sprecherin der in Rafah tätigen EU-Beobachter, Maria Telleria, erklärte, bis Mittag hätten 1.400 Menschen die Grenze überquert. Nach Tellerias Angaben warten im Gazastreifen 15.000 Menschen auf eine Reisemöglichkeit nach Ägypten. Einige hundert wollten von Ägypten in den Gazastreifen einreisen.
  • Die Bundesregierung weitet ihre humanitäre Hilfe für den Libanon aus. Experten des Technischen Hilfswerks (THW) und ein Cuxhavener Spezialteam zur Ölpest-Bekämpfung bereiteten sich derzeit auf einen möglichen Einsatz vor, wie Sprecher des Auswärtigen Amtes und des Bundesverkehrsministeriums am 25. Aug. in Berlin sagten. Das THW soll helfen, die Trinkwasserversorgung in den ländlichen Gebieten der Konfliktregion wiederherzustellen. Erstes Material solle bereits am Wochenende in den Libanon geflogen werden. Mitarbeiter des Cuxhavener Havarieteams werden zudem am Wochenende in den Libanon reisen, um dort den Bedarf für ihre Teilnahme an der Bekämpfung der Ölpest vor der Küste zu prüfen. Auch die Bundeswehr werde am Wochenende weitere Hilfsgüter, darunter zwei Sanitätsfahrzeuge, in den Libanon fliegen, sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums. Bislang hätten Transall-Maschinen rund 30 Tonnen unter anderem an Zelten, Decken, Babynahrung und Medikamenten von Larnaka auf Zypern in den Libanon gebracht.
  • Angesichts des Libanon-Konfliktes wollen Deutschland und Frankreich das Nahostquartett wiederbeleben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte nach einem Treffen mit Frankeichs Präsident Jacques Chirac am 25. Aug. in Paris, es sei wichtig, die Entsendung der UN-Truppe in den Libanon "einzubetten in einen politischen Prozess, der zur Lösung der wesentlichen Konfliktfragen in dieser Region führt". Chirac sagte, es sei notwendig, "das Quartett wieder ins Leben zu rufen". Merkel betonte,solche "gravierenden Probleme" wie im Nahen Osten könnten "nur durch die internationale Gemeinschaft angegangen werden". Das Nahostquartett aus den USA, der UNO, der EU und Russland hatte in der Vergangenheit gemeinsam versucht, eine Friedenslösung für den Nahen Osten zu finden. Die Roadmap, der Friedensplan des Quartetts, war zuletzt nicht mehr auf der Tagesordnung gewesen.
    Chirac nannte die geplante Stärke der UN-Truppe im Libanon (UNIFIL) von 15.000 Mann überzogen. Die Zahl von 15.000, die am Anfang der Überlegungen für die Soldaten der verstärkten UNIFIL genannt wurde, sei "eine vollkommen überzogene". Schließlich werde die UN-Truppe in einem Gebiet stationiert, das "nur die Hälfte eines französischen Departements" ausmache.
  • Die Europäische Union will sich mit mindestens 6.500 bis 7.000 Soldaten an der erweiterten Libanon-Truppe der Vereinten Nationen (UNIFIL) beteiligen. Mit der umfangreichen Beteiligung der Europäischen Union werde "das Rückgrat der UNIFIL europäisch sein", sagte der französische Außenminister Philippe Douste-Blazy am 25. Aug. am Rande des EU-Außenministertreffens in Brüssel.
  • Aus Protest gegen die britische Nahost-Politik haben etwa 40 Mitglieder der Regierungspartei von Premierminister Tony Blair am 25. Aug. ihren Austritt aus New Labour erklärt. Eigenen Angaben zufolge traten sie im Wahlkreis Derby von Labour-Außenministerin Margaret Beckett geschlossen zur Liberal-Demokratischen Partei über. Diese hatte sich frühzeitig für eine Waffenruhe im Libanon sowie gegen den Irak-Krieg ausgesprochen.
  • Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat sich zuversichtlich geäußert, dass die UNIFIL-Truppe ein robustes Mandat für den Libanon erhalten wird. "Ich rechne damit, dass wir uns in der nächsten Woche auch über die Einsatzregeln verständigen werden", sagte er am 25. Aug. dem ZDF-"heute-journal". Für Deutschland gehe es vorrangig darum, die immer noch bestehende Seeblockade zu Lasten des Libanons zu beenden. Deshalb werde Deutschland "ein starkes maritimes Angebot" machen.
  • Die Bundesregierung ist offenbar bereit, sich mit mehr als 1200 Soldaten an der Friedenstruppe für den Libanon zu beteiligen. Die Marine richte sich darauf ein, mit Fregatten und Schnellbooten die libanesische Küste zu überwachen, berichtet der "Spiegel" am 26. Aug. Um den Waffenschmuggel der Hisbollah-Miliz zu unterbinden, sollen außerdem Tornado-Aufklärungsjets der Luftwaffe zum Einsatz kommen. Frankreich will die für die internationale UN-Truppe zugesagten Soldaten bis Mitte September in den Libanon schicken.
    Die französische Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie kündigte im "Wall Street Journal" (26. Aug.) an, dass die Soldaten "binnen 20 Tagen" im Libanon sein sollen. Frankreich habe eine wichtige Klärung erreicht, was den Einsatz von Gewalt angehe. Normalerweise dürften die Friedenssoldaten der Vereinten Nationen zum Beispiel nicht zu Gewalt greifen, wenn sie auf einer Straße durch Freischärler blockiert würden, solange diese nicht auf die Soldaten schießen. Die französische Regierung habe nun aber erreicht, dass die Soldaten in einem solchen Fall Gewalt anwenden dürften, sagte die Ministerin. "Ich will keine Leute runterschicken, die vor Ort verletzt werden können", sagte sie.
  • Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) spricht im Zusammenhang mit dem geplanten Bundeswehr-Engagement im Nahen Osten von einem Kampfeinsatz. Jung sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (27. Aug., Vorabbericht: 26. Aug.), die deutschen Marinesoldaten müssten befähigt sein, auch gegen den Willen des Kapitäns an Bord eines Schiffes zu gehen, das verdächtigt werde, Waffen zu schmuggeln. "Insofern könnte man dann auch von einem Kampfeinsatz der Bundeswehr sprechen", sagte Jung.
  • Im Zusammenhang mit der geplanten UN-Mission im Libanon hat FDP-Chef Guido Westerwelle die Politik der schwarz-roten Bundesregierung scharf kritisiert. Im Deutschlandfunk (27. Aug.) warf er Kanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsminister Franz Josef Jung schwere Fehler vor. Jung habe die Diskussion über einen deutschen Militäreinsatz ohne jede Not begonnen. Und er kritisiere, dass die Bundeskanzlerin die Diskussion nicht gestoppt hat, so Westerwelle. Die FDP-Fraktion werde einem Kampfeinsatz nicht zustimmen.
  • Zahlreiche Mitglieder der schiitischen Hisbollah-Miliz sollen im Zuge der Rückholaktion von deutschen Staatsbürgern aus dem Libanon nach Deutschland eingesickert sein. Die Hisbollah-Mitglieder hätten sich unter die 6.200 Menschen gemischt, die die Bundesregierung wegen der israelischen Offensive im Libanon Anfang August in der kurzfristig organisierten Aktion nach Deutschland gebracht habe, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (27. Aug.). Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte dem Blatt, in der damaligen Situation sei eine eingehende Prüfung der Einreisenden nicht möglich gewesen. Auch habe die Bundesregierung "nicht kleinlich" sein wollen. Sie habe vielmehr abwägen müssen: "Natürlich muss man den Staatsbürgern helfen, aus dem Krieg herauszukommen. Da kommt der eine oder andere mit, dem wir bei der Einreise Passersatzpapiere ausgestellt haben."
  • Israel und die Hisbollah sollen angeblich dank deutscher Vermittlung vor einem Austausch von Gefangenen stehen. Wie das ägyptische Regierungsblatt "El Ahram" am 27. Aug. berichtete, werden die beiden von der Hisbollah entführten israelischen Soldaten spätestens in zwei bis drei Wochen gegen libanesische Häftlinge in Israel ausgetauscht. Derzeit versuchten die deutschen Vermittler, die "Modalitäten des Austausches" festzuzurren. In einem möglichen Szenario könne der Austausch zeitgleich stattfinden, hieß es. Möglich sei auch, dass die Hisbollah die Soldaten zuerst freilasse. Die radikalislamische Miliz solle dafür eine von den deutschen Vermittlern garantierte Zusage erhalten, dass die libanesischen Häftlinge am Folgetag freikommen.
    Deutschland war schon einmal erfolgreich als Vermittler zwischen der Hisbollah und Israel aufgetreten. Im Jahr 2004 hatte Israel rund 400 libanesische Häftlinge freigelassen. Im Gegenzug übergab die Miliz an Israel die Leichen von drei getöteten Soldaten und ließ einen entführten israelischen Geschäftsmann frei. (AFP, 27. Aug.)
  • SPD-Chef Kurt Beck und Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) haben gefordert, die internationale Friedenstruppe für den Libanon mit einem "robusten Mandat" auszustatten. Die Soldaten dürften nicht als "zahnlose Tiger" losgeschickt werden, sagte Beck dem ZDF. Wenn sich beispielsweise die Bundesmarine an den Kontrollen vor der libanesischen Küste beteilige, müsse sie auch in die Lage versetzt werden, verdächtige Schiffe notfalls auch gegen deren Willen anhalten und kontrollieren zu können. Ähnlich äußerte sich Müntefering. (AFP, 27. Aug.)
  • Grünen-Parteichef Reinhard Bütikofer hat während eines Besuchs in Israel die Verweigerungshaltung von FDP und Linkspartei gegenüber einer deutschen Beteiligung an der UN-Friedenstruppe für den Libanon scharf kritisiert. "Wer wie Guido Westerwelle und Oskar Lafontaine eine deutsche Beteiligung an der UN-Friedenstruppe vom grünen Tisch in Berlin aus von vornherein kategorisch ausschließt, sollte nach Israel reisen und sich dort mit der Friedensbewegung unterhalten", sagte Bütikofer dem "Tagesspiegel" (27. Aug.). FDP und Linkspartei lehnen die Beteiligung der Bundeswehr an dem Einsatz ab. Die Grünen wollen sie unterstützen, wenn die Voraussetzungen stimmen. Nach Angaben Bütikofers befürwortet neben der israelischen Regierung auch die Friedensgruppe "Peace now" sowohl die geplante Aufstockung der UN-Truppe für den Libanon als auch die deutsche Beteiligung daran.
  • Der Führer der Hisbollah im Libanon, Hassan Nasrallah, hat Israel zu einem Gefangenenaustausch aufgerufen. Um die Freilassung von zwei entführten israelischen Soldaten zu ermöglichen, solle Israel libanesische Gefangene freilassen, sagte Nasrallah am 27. Aug. im Fernsehen. Ägyptischen Medienberichten zufolge soll mit deutscher Vermittlung spätestens in drei Wochen der Gefangenenaustausch zustande kommen.
    Israel verhandelt nach Angaben des israelischen Onlinediensts "Ynet" nicht mit der radikalislamischen Hisbollah über einen Gefangenenaustausch. Die israelische Regierung rede derzeit nicht mit der Hisbollah, wurden am 25. Aug. regierungsnahe Kreise zitiert.
Montag, 28. August, bis Donnerstag, 31. August
  • Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat dementiert, dass Deutschland beim angestrebten Gefangenenaustausch zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon aktiv geworden sei. Für entsprechende Berichte gebe es keine Basis, sagte Steinmeier nach einem Treffen mit seiner israelischen Amtskollegin Zipi Liwni am 28. Aug. in Berlin. Eine Kairoer Zeitung hatte berichtet, ein deutscher Unterhändler würde bei einem Gefangenenaustausch vermitteln.
  • Der Bundeswehrverband fordert für den Nahost-Einsatz ein Mandat, das es der Bundeswehr im Libanon gestattet, auch militärische Gewalt anzuwenden. Bei der Abriegelung der libanesischen Küste und der Verhinderung von Waffenschmuggel müsse es möglich sein, verdächtige Wasserfahrzeuge mit Gewalt zu stoppen, sagte Verbandschef Bernhard Gertz am 28. Aug. im NDR-Inforadio. "Wenn das nicht der Fall ist, dann macht ein solcher Einsatz keinen Sinn."
  • Die israelische Außenministerin Zipi Livni hat die Staatengemeinschaft zur Durchsetzung des Waffenembargos gegen die Hisbollah im Südlibanon aufgefordert. Nach einer Unterredung mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte sie am 28. Aug. in Berlin, die Durchsetzung des Waffenembargos sei eine entscheidende Frage. Es gehe darum, einen «normalen Libanon» zu schaffen, in dem die Regierung von Ministerpräsident Fuad Siniora ihre Souveränität voll durchsetzen könne. Ebenso wichtig sei die Freilassung der beiden israelischen Soldaten, die am 12. Juli von libanesischem Boden aus in Israel überfallen und entführt worden seien. Ohne deren Rückkehr werde es eine Lösung des Konfliktes nicht geben.
    Als weiteren Punkt der Unterredung nannte sie das Atomprogramm des Iran. Die Staatengemeinschaft dürfe nicht zuschauen, wie sich das Regime in Teheran Nuklearwaffen verschaffe. Die Debatten um die Aussetzung der Urananreicherung dienten nur dem Zeitgewinn. Das iranische Atomprogramm bedrohe nicht nur Israel, sondern die ganze Welt.
  • Angesichts der gespannten Lage im Libanon und in den Palästinensergebieten hat Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac ein "schnelles Treffen" des Nahostquartetts gefordert. "Wenn wir uns mit dem Status quo zufrieden geben, riskieren wir, dass die Gewalt um sich greift und sich jeder Kontrolle entzieht", sagte Chirac am 28. Aug. vor Botschaftern in Paris. Deshalb müsse der diplomatische Prozess zu einer umfassenden Lösung der Probleme im Nahen Osten "sofort wieder belebt werden". Chirac und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten am Freitag eine Wiederbelebung des Nahostquartetts aus den USA, der UNO, der EU und Russland vorgeschlagen.
  • Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) fordert eine Untersuchung der Vereinten Nationen (UN) wegen der Vorwürfe, die israelische Armee habe während des Libanon-Kriegs Streubomben eingesetzt. Das sei ein Fall, in dem die UN untersuchen müsse, "was stattgefunden hat",sagte die Ministerin der "Frankfurter Rundschau" (Ausgabe vom 29. Aug.) nach ihrer Reise nach Beirut. Ihr Vorstoß sei noch nicht im Kabinett abgestimmt.
  • Israels Botschafter in Deutschland, Shimon Stein, rechnet mit einer jahrelangen Einsatz der geplanten UNO-Friedenstruppe im Libanon. "Diese Mission wird uns einige Jahre begleiten", sagte Stein der "Leipziger Volkszeitung" (Ausgabe vom 29. Aug.). Das müssten alle Beteiligten wissen. Wenn es mit Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft gelinge, Libanon zu einem souveränen Staat zu machen und die schiitische Hisbollah-Miliz zu zerschlagen, sei das ein ganz wichtiger Beitrag zur Stabilisierung einer der israelischen Grenzen, betonte Stein. Man dürfe sich davon aber nicht eine generelle Lösung des Nahost-Konfliktes erhoffen. "Es geht jetzt nicht um die globale Krisenregulierung, sondern um einen, wenn auch sehr wichtigen, Friedensbeitrag", sagte er.
  • Die israelische Außenministerin Zippi Livni erwartet von Deutschland Hilfe bei der Befreiung der von der Hisbollah entführten Soldaten. "Wir erwarten von allen, auch von Deutschland natürlich, sich an den libanesischen Ministerpräsidenten Siniora zu wenden und ihn aufzurufen, eine Verantwortung zu übernehmen und sich darum zu kümmern, die entführten Soldaten freizulassen", sagte Livni im ZDF-Morgenmagazin am 29. Aug. Auch in der Vergangenheit schon habe Deutschland "eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen mit der Hisbollah gespielt".
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan ist am 29. Aug. zu einem Besuch im Südlibanon eingetroffen, um sich vor Ort ein Bild von der Arbeit der UN-Friedenstruppe UNIFIl zu machen. Am Hauptquartier der Truppe in Nakura legte Annan einen Kranz zum Gedenken an die UNIFIL-Mitglieder nieder, die während des Einsatzes im Libanon getötet worden waren. Die Vereinten Nationen drängen auf eine rasche Verstärkung der UN-Friedenstruppe UNIFIL im Südlibanon. In den nächsten Tagen sollen rund 3500 Mann in die Region entsandt werden. Porträts an dem Mahnmal in Nakura zeigen die vier Blauhelmsoldaten und den zivilen UNIFIL-Mitarbeiter, die im Juli bei einem israelischen Angriff ums Leben gekommen waren. Geplant war auch ein Hubschrauberrundflug Annans über das israelisch-libanesische Grenzgebiet, wo in den kommenden Tagen ausländische Kontingente zur Verstärkung der UNIFIL eintreffen sollen. Noch im Laufe des Tages wollte der UN-Generalsekretär nach Israel weiterreisen. Am 28. Aug. hatte er bei Gesprächen mit der libanesischen Regierung in Beirut über Details des geplanten Einsatzes beraten
  • Nach dem Krieg gegen den Libanon steigt die Zahl der Israelis, die ihrem Land den Rücken kehren wollen. Die Anfragen zur Auswanderung nach Kanada hätten sich seit den Kämpfen verfünffacht, sagte eine Sprecherin der kanadischen Botschaft in Tel Aviv am 29. Aug. der Nachrichtenagentur AFP. Die meisten Anfragen kämen aus Nordisrael, wo während der Kämpfe fast täglich Raketen der Hisbollah aus dem benachbarten Libanon eingeschlagen waren. Nach Angaben der Sprecherin meldeten sich derzeit täglich etwa 50 Interessenten, zuvor lag der Schnitt bei zehn.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat eine Entscheidung der Bundesregierung über den deutschen Nahost-Einsatz für kommenden Montag (4. Sept.) in Aussicht gestellt. Dann könnte das Kabinett auf einer Sondersitzung die notwendigen Beschlüsse fassen, sagte Merkel am 29. Aug. in Berlin. Anschließend könne auch der Bundestag im Rahmen der Haushaltswoche über den Auslandseinsatz entscheiden. Zu den noch ausstehenden Beschlüssen der UNO sowie den Anforderungen aus dem Libanon sagte Merkel: "Ich glaube, dass wir im Laufe der Woche Klarheit bekommen können."
  • SPD-Fraktionschef Peter Struck empfiehlt seinen Abgeordneten die Zustimmung zum Bundeswehr-Einsatz im Libanon. Deutschland werde sich nicht mit eigenen Kampftruppen, sondern vor allem mit Marine- und Sanitätseinheiten an der UN-Friedenstruppe beteiligen, sagte Struck am 29. Aug. in Warnemünde. Bei der Abstimmung im Bundestag in der kommenden Woche sei jeder Abgeordnete in dieser "schwer wiegenden Entscheidung" frei. "Es gibt keine Fraktionsdisziplin", betonte Struck.
  • Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat - zwei Wochen nach der spektakulären Absage eines Besuches in Damaskus - laut einer Meldung der syrischen Nachrichtenagentur Sana am 29. Aug. in einem Telefonat mit Syriens Außenminister Walid Muallem die Lage im Libanon erörtert. Beide Minister hätten sich für verstärkte Anstrengungen zugunsten eines "gerechten und umfassenden Friedens im Nahen Osten" ausgesprochen, hieß es. Sie hätten sich dabei auf die Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrats und auf die darin festgelegte Waffenruhe zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah bezogen.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat bei seinem Besuch im Südlibanon ein Ende der Blockade des Landes durch Israel gefordert. Die See-, Land- und Luft-Blockade des Libanon "erniedrige" das Land und sei "unvereinbar mit dessen Souveränität", sagte er am 29. Aug. in Nakura, wo die UN-Friedenstruppe UNIFIL ihr Hauptquartier hat. Annan forderte die libanesische Regierung zugleich auf, die Grenzen zu sichern. Anschließend flog er weiter nach Israel, wo er den israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert treffen wollte. Annan will auf seiner Nahost-Reise über die Bedingungen für den erweiterten UN-Einsatz im Libanon verhandeln.
  • N-Generalsekretär Kofi Annan hat die schiitische Hisbollah-Miliz und die israelische Regierung zur Einhaltung ihrer Verpflichtungen für eine dauerhafte Waffenruhe aufgerufen. Annan sagte nach einem Treffen mit Israels Regierungschef Ehud Olmert am 30. Aug. in Jerusalem, die Hisbollah müsse die entführten israelischen Soldaten bedingungslos freilassen. Umgekehrt müsse die israelische Regierung die See- und Luftblockade gegen den Libanon beenden.
    Die israelische Regierung hat die Forderung von UN-Generalsekretär Kofi Annan nach einem schnellen Ende der See- und Luftblockade Libanons am Mittwoch abgelehnt. Ministerpräsident Ehud Olmert machte in Gesprächen mit Annan eine Umsetzung der UN- Resolution 1701 zur Bedingung für ein Ende der Blockade. Sollten die UN-Vereinbarung über eine Waffenruhe in dem Krieg gegen die radikal- islamische Hisbollah aber zu einem Eckpfeiler für "eine neue Realität zwischen Israel und Libanon" werden, hoffe Israel auf direkte Kontakte mit Beirut, machte Olmert deutlich.
  • Der Libanon wird nach Angaben von Ministerpräsident Fuad Siniora "das letzte arabische Land sein, dass einen Frieden mit Israel schließt". Derzeit gebe es weder direkte noch indirekte Kontakte mit Israel, sagte Siniora am 30. Aug. vor Journalisten in Beirut. Ohne einen umfassenden Frieden in der Region könne es kein Abkommen mit Israel geben.
  • Der Bundeswehrverband warnt angesichts des geplanten Libanon-Einsatzes vor einer Überlastung der Bundeswehr. Sollten alle internationalen Einsätze der deutschen Soldaten Dauereinsätze bleiben, sehe er ein ernstes Problem, sagte Verbandschef Bernhard Gertz der "Frankfurter Rundschau" (Ausgabe vom 30. Aug.). In diesem Fall "würden wir unsere Fähigkeiten deutlich überdehnen", warnte er. Die Tendenz der Bundesregierung, die Bundeswehr mehr als außenpolitisches Instrument zu benutzen, beobachte er mit Sorge, sagte der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes. Die Bundeswehr sei noch nicht so aufgestellt, dass die diese Rolle übernehmen könne. Außerdem seien die Deutschen auch noch lange nicht bereit, eine gewachsene außen- und sicherheitspolitische Rolle anzunehmen.
  • Die Grünen-Fraktion hat sich mehrheitlich für eine deutsche Beteiligung an einem UN-Einsatz im Libanon ausgesprochen. Auf der Fraktionsklausur in Rostock am 30. Aug. zeichnete sich laut Fraktionschef Fritz Kuhn ab, dass nur einige Abgeordnete grundsätzliche Bedenken haben. Die Entscheidung hänge allerdings von der genauen Ausgestaltung des UN-Mandats und dem Kabinettsbeschluss ab. Einen Fraktionszwang soll es nicht geben. Aus Teilnehmerkreisen verlautete, dass sich vor allem der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele skeptisch geäußert habe. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin erinnerte dem Vernehmen nach an die deutsche Verantwortung gegenüber Israel, legte sich aber nicht auf ein bestimmtes Abstimmungsverhalten fest.
  • Der Zentralrat der Juden hat seine Kritik an Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) im Zusammenhang mit dem Vorgehen Israels gegen Libanon bekräftigt: Nach der Zentralsrats-Präsidentin Charlotte Knobloch griff auch deren Stellvertreter, Salomon Korn, die Ministerin an. Er warf ihr in der "Frankfurter Rundschau" (Ausgabe vom 30. Aug.) Voreingenommenheit vor. Anlass ist der Vorstoß von Wieczorek-Zeul, die Vereinten Nationen sollten den Einsatz von Streubomben Israels im Libanon untersuchen. "Die Forderung nach dieser UN-Untersuchung zeigt einmal mehr, dass die Ministerin in Bezug auf Israel reflexhaft reagiert", sagte Korn.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich in der Debatte um den Einsatz von israelischen Streubomben im Libanon erneut auf die Seite Israels gestellt. Bei ihrem ersten Treffen mit der neuen Führung des Zentralrats der Juden in Deutschland am 30. Aug. in Berlin distanzierte sich Merkel nach Angaben des Generalsekretärs des Zentralrats, Stefan Kramer, von den Äußerungen von Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), die eine UN-Untersuchung zum israelischen Einsatz von Streubomben im Libanon gefordert hatte. Merkel habe wiederholt, dass es sich um eine persönliche Äußerung der Ministerin handele und nicht um die Haltung der Bundesregierung, sagte Kramer. An dem mehr als einstündigen Treffen nahmen neben Kramer auch die Präsidentin des Zentralrats, Charlotte Knobloch, sowie deren Stellvertreter Dieter Graumann und Salomon Korn teil.
  • Der UN-Koordinator für humanitäre Hilfe, Jan Egeland, hat Israel wegen des Einsatzes von Streubomben im Südlibanon schockierendes und unmoralisches Verhalten vorgeworfen. Die Regierung in Jerusalem habe entweder eine entsetzlich falsche Entscheidung getroffen oder erst hinterher nachgedacht, sagte Egeland am 30. Aug. auf einer Pressekonferenz am Sitz der Vereinten Nationen in New York. Beobachter werteten die Bemerkungen als ungewöhnlich scharf selbst für Egeland, der schon häufig gegen diplomatische Konventionen der UN verstoßen habe. Der UN-Koordinator verurteilte insbesondere, dass 90 Prozent der Streubombeneinsätze in den letzten 72 Stunden des bewaffneten Konflikts stattgefunden hätten, als der Zeitpunkt des Waffenstillstands bereits festgestanden habe. Dadurch seien noch viele Zivilpersonen getötet, verwundet oder verstümmelt worden. Und nun drohe Gefahr von zahlreichen Blindgängern am Boden. Nach Expertenschätzungen funktionierten bis zu 70 Prozent der abgeworfenen Streubomben nicht auf Anhieb. Das UN-Zentrum zur Kontrolle von Minen im südlichen Libanon erklärte, in der Region befänden sich rund 100.000 Sprengkörper, die nicht explodiert seien und damit eine extrem hohe Gefahr für die Bevölkerung darstellten. Seit In-Kraft-Treten des Waffenstillstands am 14. August seien mindestens 13 Menschen, darunter drei Kinder, bei der Detonation solcher Bombenteile getötet worden.
  • Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) hat sich erneut gegen Kritik des Zentralrats der Juden an ihrer Libanon-Reise verteidigt. Sie sei am vergangenen Wochenende in den Libanon gereist, weil Deutschland sich am Wiederaufbau der dortigen Infrastruktur beteiligen werde, sagte Wieczorek-Zeul am 31. Aug. im ZDF-"Morgenmagazin". Israel wolle dagegen die Schäden im eigenen Land aus eigener Kraft beseitigen, weshalb ein Besuch dort nicht notwendig gewesen sei. Zu ihrer Kritik am Einsatz der israelischen Armee von Streubomben sagte Wieczorek-Zeul, sie setze sich generell für ein Verbot dieser Waffen ein. Streubomben hätten "eine hohe Blindgängerquote". Dadurch würden der Wiederaufbau, Zivilisten und Kinder gefährdet.
  • Die Europäische Union wird bei der Geberkonferenz für den Libanon am 31. Aug. in Stockholm 42 Millionen Euro für den Wiederaufbau zusagen. Damit erhöht sich die Hilfe der EU seit Beginn des Konflikts auf über 100 Millionen Euro, wie die EU-Kommission in Brüssel mitteilte. Das neue Paket umfasst unter anderem 18 Millionen Euro für die Ankurbelung der Wirtschaft sowie zehn Millionen Euro, mit denen die Bemühungen beim Wiederaufbau vor allem in den Bereichen Infrastruktur und Umwelt gefördert werden sollen. Für humanitäre Unterstützung hatte die EU zuvor bereits 50 Millionen Euro zugesagt, außerdem unterstützte sie die Evakuierung von Flüchtlingen und die Bekämpfung der Ölpest vor der libanesischen Küste.
  • Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), hat Angaben von Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) in Zweifel gezogen, wonach mehr als 1.200 deutsche Soldaten in den Libanon geschickt werden könnten. Diese Schlussfolgerung ergebe sich nicht aus dem, was bei der UNO beschlossen wurde, sagte Erler am 31. Aug. im Inforadio vom RBB. "Die letzte Zahl, die ich aus New York gehört habe, war, dass etwa 1.400 Mann insgesamt für die maritime Streitmacht gebraucht würden." Dabei gelte es zu beachten, dass auch andere - vor allem skandinavische Länder - ebenfalls Schiffe entsenden wollten. "Wenn sich diese Zahl bestätigt, dann ist gar nicht soviel Platz, dass Deutschland da mehr als bisher zugesagt entsenden könnte."
  • Bei der Geberkonferenz in Stockholm hat der libanesische Regierungschef Fuad Siniora am 31. Aug. an die internationale Gemeinschaft appelliert, beim Wiederaufbau seines Landes soviel wie möglich zu helfen. Die israelische Militäroffensive im Südlibanon habe Schäden in Milliardenhöhe verursacht, sagte Siniora bei der Konferenz mit Vertretern aus mehr als fünfzig Ländern. Deutschland stellt für den Wiederaufbau des Libanons 22 Millionen Euro zur Verfügung.
  • Vor dem möglichen Einsatz der Bundeswehr im Libanon hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 31. Aug. in Warnemünde einen Eindruck von der Einsatzfähigkeit der Marine verschafft. Bei einer Fahrt auf der Fregatte "Sachsen" sagte Merkel, sie habe sich davon überzeugt, dass die Marine für Aufgaben im internationalen Verbund gut gerüstet sei. Sie warb zugleich um Zustimmung für einen Friedenseinsatz im Libanon. Der Inspekteur der Marine, Wolfgang Nolting, wertete den Besuch als moralische Unterstützung der Marine.
  • Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul erneut "Einäugigkeit" im Nahostkonflikt vorgeworfen. Nach einer Aussprache von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch am 30. Aug. warf Vizepräsident Salomon Korn der SPD-Politikerin am 31. Aug. erneut einen "Affront gegen Israel" vor. Dieses Land sei seit Jahren aus dem Libanon angegriffen worden. Wieczorek-Zeul aber besuche als erstes den Staat, "der mit einer Terrororganisation zusammenarbeitet", und erwecke durch ihre Äußerungen "den Eindruck, als sei Israel der Aggressor und der Libanon ist das Opfer", kritisierte Korn.
  • Bei der Geberkonferenz für den Wiederaufbau des Libanons am 31. Aug. im schwedischen Stockholm hat die internationale Gemeinschaft Hilfen in Höhe von 940 Millionen Dollar (mehr als 731 Millionen Euro) zugesagt. "Diese Konferenz hat die Erwartungen bei weitem überstiegen", sagte der schwedische Außenminister Jan Eliasson. Ziel der Konferenz war es, 500 Millionen Dollar einzuwerben. Deutschland stellte nach ersten Hilfen weitere 22 Millionen Euro zur Verfügung. Mit den bereits vor der Konferenz bewilligten Hilfen belaufe sich die bislang zugesagte Summe für den Wiederaufbau auf 1,2 Milliarden Dollar, sagte Eliasson. Der libanesische Regierungschef Fuad Siniora sagte vor den Delegierten in Stockholm, die 34-tägigen Angriffe der israelischen Streitkräfte gegen die Hisbollah-Miliz habe in seinem Land schweren Schaden angerichtet. Die Schäden an öffentlichen und privaten Einrichtungen gingen in Milliardenhöhe. Siniora versicherte, Hilfsgelder würden nicht an die radikalislamische Hisbollah gehen.
  • Israel hat die Kritik wegen des Einsatzes von Streubomben im Libanon zurückgewiesen. Die israelische Armee habe sich im Libanon an internationales Recht gehalten und nur Waffen eingesetzt, die mit diesem Recht in Einklang stünden, sagte Regierungssprecherin Miri Eisin am 31. Aug. Auch in israelischen Militärkreisen hieß es, alle Waffen und sämtliche Munition, welche die israelische Armee verwendet habe, seien in Einklang mit internationalem Recht. "Ihr Einsatz entsprach internationalen Normen", sagte ein führender Militär.
  • Der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora hat angedeutet, dass hinter den Kulissen Kontakte mit Israel über die Befreiung der beiden entführten israelischen Soldaten bestehen. "Die Angelegenheit wird behandelt", sagte der libanesische Regierungschef Fuad Siniora am 31. Aug. am Rande der Geberkonferenz in Schweden. Bislang gebe es aber nichts Greifbares.
  • Nach einer fünftägigen Militäraktion im Gazastreifen haben sich israelische Soldaten am 31. Aug. aus den Außenbezirken der Stadt Gaza zurückgezogen, wie die Streitkräfte mitteilten. Seit Samstag kamen nach palästinensischen Angaben 20 Menschen ums Leben. Häuser, Straßen und Felder wurden beschädigt. Die israelischen Streitkräfte suchten bei ihrem Einsatz nach eigenen Angaben nach Tunneln und Sprengstoff.
  • Zehntausende Menschen haben am 31. Aug. in Israel für die von militanten Palästinensern und der libanesischen Hisbollah verschleppten drei Soldaten demonstriert. Die Kundgebung in Tel Aviv kam genau 50 Tage nach der Entführung von Ehud Goldwasser und Eldad Regev durch die Hisbollah an der Grenze zum Südlibanon.



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