Sirleaf wird Präsidentin
Wahl in Liberia entschieden *
Nach der Präsidentschaftswahl in Liberia
hat sich der Oppositionsführer
Winston Tubman grundsätzlich zur
Kooperation mit der Gewinnerin Ellen
Johnson Sirleaf bereit erklärt.
»Da Frau Sirleaf
nun die Präsidentschaft beanspruchen
wird und von der internationalen
Gemeinschaft anerkannt
wird, müssen wir einen Weg
finden, mit ihr zusammenzuarbeiten
«, so Tubman am Freitag (11. Nov.). Er
war in der ersten Runde auf Platz
zwei gekommen, hatte aber der
Regierung Wahlfälschung vorgeworfen
und sich aus der Stichwahl
am Dienstag (8. Nov.) zurückgezogen.
Nach Angaben der Nationalen
Wahlkommission kam Sirleaf nach
Auszählung der Stimmzettel von
knapp 87 Prozent der Wahllokale
bei einer Beteiligung von 37,4 Prozent
auf 90,8 Prozent der Stimmen. Obwohl Tubman nicht offiziell
antrat, erhielt er neun Prozent.
Tubman bekräftigte am Freitag
seine Ablehnung der Ergebnisse,
beteuerte aber, er sei bereit,
»die Wunden des Landes zu heilen
und es zu vereinen«. Die geringe
Wahlbeteiligung wertete er als
Zeichen, dass Sirleaf nicht die Unterstützung
des Volkes habe.
Sirleaf, die den
Friedensnobelpreis erhält, hatte nach ihrem
Wahlsieg der Opposition die Hand
zur Zusammenarbeit ausgestreckt.
Tubman sagte, seine Partei stehe
»nicht zum Verkauf«. Zugleich betonte
er, er bemühe sich, die Jugend
seiner Partei von Protesten
gegen die Wahlen abzuhalten.
* Aus: neues deutschland, 12. November 2011
Sieg mit Makeln
Von Martin Ling **
Es ist ein Sieg mit Makeln: Die frisch gebackene Friedensnobelpreisträgerin Ellen Johnson-Sirleaf reüssierte in der Stichwahl der liberianischen Präsidentschaftswahlen glasklar mit über 90 Prozent der Stimmen. Doch das klare Ergebnis ist eine Folge des Rückzuges ihres Konkurrenten Winston Tubman, der zwar noch auf dem Wahlzettel stand, seine Anhänger aber zum Boykott aufgerufen hatte, weil er Wahlbetrug durch eine parteiische Wahlkommission witterte.
Für Wahlbetrug spricht zwar nicht viel, dennoch geht Johnson-Sirleaf nun mit Legitimitätsproblemen in ihre zweite Amtsperiode. Dafür sorgt eine niedrige Wahlbeteiligung, die sich vom ersten zum zweiten Durchgang von über 70 Prozent auf unter 40 fast halbierte. Zum Legitimationsdefizit trägt auch Tubmans Hauptargument bei: Die liberianische Kommission für Wahrheit und Versöhnung hatte in ihrem Abschlussbericht 2009 empfohlen, Johnson-Sirleaf für ihre anfängliche Unterstützung des Putschisten und Warlords Charles Taylor zehn Jahre lang von öffentlichen Ämtern auszuschließen, ebenso wie den berüchtigten Milizenführer Prince Johnson, der einst Diktator Samuel Doe vor laufender Kamera gelyncht hatte und nun als dritter der ersten Runde seinen Anhängern anempfahl, »Ma Ellen« ihre Stimme zu geben.
Für Johnson-Sirleaf spricht eine beachtliche Regierungsbilanz - trotz verheerender Ausgangsbedingungen: 80 Prozent Arbeitslosigkeit, 70 Prozent Analphabetentum, über 100 000 zu reintegrierende ehemalige Kämpfer. Dennoch blieb Liberia von neuerlichen Gewaltwellen verschont. Das zu bewahren, dafür hat sie eine große Mehrheit hinter sich.
** Aus: neues deutschland, 12. November 2011 (Kommentar)
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