Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

16 bis 30. Juni 2005

Chronologie der Ereignisse

Donnerstag, 16. Juni, bis Sonntag, 19. Juni
  • Die EU hat nach Angaben eines ihrer Vertreter in Jerusalem in jüngster Zeit diplomatische Kontakte zur radikalislamischen Palästinensergruppe Hamas unterhalten, obwohl sie die Organisation als "terroristisch" einstuft. Es habe Kontakte "technischer Art" gegeben, sagte ein EU-Vertreter der Nachrichtenagentur AFP am 16. Juni in Jerusalem. Dies bedeute aber keine Änderung in der europäischen Politik gegenüber der Hamas, die weiterhin auf der EU-Liste der "Terrororganisationen" stehe. Um die Hamas von dieser Liste zu streichen, müsste diese der Gewalt abschwören sowie die Existenz des Staates Israel und die Grundlagen für eine Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts akzeptieren.
  • Israel will seine Grenze zum Gazastreifen mit einer ins Wasser hineingebauten Mauer und einem schwimmenden Zaun sichern. Wie am 17. Juni aus Armeekreisen bekannt wurde, soll die etwa einen Kilometer lange Sperranlage im Wasser verhindern, dass palästinensische Attentäter schwimmend oder per Boot nach Israel gelangen könnten. Dazu solle eine Mauer etwa 150 Meter weit ins Meer hineingebaut werden. An diese Mauer solle sich ein etwa 800 Meter langer Schwimmzaun anschließen. In der Vergangenheit hatte die israelische Marine mehrere Palästinenser aufgegriffen, die über den Seeweg versucht hatten, nach Israel zu gelangen.
  • Bei einem Besuch im Westjordanland hat US-Außenministerin Condoleezza Rice mit der palästinensischen Regierung über den geplanten Abzug Israels aus dem Gazastreifen beraten. Die palästinensische Delegation unter Leitung von Ministerpräsident Ahmed Kureia habe Rice gebeten, Israel zu einer Aufhebung der Grenzblockade um den Gazastreifen zu drängen, sagte ein palästinensischer Regierungsvertreter am 18. Juni nach dem Treffen in Ramallah. Der Abzug werde ein "Fehlschlag", wenn Israel wie geplant nach dem Rückzug seiner Truppen die Kontrolle über die Land- und Seegrenze des Gazastreifens behalte.
  • Zum Auftakt ihrer Nahost-Reise hat US-Außenministerin Condoleezza Rice Israel und die Palästinenser zu besserer Koordinierung des israelischen Gaza-Abzugs aufgerufen. "Wir haben keine Zeit mehr", betonte sie nach einem Gespräch mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am 18. Juni. Der Abzug aus dem Gazastreifen sei "die beste Chance für eine Wiederbelebung" des internationalen Friedensplans. Im Rahmen ihrer Nahost-Reise führt Rice an diesem Wochenende auch noch Gespräche mit der israelischen Führung.
  • Die israelische Armee hat die Aufhebung von vier Straßensperren im Westjordanland angekündigt. Ziel der Maßnahme sei es, den Alltag der Palästinenser zu erleichtern, hieß es am 19. Juni in einer Erklärung der Armee. Nach ihren Angaben liegen die Sperren im Westen Ramallahs, auf der Straße zwischen Ramallah und Jericho sowie in der Nähe zweier Ortschaften im Süden des palästinensischen Verwaltungssitzes. Wegen der Blockaden müssen die Bewohner oftmals mühselige Umwege nehmen.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice und der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon haben den geplanten Abzug Israels aus dem Gazastreifen als "historischen Schritt" gewürdigt. Der Rückzug könnte zur Lösung des Nahost-Konflikts beitragen und eine erste Etappe auf dem Weg zu einem Palästinenserstaat sein, sagte Rice am 19. Juni in Jerusalem vor ihrem Treffen mit Scharon in Jerusalem. Nach den Worten des israelischen Regierungschefs steht Israel vor einem "historischen Scheideweg". Doch seien die Früchte des geplanten Abzugs schon jetzt zu erkennen, sagte Scharon bei einem gemeinsamen Auftritt mit Rice unmittelbar vor Beginn ihres Gesprächs.
  • Nach der Räumung der jüdischen Siedlungen im Gazastreifen sollen die leer stehenden Häuser zerstört werden. Darauf hätten sich die israelische Regierung und die Palästinenserführung geeinigt, sagte US-Außenministerin Condoleezza Rice am 19. Juni auf einer Pressekonferenz in Jerusalem. Beide Seiten seien sich einig, dass die etwa 1.200 Häuser wenig dazu beitragen würden, die Wohnungsnot der rund 1,3 Millionen Palästinenser im Gazastreifen zu lindern, versicherte Rice nach Gesprächen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon und weiteren Vertretern der israelischen Führung. Beide Seiten seien der Auffassung, dass das Land besser genutzt werden könne und seien bereit, das Problem gemeinsam anzugehen.
  • Israel will in zwei jüdischen Siedlungen im Westjordanland rund 700 neue Wohneinheiten errichten lassen. Das Wohnungsbauministerium werde bis zum Ende des Jahres Aufträge für den Bau von 300 Wohnungen in der Siedlung Maale Adumim sowie für 400 Wohnungen in Beitar Eilit ausschreiben, sagte ein Ministeriumssprecher am 19. Juni der Nachrichtenagentur AFP. Die Siedlungen befinden sich in den Außenbezirken von Ost-Jerusalem.
  • Bei einem Angriff auf einen israelischen Militärposten im Süden des Gazastreifens ist am 19. Juni ein Palästinenser getötet worden. Wie die israelische Armee mitteilte, wurde der Mann in der Nähe des Flüchtlingslagers Rafah durch Schüsse israelischer Soldaten tödlich getroffen. Die Soldaten hätten das Feuer erwidert, nachdem ihr Posten von zwei Palästinensern mit Panzergranaten und Schnellfeuerwaffen beschossen worden sei, hieß es. Drei israelische Soldaten seien verletzt worden. Der zweite palästinensische Angreifer sei festgenommen worden.
  • Die Parlamentswahl im Libanon geht am 19. Juni in die vierte und letzte Runde: Rund 700.000 Wähler im Norden des Landes sind aufgerufen, die noch offenen 28 von insgesamt 128 Mandaten zu bestimmen. Die künftige Zusammensetzung des Parlaments dürfte dabei entscheidend vom Abschneiden der sunnitischen Liste von Saad Hariri, Sohn des ermordeten Ex-Ministerpräsidenten Rafik Hariri, und der Partei des christlichen Ex-Generals Michel Aoun abhängen. Die Anhänger Aouns hatten bei der dritten Wahlrunde im Landesinnern überraschend gesiegt und der anti-syrischen Opposition einen Dämpfer versetzt. Die erste Wahlrunde in Beirut hatte das anti-syrische Lager klar gewonnen. In der zweiten Runde im Süden des Landes hatte das pro-syrische Schiitenbündnis aus Hisbollah und Amal alle Mandate erobert.
  • Die US-Außenministerin Condoleezza Rice hat sich irritiert über die israelischen Pläne zur Erweiterung von zwei zwei jüdischen Siedlungen im Westjordanland gezeigt. Die USA hätten "eine sehr klare Haltung" in dieser Angelegenheit und erwarteten keine Aktivitäten von israelischer Seite, "die Verhandlungen über den Endstatus in Mitleidenschaft ziehen könnten", sagte Rice bei einer Pressekonferenz mit ihrem jordanischen Kollegen Faruk Kassrawi am 19. Juni in Amman.
Montag, 20. Juni, bis Sonntag, 26. Juni
  • Im Norden des Westjordanlandes ist am 20. Juni ein israelischer Zivilist getötet worden. Ein weiterer sei verletzt worden, als das Fahrzeug der beiden südwestlich der Stadt Dschenin von Palästinensern beschossen worden sei, hieß es aus Militärkreisen. Die Palästinensern hätten aus einem zweiten Auto heraus das Feuer auf die Israelis eröffnet und seien dann geflohen.
  • Israelische Soldaten haben am 20. Juni einen Palästinenser im Gazastreifen erschossen. Der 17-Jährige sei in der Nähe der Sperranlage an der Grenze zu Israel getötet worden, teilten Krankenhausmitarbeiter mit. Bei dem Vorfall in der Nähe des Dorfes Wadi Gaza im Südwesten sei zudem ein 15-jähriger Begleiter des Jugendlichen verletzt worden. Beide seien unbewaffnet gewesen und hätten offenbar die Grenze passieren wollen, um in Israel zur Arbeit zu gehen, sagten Augenzeugen. Aus israelischen Militärkreisen verlautete dagegen, dass die jungen Männer in eine Sperrzone eingedrungen seien und sich trotz Warnrufen der Soldaten israelischem Territorium genähert hätten.
  • Mit einem klaren Sieg in der vierten und letzten Runde der Parlamentswahl im Libanon hat sich das anti-syrische Oppositionsbündnis unter Saad Hariri eine absolute Mehrheit im Parlament gesichert. Der 35-jährige Sohn des ermordeten Ex-Ministerpräsidenten Rafik Hariri habe bei der Abstimmung alle 28 zur Wahl stehenden Mandate gewonnen, sagte ein Behördenvertreter noch vor der offiziellen Verkündung des Ergebnisses am 20. Juni. Der christliche Ex-General Michel Aoun, der gegen das Bündnis von Hariri und Drusenführer Walid Dschumblatt angetreten war, gestand seine Niederlage ein.
    Nach Abschluss der Parlamentswahl, die über das Land verteilt in vier Etappen abgehalten worden war, verfügt Hariris Bündnis über 72 der 128 Sitze im libanesischen Parlament. Mit dem Sieg fällt die Mehrheit im Parlament erstmals seit Ende des Bürgerkriegs (1975-1990) an eine politische Gruppierung, die nicht von der früheren Besatzungsmacht Syrien protegiert wird. Es war die erste Parlamentswahl seit dem Abzug der syrischen Truppen im April.
  • Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten haben in einer gemeinsamen Erklärung die Wahlen im Libanon "begrüßt". Gemeinsam werde nun darüber nachgedacht, eine internationale Konferenz einzuberufen, die für die Unterstützung der neuen Regierung werben solle, teilten die EU und die USA nach ihrem Gipfeltreffen am 20. Juni in Washington mit. Sollte die libanesische Regierung dies wünschen, könne ein solcher Gipfel einberufen werden, sobald sie ihre Reform-Agenda beschlossen hätte. "Wir sind uns der Schwierigkeiten, der sich die neue Regierung stellen muss, bewusst. Wir sind weiter bereit, mit dem libanesischen Volk zusammenzuarbeiten, um die demokratischen Institutionen zu stärken und Frieden und Sicherheit zu fördern", hieß es weiter in der gemeinsamen Erklärung.
    UN-Generalsekretär Kofi Annan hat dem Libanon zu technisch einwandfreien und glaubwürdigen Parlamentswahlen gratuliert. Die Wahlen seien ganz offensichtlich frei und ohne Gewalt durchgeführt worden, ließ Annan nach der Bestätigung der Ergebnisse über seinen Sprecher am 20. Juni erklären. Sie seien ein Schlüsselelement des politischen Übergangs in Libanon.
  • Der ägyptische Präsident Husni Mubarak und Israels Vizeministerpräsident Schimon Peres haben bei einem Treffen nach einer Lösung für die strittige Frage der Grenzkontrolle nach dem geplanten Rückzug Israels aus dem Gazastreifen gesucht. "Ich bin optimistisch, dass wir noch vor dem Abzug ein Abkommen eingehen werden", sagte Peres nach der Begegnung am 20. Juni im ägyptischen Badeort Scharm el Scheich. Bei den Gesprächen ging es vor allem um den so genannten "Philadelphi-Korridor" - ein Stück Land an der Grenze vom Gazastreifen zu Ägypten, den die israelische Armee streng kontrolliert, um den Schmuggel von Waffen und anderem in den Gazastreifen zu verhindern.
  • Nach dem tödlichen Feuerüberfall auf einen Siedler am 20. Juni hat die israelische Armee in der Nacht zum 21. Juni rund 50 Aktivisten des Islamischen Dschihad festgenommen. Die radikale Palästinensergruppe hatte sich zu dem Anschlag bekannt. Nach Rundfunkangaben erfolgten die Festnahmen an verschiedenen Orten im gesamten Westjordanland. Es war die erste große Festnahmewelle seit der Vereinbarung einer Waffenruhe im Februar.
  • Zwei Tage nach Abschluss der Parlamentswahl im Libanon ist der frühere Chef der Kommunistischen Partei des Landes am 21. Juni bei einem Bombenanschlag in der Hauptstadt Beirut getötet worden. Nach Angaben aus libanesischen Sicherheitskreisen befand sich Georges Hawi am Vormittag im westlichen Stadtviertel Wata Mussaitbeh in seinem Mercedes in der Nähe seiner Wohnung, als die Bombe explodierte. Zuletzt war am 2. Juni ein politisch motiviertes Attentat in Beirut verübt worden; dabei war der syrien-kritische Journalist Samir Kassir ermordet worden.
    Die Vereinigten Staaten haben den tödlichen Anschlag auf den libanesischen Oppositionspolitiker Georges Hawi scharf verurteilt und eine Untersuchung gefordert. "Es muss eine umfassende Untersuchung zu dem Mord geben", sagte US-Präsidentensprecher Scott McClellan am 21. Juni in Washington. "Die Verantwortlichen müssen vor Gericht gebracht werden." Auch die Vereinten Nationen und Kanada verurteilten das Attentat. UN-Generalsekretär Kofi Annan sei "entsetzt" gewesen, als er von dem Bombenanschlag erfahren habe, sagte eine Sprecherin der UNO in New York. Der kanadische Außenminister Pierre Pettigrew sprach von einem "brutalen Mord" und "Terrorakt".
  • Gut vier Monate nach ihrem Gipfeltreffen in Ägypten haben sich Israels Regierungschef Ariel Scharon und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am 21. Juni erneut zu Gesprächen getroffen. Bei der Zusammenkunft in Jerusalem wollten Abbas und Scharon sich vor allem über den bevorstehenden israelischen Rückzug aus dem Gazastreifen abstimmen und über die wiederaufflammende Gewalt beraten. Es war das erste Mal, dass Scharon den Palästinenserpräsidenten auf seine Residenz nach Jerusalem einlud. Sowohl Israelis als auch Palästinenser beanspruchen Jerusalem als Hauptstadt für sich.
    Die Palästinenserführung hat sich nach dem Gipfeltreffen von Israels Regierungschef Ariel Scharon und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas enttäuscht gezeigt. "Was uns vorgeschlagen worden ist, war alles in allem überhaupt nicht überzeugend oder zufriedenstellend", sagte Ministerpräsident Ahmed Kureia am Abend des 21. Juni bei einer Pressekonferenz in Ramallah im Westjordanland. Der Gipfel in Jerusalem war kurz zuvor beendet worden. "Es hat unseren Erwartungen nicht entsprochen." Der israelische Regierungschef hatte den Palästinensern nach dpa-Angaben unter anderem die Übergabe der Kontrolle über zwei weitere Städte im Westjordanland angeboten.
    Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat nach seinem Gipfeltreffen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ein "vollständiges Ende des Terrorismus" gefordert. Ein Ende der "terroristischen Anschläge" sei die Voraussetzung für Fortschritte bei der Umsetzung des internationalen Friedensplans für den Nahen Osten, sagte Scharon am Abend des 21. Juni in Jerusalem. "Zum Wohle beider Seiten" hätten sich Israel und die Palästinenser auf eine "umfassende Zusammenarbeit" beim israelischen Rückzug aus dem Gazastreifen geeinigt. Scharon sagte ferner, er werde es "nicht tolerieren", wenn radikale Palästinenserorganisationen den Rückzug torpedierten.
  • Ein Palästinenser hat in Nablus das Feuer auf einen Konvoi von Regierungschef Ahmed Kureia eröffnet. Der Politiker sei unverletzt, teilte sein Büro am 22. Juni mit. Sicherheitskräfte nahmen den palästinensischen Angreifer fest. Kureia war zu einem Besuch in Nablus im Westjordanland. Dort trifft sich heute das palästinensische Kabinett.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat sich für eine Erweiterung des Nahost-Quartetts um Saudi-Arabien und Ägypten ausgesprochen. Ziel sei es, die Länder der Region in den Friedensprozess einzubinden, sagte Rice der saudiarabischen Tageszeitung "El Watan" (Ausgabe vom 22. Juni). Die arabischen Länder müssten zudem die Palästinenser finanziell unterstützen. Die Palästinenser machten eine "schwierige Zeit" durch.
  • Eine unbemannte israelische Drohne hat am 22. Juni im Norden des Gazasreifens zwei Raketen auf ein zunächst unbekanntes Ziel abgefeuert. Der Angriff sei in der Nähe der Ortschaft Beit Lahja erfolgt, sagten Augenzeugen. Es war zunächst unklar, ob es Opfer oder Schäden gab.
  • Israels Armee ist der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) zufolge in den vergangenen Jahren kaum gegen Soldaten vorgegangen, die für den Tod palästinensisischer Zivilisten verantwortlich sind. Nur in weniger als fünf Prozent der "tausenden" von Fällen getöteter oder verletzter Zivilisten seit Beginn der zweiten Intifada im Herbst 2000 sei ermittelt worden, erklärte die in New York ansässige Organisation am 23. Juni bei der Vorstellung eines Berichts zu dem Thema. Dies habe zu einer Atmosphäre geführt, "in der Soldaten denken, ungestraft Morde begehen zu können", fügte die Nahost-Chefin von HRW, Sarah Leah Whitson, hinzu.
  • Bei einem heftigen Schusswechsel in Dschenin im Westjordanland ist nach Krankenhausangaben ein palästinensischer Polizist getötet worden. Eine Gruppe bewaffneter Palästinenser hatte nach Angaben von Augenzeugen am 23. Juni den Wagen des Fatah-Abgeordneten Dschamal Schatti angegriffen. Nach dem Eintreffen der Polizei kam es zu einem Gefecht zwischen Dutzenden Polizisten und militanten Palästinensern, bei dem ein Polizist schwer verletzt wurde. Der 24-Jährige wurde in ein städtisches Krankenhaus gebracht, wo er den Angaben zufolge kurz darauf seinen Verletzungen erlag.
  • Das israelische Landwirtschaftsministerium will die Zahl der jüdischen Siedler in der Jordantal-Region des Westjordanlands verdoppeln. Zu den bislang 6.300 Siedlern in dem dünn besiedelten Gebiet, zu dem auch das Tote Meer zählt, sollen im Verlauf der beiden kommenden Jahre noch einmal so viele hinzukommen, sagte Ministeriumssprecher Benjamin Rom der Nachrichtenagentur AFP am 23. Juni. Das Projekt sehe eine starke Erhöhung der Agrarsubventionen und der Investitionen in den Tourismussektor der Region vor. Eine Umsetzung des Plans würde die Vorgaben des internationalen Friedensfahrplans (Roadmap) verletzen, die einen vollständigen Stopp des Ausbaus von Siedlungen in den Palästinensergebieten vorsehen.
  • Bei einem neuen Feuerüberfall im Westjordanland haben militante Palästinenser am 24. Juni einen jüdischen Siedler getötet. Die Bewaffneten hätten südlich von Hebron aus einem Auto heraus auf Israelis geschossen, die an einer Kreuzung auf Mitfahrtgelegenheiten warteten, sagte eine Armeesprecherin in Tel Aviv. Die Schützen seien geflüchtet und hätten kurz darauf an anderer Stelle das Feuer eröffnet. Insgesamt seien fünf Israelis verletzt worden.
  • Eine Kurzstreckenrakete vom Typ Kassam ist am Morgen des 26. Juni in der südisraelischen Negev-Wüste eingeschlagen. Bei der Explosion der Rakete in unbewohntem Gebiet sei niemand verletzt worden, teilte die israelische Armee mit. Das Geschoss sei vom Gazastreifen aus abgefeuert worden. Gleichzeitig hätten militante Palästinenser mehrere israelische Ziele im südlichen Gazastreifen mit Granaten beschossen.
  • Nach Ansicht Israels wird der Sieg des ultrakonservativen Kandidaten Mahmud Ahmadinedschad bei der iranischen Präsidentschaftswahl der internationalen Gemeinschaft große Probleme verursachen. "Die gefährliche Kombination aus religiösen Extremisten, nicht-konventionellen Waffen und der Isolation vom Westen wird weiter bestehen und der freien Welt schwere Probleme bereiten", erklärte der stellvertretende israelische Ministerpräsident Schimon Peres am 26. Juni. Peres betonte zudem, dass die Wahlen nicht als frei und fair angesehen werden könnten.
  • Die israelische Armee hat am 26. Juni sechs unbewohnte Gebäude im Siedlungsblock Gusch Katif im Gazastreifen abgerissen, um sie als Barrikaden für mögliche Gegner des geplanten Gaza-Abzugs unbrauchbar zu machen. Während der Abrissaktion gab es geringen Widerstand und vereinzelte kleinere Zusammenstöße, wie aus Armeekreisen verlautete. Etwa 70 Gegner des Abrisses hätten versucht, die Bulldozer aufzuhalten, es habe aber keine Festnahmen gegeben. Der Bereich war zuvor zu militärischem Sperrgebiet erklärt worden.
  • Die Beerdigung eines israelischen Jugendlichen, der von palästinensischen Extremisten erschossen worden war, ist am 26. Juni zu einer Demonstration gegen den geplanten Abzug aus dem Gazastreifen geworden. Rund eintausend Trauernde versammelten sich vor dem Begräbnis vor dem Sitz von Regierungschef Ariel Scharon in Jerusalem. Die meisten von ihnen trugen Orange, das inzwischen zur Symbolfarbe für den Widerstand gegen den Rückzug geworden ist. Viele weinten, andere machten ihrem Ärger durch laute Rufe Luft. Ein Freund der Familie des Toten machte Scharon persönlich für die Ermordung des 17-Jährigen verantwortlich. Der junge Mann war am 24. Juni in der Nähe der Stadt Hebron im Westjordanland in einem Hinterhalt erschossen worden.
Montag, 27. Juni, bis Donnerstag, 30. Juni
  • Nach dem Abriss von vier Gebäuden am Rande der Großsiedlung Gusch Katif im Gazastreifen haben Siedler das geräumte Gelände mit Zelten erneut besetzt. Zudem verschanzten sie sich am 27. Juni in zwei noch intakten, aber leerstehenden Häusern, etwa 20 Siedler kletterten auf einen dreistöckigen Rohbau in der nahen palästinensischen Enklave Mawassi, wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Nach der Besetzung des Rohbaus, von dessen Etagen die Siedler Transparente mit Parolen gegen den geplanten Gaza-Rückzug herabließen, forderte die israelische Polizei sie auf, freiwillig herunterzukommen; anderenfalls würde die Baustelle mit Gewalt geräumt.
  • Entlang der wichtigsten Schnellstraßen in Israel haben tausende Menschen gegen den bevorstehenden Abzug aus dem Gazastreifen protestiert. "Halte kurz an, denk' nochmal nach", war das Motto der Protestkundgebung am Abend des 27. Juni, bei der sich die Demonstranten mit israelischen Flaggen und Spruchbändern an den Straßenrand stellten und teils versuchten, vorbeifahrende Autofahrer aufzuhalten. Der Siedlerrat Jescha rechnete nach eigenen Angaben damit, dass sich zur abendlichen Stoßzeit rund 100.000 Autofahrer dem Protest anschließen würden. Der Polizeichef von Jerusalem, Ilan Franco, sagte, der Verkehr sei nicht zum Erliegen gekommen.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat Syrien aufgefordert, mit der Herausgabe der sterblichen Überreste eines in Syrien hingerichteten israelischen Geheimagenten seine Friedensbereitschaft unter Beweis zu stellen. Damaskus solle die Leiche von Elie Cohen übergeben, der 1965 in Syrien verurteilt und gehängt wurde, erklärte Scharon am 27. Juni, dem 40. Jahrestag der Hinrichtung Cohens. Im vergangenen Jahr habe der syrische Präsident Baschar el Assad mehrere Erklärungen abgegeben, in denen er sich zum Frieden mit Israel bereit erklärt habe. Es sei jedoch schwierig, ihm zu glauben, wenn "Syrien zu Terrorismus gegen Israel ermutigt". Die Übergabe von Cohens Leiche sei eine "einfache humanitäre Geste", die Syrien erbringen solle.
  • Israelische Soldaten sind am 27. Juni auf den Golanhöhen von syrischem Territorium aus beschossen worden. Niemand sei verletzt worden, verlautete aus der Armee. Die Soldaten, die gerade den Grenzzaun repariert hätten, hätten nicht zurückgeschossen. Israel habe bei den Vereinten Nationen Protest eingelegt. An der Waffenstillstandslinie ist eine UN-Beobachtungsmission zur Überwachung stationiert. Zu Zwischenfällen kam es dort bisher selten. Erst am 17. Juni hatte der UN-Sicherheitsrat das Mandat der Mission um ein halbes Jahr verlängert. Israel besetzte die Golanhöhen 1967. Die UN-Soldaten überwachen den Waffenstillstand zwischen Israel und Syrien seit 1974.
  • Der pro-syrische Politiker Nabih Berri ist erneut zum Präsidenten des libanesischen Parlaments gewählt worden. Der Vorsitzende der Schiitenpartei Amal erhielt am 28. Juni 90 von 128 Stimmen und damit sein viertes Mandat in Folge. 37 Abgeordnete gaben aus Protest gegen den 67-Jährigen leere Stimmzettel ab. Der Gegenkandidat vom Mehrheitsbündnis des Wahlsiegers Saad Hariri, Bassem Sabeh, erhielt lediglich eine Stimme.
  • Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat den gewalttätigen Widerstand jüdischer Siedler gegen den Abzug aus dem Gazastreifen scharf verurteilt. Die "Extremisten" verstießen gegen die Gesetze und bedrohten die Existenz Israels als demokratischer jüdischer Staat, sagte Scharon am 28. Juni. Die Ausschreitungen gegen Armee und Ordnungskräfte müssten aufhören. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass eine Minderheit radikaler Abzugsgegner die Entscheidungen von Regierung und Parlament gefährde.
  • Wegen Befehlsverweigerung im Zusammenhang mit dem Abriss von Siedlergebäuden im Gazastreifen ist ein israelischer Soldat am 28. Juni zu acht Wochen Haft verurteilt worden. Das Armeegericht befand den angeklagten Gefreiten Avi Biebner außerdem für schuldig, einen seiner Offiziere bedroht zu haben. Biebner, selbst Siedler aus dem Westjordanland, hatte sich am 26. Juni geweigert, an der Zerstörung von Gebäuden bei Rafah im südlichen Gazastreifen teilzunehmen. Er gelangte auf die Titelseite der meisten israelischen Zeitungen, nachdem er beim Schreien nationalistischer Losungen gegen den von Ministerpräsident Ariel Scharon geplanten Rückzug aus dem Gazastreifen gefilmt worden war.
  • Vor dem geplanten Rückzug Israels aus dem Gazastreifen hat der palästinensische Regierungschef Ahmed Kureia sich für die Bildung eines "Kabinetts der nationalen Einheit" ausgesprochen, um einen sicheren Abzug zu gewährleisten. Wenn die verschiedenen Palästinensergruppen dies wünschten, könne mit ihrer Beteiligung eine Übergangsregierung gebildet werden, welche den Rückzug überwachen solle, sagte Kureia am 28. Juni in Gaza vor Journalisten. "Alle, die sich an der Regierung beteiligen wollen, sind willkommen", sagte Kureia. Vertreter der Hamas-Organisation kritisierten den Vorschlag als "Propaganda". Anstatt die Palästinensergruppen direkt anzusprechen, habe Kureia sich nur an die Presse gewandt, sagte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri.
  • Israelische Soldaten haben am 28. Juni im Gazastreifen einen palästinensischen Angreifer erschossen. Ein zweiter Mann sei nach der Schießerei geflohen, so eine Armeesprecherin in Tel Aviv. Die beiden hätten sich nach Einbruch der Dunkelheit dem Sperrzaun um eine jüdische Siedlung genähert und versucht, einen Sprengsatz anzubringen.
  • Die radikalen Gegner eines israelischen Abzugs aus dem Gazastreifen haben ihre Proteste am 29. Juni verschärft. Noch bevor am Nachmittag landesweite Verkehrsblockaden beginnen sollten, störten Gegner des Abzugs den Verkehr auf einer Autobahnstrecke von Tel Aviv nach Jerusalem mit Nägeln und Öl. Mindestens 20 Wagen hätten Löcher in ihren Reifen, berichtete der israelische Rundfunk am 29. Juni.
    Mit Gewalt hat die israelische Polizei am 29. Juni mehrere hundert Gegner des bevorstehenden Abzugs aus dem Gazastreifen daran gehindert, eine Hauptverkehrsstraße vor den Toren Jerusalems zu blockieren. Den jugendlichen Anhängern der Ultrarechten gelang es angesichts der massiven Polizeipräsenz nur vorübergehend, eine Kreuzung auf der zum Flughafen führenden Straße zu versperren. In orangefarbenen T-Shirts, der Farbe des Widerstands gegen den Gaza-Abzug, rannten sie auf die Straße. Auch manche Autofahrer hatten orangefarbene Bänder an ihren Wagen angebracht. Die Polizei ging mit Gummiknüppeln und Wasserwerfern gegen die Demonstranten vor und löste so die Kundgebung innerhalb kurzer Zeit auf. Mehrere Jugendliche wurden festgenommen.
  • Die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah hat am 29. Juli mehrere israelische Militärposten im Gebiet der umstrittenen Schebaa-Farmen am Fuße der Golanhöhen beschossen. Bei den Angriffen sei mindestens ein Israeli verletzt worden, teilte die israelische Armee mit. Laut der libanesischen Polizei flog die israelische Armee als Reaktion mehrere Luftangriffe auf die Dörfer Kfarschuba und Schebaa im Südlibanon. Auch andere Dörfer im Grenzgebiet seien von der Artillerie beschossen worden. Über Verletzte war dort zunächst nichts bekannt. In jüngster Zeit hatte Israel seine Grenzanlagen zwischen den Schebaa-Farmen und dem Libanon verstärkt und Stacheldrahtzäune sowie Überwachungskameras installiert.
  • Die israelische Armee hat am Abend des 29. Juni ein palästinensisches Ziel im Gazastreifen aus der Luft angegriffen. Die Attacke habe einer Lagerhalle in Beit Hanun im nördlichen Gazastreifen gegolten, in der Waffen gelagert worden seien, teilte ein Armeesprecher mit. Unter anderem hätten sich in der Halle Kassam-Kurzstreckenraketen und Mörsergranaten befunden. Palästinensische Sicherheitsbeamte sagten unter Berufung auf Augenzeugen, ein Apache-Kampfhubschrauber habe eine Rakete abgefeuert. Niemand sei verletzt worden.
  • Im umstrittenen israelisch-libanesischen Grenzgebiet haben sich israelische Soldaten und Anhänger der libanesischen Hisbollah-Miliz am 30. Juni erneut bekämpft. Bei dem Schusswechsel sei mindestens ein Hisbollah-Kämpfer "getroffen" worden, verlautete aus der israelischen Armee. Die Kämpfe ereigneten sich wie schon am Vortag auf dem Gebiet der Schebaa-Farmen im nördlichen Grenzbereich. Diese liegen am Fuße der von Israel besetzten und von Syrien beanspruchten Golan-Höhen. Den Angaben zufolge nahmen die israelischen Soldaten in der Nähe einer ihrer Stellungen zwei Hisbollah-Kämpfer fest. Sie gehörten nach Armeeangaben zu einem Kommando, das am Vortag bei stundenlangen Gefechten im Grenzgebiet einen israelischen Soldaten getötet hatte.
  • Aufgrund der zunehmend gewaltsamen Proteste gegen die Räumung jüdischer Siedlungen hat die israelische Armee den gesamten Gazastreifen zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Wegen der "Vorfälle der letzten 24 Stunden" sei "eine vorübergehende Begrenzung des Zugangs zum Gazastreifen" verhängt worden, sagte eine Armeesprecherin am 30. Juni der Nachrichtenagentur AFP in Jerusalem.
  • Die palästinensischen El-Aksa-Brigaden haben nach eigenen Angaben im Westjordanland zwei israelische Soldaten entführt. Die beiden Soldaten seien in Nablus in die Gewalt der Organisation geraten, sagte ein anonymer Sprecher der El-Aksa-Brigaden am 30. Juni telefonisch der Nachrichtenagentur AFP. Verantwortlich für die Entführung sei eine Zelle aus Anhängern des von der israelischen Armee vor fünf Jahren getöteten Anführers Massud Ajjad. Ein anonymer Anrufer sagte der Nachrichtenagentur AFP später, "wir haben die beiden Soldaten getötet, die wir in Nablus entführt haben". Er gab an, im Namen der El-Aksa-Brigaden und des Islamische Dschihad zu sprechen.
    Die Palästinenserführung hat Berichte über eine Verschleppung von zwei israelischen Soldaten im Westjordanland bestritten. Die von militanten Palästinensern gestreuten Informationen seien "völlig unwahr", sagte ein Sprecher des palästinensischen Innenministeriums am 30. Juni. Eine Sprecherin der israelischen Armee in Tel Aviv erklärte ebenfalls, eine Entführung könne nicht bestätigt werden.
  • Als Reaktion auf die Kämpfe im Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon hat der UN-Sicherheitsrat die libanesische Regierung zur Kontrolle der Hisbollah-Miliz aufgerufen. Der Sicherheitsrat erneuere seinen Appel an die Regierung in Beirut, im gesamten Staatsgebiet die Kontrolle auszuüben, sagte der französische UN-Botschafter und amtierende Vorsitzende, Jean-Marc de La Sablière, am 30. Juni in New York. Dies beinhalte auch die Entsendung von Truppen. Alle Angriffe von libanesischem Gebiet aus müssten unterbunden werden. Der Sicherheitsrat bitte alle Beteiligten, die "Blaue Linie" zu respektieren, keine Gewalt anzuwenden und Zurückhaltung zu üben.



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