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Nicht mehr jenseits von Afrika

Die Verteidigungsministerin informiert sich in Mali über neue Bundeswehr-Einsatzgebiete

Von René Heilig *

Ursula von der Leyen (CDU) macht einen Truppenbesuch in Mali. In Koulikoro informiert sich die Verteidigungsministerin über die EU-Mission zur Ausbildung malischer Soldaten.

Ursula von der Leyen hat ein straffes Programm: Am Mittwochmorgen legte sie ihren Kabinettskollegen die Verlängerungsanträge für die Bundeswehreinsätze in Afghanistan und Mali vor, dann eilte sie zum Flughafen. In Afghanistan war sie schon, nun wolle sie sich in Afrika ein Bild von der sicherheitspolitischen Situation machen. Dort vermutet sie wachsende Aufgaben für deutsche Soldaten.

In Mali beteiligt sich die Bundeswehr seit einem Jahr an einer EU-Mission zur Ausbildung der malischen Armee, die im Norden des Wüstenstaats mit Franzosen gegen islamistische Rebellen kämpft. Der Schwerpunkt des deutschen Engagements liegt in der Ausbildung von Pioniersoldaten und Sanitätern.

In dem afrikanischen Land gehe es auch darum, neue Auswanderungswellen zu verhindern, betonte die Ministerin. »In Mali ist etwa die Hälfte der Einwohner jünger als 15 Jahre, und diese junge Generation wird nur in dem Land bleiben, wenn sie dort tatsächlich Perspektiven hat.« Das Argument, die Bundeswehr müsse auch eingesetzt werden, um drohende Migrationsströme zu verhindern, wird in jüngster Zeit immer öfter eingesetzt. Sogar bei Vorträgen zur Nachwuchsgewinnung an Schulen. Nachzulesen ist das im aktuellen Jahresbericht der Jugendoffiziere.

Die Streitkräfte seien aber nur ein Instrument deutscher Verantwortung in der Welt, sagte die Verteidigungsministerin. Ebenso müssten Diplomatie und Entwicklungshilfe ihren Part im Konzert der Stabilitätssicherung spielen. Das klang fast wie ein Hilferuf. Denn die Forderung, sich auf neue Militäreinsätze einzustellen, traf auf heftige Gegenwehr. Auch weil mehr Soldaten im Einsatz von der Leyens Bild von einer familienfreundlichen Armee widersprechen würden. Die Ministerin sieht das nicht so: Es habe Zeiten gegeben, da waren 11 000 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. Derzeit habe man rund 5000 für Auslandseinsätze abgestellt. Zudem neige sich der Kriegseinsatz in Afghanistan-Einsatz dem Ende zu, meint die CDU-Politikerin. Auch Generalinspekteur, Volker Wieker, äußerte vage die Ansicht, dass die Bundeswehr neue Aufgaben erfüllen könne.

Wenn der Bundestag zustimmt, steigt die Obergrenze der deutschen Truppen in Mali von derzeit 180 auf 250 Soldaten. Diese Erhöhung der Obergrenze ist zum Teil eine »Show«, bei der das Parlament eine Rolle zugeteilt bekommt. Bereits nach aktuellem Mandat könnte die Bundeswehr mehr Soldaten nach Mali abkommandieren. Derzeit sind rund 100 Soldaten vor Ort. Die französischen Kampftruppen in Mali, die in der ehemaligen Kolonie nicht sehr gelitten sind, weil sie nicht unparteiisch operieren, hoffen auf Hilfe. Immer wieder wird die Deutsch-Französische Brigade ins Spiel gebracht – und damit deutsche Kampftruppen. Berlin bremst unter anderem mit dem Hinweis auf die fehlende Akzeptanz in Parlament und Bevölkerung.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 7. Februar 2014

Hier geht es zum Mali-Antrag der Bundesregierung:

Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes in Mali ...
BT-Drucksache 18/437 [pdf, externer Link]




Afrikanische Perspektiven

Christian Klemm über den Besuch von der Leyens in Mali **

Bereits vor ihrem Aufbruch nach Westafrika hat Ursula von der Leyen kundgetan, wie sehr ihr die Menschen vor Ort am Herzen liegen. Die junge Generation in dem Krisenstaat Mali werde nur dort bleiben, wenn sie tatsächlich Perspektiven habe, erklärte die Bundesverteidigungsministerin. Was dann aber die Bundeswehr in der Region zu suchen hat, muss wohl ihr Geheimnis bleiben. Ihres und das derjenigen, die neben der CDU-Politikerin ein verstärktes Engagement der Truppe auf dem »Schwarzen Kontinent« fordern. Denn aus vergangenen Einsätzen müsste auch die Bundesministerin wissen, dass mit Militär diese Perspektiven nicht geschaffen werden können. Im Gegenteil: Soldaten tragen nicht selten dazu bei, dass sich ein Konflikt verschärft. Zumal dann, wenn sie aus dem Ausland extra eingeflogen werden.

Wenn es von der Leyen wirklich um Perspektiven für Mali ginge, würde sie Sorge dafür tragen, dass die Bundesregierung ihre exportorientierte Handelspolitik aufgibt, die der afrikanischen Wirtschaft die Luft zum Atmen nimmt. Das gilt besonders für subventionierte Hühnerschenkel aus niedersächsischen Mastbetrieben und Textilien aus Berliner Altkleidertonnen. Von der Leyen müsste sich außerdem bei ihren Kabinettskollegen in Berlin dafür stark machen, dass die deutsche Entwicklungshilfe aufgestockt wird. Von dem UN-Ziel, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes dafür bereitzustellen, ist die Bundesrepublik nämlich meilenweit entfernt.

** Aus: neues deutschland, Freitag, 7. Februar 2014 (Kommentar)


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