"Kuba braucht keine Almosen"
Fidel Castro fordert Ende des US-Embargos / Exilkubaner begrüßen Obamas Lockerungskurs
Die von US-Präsident Barack Obama verkündete Wende in der Kuba-Politik geht dem kubanischen
Revolutionsführer Fidel Castro nicht weit genug.
Havanna/Washington (Agenturen/ND). In einem am Dienstag (14. April) veröffentlichten
Beitrag für die offizielle Website Cubadebate kritisierte Castro, dass das US-Embargo von 1962 weiter gelte, und
bezeichnete es als »grausamste aller Maßnahmen«. Exilkubaner begrüßten die Lockerungen
Washingtons gegenüber dem Inselstaat.
Obama habe kein Wort über das seit mehr als vier Jahrzehnten geltende US-Embargo verloren,
kritisierte Castro in seinem Internet-Beitrag. Der Exstaatschef übte auch an der Entscheidung
Washingtons Kritik, dass in den USA lebende Kubaner von nun an Geld in unbegrenzter Höhe an
Verwandte in Kuba überweisen können. Kuba brauche keine »Almosen«, schrieb er. Castro forderte
Obama auf, »seine Talente für eine konstruktive Politik« zu nutzen, die mit der gescheiterten Kuba-
Politik der USA in den vergangenen Jahrzehnten breche.
Obama hatte am Montag (13. April) eine Reihe von Beschränkungen aufgehoben, die seit 1982
galten. Demnach können Exilkubaner aus den USA zum ersten Mal seit fast drei Jahrzehnten wieder
ohne Beschränkungen ihre Angehörigen auf Kuba besuchen und ihnen Geld in unbegrenzter Höhe
überweisen. Bislang durften Exilkubaner aus den USA nur einmal alle drei Jahre auf die Insel reisen
und alle drei Monate maximal 300 Dollar dorthin überweisen. Die Anweisung des US-Präsidenten
erlaubt es zudem US-Firmen, Verbindungen per Satellit und Glasfaserkabel nach Kuba aufzubauen.
Mit der Lockerung des Embargos wolle Obama helfen, »die Kluft zwischen getrennten Familien zu
überbrücken« und »das kubanische Volk in seinem Verlangen nach grundlegenden
Menschenrechten zu unterstützen«, sagte sein Sprecher Robert Gibbs bei der ersten
Pressekonferenz auf Englisch und Spanisch im Weißen Haus. Dass diese zweisprachig abgehalten
wurde, sei wichtig gewesen, um Obamas Schritte zu unterstreichen, sagte Gibbs. Die
Neuregelungen betreffen rund 1,5 Millionen Exilkubaner.
»Wir sind glücklich über die Entscheidung der US-Regierung«, sagte der Leiter der im Bundesstaat
Florida ansässigen exilkubanischen Organisation Cuban Democratic Directorate, Orlando Gutierrez.
Nun sei die kubanische Führung gefordert. Sie müsse ihre Beschränkungen bei der Visavergabe an
Exilkubaner aufheben, forderte Gutierrez. Auch die Kubanisch-Amerikanische National-Stiftung
(FNCA) begrüßte die Schritte. »Wir sind überzeugt, dass das der richtige Weg ist, um dem
kubanischen Volk zu mehr Freiheit zu verhelfen«, sagte FNCA-Präsident Francisco Hernandez.
Die Menschenrechtsvereinigung Human Rights Watch reagierte ebenfalls positiv. Sie bezeichnete
Obamas Entscheidung als »bedeutsame Abkehr von einer unwirksamen und ungerechten Politik«.
Sie forderte die US-Regierung aber auf, weitergehende Schritte zu ergreifen und allen US-Bürgern,
nicht nur den Exilkubanern, den Besuch der Insel zu gestatten. Die bisherige Embargopolitik habe
»in ihrem Ziel, Veränderungen in Kuba zu bewirken, vollkommen versagt«, erklärte die Organisation.
Das Verhältnis der USA zu Kuba dürfte auch Thema sein, wenn sich Obama am Wochenende auf
dem »Gipfel der Amerikas« im Inselstaat Trinidad und Tobago mit 33 Staats- und Regierungschefs
des Kontinents trifft. Kuba ist allerdings nicht zu dem Treffen eingeladen. Obamas Reise beginnt am
Donnerstag mit einem Besuch in Mexiko.
* Aus: Neues Deutschland, 15. April 2009
Obamas Gipfelgeschenk
Von Martin Ling **
Obama hält Wort. Rechtzeitig vor dem Amerika-Gipfel in Trinidad & Tobago, wo Kuba auf Betreiben der USA wie immer als einziges amerikanisches Land nicht eingeladen ist, hat der US-amerikanische Präsident wie angekündigt ein paar Beschränkungen aufgehoben. Fortan dürfen Exil-Kubaner wieder in ihre alte Heimat reisen, so oft sie wollen, und ihren Verwandten unbegrenzt Dollar zukommen lassen. Das ist mehr als nichts, aber nicht viel angesichts eines seit 1962 anhaltenden Embargos, das Milliardenkosten für die Karibikinsel mit sich bringt.
Wenn Obama wirklich als ein Präsident für Wandel in die Geschichte eingehen will, reichen kosmetische Korrekturen nicht aus. Ein klarer Kurs Richtung Aufhebung des Embargos ist längst überfällig. Den Beifall fast der ganzen Welt hätte er sicher, schließlich stimmten zuletzt in der UNO 185 Staaten für die Aufhebung der Handels-, Wirtschafts- und Finanzblockade seitens der US-Regierung. Und selbst eine Mehrheit der Miami-Kubaner hält das Embargo inzwischen für ein untaugliches Mittel, einen Wandel in Kuba zu bewirken. Dennoch bleibt das Embargo innenpolitisch ein heißes Eisen, das Obama in seiner ersten Amtsperiode kaum anpacken dürfte, so er denn überhaupt willens ist.
Unter Obama hat sich der Ton der Kubapolitik geändert, der Rhythmus nicht. Doch ohne eine Aufhebung der Blockade ist ein echter Neuanfang in den kubanisch-US-amerikanischen Beziehungen undenkbar.
** Aus: Neues Deutschland, 15. April 2009 (Kommentar)
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