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Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.
Oktober 2004
Chronologie der Ereignisse
Freitag, 1. Oktober, bis Sonntag, 3. Oktober
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Bei einem Einsatz der israelischen Armee im Norden des Gazastreifens sind am 1. Okt. nach Angaben von Ärzten und Augenzeugen mindestens zwei Palästinenser getötet worden. Die Armee habe eine Panzergranate auf eine Gruppe von Palästinensern gefeuert, die sich im Flüchtlingslager von Dschabalija vor einer Moschee versammelt hätten. Den Ärzten zufolge wurden dabei drei weitere Menschen verletzt. Am Vortag waren bei dem israelischen Militäreinsatz in der Region nach Krankenhausangaben 32 Palästinenser getötet worden.
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Israelische Kampfhubschrauber haben am Abend des 1. Okt. Raketen auf Gaza-Stadt gefeuert. Zwei Geschosse zerstörten nach palästinensischen Angaben eine Metallwerkstatt. Laut israelischen Militärangaben diente die Werkstatt zur Herstellung von Raketen, die auf israelisches Gebiet abgefeuert werden. Angaben zu möglichen Opfern der Attacke lagen zunächst nicht vor.
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Die USA haben Israel vor einem zu scharfen Vorgehen bei der seit Tagen andauernden groß angelegten Militäraktion im Gazastreifen gewarnt. "Wir fordern von der israelischen Regierung, alles zu tun, um mit angemessener Härte der gegen sie gerichteten Bedrohung zu begegnen", sagte der stellvertretende US-Außenamtssprecher Adam Ereli am 1. Okt. Washington fordere von Israel, Opfer unter der Zivilbenölkerung zu vermeiden. Solche Opfer könnten "die Anstrengungen, einen dauerhaften Frieden zu erreichen, erschweren", sagte Ereli.
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Bei ihrer Großoffensive im Gaza-Streifen haben israelische Soldaten mindestens neun Palästinenser getötet. Ein von den Israelis als Terrorist bezeichneter 20-Jähriger starb nach palästinensischen Angaben am Abend des 1. Okt., als ein Armee-Hubschrauber zwei Raketen auf ein Gruppe von Palästinensern abfeuerte. Sieben Menschen wurden verletzt (dpa).
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Israelische Soldaten haben am Morgen des 2. Okt. vier Palästinenser getötet, die in israelisches Gebiet eingedrungen waren. Die Mitglieder eines Kommandos hätten den Grenzübergang Karni zwischen dem Gazastreifen und Israel überquert und seien mehrere hundert Meter weit auf israelisches Territorium vorgedrungen, teilte die israelische Armee mit. Die Palästinenser hätten den morgendlichen Nebel ausgenutzt. Den Angaben zufolge wollten sie einen Anschlag in einer israelischen Ortschaft in der Gegend verüben, bevor sie gesichtet und erschossen wurden. Bei den Leichen seien automatische Waffen entdeckt worden. Die Männer hätten kugelsichere Westen getragen.
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Wegen des israelischen Militäreinsatzes im nördlichen Gazastreifen hat die palästinensische Regierung den Notstand für die Autonomiegebiete ausgerufen. "Das Kabinett hat den Notstand für die Gesamtheit der Palästinensergebiete ausgerufen, um der unter den schrecklichen Verbrechen der israelischen Armee leidenden Bevölkerung des Gazastreifens zu helfen", hieß es in einer am 2. Okt. veröffentlichten Erklärung. Die Regierung rief alle palästinensischen Behörden auf, den Bewohnern des nördlichen Gazastreifens zu helfen. Laut der Erklärung sagte Regierungschef Ahmed Kureia einen geplanten Besuch in Russland und der Türkei ab, um am Samstag an einer Dringlichkeitssitzung seines Kabinetts teilzunehmen.
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Israelische Soldaten haben am 2. Okt. ein Auto im Gazastreifen von einem Hubschrauber aus mit Raketen beschossen und dabei die beiden Insassen getötet. Mindestens sieben Menschen seien bei dem Angriff getötet worden, teilten palästinensische Sicherheitsbehörden und ein örtliches Krankenhaus übereinstimmend mit.
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Israel will sich nach einem Bericht des israelischen Fernsehens bei UN-Generalsekretär Kofi Annan über das Verhalten des Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge beschweren. Anlass sei ein Video, auf dem zu sehen ist, wie militante Palästinenser angeblich eine Raketenabschussrampe in ein mit "UN" gekennzeichnetes Fahrzeug verladen. Möglicherweise werde die Regierung die Entlassung des Chefs des Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge fordern, hieß es am 2. Okt.
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Israels Premier Ariel Scharon hat die Streitkräfte zu härterer Gangart im nördlichen Gazastreifen aufgerufen. Er habe die Armee angewiesen, alle "notwendigen und möglichen Maßnahmen" zu unternehmen, um die palästinensischen Raketenangriffe auf Israel ein und für alle Mal zu beenden. Das sagte Scharon am Abend des 2. Okt. im israelischen Rundfunk. Bei der Militäroffensive im Gazastreifen sind bereits mehr als 50 Palästinenser getötet worden. Fünf Israelis starben zuvor bei palästinensischen Raketenangriffen.
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Die israelische Armee hat in der Nacht zum 3. Okt. im Norden des Gazastreifens zwei Palästinenser gezielt getötet. Die Männer seien in der Region um Dschabalija von einer Rakete getroffen worden, die von einer unbemannten Flugdrohne abgefeuert wurde, berichteten Sicherheitskräfte. Die beiden Toten waren Augenzeugen zufolge Mitglieder der El-Kods-Brigaden, des bewaffneten Arms des Islamischen Dschihad. Damit starben seit Beginn des israelischen Militäreinsatzes "Tag der Buße" im nördlichen Gazastreifen am Abend des 28. Sept. 58 Palästinenser.
Im Flüchtlingslager Dschabalija wurde am 3. Okt. ein weiterer Palästinenser von einer Panzergranate tödlich getroffen, wie palästinensische Sicherheitsvertreter mitteilten.
Bei ihrer Militäroffensive im Gazastreifen hat die israelische Armee am 3. Okt. einen taubstummen Palästinenser getötet. Der 36-Jährige sei im Flüchtlingslager Dschabalija seinen tödlichen Kopfverletzungen erlegen, sagten palästinensische Krankenhausmitarbeiter. Zuvor war in dem Lager bereits ein Palästinenser von einer Panzergranate tödlich getroffen worden.
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Bei der israelischen Militäroffensive im nördlichen Gazastreifen ist am 3. Okt. ein weiterer Palästinenser getötet worden. Der Mann sei von einer Rakete getroffen worden, die von einem unbemannten Flugzeug auf das Flüchtlingslager Dschabalija abgefeuert worden sei, sagten palästinensische Sicherheitsbeamte. Mehrere weitere Menschen seien dabei verletzt worden.
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Der Streit zwischen Israel und den Vereinten Nationen wegen des mutmaßlichen Transports von Waffen für militante Palästinenser in einem UN-Fahrzeug spitzt sich zu. Der israelische Botschafter bei den UN, Dan Gillerman, sagte am 3. Okt. im israelischen Radio, er werde von UN-Generalsekretär Kofi Annan eine Untersuchung fordern, die auch das Verhalten von Peter Hansen berücksichtige. Israel wirft dem Chef des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) seit Jahren Voreingenommenheit gegen Israel vor. Die UN-Organisation dementierte am 3. Okt. auf einer Pressekonferenz in Gaza die Vorwürfe und zeigte den Journalisten einen Krankenwagen, der derjenige auf den Bildern sei; auf dem Bildmaterial seien ferner der Fahrer und Helfer zu sehen gewesen. Wahel Ghabajen, der sich als einer der Männer bezeichnete, sagte, er sei am Freitag mit einer Bahre zu einer Schule in Dschebalija gelaufen. Als er zurück zum Wagen gekommen sei, habe er die Trage zusammengefaltet und in den Wagen geworfen: "Wenn es eine Rakete gewesen wäre, hätte ich sie nicht geworfen, sondern vorsichtig hinein gelegt." UN-Mitarbeiter wiesen darauf hin, dass der Mann auf den Bildern den langen Gegenstand mit einer Hand trage, dies sei bei einer Kassam-Rakete schwierig. Allerdings wiegt das selbst gebaute Projektil je nach Ausführung zwischen 5,5 und 35 Kilogramm. Der operative Direktor für die UNRWA, Lionel Brisson, verlangte eine Entschuldigung von Israel.
Israel veröffentlichte am 1. Okt. Aufnahmen eines unbemannten Aufklärungsflugzeugs, auf denen mutmaßliche palästinensische Extremisten einen längeren Gegenstand in ein UN-Fahrzeug verladen; dieser wird eher lässig in das Fahrzeug hinein geworfen. Eine weitere Aufnahme zeigt mutmaßliche Militante, die einen nicht markierten Wagen mit einer Rakete beladen. Nach dem Wegfahren schlägt eine von einem israelischen Hubschrauber abgefeuerte Rakete in das Fahrzeug ein. Der Angriff sei am Morgen des 1. Okt. erfolgt, erklärte die Armee.
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Wegen der hohen Zahl von Opfern hat UN-Generalsekretär Kofi Annan am 3. Okt. ein Ende der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen gefordert. Der Einsatz habe "zum Tod zahlreicher Palästinenser geführt, unter ihnen viele Zivilisten einschließlich Kinder", erklärte Annan in New York. Annan forderte in seiner Erklärung zugleich die palästinensische Autonomiebehörde auf, "den Abschuss von Raketen auf Israel durch militante Palästinenser zu stoppen". Der UN-Generalsekretär erinnerte beide Konfliktparteien an ihre "rechtliche Verpflichtung, alle Zivilisten zu schützen".
Montag, 4. Oktober, bis Sonntag, 10. Oktober
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Zwei Anführer der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen haben einen israelischen Hubschrauberangriff schwer verletzt überlebt. Die beiden Männer seien in der Nacht zum 4. Okt. auf der Straße mit Raketen beschossen worden, teilten Sicherheitsbehörden und ein örtliches Krankenhaus übereinstimmend mit. Die beiden Männer seien Mitglieder der Essedin-el-Kassam-Brigaden, des bewaffneten Arms der Hamas.
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Bei einem Einsatz im Flüchtlingslager Dschabalija im Gazastreifen haben israelische Soldaten in der Nacht zum 4. Okt. drei Palästinenser getötet. Die Männer seien von Panzergeschossen getroffen und getötet worden, teilten palästinensische Sicherheitsbeamte und örtliche Krankenhäuser mit.
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In der südisraelischen Stadt Sderot sind am 4. Okt. erneut palästinensische Kassam-Raketen eingeschlagen. Eine der beiden Raketen sei im Stadion der Stadt gelandet und habe einen Israeli in der Nähe des Stadions verletzt, teilten Ärzte und Sicherheitskräfte mit. Zahlreiche Menschen hätten einen Schock erlitten und stünden unter ärztlicher Beobachtung. Die andere Rakete habe niemanden verletzt und keine Schäden angerichtet.
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Israelische Soldaten haben am 4. Okt. im Süden des Gazastreifens ein palästinensisches Kind erschossen. Der vier Jahre alte Junge sei bei einem Einmarsch der Armee im Dorf Chusa nahe Chan Junis getötet worden, teilten palästinensische Sicherheitskräfte und Mediziner mit. Loaj el Nadschar sei in seinem Haus von einer Kugel getroffen worden.
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Bei gewaltsamen Zusammenstößen zwischen israelischen Soldaten und Palästinensern hat es am Abend des 4. Okt. Tote auf beiden Seiten gegeben. Soldaten einer israelischen Spezialeinheit erschossen bei einem Einsatz in Ramallah im Westjordanland zwei Palästinenser, wie ein örtliches Krankenhaus bekannt gab. Nach Angaben des israelischen Militärrundfunks wurde ein Israeli von Palästinensern erschossen. Bei dem Einsatz in Ramallah seien fünf Mitglieder der radikalislamischen Hamas festgenommen worden.
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Der palästinensische Präsident Jassir Arafat hat angesichts der israelischen Offensive im Gazastreifen militante Gruppen indirekt aufgerufen, den Raketenbeschuss auf israelische Grenzorte einzustellen. "Ich rufe alle Gruppen auf, die palästinensischen Interessen über alles zu stellen und der Besatzung keinen Vorwand gegen uns zu geben", sagte er am 4. Okt. in seiner ersten Rundfunkansprache an die Bewohner des Gazastreifens seit Beginn der israelischen Offensive in der vergangenen Woche. Zugleich bekräftigte er, dass sich die Palästinenser niemals der israelischen Gewalt ergeben würden.
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Die israelischen Armee hat am 5. Okt. im südlichen Gazastreifen ein palästinensisches Mädchen getötet. Die 13-Jährige wurde nach Angaben eines Arztes auf ihrem Schulweg bei Rafah von einem Wachturm aus erschossen. Ihr Körper sei von 20 Kugeln durchsiebt worden, fünf davon hätten sie am Kopf getroffen. (Siehe hierzu auch weiter unten: 11. Oktober).
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Der Präsident der palästinensischen Autonomiegebiete, Jassir Arafat, hat am 5. Okt. seinen Rücktritt in Aussicht gestellt, sobald der freie und souveräne Staat Palästina gegründet ist. "Ich bin bereit, ein zweiter Mandela zu werden", sagte Arafat in einem Interview mit der in London erscheinenden arabischen Tageszeitung "Asharq Al-Awsat".
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Wegen einer Bombendrohung ist eine Maschine der Lufthansa auf dem Weg nach Israel am 5. Okt. in Zypern gelandet.
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Bei ihrem Einsatz im Gazastreifen hat die israelische Armee am 5. Okt. den örtlichen Anführer der radikalislamischen El-Kuds-Brigaden und einen weiteren palästinensischen Extremisten getötet. Der bei dem Hubschrauberangriff in Gaza getötete Baschir el Dibsch habe die El-Kuds-Brigaden im Gazastreifen angeführt, verlautete aus der radikalen Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad. Ein weiteres Mitglied der Brigaden sei bei dem Angriff vor dem Flüchtlingslager Schatti ums Leben gekommen.
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Israel will offenbar über die USA deutsche Panzer für Militäreinsätze in besiedelten Palästinensergebieten kaufen. Wie die "Financial Times Deutschland" (Ausgabe vom 6. Okt.) berichtet, ist Israel an 103 deutschen Truppenpanzern vom Typ "Dingo 2" interessiert. Verhandlungen zwischen den Regierungen in Jerusalem und Washington könnten nach Ablauf einer Einspruchsfrist des US-Kongresses am Freitag schon bald beginnen, berichtet die Zeitung. Deutschland hatte 2002 eine Anfrage Israels wegen eines möglichen Einsatzes in den Palästinensergebieten abgelehnt. Die Bundesregierung müsste auch diesmal ihre Zustimmung erteilen.
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Die israelische Regierung verhandelt mit der palästinensischen Autonomiebehörde offenbar über eine Beendigung der Militäroffensive im Gazastreifen. Israel sei zu einer Einstellung der Kämpfe bereit, wenn die palästinensische Seite ein Ende der Raketenangriffe auf israelische Städte zusichere, verlautete am 5. Okt. aus Militärkreisen.
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Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben mehr als ein Dutzend Mitarbeiter der Vereinten Nationen wegen der mutmaßlichen Beteiligung an "terroristischen Aktivitäten" festgenommen. Insgesamt 13 Beschäftigte der UNO seien kürzlich festgenommen worden, sagte ein Mitglied des israelischen Generalstabs, Israel Siv, bei einer Pressekonferenz in Tel Aviv am 5. Okt., wie das israelische Fernsehen berichtete. Um wen es sich dabei handelte, sagte Siv nicht. Auch ein von der Nachrichtenagentur AFP befragter Armeesprecher gab keine weiteren Einzelheiten bekannt.
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Bei einem israelischen Luftangriff auf eine Gruppe bewaffneter Kämpfer der Al-Aksa-Märtyrerbrigaden sind am Abend des 5. Okt. im Flüchtlingslager Dschebalija im Gazastreifen zwei Menschen getötet und acht verletzt worden. Das verlautete aus palästinensischen Sicherheitskreisen. Dem Vernehmen nach bereiteten die Kämpfer einen Angriff auf israelische Soldaten vor.
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Bei der Nahost-Debatte im UN-Sicherheitsrat hat die Europäische Union die israelische Armeeoffensive im Gazastreifen als "unverhältnismäßig" kritisiert. US-Außenminister Colin Powell rief Israel zur Mäßigung auf. "Israel sollte das Recht, seine Bürger vor Terrorismus zu schützen, im Rahmen des internationalen Rechts ausüben", hieß es in einer vom niederländische UN-Botschafter Dirk van den Berg vorgetragenen Erklärung der EU-Staaten vor dem Sicherheitsrat in New York. Powell äußerte bei einem Brasilien-Besuch die Hoffnung, dass sich die israelische Militäroffensive im Gazastreifen "nicht weiter ausdehnt". Er hoffe, dass der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon "angemessene" Mittel zum Erreichen seiner Ziele findet, sagte Powell in Sao Paulo weiter. In den sechs Tagen der Militäroffensive im Gazastreifen starben mindestens 77 Palästinenser. Der Einsatz ist damit der blutigste seit Beginn der Intifada vor vier Jahren.
In einem von Algerien im UN-Sicherheitsrat eingebrachten Resolutionsentwurf wurde der sofortige Abzug der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen verlangt. Der amerikanische UN-Botschafter John Danforth kritisierte den Entwurf. Der Text sei "ein weiterer Schritt auf der Straße nach Nirgendwo". Der algerische UN-Botschafter Abdallah Baali warf Israel "schreckliche Methoden gegen die wehrlose Zivilbevölkerung" vor. In dem Resolutionsentwurf wird Israel aufgefordert, "sofort alle militärischen Aktivitäten im nördlichen Gazastreifen einzustellen und (seine) Besatzungskräfte aus der Region abzuziehen".
Der Sicherheitsrat stimmte am Abend des 5. Okt. über den Entwurf ab. Washington stimmte erwartungsgemäß gegen den von der Gruppe arabischer Staaten eingebrachten Resolutionsentwurf, der Israel zum sofortigen Stopp seines Militäreinsatzes im Gazastreifen aufforderte. Drei Mitgliedstaaten des Sicherheitsrates - Deutschland, Großbritannien und Rumänien - enthielten sich der Stimme. Elf Staaten des Gremiums stimmten für den Entwurf.
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Bei Angriffen israelischer Panzer im nördlichen Gazastreifen sind in der Nacht zum 6. Okt. drei Palästinenser getötet und zwölf weitere verletzt worden. Nach Angaben palästinensischer Krankenhausmitarbeiter wurden im Flüchtlingslager Dschabalija zwei Männer, ein Vater und sein Sohn, bei der Explosion einer Panzergranate getötet. Zwei weitere Palästinenser seien dabei verletzt worden. Zuvor waren nach Angaben der Krankenhausmitarbeiter durch den Beschuss israelischer Panzer in der Ortschaft Beit Lahia ein Palästinenser getötet und zehn weitere verletzt worden. Unter den Verletzten seien acht Kinder gewesen; alle Verletzten gehörten einer Familie an, deren Haus von den Panzergeschützen getroffen wurde.
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Zwei sich widersprechende Erklärungen zum Friedensprozess:
Israel will die Errichtung eines palästinensischen Staats für unbegrenzte Zeit auf Eis legen. Ein ranghoher Berater von Ministerpräsident Ariel Scharon erklärte am 6. Okt. in der Zeitung "Haaretz", dies sei das Ziel des israelischen Plans eines einseitigen Abzugs aus dem Gazastreifen und Teilen des Westjordanlands. Das Thema palästinensischer Staat sei von der Tagesordnung genommen worden, "und all das mit dem Segen des (US-)Präsidenten" und beider Häuser des US-Kongresses, zitierte die Zeitung Dov Weisglass, den Verbindungsmann Scharons bei der US-Regierung.
Der israelische Regierungschef Ariel Scharon hat den internationalen Nahost-Friedensplan, die so genannte Roadmap, als "einzigen geeigneten Plan" auf dem Weg zu einem "umsetzbaren" Abkommen zwischen Israelis und Palästinensern bezeichnet. Das erklärte sein Büro am 6. Okt.
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Israel will offenbar in den USA hergestellte deutsche Militärfahrzeuge kaufen. Die US-Firma Textron, die den von Krauss-Maffei Wegmann entwickelten Dingo unter Lizenz herstellt, habe beim US-Kongress angefragt, ob es grundsätzliche Einwände gebe, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg am 6. Okt. in Berlin. Sollte der Kongress keine Einwände haben, müssten die US-Behörden noch zustimmen, erläuterte Steg. Anschließend müsste der Kauf nach deutschem Recht abgeschlossen und genehmigt werden - die Entscheidung läge dann beim Bundessicherheitsrat. Bislang gebe es aber in Berlin weder eine "Voranfrage noch einen Antrag auf den Export oder Reexport" der Dingos, sagte Steg.
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Die israelische Armee wird ihre Offensive im Norden des Gazastreifens frühestens am 10. Okt. beenden. Die Armeeführung habe das Kommando erhalten, die Truppen bis Sonntag vor Ort zu belassen, sagte ein israelischer Militär am 6. Okt. der Nachrichtenagentur AFP.
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Israelische Kampfhubschrauber haben am Abend des 6. Okt. drei Raketen auf eine Metallwerkstatt im Gazastreifen abgefeuert. Aus palästinensischen Sicherheitskreisen verlautete, zwei der Geschosse seien in dem zweigeschossigen Gebäude in dem Ort Dschebalija eingeschlagen und hätten ein Feuer ausgelöst. Die israelischen Streitkräfte teilten mit, in der Werkstatt seien Raketen hergestellt worden, wie sie auf israelische Grenzorte abgefeuert wurden.
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Israelische Soldaten haben am 7. Okt. bei Einsätzen im Gazastreifen und dem Westjordanland sieben Palästinenser getötet. Drei bewaffnete Palästinenser griffen am Vormittag die jüdische Gaza- Siedlung Kfar Darom an. Sie wurden erschossen. Palästinenser teilten mit, die Männer gehörten zum bewaffneten Flügel der militanten Organisation Islamischer Dschihad.
Bei weiteren Zusammenstößen mit israelischen Soldaten starben vier Palästinenser unter anderem zwei Kinder. Die beiden palästinensischen Jungen im Alter von zwölf und 14 Jahren seien von einer Panzergranate getroffen worden, hieß es am 7. Okt. Die israelische Armee dagegen teilte mit, sie habe zwei Menschen aufgespürt, die eine Kassam-Rakete zünden wollten und diese mit einer von einem Hubschrauber aus abgefeuerten Rakete getötet.
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Bei einer Anschlagsserie auf israelische Touristen am Roten Meer sind am 8. Okt. mindestens 28 Menschen getötet und mehr als 120 verletzt worden. Am schwersten betroffen war das Hilton-Hotel im ägyptischen Badeort Taba auf der Sinai-Halbinsel, das nach einem Bombenanschlag teilweise einstürzte. Zu den Attentaten bekannten sich drei islamistische Gruppen. Israels Vize-Verteidigungsministers Seev Boim vermutet El Kaida hinter den Anschlägen. Nach Angaben des israelischen Zivilschutzchefs General Jair Naveh raste ein mit rund hundert Kilogramm Sprengstoff beladener Lastwagen in die Halle des Hilton-Hotels und explodierte. Sofort brach Feuer aus; ein Teil des zehnstöckigen Komplexes stürzte ein. Zeitgleich sprengte sich ein zweiter Selbstmordattentäter in dem Vier-Sterne-Hotel in die Luft. Überlebende berichteten von erschütternden Szenen. Ganze Familien hätten sich aus den Fenstern gestürzt, um dem Flammeninferno zu entkommen.
Etwa zeitgleich gab es Anschläge auf Restaurants in einer Ferienkolonie für Rucksacktouristen bei Nuweiba südlich der ägyptisch-israelischen Grenze. Dabei kamen nach israelischen Angaben zwei Menschen ums Leben.
Laut Zivilschutzchef Naveh wurden mindestens 23 Israelis und fünf Ägypter getötet, laut dem russischen Außenministerium kaum auch ein Russe ums Leben. Deutsche Urlauber waren nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts nicht betroffen. Wieviele Opfer noch unter den Trümmern des Hotels lagen, war zunächst unklar. Ein Sprecher der israelischen Rettungskräfte sagte, es gebe kaum noch Hoffnung auf Überlebende.
Zu den Attentaten bekannten sich drei Islamistengruppen. Ein anonymer Anrufer im Namen der Dschamaa el Islamija el Alamija sagte der AFP, mit den Anschlägen sei der Tod der "palästinensischen und arabischen Märtyrer in Palästina und Irak" gerächt worden. Gleichzeitig erklärten die bislang unbekannten "Brigaden der Islamischen Einheit" im Internet, die Anschläge seien die Rache für die gezielte Tötung des Hamas-Anführers Scheich Ahmed Jassin durch die israelische Armee. Auch die "Abdallah-el-Assam-Brigaden", die nach eigenen Angaben zu El Kaida gehören, übernahmen die Verantwortung.
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Israelische Soldaten haben am 8. Okt. im nördlichen Gazastreifen ein neunjähriges palästinensisches Mädchen erschossen. Das Kind sei in Beit Hanun tödlich in der Brust getroffen worden, teilten palästinensische Ärzte mit. Seit dem am 28. September begonnenen massiven israelischen Militäreinsatz im nördlichen Gazastreifen sind damit bislang insgesamt 95 Palästinenser ums Leben gekommen. Nach Angaben des israelischen Militärs schossen Unbekannte zwei Raketen auf die Stadt Sderot im Süden Israels ab; verletzt wurde jedoch niemand.
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Im Norden des Gazastreifens ist am Abend des 8. Okt. ein Palästinenser erschossen worden. Der 25-Jährige sei in Dschabalija von israelischen Soldaten getroffen worden, teilte ein Krankenhaus mit. Kurz darauf waren im benachbarten Sektor Beit Lahija vier starke Explosionen zu hören, die durch Panzerbeschuss ausgelöst wurden. Früher am Abend hatten Soldaten im nördlichen Gazastreifen bereits zwei junge palästinensische Männer getötet.
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Die israelische Armee hat in der Nacht zum 9. Okt. im Gazastreifen vier Palästinenser getötet. Zwei Männer starben nach Krankenhausangaben am frühen Morgen bei einem Schusswechsel in Beit Hanun im Norden der Region. Nach palästinensischen Angaben handelte es sich um Mitglieder El-Aksa-Brigaden, einer radikalen Splittergruppe der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat. Wenige Stunden zuvor wurden in Chan Junis im Süden des Gazastreifens zwei weitere Palästinenser getötet und zwei verletzt. Nach Angaben von Sicherheitskräften handelte es sich bei den Todesopfern um Mitglieder des palästinensischen Sicherheitsdienstes. Die israelische Armee erklärte, sie habe eine Grupe bewaffneter Männer in dem Sektor gesehen und sie aus der Luft angegriffen.
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Für Israel steht El Kaida oder eine mit dem Terrornetzwerk zusammenarbeitende Gruppe hinter den Anschlägen vom 8. Okt. in Ägypten. Der Chef des israelischen Militärgeheimdienstes, Aharon Seewi, sagte dem Kabinett in Jersualem am 9. Okt., die Bombenanschläge mit mindestens 32 Toten trügen die Handschrift von El Kaida.
Nach den Anschlägen auf israelische Urlauber am Roten Meer haben Suchmannschaften eine weitere Leiche aus den Trümmern des Hilton-Hotels in Taba geborgen. Damit stieg die Zahl der Todesopfer auf 33, wie ein israelischer Militärsprecher am 9. Okt. sagte. Bei den Toten handele es sich nach bisherigen Erkenntnissen um 28 Israelis und fünf Ausländer.
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Bei einem Angriff der israelischen Armee im nördlichen Gazastreifen ist nach Angaben der palästinensischen Hamas-Organisation einer ihrer Anführer getötet worden. Der 25-Jährige sei durch eine von einem Hubschrauber abgefeuerte Rakete im Flüchtlingslager Dschabalija getötet worden, teilte die radikal-islamische Organisation am 9. Okt. mit.
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Die israelische Armee hat am 9. ,Okt. im nördlichen Gazastreifen zwei Palästinenser getötet. Eine Panzergranate habe im Flüchtlingslager Dschabalija ein Haus getroffen, teilten palästinensische Mediziner mit. Vier weitere Menschen seien verletzt worden. Israelischen Angaben zufolge handelte es sich um das Haus eines radikalen Palästinensers, der vor einem halben Jahr im südisraelischen Hafen Aschdod einen Selbstmordanschlag verübt hatte.
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Bei zwei Luftangriffen der israelischen Armee im Flüchtlingslager Dschabalija im nördlichen Gazastreifen sind am Abend des 9. Okt. sechs Palästinenser verletzt worden. Beim ersten Angriff wurden vier Menschen verwundet, unter ihnen eine Frau und zwei bewaffnete Männer, wie palästinensische Krankenhausmitarbeiter mitteilten. Einer der Verletzten schwebe in Lebensgefahr (am 10. Okt. wurde dessen Tod gemeldet). Beim zweiten Angriff wenig später wurden zwei weitere Palästinenser lebensgefährlich verletzt. Auch sie waren den Angaben zufolge bewaffnet.
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Bei einem erneuten Angriff der israelischen Luftwaffe auf den nördlichen Gazastreifen sind am 10. Okt. vier Palästinenser verletzt worden, darunter drei Aktivisten der El-Aksa-Brigaden. Eins der Mitglieder des bewaffneten Arms der Fatah-Organisation von PLO-Chef Jassir Arafat habe bei dem Raketenbeschuss auf Dschabalija schwere Verletzungen erlitten, sagten Augenzeugen und Sanitäter. Die israelische Armee bestätigte auf Anfrage den Luftangriff. Dieser habe auf "Terroristen" gezielt, die versucht hätten, einen Sprengsatz zu deponieren. Später hieß es, ein Palästinenser sei seinen Verletzungen erlegen. Dabei handele es sich um einen 20-Jährigen, der den El-Aksa-Brigaden angehört habe, sagten palästinensische Krankenhausmitarbeiter.
Montag, 11. Oktober, bis Freitag, 15. Oktober
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Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat sich einem Medienbericht zufolge über Einwände seiner Armeeführung hinweggesetzt und eine Verlängerung der Offensive im Gazastreifen angeordnet. Scharon wolle knapp zwei Wochen nach Beginn der Offensive den Druck auf extremistische Palästinenser im Gazastreifen aufrecht erhalten, berichtete der Armeerundfunk am 11. Okt. Führende Militärs verträten hingegen die Ansicht, dass die Offensive "Tage der Buße" ihre wichtigsten Ziele erreicht habe. So seien palästinensische Raketenangriffe auf israelisches Territorium verhindert worden. Nach Informationen des Armeerundfunks soll die Offensive in einigen Tagen abgeschlossen werden. Seit ihrem Beginn am 28. September wurden 110 Palästinenser getötet.
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Nach dem Tod einer palästinensischen Schülerin durch israelische Schüsse ermittelt die israelische Armee gegen einen Offizier. Das berichtete der israelische Militärrundfunk am Montag. Die 13-jährige Iman el Hams war auf ihrem Schulweg am 5. Okt. (siehe oben) von einem Wachturm aus im südlichen Gazastreifen von Soldaten erschossen worden. Als Iman bereits leblos am Boden lag, sei der israelische Kommandeur auf sie zugegangen und habe ihr zwei Mal in den Kopf geschossen, berichtete ein Soldat. Anschließend habe der Kommandeur seine Waffe auf Automatik gestellt und sein ganzes Magazin leergeschossen.
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dpa-Meldung:
Die israelische Armee hat am 11. Okt. einen Führer der radikalen Palästinensergruppe Islamischer Dschihad im südlichen Gazastreifen gezielt getötet. Nach palästinensischen Augenzeugenberichten feuerte die Luftwaffe eine Rakete auf das Haus von Mohammed Scheich Chalil in Rafah. Bei der schweren Explosion seien zwei weitere Palästinenser getötet und drei zum Teil schwer verletzt worden. Eine israelische Armeesprecherin sagte, man prüfe den Vorfall. Chalil gilt als örtlicher Führer des militärischen Arms des Islamischen Dschihad. Er hatte zuvor mehrere Tötungsversuche Israels überlebt.
AP-Meldung:
Eine Serie von Explosionen hat am 11. Okt. das Haus des Führers der Untergrundorganisation Islamischer Dschihad in Rafah, Mohammed Scheich Chalil, im südlichen Gazastreifen erschüttert. Dabei wurden nach Berichten von Augenzeugen und Krankenhausmitarbeitern fünf Menschen verletzt. Den Augenzeugen zufolge traf eine Rakete das Haus, die von einem israelischen Flugzeug abgefeuert worden sei. Die israelische Armee erklärte, ihr sei von israelischen Militäraktionen in der Gegend nichts bekannt. Der Islamische Dschihad erklärte, Chalil sei zum Zeitpunkt des Angriffs nicht zu Hause gewesen, er sei wohlauf. Auch die anderen Verletzten seien keine Mitglieder der Organisation.
dpa-Meldung:
Im Gazastreifen hat sich im Haus des örtlichen Dschihad-Führers eine schwere Explosion ereignet. Der Chef der extremistischen Palästinenserorganisation überlebte die Detonation. Fünf Palästinenser wurden verletzt. Augenzeugen in Rafah berichten von einem israelischen Luftangriff. Die Armee dementierte diese Angaben und spricht von einem palästinensischen Sprengsatz, der möglicherweise explodiert sei.
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Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon will am Plan des Nahost-Quartetts für die Krisenregion festhalten. "Wir engagieren uns weiterhin für die Roadmap", sagte er am 11. Okt. vor dem israelischen Parlament. Die Palästinenser forderte er auf, ihre gewalttätigen Aktionen einzustellen. Scharon kündigte ferner an, seinen auch in der eigenen Likud-Partei umstrittenen Plan für einen Rückzug aus dem Gazastreifen dem Parlament am 25. Oktober zur Abstimmung vorzulegen. - Das israelische Parlament hat eine politische Grundsatzrede von Ministerpräsident Ariel Scharon mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Bei der unverbindlichen Abstimmung in der Knesset hätten 53 Abgeordnete gegen und 44 Parlamentarier für die Rede des Regierungschefs gestimmt, hieß es in Live-Berichten des israelischen Fernsehens am Abend des 11. Okt.
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Die Europäische Union hat Israelis und Palästinenser erneut nachdrücklich zu einem Ende der gegenseitigen Gewalt aufgefordert. Die EU-Außenminister verurteilten am 11. Okt. bei einem Treffen in Luxemburg den Abschuss palästinensischer Raketen auf Israel ebenso scharf wie den derzeitigen massiven Militäreinsatz Israels im nördlichen Gazstreifen. Beide Seiten müssten der "Gewaltspirale ein Ende setzen" und sich an die so genannte Roadmap halten, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Minister.
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Wegen ihrer Beteiligung an einem geplanten Selbstmordanschlag in Israel ist eine Palästinenserin zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Ein israelisches Militärgericht sah es am 11. Okt. nach Angaben aus Armeekreisen als erwiesen an, dass die Mutter von sieben Kindern einem Selbstmordattentäter im Dezember 2003 einen Sprengstoffgürtel überbrachte. Latifa Abu Drah aus dem Flüchtlingslager Balata bei Nablus im nördlichen Westjordanland habe gestanden, dass ihr dafür 300 Schekel (etwa 54 Euro) gezahlt worden seien. Die der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat nahe stehenden El-Aksa-Brigaden sollen die Frau für den Anschlag angeworben haben.
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Ein zehnjähriges palästinensisches Mädchen ist am 12. Okt. vor einer Schule der Vereinten Nationen im Gazastreifen von einer israelischen Kugel getroffen und schwer verletzt worden. Der Vorfall dürfte die Spannungen zwischen Israel und den Vereinten Nationen weiter verschärfen. Erst im vergangenen Monat war in einem Klassenzimmer derselben Schule ein Mädchen getötet worden. Das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) wirft den israelischen Truppen immer wieder vor, wahllos in Wohngebiete zu schießen. Israel beschuldigt militante Palästinenser, in den dicht besiedelten Gebieten Schutz zu suchen.
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Der israelische Vize-Regierungschef Ehud Olmert hat am 12. Okt. die oppositionelle Arbeitspartei zu einer Koalition mit der regierenden Likud-Partei aufgefordert. Am Vorabend hatte Ministerpräsident Ariel Scharon im Parlament erneut eine Schlappe erlitten, als es um seinen auch in der eigenen Likud-Partei umstrittenen Plan zum Rückzug aus dem Gazastreifen ging. Olmert sagte im öffentlichen Hörfunk, für die Erweiterung des Regierungsbündnisses sei die Arbeitspartei von vorrangiger Bedeutung. Der frühere Bürgermeister von Jerusalem kritisierte die Likud-Hardliner, die gegen Scharon stimmten und warf ihnen vor, zur "Aufsplitterung" der Partei und zum "Regierungssturz" beizutragen. Verhandlungen mit der orthodoxen Torah-Partei über eine Beteiligung an der Regierung schloss Olmert nicht aus.
Likud-Parteichef Scharon verfügt im Parlament derzeit über keine Mehrheit. Er kann im besten Fall mit der Unterstützung von 59 der 120 Abgeordneten rechnen. Die Arbeitspartei stellt mit 21 Parlamentariern die größte Oppositionskraft in der Knesset.
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Auf den palästinensischen Sicherheitschef im Gazastreifen, Mussa Arafat, ist am 12. Okt. ein Anschlag verübt worden. Als Arafats Fahrzeugkonvoi am Abend seinen Amtssitz in Gaza-Stadt verließ, explodierte neben dem Gebäude eine Autobombe, wie Augenzeugen berichteten. Nach Angaben von Sicherheitsbeamten wurden weder Arafat noch seine Begleiter verletzt, der Konvoi konnte ungehindert weiterfahren. Nach Krankenhausangaben wurde aber ein Passant verwundet. Die israelischen Streitkräfte wiesen jede Verantwortung für den Anschlag zurück.
Mussa Arafat ist ein Verwandter des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat. Dieser hatte seinen Cousin im Juli zum Chef der Sicherheitskräfte in Westjordanland und Gazastreifen berufen und damit heftige Proteste ausgelöst, weil Mussa Arafat als korrupt und ausgesprochen grausam gilt. Der palästinensische Präsident setzte schließlich den früheren Amtsinhaber Abdel Rasek Madschaide wieder ein, Mussa Arafat behielt aber die Verantwortung für den Gazastreifen.
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Die israelische Armee hat öffentlich eingeräumt, dem UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlingefälschlicherweise den Missbrauch seiner Krankenwagen in den Palästinensergebieten vorgeworfen zu haben. Der Vorwurf, radikale Palästinenser hätten UNWRA-Krankenwagen zum Transport ihrer Kassam-Raketen benutzt (vgl. unsere Chronik am 2. Oktober), sei "voreilig" gewesen, hieß es am 12. Okt. in einer Armee-Erklärung. Darin versprach sie zudem, ähnliche Vorwürfe in Zukunft sorgfältiger zu prüfen.
Das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) hat daraufhin Israel aufgefordert, sich für den fälschlichen Vorwurf des Missbrauchs von UN-Krankenwagen in den Palästinensergebieten zu entschuldigen. UNRWA-Chef Peter Hansen sagte am 13. Okt. auf einer Geberkonferenz in der jordanischen Hauptstadt Amman, er wünsche sich, dass die israelischen Behörden für die Rücknahme der entsprechenden Behauptung ebensoviel Energie aufbrächten wie für ihre ursprüngliche Formulierung.
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Die israelische Armee hat am 13. Okt. einen hochrangigen Militärführer der radikalislamischen Hamas in Hebron im Westjordanland festgenommen. Imad Kawasmeh werde beschuldigt, für eine Reihe tödlicher Anschläge auf Israelis verantwortlich zu sein, berichtete das israelische Radio. Auf sein Konto soll auch der doppelte Selbstmordanschlag Ende August in Beerscheba gehen, bei denen neben den beiden Attentätern 16 weitere Menschen ums Leben kamen. Die israelische Armee bestätigte die Festnahme eines Hamas-Chefs am 13. Okt., äußerte sich aber nicht zu dessen Identität.
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Ein israelischer Offizier ist im Zusammenhang mit dem Tod eines palästinensischen Mädchens vom Dienst suspendiert worden, wie sein Vorgesetzter Oberst Ejal Eisenberg am 13. Okt. im Armeerundfunk sagte. Der Offizier soll noch mehrmals auf das schon tote 13-jährige Mädchen geschossen haben. Die israelischen Streitkräfte haben wegen des Vorfalls vom 5. Oktober eine Ermittlung eingeleitet. (siehe hierzu auch Meldungen vom 5. und 11. Oktober in unserer Chronik.)
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Israelische Soldaten haben bei einem Einsatz in Beit Lahija im nördlichen Gazastreifen zwei Palästinenser getötet. Die beiden mutmaßlichen Mitglieder der El-Aksa-Brigaden kamen bei der Explosion einer Granate ums Leben, wie palästinensische Sicherheitskräfte am 13. Okt. mitteilten. Zuvor war bei einem israelischen Hubschrauberangriff in Beit Lahija ein weiterer Palästinenser getötet worden. Die israelische Armee hatte in der Nacht ihren massiven Militäreinsatz im nördlichen Gazastreifen, bei dem bislang 116 Palästinenser getötet wurden, auf Beit Lahija ausgeweitet.
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Bei einem neuen israelischen Luftangriff ist im Gazastreifen ein Palästinenser, offenbar ein 24-jähriger Hamas-Aktivist, getötet worden. Mindestens drei weitere seien bei dem Armee-Einsatz am Abend des 13. Okt. im Flüchtlingslager Dschabalija verletzt worden, berichteten Augenzeugen. Zuvor hatte die Armee ein weiteres Hamas-Mitglied getötet und drei weitere Palästinenser verletzt, wie Augenzeugen berichtet hatten. Seit Beginn der israelischen Armeeoffensive im nördlichen Gazastreifen am 28. September kamen mindestens 120 Palästinenser ums Leben.
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Am 14. Okt. erklärte Regierungschef Ariel Sharon, die Offensive gegen palästinensische Terroristen werde weitergeführt und unter Umständen sogar ausgeweitet. Damit wolle man Raketenbeschüsse auf israelische Städte unterbinden.
Nach einem Gespräch mit Verteidigungsminister Schaul Mofaz hat Sharon in der Nacht zum 15. Okt. nun doch zugestimmt, die israelischen Truppen aus dem Norden des Gazastreifens abzuziehen. Das Ausklingen der Militäroffensive sei auch als Geste gegenüber dem Beginn des Ramadan zu verstehen, hieß es im Armeerundfunk.
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Dessen ungeachtet flog die israelische Luftwaffen in der Nacht zum 15. Okt. erneut einen Angriff auf das Flüchtlingslager Dschabalia im Norden des Gazastreifens. Dabei wurde ein Palästinenser getötet.
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Für die Nacht vom 14. auf den 15. Okt. vorgesehene landesweite Demonstrationen gegen den Sharon-Plan zum Abzug aus dem Gazastreifen mobilisierten statt der erhofften halben Million nur ein paar Tausend Siedler. Dies wird als herbe Niederlage der rechten Bewegung jüdischer Siedler gewertet.
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Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon will den geplanten Abzug aus dem Gazastreifen bereits im kommenden Mai beginnen lassen. Der Abzug solle zudem bereits im August 2005 und damit einen Monat früher als geplant abgeschlossen sein, berichtete die israelische Tageszeitung "Haaretz" am 14. Okt. in ihrer Online-Ausgabe.
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Die israelische Armee hat sich am 15. Okt. aus mehreren Sektoren im nördlichen Gazastreifen zurückgezogen. Nach palästinensischen Augenzeugenberichten rückten israelische Panzer zunächst aus Tal el Saatar und Scheich Sajed in Dschabalija ab. Auch in Beit Lahja und Beit Hanun wurden demnach Rückzugsbewegungen beobachtet. Ein Armeesprecher bestätigte der Nachrichtenagentur AFP eine "Truppenverlegung" im nördlichen Gazastreifen.
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