Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Saleh kündigt erneut Rücktritt an

Jemenitischer Präsident nennt oppositionelle Demonstranten Terroristen *

Zum wiederholten Mal kündigt Jemens Präsident an, auf die Macht zu verzichten. Kaum jemand schenkt ihm Glauben, solange seinen Worten keine Taten folgen. Eine der Protestgruppen sieht bereits die frisch gekürte Friedensnobelpreisträgerin Karman als logische Nachfolgerin.

Der jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh hat nach 33 Jahren Herrschaft seinen Rücktritt »innerhalb der kommenden Tage« angekündigt. In einer Rede vor Parlamentsabgeordneten der Regierungspartei GPC erklärte der 69-Jährige am Samstag die Opposition zu »Terroristen« und »Kriminellen«, um dann erneut mitzuteilen: »Ich verzichte auf die Macht und werde sie in den kommenden Tagen abgeben.«

Die Ansprache wurde im jemenitischen Fernsehen übertragen. Vertreter der Protestbewegung, die seit Monaten den Rücktritt des Präsidenten fordert, maßen der Rücktrittsankündigung keine Bedeutung bei. Saleh hatte sich bereits dreimal im letzten Moment geweigert, einen Kompromissplan der Golfstaaten zu unterzeichnen, der eine geordnete Übergabe der Macht an seinen Vize vorgesehen hätte.

Auch am Samstag (8. Okt.) schwieg sich Saleh über Zeitpunkt und Umstände eines Rücktritts aus. Klar war lediglich, dass er nicht daran denkt, die Macht an die Opposition zu übergeben. Er sagte lediglich vage, dass es »ehrliche Männer« gebe, »seien es Militärs, seien es Zivilisten», die für das höchste Staatsamt geeignet wären. Er werde es nicht zulassen, dass seine politischen Gegner »das Land zerstören«, meinte Saleh. Opposition und Protestbewegung reagierten auf die Ankündigung Salehs kühl. »Im allgemeinen glauben wir ihm nicht«, sagte die am Freitag mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Journalistin Tawakkul Karman dem katarischen Sender Al Dschasira. Man werde die »friedliche Revolution so lange fortsetzen, bis Saleh die gestohlene Macht an das Volk der Revolution abgibt«, fügte sie hinzu. In diesem Fall würde sie ihr Preisgeld ihrem Land stiften, erklärte sie wenige Stunden später in der Hauptstadt Sanaa. Der Friedensnobelpreis ist mit umgerechnet 1,1 Millionen Euro dotiert.

Der Sprecher des Oppositionsbündnisses JMP, Mohammed Kahtan, erklärte, Saleh habe schon 2006 angekündigt, nicht mehr bei Präsidentschaftswahlen anzutreten und sich dann doch nicht daran gehalten. Die Oppositionspartei Demokratische Bewegung für Wandel und Wiederaufbau verlangte, das Präsidentenamt an Tawakkul Karman »als Vertreterin der jemenitischen Frauen« zu übergeben.

Vor der Tötung des islamischen Predigers Anwar al-Aulaqi in Jemen hat die US-Regierung einem Pressebericht zufolge die Erlaubnis in einem geheimen Dokument festgehalten. Entgegen einem Verbot zur Anordnung von Ermordungen sei die Aktion in dem Dokument genehmigt worden, berichtete die »New York Times« am Samstag unter Berufung auf mit dem Papier vertraute Quellen. Die Tötung sei aber nur dann gerechtfertigt, wenn Aulaqi nicht lebend ergriffen werden könne, hieß es demnach in dem Schriftstück. Das Dokument sei eigens für Aulaqi aufgesetzt worden und habe keine Präzedenzwirkung für die Tötung anderer terrorverdächtiger US-Bürger.

* Aus: neues deutschland, 10. Oktober 2011


Zurück zur Jemen-Seite

Zurück zur Homepage