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Syrien als Faktor der Iran-Frage

Gespräche über Teherans Atomprogramm vor schwieriger Runde

Von Jim Lobe (IPS), Washington *

Kurz vor der zweiten Runde der Gespräche über eine Begrenzung des iranischen Atomprogramms hat der ehemalige EU-Außen- und Sicherheitsbeauftragte Javier Solana vor der Gefahr eines Auseinanderdriftens der Gruppe 5+1 - USA, Großbritannien, Frankreich, China und Russland plus Deutschland - gewarnt.

»Wenn wir uns nicht einig sind, wird es schwieriger werden, das Problem zu lösen«, sagte Solana auf einem Forum der Brookings Institution in Washington. Dem früheren NATO-Generalsekretär zufolge werden sich vor allem Russland und China gegen weitere Sanktionen oder sonstigen Druck gegen Teheran stellen, auch wenn die Gespräche im kasachischen Almaty am 5. und 6. April ohne Ergebnis bleiben sollten. »Ich denke, dass Konstanz und Zusammenhalt der 5+1 abnehmen«, sagte Solana und nannte als Grund die Bedeutung, die Syrien für Iran spiele.

Der Außen- und Sicherheitsexperte vertrat die Ansicht, dass eine Einigung über Irans Atomprogramm ohne die Behandlung der Syrienfrage ausbleiben wird, da Syrien für Iran sehr wichtig sei. Er wies darauf hin, dass auf dem jüngsten Gipfel der BRICS-Staaten in Südafrika die Vertreter Brasiliens, Russlands, Indiens, Chinas und des Gastgeberlandes gemeinsam ihre wachsende Sorge über die Folgen von Militäraktionen und unilateralen Sanktionen gegen Iran zum Ausdruck gebracht und auf eine politisch-diplomatische Lösung der Unstimmigkeiten mit Teheran gedrängt hätten.

Die Schwellenländer sind Solana zufolge immer unzufriedener über den Druck des Westens, die Importe von Erdöl und Erdgas aus Iran zu begrenzen, insbesondere in Anbetracht jüngster Schätzungen, die einen sprunghaften Anstieg der Energiepreise vorhersehen, sollten iranische Lieferungen ausbleiben. »Das will weder China noch sonst irgendjemand«, meinte Solana. Peking könnte sogar dazu gezwungen sein, die Einfuhren aus Iran zu steigern, um sein hohes Wirtschaftswachstum aufrecht zu erhalten.

Unterdessen mehren sich Spekulationen über mögliche Fortschritte bei den Verhandlungen in Almaty, die zwei Wochen nach Fachgesprächen zwischen den 5+1 und Iran in Istanbul stattfinden. Nach Ansicht von Laura Rozen vom Online-Nahostmagazin »Al-Monitor« wird die iranische Delegation möglicherweise einwilligen, die 20-prozentige Anreicherung von Uran für sechs Monate auszusetzen und die Lagerbestände in Uranoxid für medizinische Zwecke umzuwandeln, falls der Westen seine Sanktionen lockert.

In Istanbul hatten sich die sechs Mächte damit einverstanden erklärt, die Sanktionen zu lockern, indem sie vor allem der Türkei und anderen Staaten, die seit jeher iranisches Öl und Gas importieren, gestatten würden, in Gold zu zahlen. Voraussetzung wäre, dass Teheran die 20-prozentige Urananreicherung in der unterirdischen Anlage Fordo aufgeben, seine um 20 Prozent angereicherten Uran-Vorräte außer Landes bringen und intensivere Kontrollen durch die Internationale Atomenergiebehörde IAEA zulassen würde.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 4. April 2013


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