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Teheran wartet

Kein Durchbruch in den russisch-iranischen Beziehungen

Von Knut Mellenthin *

Auf ein richtiges Gespräch mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin muß Irans Präsident Hassan Rohani noch etwas warten. Das in iranischen Medien groß angekündigte Treffen der beiden Staatsoberhäupter während des Gipfels der Schanghai-Gruppe in Duschanbe erwies sich eher als verlängerter Fototermin. Die ausgetauschten Artigkeiten – beide Seiten wollen die Beziehungen zwischen ihren Ländern »auf allen Gebieten ausweiten und vertiefen« – waren denkbar unsensationell und nichtssagend. Ein bißchen aufhorchen ließ nur Rohanis Wunsch, Rußland möge privaten iranischen Investoren mehr Spielraum einräumen.

Wahrscheinlich werden sich die beiden Politiker schon in wenigen Tagen erneut begegnen, diesmal auf russischem Boden: Rohani wird voraussichtlich am 29. September am Gipfeltreffen der Staatsoberhäupter der Anrainer des Kaspischen Meeres teilnehmen, das in Astrachan stattfindet. Ob sie dann etwas mehr Zeit für einander haben, bleibt abzuwarten.

Unterdessen läßt Rußlands Präsident die Iraner weiter im Ungewissen, wann er der Einladung nach Teheran folgen will, die ihm Rohani schon vor einem Jahr beim vorigen Treffen der Schanghai-Gruppe in der kirgisischen Hauptstadt Bischek übermittelt hatte. Der russische Politiker war erst einmal zu einem Staatsbesuch im Iran. Das war im Oktober 2007, als sich die Oberhäupter der Kaspi-Anrainer in Teheran trafen. Putin hängte damals noch einen Tag dran und nutzte die Gelegenheit zu Treffen mit mehreren iranischen Politikern, unter anderem mit dem damaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Es war die erste Reise eines Moskauer Staatschefs nach Teheran seit Josef Stalin Ende 1943 dort war. Der wollte allerdings keine Iraner besuchen, sondern den US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt und den britischen Premier Winston Churchill treffen.

Es ist offensichtlich, daß die Beziehungen zwischen Rußland und dem Iran auf der allerhöchsten Ebene alles andere als eng und kontinuierlich sind. Vor einem Jahr stellten sich die Meldungen von Medien beider Länder, Putin werde am 12. oder 16. August nach Teheran kommen, um als erster ausländischer Politiker dem gerade ins Präsidentenamt eingeschworenen Rohani seine Aufwartung zu machen, als falsch heraus. Ob es sich von Anfang an nur um leere Gerüchte handelte oder ob irgend etwas die geplante Begegnung platzen ließ, ist bis heute nicht bekannt.

Wichtiger als die inszenierten Begegnungen der Staatsoberhäupter sind ohnehin die ergebnisorientierten Arbeitstreffen auf anderen Ebenen. So war Anfang voriger Woche der russische Energieminister Alexander Nowak zwei Tage lang Gast in Tehe­ran. Mit ihm war eine große Delegation von Managern und Wirtschaftsfunktionären – darunter Vertreter von 40 Unternehmen – in die iranische Hauptstadt gekommen. Angeblich wurden mehrere Abkommen unterzeichnet, über deren Inhalte aber nichts mitgeteilt wurde. Die iranischen Medien meldeten, daß Projekte im Gesamtwert von 70 Milliarden Euro vereinbart worden seien. Bei näherem Hinsehen handelte es sich aber nur darum, daß Nowak gesagt hatte, für die Realisierung der besprochenen Projekte würden 70 Milliarden Euro erforderlich sein. Zu den seit Januar kursierenden Gerüchten über einen iranisch-russischen »Öl-Deal« im Wert von 20 Milliarden Dollar jährlich stellte Nowak klar, daß darüber zur Zeit nicht verhandelt werde. Außerdem gehe es nicht um Öllieferungen nach Rußland, sondern um die Beteiligung russischer Händler am iranischen Ölexport.

* Aus: junge Welt, Montag 15. September 2014


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