Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Iran: Chronik wichtiger Ereignisse

April/Mai 2005

Freitag, 1. April, bis Sonntag, 10. April
  • Der Chef der iranischen Polizei, Mohammed Baker Kalibaf, will offenbar bei der Präsidentschaftswahl am 17. Juni antreten. Der als gemäßigt konservativ geltende und sehr beliebte Polizeichef des Landes habe am 3. April beim geistlichen Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei seinen Rücktritt eingereicht, berichtete die iranische Presse am 4. April. Angehörige der iranischen Sicherheitskräfte können nicht von ihrem Amt aus in die Politik eintreten. Der 43-Jährige Kalibaf war 1999 zum Polizeichef ernannt worden. In seiner Amtszeit bekamen erstmals auch Frauen Zugang zum Polizeidienst. Die Herzen der Bevölkerung eroberte Kalibaf vor allem durch Undercover-Aktionen, in denen er höchstpersönlich korrupte Beamte enttarnte.
  • Die iranische Führung setzt weiter auf eine Einigung mit der EU-Troika über den Betrieb von Atomkraftwerken. Er hoffe auf eine Lösung, die dem Iran "das Recht auf eine friedliche Nutzung der Atomenergie erhält", sagte Präsident Mohammed Chatami am 4. April in Wien nach einem Gespräch mit dem österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer. Dazu müsse die "Beunruhigung" der EU-Troika aus Deutschland, Großbritannien und Frankreich über den möglichen militärischen Einsatz der Atomenergie durch Teheran ausgeräumt werden.
  • Iran erwartet "deutliche Fortschritte" bei den Gesprächen mit der EU am 29. April über Teherans Pläne zur Uran- Anreicherung. "So nahe wie heute waren wir schon lange nicht an einer Lösung", sagte Präsident Mohammed Chatami nach einem Gespräch mit Frankreichs Präsident Jacques Chirac am 5. April in Paris. Iran hat einen Plan vorgelegt. Die Europäer hätten den Vorschlag "offen" aufgenommen. Deutschland, Frankreich und Großbritannien versuchen im Namen der EU, Iran zu einem völligen Verzicht auf die Uran-Anreicherung zu bewegen.
  • Der iranische Präsident Mohammed Chatami hat die US-Regierung wegen ihrer Kriegspolitik mit Terroristen verglichen. "Der Krieg und der Terrorismus haben dieselbe Wurzel, beide benutzen Gewalt, um eng abgegrenzte Ziele zu erreichen", sagte Chatami am 5. April auf einer Konferenz am Pariser Sitz der UN-Kulturorganisation UNESCO und nannte als Beispiel den von den USA und deren Verbündeten geführten "Präventivkrieg im Irak". Chatami fügte hinzu: "Expansionismus, Besatzung, Krieg, Terrorismus - dies alles beruht auf denselben irrigen Vorstellungen (...) in Afghanistan wie im Weißen Haus."
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat mit Blick auf die Atomprogramme des Irans und Nordkoreas vor einer zu schwachen Reaktion der internationalen Gemeinschaft gewarnt. Zwar hätten die US-Geheimdienste keine endgültige Gewissheit über den Entwicklungsstand der Nuklearprogramme, räumte Rice am 5. April in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP ein. "Aber während wir die genaue Natur dieser Programme vielleicht niemals kennen werden, müssen wir ebenso aufpassen, nicht zu zurückhaltend zu reagieren." Mit ihren Äußerungen reagierte Rice auch auf einen in der vergangenen Woche vorgelegten Untersuchungsbericht, in dem die US-Geheimdienste scharf kritisiert werden. Die Dienste hätten vor dem Irak-Krieg fehlerhafte Berichte voller Übertreibungen abgeliefert und seien über die Atomprogramme anderer Staaten unzureichend informiert, schrieb die von US-Präsident George W. Bush eingesetzte Untersuchungskommission. Natürlich müssten die Geheimdienste bessere Leistungen abliefern, als sie es vor dem Irak-Krieg getan hätten, sagte Rice der AP. Aber: "Es gibt keine Garantien, was geheimdienstliche Arbeit betrifft, besonders wenn man mit undurchsichtigen und schwierigen Gesellschaften zu tun hat, die im Geheimen nach Massenvernichtungswaffen streben." International sei die Furcht vor diesen Programmen unzweifelhaft sehr groß. Rice deutete aber auch an, dass die Verdächtigungen gegen Iran und Nordkorea möglicherweise deutlich über die gesicherten Erkenntnisse der Geheimdienste hinausgehen.
  • Am Rande der Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen Papst Johannes Paul II. am 8. April in Rom hat sich der israelische Präsident Mosche Katzav mit dem syrischen Präsidenten Baschar el Assad getroffen. Die Politiker hätten sich erstmals die Hand gereicht, berichtete der israelische Rundfunk. Katzav traf demnach auch den iranischen Präsidenten Mohammed Chatami, mit dem er sich auf persisch unterhalten habe. Bei der Zeremonie vor dem Petersdom waren mehr als 200 hochrangige Persönlichkeiten aus aller Welt anwesend.
    Der iranische Präsident Mohammed Chatami hat israelische Medienberichte dementiert, wonach er sich bei der Beisetzung von Papst Johannes Paul II. in Rom mit seinem israelischen Kollegen Mosche Katzav getroffen haben soll. "Die Mutmaßungen sind falsch wie alle anderen Mutmaßungen" der israelischen Medien, sagte Chatami am 9. Aprl laut amtlicher Nachrichtenagentur Irna. "Ich habe kein Treffen mit einer Persönlichkeit des zionistischen Regimes gehabt", fügte Chatami hinzu.
Montag, 11. April, bis Sonntag, 17. April
  • Der Iran hat nach einem US-Zeitungsbericht fast alle seine Soldaten aus dem Libanon abgezogen, die dort seit 1982 stationiert waren und beim Aufbau der radikalen Schiitenorganisation Hisbollah geholfen hatten. Nach Schätzungen von europäischen und US-Beamten hielten sich nur noch etwa zwölf bis 50 iranische Revolutionsgardisten im Libanon auf, berichtete die "Washington Post" am 13. April. Der schrittweise Abzug der ursprünglich 2.000 iranischen Soldaten habe vor mehr als fünf Jahren begonnen und die Regierungen von US-Präsident George W. Bush und Amtsvorgänger Bill Clinton überrascht. Noch am 8. April hätten US-Beamte die Truppenstärke auf 800 geschätzt.
  • Das iranische Parlament hat die bisherigen scharfen Abtreibungsbestimmungen erleichtert. Nach einer vom Staatsrundfunk übertragenen Debatte stimmten 127 der 217 anwesenden Abgeordneten am 12. April für ein neues Gesetz, das den Abbruch der Schwangerschaft bis zum vierten Monat zulässt, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist oder das Kind mit schweren Behinderungen auf die Welt kommen würde. Die Diagnose muss von drei Ärzten bestätigt werden; dem Abbruch müssen zudem beide Elternteile zustimmen. Ärzte, die die Abtreibung vornehmen, stehen künftig nicht mehr unter Strafe. Der von Ultrakonservativen dominierte Wächterrat muss noch prüfen, ob das Gesetz mit der Verfassung und dem islamischen Recht übereinstimmt.
  • Die USA wollen nach den Worten von Außenministerin Condoleezza Rice womöglich bereits im Sommer über eine Befassung des UN-Sicherheitsrats mit dem iranischen Atomprogramm entscheiden. "Ich glaube, dass wir noch im Sommer eine Einschätzung treffen werden, wo wir sind und wo wir hingehen können", sagte Rice in einem Interview mit dem "Wall Street Journal" vom 14. April. Die Befassung des UN-Sicherheitsrats sei "eine Option", fügte Rice hinzu. Zugleich betonte sie, die USA unterstützten weiter die diplomatischen Bemühungen von Deutschland, Großbritannien und Frankreich.
  • Bei gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Iranern arabischer Abstammung und Sicherheitskräften sind in der südwestiranischen Provinz Chusistan nach Medienberichten möglicherweise drei Menschen getötet worden. Die amtliche Nachrichtenagentur Irna berichtete am 16. April, die Auseinandersetzungen in der Stadt Ahwas am Vortag hätten sich an der geplanten Veränderung der ethnischen Zusammensetzung der Bevölkerung in der Region entzündet. Nach Informationen des katarischen TV-Nachrichtensenders El Dschasira wurden drei Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt. 250 Menschen seien festgenommen worden, nachdem Banken und Polizeiwachen in Flammen aufgegangen seien.
Montag, 18. April, bis Samstag, 30. April
  • Nach ethnischen Unruhen im Iran haben die Behörden das Teheraner Büro des katarischen Fernsehsenders El Dschasira mitverantworlich gemacht und vorübergehend geschlossen. Das Büro bleibe so lange geschlossen, bis die Rolle des Senders bei der möglichen Anstiftung zu den Zusammenstößen im Südwesten des Landes geklärt sei, sagte ein Sprecher des Kulturministeriums am 18. April der Nachrichtenagentur AFP. Von El Dschasira würden "eindeutige Erklärungen" erwartet. Der Sender kritisierte die Schließung seines Büros durch die iranischen Behörden als "überraschend und ungerecht".
  • Vor der Wiederaufnahme der Atomgespräche zwischen der EU-Troika und dem Iran hat Teheran eine Antwort auf seine Anfrage gefordert, angereichertes Uran in kleinen Mengen herstellen zu dürfen. "Wir warten darauf zu hören, was die Europäer von unseren Vorstellungen halten", sagte der iranische Unterhändler Cyrus Nasseri am 19. April der Nachrichtenagentur AFP in Genf. Die Verhandlungen sollten im Laufe des Tages in eine neue Runde gehen. Am 29. April wollen sich die Außenminister Großbritanniens, Deutschlands und Frankreichs sowie Irans in London treffen.
  • Beim Spielen mit einer scharfen Artilleriegranate sind im Westen des Iran fünf Kinder getötet worden. Die elf- bis 15-jährigen Kinder hätten die Granate in der westiranischen Stadt beim Fußballspielen zum Markieren eines Torpfostens benutzt, berichtete die Nachrichtenagentur Isna am 20. April. Während des Fußballspielens sei der Sprengkörper aus unbekannten Gründen plötzlich explodiert. Bei dem Unfall am Abend des 19. April seien 16 weitere Menschen verletzt worden, unter ihnen acht Kinder. Den Angaben zufolge handelte es sich bei der Granate vermutlich um einen Blindgänger aus dem Ersten Golfkrieg (1980-1988) zwischen dem Iran und dem Irak.
  • Beim Absturz eines iranisches Passagierflugzeugs auf dem Flughafen Mehrabad in der Hauptstadt Teheran am 20. April ist mindestens ein Kind ums Leben gekommen. Mehrere der 156 Passagiere und 16 Besatzungsmitglieder seien verletzt worden, sagte ein Sprecher der Fluggesellschaft Saha. Nach einem unbestätigten Bericht des Fernsehsenders Khabar sollen mehrere Verletzte im Krankenhaus gestorben sein. Die Maschine hatte nach Augenzeugenberichten beim Landeanflug Feuer gefangen und war in einen Fluss gerutscht.
  • Russlands Präsident Wladimir Putin hat wenige Tage vor seinem historischen Staatsbesuch in Israel am 22. Mai seine Ablehnung einer militärischen Nutzung der Atomenergie durch den Iran bekräftigt. Die Zusammenarbeit Moskaus mit Teheran beschränke sich ausschließlich auf die zivile Nutzung der Kernenergie, sagte Putin am 22. Mai in einem vom Kreml verbreiteten Interview mit dem israelischen Fernsehen. Russland sei entschieden gegen die Weiterverbreitung von Kernwaffen, betonte Putin. Die russisch-iranische Zusammenarbeit im Nuklearsektor stehe zudem unter strenger Kontrolle der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO).
  • Generalbundesanwalt Kay Nehm ermittelt einem "Spiegel"-Bericht zufolge gegen ein Teheraner Unternehmen wegen des Verdachts, in Deutschland Zubehör für das iranische Raketenprogramm gekauft zu haben. Die Firma Mizan Machine habe im vergangenen August einen rund 600.000 teuren Spezialkran des süddeutschen Firma Liebherr bestellt, der am 7. April in Hamburg verschifft worden sei, berichtete das Hamburger Nachrichtenmagazin am 23. April vorab. Die Ermittler befürchten demnach, dass der Kran beim Bau der iranischen Raketen Schahab-3 und Schahab-4 eingesetzt werden solle, von denen sich besonders Israel bedroht fühle. Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wollte den Bericht nicht kommentieren.
  • In dem Fall einer iranischen Firma, die in Deutschland Zubehör für das iranische Raketenprogramm gekauft haben soll, haben die USA Aufklärung von den deutschen Behörden verlangt. Ein hochrangiger Mitarbeiter des Außenministeriums in Washington sagte am 28. April: "Wir stehen deshalb in Kontakt mit den Deutschen". Der Fall werde von der US-Regierung "verfolgt".
  • Einen Tag vor einer neuen europäisch-iranischen Gesprächsrunde über das iranische Atomprogramm hat Teheran mit einem Abbruch der Verhandlungen gedroht. Sollte es bei dem Treffen am 29. April in London aus Sicht Teherans keine erkennbaren Fortschritte geben, werde der Iran seine Beteiligung überdenken, sagte der Sprecher des für Atomfragen zuständigen Obersten Rates für Nationale Sicherheit, Ali Agha-Mohammadi am 28. April im staatlichen iranischen Hörfunk.
  • Bei den Verhandlungen um das umstrittene iranische Atomprogramm hat Teheran den Druck auf seine europäischen Gesprächspartner erhöht. Die verbleibende Zeit zu einer Einigung bei der Frage der Nuklearanreicherung sei kürzer als die Europäer glaubten, sagte der iranische Verhandlungsführer Cyrus Nasseri am 29. April vor einer neuen Gesprächsrunde in London. Das als vertrauensbildende Maßnahme vorläufig gestoppte nukleare Brennstoffprogramm seines Landes könne angesichts der im Juni bevorstehenden Präsidentenwahl nicht mehr länger angehalten werden. Nasseri betonte, der Iran brauche ein klares Zeichen der Europäer über den weiteren geplanten Verlauf der Verhandlungen.
  • Russland wird seine Atom-Zusammenarbeit mit dem Iran fortsetzen. Der russische Präsident Wladimir Putin sagte am 29. April nach einem Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ramallah im Westjordanland, sein Land habe nichts dagegen, dass der Iran Nukleartechnologie "zu friedlichen Zwecken" nutze. Das iranische Volk habe ein Recht darauf, moderne Technologie in allen Bereichen zu erhalten. Russland werde seine diesbezüglichen Verpflichtungen erfüllen.
  • Der Iran ist mit den Verhandlungen über sein umstrittenes Atomprogramm nach Angaben aus Teheran unzufrieden und hat mit der Wiederaufnahme der Vorbereitungen zur Urananreicherung in den kommenden Tagen gedroht. Es sei zwar "unwahrscheinlich, dass wir die Urananreicherung wiederaufnehmen, das heißt die Aktivitäten in Natans", sagte der iranische Unterhändler Hassan Rowhani den Nachrichtenagenturen Irna und Mehr am 30. April. Aber "bestimmte operationelle Verfahren" in der Anlage zur Uran-Konversion im zentraliranischen Isfahan "könnten kommende Woche fortgesetzt werden".
Sonntag, 1. Mai, bis Sonntag, 8. Mai
  • Der Iran hat erklärt, sein Programm zur Urananreicherung "vorerst" nicht wieder aufzunehmen. Das sagte ein Sprecher des Obersten Rats für nationale Sicherheit, Ali Agha Mohammadi, am 2. Mai in Teheran. Eine Entscheidung über die Konversion von Uran sei aber noch nicht getroffen worden.
  • Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) hat den Iran eindringlich vor der Wiederaufnahme jeglicher Aktivitäten zur Urananreicherung gewarnt. Ein solcher Schritt würde zum "Kollaps" der Gespräche mit der EU-Troika aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien führen, sagte Fischer am 2. Mai in New York. Grundlage dieser Verhandlungen sei es, "dass die Urananreicherung ruht". Der iranische Unterhändler Hassan Ruhani hatte sich am Wochenende unzufrieden mit dem Verlauf der Verhandlungen gezeigt und gedroht, sein Land könne die Vorbereitungen zur Urananreichung schon in den nächsten Tagen wiederaufnehmen. (Hier geht es zur Rede Fischers im Wortlaut.)
  • Die USA drängen auf ein gemeinsames Vorgehen des Westens gegen Iran und Nordkorea. Grund ist die Gefahr einer weiteren nuklearen Aufrüstung beider Länder. Iran verstoße mit der heimlichen Entwicklung eines Atomwaffenprogramms gegen die Bestimmungen des Atomwaffensperrvertrages, hieß es aus der US-Administration am 2. Mai in New York. Deshalb sollte Teheran die Anreicherung von Uran für immer aufgeben und alle Anlagen zur Produktion von Kernwaffen stilllegen. Das gelte auch für die Anlagen in Nordkorea.
  • Der Iran will verschiedene Kernkraftaktivitäten wieder aufnehmen, die er Ende vergangenen Jahres als vertrauensbildende Maßnahme ausgesetzt hatte. "Ganz bestimmt werden wir einige unserer Aktivitäten wieder aufnehmen", sagte der iranische Außenamtssprecher Hamid Resa Asefi am 3. Mai vor Journalisten in der Hauptstadt Teheran. Um welche Aktivitäten es dabei gehe, werde derzeit intern besprochen. Die Anreicherung von Uran sei davon aber nicht betroffen. Die Führung der islamischen Republik werde binnen sieben oder acht Tagen eine Entscheidung treffen. Die Verhandlungen mit den Europäern gingen aber weiter, sagte der Sprecher. Solange bleibe auch die Urananreicherung ausgesetzt.
  • Irans Regierung rechtfertigt sich: Teheran wehrt sich gegen den Vorwurf von Bundesaußenminister Joschka Fischer, man habe im Zusammenhang mit dem Atomprogramm des Landes das Vertrauen der Weltgemeinschaft erschüttert. Noch sei nichts entschieden, auch nicht die Wiederaufnahme der Urananreicherung, sagte ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats zur Agentur ISNA am 3. Mai.
  • Iran besteht auf seinem Recht zur Anreicherung von Uran für friedliche Zwecke. Das erklärte der iranische Außenminister Kamal Charrasi vor der UN-Vollversammlung am 3. Mai. Teheran sei bereit, alle erforderlichen Garantien zu geben, dass es Atomkraft ausschließlich für friedliche Zwecke nutze. Iran werde jedoch nicht auf Dauer "Diskriminierungen" bei der Nutzung der Nuklearenergie hinnehmen, sagte Charrasi bei der Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrages in New York.
  • Kurz vor Ablauf eines selbst gesetzten Ultimatums hat sich Iran am 4. Mai zu weiteren Atomverhandlungen mit Deutschland, Frankreich und Großbritannien bereit erklärt. Das sagte Staatspräsident Mohammed Chatami. Teheran hatte zuvor angekündigt, bis zum 6. Mai über den Fortgang der Gespräche zu entscheiden. Die nächste Gesprächsrunde soll im Juni stattfinden. Irans oberster Führer, Ajatollah Ali Chamenei, wies die US-Forderung nach einer endgültigen Aufgabe der Urananreicherung scharf zurück.
  • Die Europäische Union ist nach den Worten von EU-Außenkommissar Javier Solana bereit, neue Vorschläge des Iran zu seinem umstrittenen Atomprogramm zu prüfen. Wenn Teheran mit "etwas Neuem" komme, "etwas Revolutionärem, einer neuen Idee", dann sei die EU zu einer Prüfung bereit, sagte Solana während eines Besuchs in Washington am 4. Mai. Die derzeit auf dem Tisch liegenden Vorschläge Teherans seien jedoch nicht gleichwertig mit Garantien für einen Verzicht auf die Urananreicherung.
  • Iran hat Vorschläge zu weiteren Atomgesprächen vorgelegt. Bereits seit Monaten verhandelt das Land mit dem Westen über eine Aussetzung seines Atomprogramms. Nun will Teheran einen 4-Punkte-Plan vorlegen. Das berichtet das iranische Fernsehen am 7. Mai. Danach stimmt das Land dem Zusatzprotokoll der Internationalen Atomenergie- Organisation IAEO zu. Zudem will Iran den Inspekteuren Zugang zu den Atomanlagen gewähren. Im Gegenzug möchte Iran in begrenztem Maße die Urananreicherung unter Aufsicht der IAEO wieder aufnehmen.
  • Im Streit um die Ratifizierung des Zusatzprotokolls zum Atomwaffensperrvertrag hat die iranische Regierung ein Einlenken angekündigt. Das iranische Parlament bereitet nach Regierungsangaben vom 8. Mai die Ratifizierung des Protokolls vor, das der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) unangemeldete und verschärfte Kontrollen in allen Atomanlagen des Landes ermöglicht. Eine entsprechende Gesetzesvorlage werde derzeit im Außenministerium erarbeitet, sagte Ministeriumssprecher Hamid Resa Assefi in Teheran. Einen Zeitplan für die Ratifizierung nannte er nicht.
Montag, 9. Mai, bis Sonntag, 15. Mai
  • Der Iran hat angekündigt, "in den kommenden Tagen" einige ausgesetzte nukleare Aktivitäten wieder aufzunehmen. "Wir werden in den nächsten Tagen die Konversion von Uran in den Anlagen von Isfahan wieder aufnehmen", sagte der iranische Verhandlungsführer in den Gesprächen mit der EU, Mohammed Saidi, am 9. Mai der Nachrichtenagentur AFP in Teheran. Die Maßnahme betreffe Aktivitäten, die zuvor ausgesetzt worden seien. In Isfahan wird Uran für die spätere Anreicherung umgewandelt.
  • Die Atomverhandlungen zwischen der EU-Troika und Iran stehen erneut auf der Kippe. Nach der Ankündigung Teherans, einige bislang ausgesetzte Aktivitäten des Atomprogramms wieder aufzunehmen, zog der EU-Außenbeauftragte Javier Solana am 10. Mai in Moskau eine Übergabe des Dossiers an die Internationale Atomenergie-Behörde (IAEA) in Wien in Betracht. Die EU-Troika aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien müsse von Teheran "Garantien erhalten", sagte Solana laut der russischen Agentur Interfax. "Wir hoffen, dass der Iran eine derartige Entscheidung nicht trifft", erklärte das französische Außenministerium in Bezug auf die angekündigte Aufnahme von Atomaktivitäten. Das Abkommen vom November, um dessen Umsetzung seit Monaten gerungen wird, müsse von Teheran eingehalten werden.
  • Der frühere iranische Staatspräsident Akbar Haschemi Rafsandschani hat am 10. Mai offiziell seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl verkündet. Rafsandschani werde bei dem Urnengang am 17. Juni antreten, sagte sein Sprecher Reza Soleimani am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP.
  • Der Iran hat eine Wiederaufnahme eines Teils der nach einer Vereinbarung mit der Europäischen Union ausgesetzten Urananreicherung beschlossen. Ein "bedeutender Teil" der Konversion von Uran werde bald wieder aufgenommen, sagte ein ranghoher Beamter am 12. Mai in Teheran. Das Datum für den Start werde in Kürze bekannt gegeben.
    Die Europäische Union will den Iran nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) durch Verhandlungen in letzter Minute von der angekündigte Wiederaufnahme von Teilen seines Atomprogramms abbringen. Seit dem 11. Mai liefen "intensive Verhandlungen" zwischen der EU-Troika aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien und dem Iran, verlautete am 12. Mai am IAEA-Sitz in Wien aus diplomatischen Kreisen.
    Im Streit um sein Atomprogramm hat der Iran mit dem Ausstieg aus dem Atomwaffensperrvertrag gedroht. Teheran werde das Dokument nicht mehr "respektieren", wenn es an der friedlichen Nutzung der Kernenergie gehindert werde, sagte der iranische Atombeauftragte Hassan Ruhani am 12. Mai. Rohani reagierte damit auf den Druck der Europäischen Union.
    Der Atomstreit zwischen Iran und der EU hat sich weiter zugespitzt. Die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens haben der iranischen Regierung am 12. Mai mit dem Abbruch der seit sechs Monaten laufenden Verhandlungen gedroht. Sollte Teheran seine umstrittenen Bemühungen um die Urananreicherung wieder aufnehmen, würden die Gespräche eingestellt. Iran wiederum hat seinen Chefdelegierten bei der UN-Atombehörde nach Wien entsandt, in dem es die Wiederaufnahme von Teilen seines Atomprogramms ankündigt.
  • Der israelische Generalstabschef Mosche Jaalon hat Iran indirekt mit einem Angriff gegen seine Atomanlagen gedroht. "Israel hat immer Mittel gefunden, um auf Bedrohungen zu antworten (...). Ich hoffe, dass der auf den Iran ausgeübte Druck Wirkung zeigt", sagte Jaalon am 12. Mai im Militärradio. Jaalon machte keine genaueren Angaben über mögliche Absichten Israels. Im Jahr 1981 hatte die israelische Luftwaffe die iranische Atomfabrik Osirak zerstört. Vor Jaalons Äußerungen hatte Außenminister Silvan Schalom bekräftigt, dass der Iran in der Lage sei, in sechs bis neun Monaten eine erste Atombombe zu bauen. Man müsse die Ankündigungen Teherans ernst nehmen, dass es die Vorbereitungen zur Urananreicherung wieder aufnehmen wolle.
  • Der Iran erwägt, die angekündigte Wiederaufnahme von Teilen seines Atomprogramms zu verschieben. "Der Iran könnte die Wiederaufnahme seiner ausgesetzten Aktivitäten um einige Zeit aufschieben", sagte der Vize-Präsident des Landes und Chef der iranischen Atomenergiebehörde, Gholamresa Aghasadeh, am 13. Mai nach Angaben des iranischen Staatsfernsehens. Die Wiederaufnahme der Aktivitäten sei aber "sicher". Ein Aufschub könnte jedoch ein Zeichen dafür sein, dass der jüngste Druck des Westens auf Teheran gewirkt hat.
  • Im Atomstreit zwischen Iran und der EU will das Teheraner Parlament die Regierung zum Abbruch der Gespräche bringen. Bei einer Sitzung am 15. Mai ist das Thema laut Nachrichtenagentur IRNA vom 14. Mai wichtigster Tagesordnungspunkt. Die konservative Mehrheit wolle die Regierung dazu zwingen, die von Teheran vorübergehend gestoppte Urananreicherung wieder anzufahren, um damit Brennstoff für Kraftwerke zu erzeugen.
  • Der Iran hat die angekündigte Wiederaufnahme eines Teils seines Atomprogramms um einige Tage verschoben, um mit der Europäischen Union zu verhandeln. "Da die europäische Seite ein neues Treffen auf hoher Ebene verlangt, haben wir die Ankündigung der Wiederaufnahme für einige Tage aufgeschoben, sagte der iranische Chefunterhändler Cyrus Nasseri am 15. Mai nach seiner Rückkehr aus Wien der Nachrichtenagentur Irna. Zuvleich betonte Nasseri, der Start der Uran-Konversion - eines Teilschritts der Anreicherung - in der Stadt Isfahan sei "definitiv". In Wien hatte Nasseri mit Vertretern der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) und EU-Diplomaten verhandelt.
  • Mehr als 1.000 Bewerber haben sich für die Präsidentschaftswahl im Iran registrieren lassen. Unter den insgesamt 1.010 Anwärtern seien 89 Frauen, sagte ein Sprecher des Innenministeriums am 15. Mai in Teheran. Der Wächterrat wollte noch am Sonntag seine Beratungen darüber aufnehmen, welche Kandidaten für die Wahl am 17. Juni zugelassen werden. Das ultrakonservative Gremium hat dafür zehn Tage Zeit. Es lässt sich bei seiner Entscheidung davon leiten, ob die jeweiligen Kandidaten seiner Meinung nach treu zu den Prinzipien des Islam und der Islamischen Republik stehen. 2001 hatte der Wächterrat von 814 Bewerbern nur zehn der Kandidatur für würdig befunden.
  • Mit einem neuen Gesetz will das von Konservativen dominierte iranische Parlament seine Regierung zwingen, die vorübergehend gestoppte Urananreicherung wieder aufzunehmen. Für das Gesetz "zum Erwerb atomarer Technologie für friedliche Zwecke" stimmten am 15. Mai 188 der 205 anwesenden Abgeordneten. Die neuen Bestimmungen verpflichten die Regierung, die Herstellung eigener atomarer Brennstoffe für Kraftwerke zu garantieren. Während der Abstimmung ertönten immer wieder Rufe wie "Allah ist groß" und "Tod den USA".
Montag, 16. Mai, bis Sonntag, 22. Mai
  • Die Außenminister Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens werden sich am 23. Mai mit dem iranischen Atombeauftragten Hassan Rohani treffen, um ein Scheitern der Atomverhandlungen doch noch abzuwenden. Dies kündigte Außenminister Kamal Charrasi am 16. Mai vor Journalisten in Teheran an. Nach Angaben des iranischen Unterhändlers Hussein Mussawian werden die Gespräche in Brüssel stattfinden. Gegenüber der englischsprachigen Zeitung "Iran News" bezeichnete er die Chancen auf einen Erfolg allerdings als "nicht sehr groß".
  • Nach Jahrzehnten erbitterter Feindschaft haben der Iran und die neue schiitische Regierung im Irak bei einem Treffen der Außenminister eine neue Ära der Zusammenarbeit verkündet. "Der Iran ist voll und ganz bereit, mit dem Irak in allen Bereichen zusammenzuarbeiten", sagte der iranische Außenminister Kamal Charrasi am 17. Mai nach einem Treffen mit seinem irakischen Kollegen Hoschjar Sebari in Bagdad. Sebari betonte die Friedfertigkeit der neuen irakischen Führung: "Der Irak nach Saddam Hussein ist ein neuer Irak, der mit seinen Nachbarn in Frieden lebt, weit entfernt von seinem kriegerischen Vorläufer." Charrasis Besuch werde "bedeutsame neue Horizonte für die Zusammenarbeit" der früheren Kriegsgegner eröffnen.
  • Wegen des Todes der iranisch-kanadischen Fotografin Zahra Kazemi in iranischer Haft hat die Regierung in Ottawa beschlossen, die Beziehungen zu Teheran einzuschränken. Die bilateralen Beziehungen würden eingeschränkt, bis die iranischen Behörden den Fall Kazemi "in ernsthafter und glaubwürdiger Weise" behandelten, erklärte Außenminister Pierre Pettigrew am 17. Mai in Ottawa.
  • Die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens wollen sich am 24. Mai mit dem iranischen Atombeauftragten Hassan Ruhani in Brüssel treffen. Wie am 18. Mai aus EU-Diplomatenkreisen verlautete, soll an dem Gespräch über das umstrittene iranische Atomprogramm auch der EU-Außenbeauftragte Javier Solana teilnehmen. Am Vorabend werde es ein Vorbereitungstreffen von Mitarbeitern der drei Außenministerien und Solanas geben. Vor wenigen Tagen hatte der iranische Außenminister Kamal Charrasi für den 23. Mai ein Treffen zwischen Ruhani und den drei EU-Außenministern in einer europäischen Hauptstadt angekündigt.
  • Washington erhebt vor der Fortsetzung der Atom-Gespräche mit Teheran neue Vorwürfe. Es gebe keine Zeichen, dass Iran eine Entscheidung über die Aufgabe der atomaren Ambitionen getroffen habe, hieß es am 19. Mai aus dem Außenministerium. Iran spiele in den Gesprächen mit Deutschland, Frankreich und Großbritannien mit dem Feuer und versuche, die internationale Gemeinschaft zu spalten.
  • Trotz des Rückzugs des Berichts eines US-Magazins über angebliche Koran-Schändungen im Gefangenenlager Guantánamo sind am 20. Mai tausende Moslems zu antiamerikanischen Protesten auf die Straße gegangen. Bei einer Demonstration im irakischen Nassirijah wurden acht Menschen durch Schüsse verletzt. Zu dem Protest hatte der radikale Schiitenprediger Moktada Sadr aufgerufen. Auch in vielen Teilen des Iran kam es zu Demonstrationen. In der Hauptstadt Teheran zogen tausende Menschen nach dem Freitagsgebet durch die Straßen und riefen Parolen wie "Tod Amerika" oder "Tod Israel". Israelische und US-Flaggen wurden verbrannt.
  • Das Treffen zwischen iranischen und EU-Diplomaten zur Entschärfung ihres Atomstreits soll am 25. Mai stattfinden. Der iranische Chefunterhändler Hassan Ruhani werde sich in der iranischen Botschaft in Brüssel mit den Vertretern des EU-Verhandlungstrios Deutschland, Frankreich und Großbritannien treffen, sagte ein Sprecher des iranischen Außenministeriums am 22. Mai. Zuvor waren sowohl der 23. als auch der 24. Mai für das Treffen genannt worden.
  • Zur Präsidentschaftswahl im Iran am 17. Juni hat der ultrakonservative Wächterrat nur sechs der mehr als tausend registrierten Bewerber zugelassen. Wie das iranische Fernsehen am 22. Mai berichtete, gehören dazu der derzeit aussichtsreichste Kandidat, der frühere Staatschef Haschemi Rafsandschani, der sich als pragmatischer Konservativer präsentiert. Außerdem ließ der Wächterrat vier konservative Scharfmacher und den als gemäßigten Reformer geltenden früheren Parlamentsvorsitzenden Mehdi Karubi zu. Er steht dem amtierenden Präsidenten Mohammed Chatami nahe, der gemäß der Verfassung nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren darf.
Montag, 23. Mai, bis Sonntag, 29. Mai
  • Das geistliche Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, hat eine Überprüfung der Kandidatenauswahl für die Präsidentschaftswahl angeordnet. Wie der staatliche iranische Radiosender am 23. Mai berichtete, schrieb Chamenei an den zuständigen Wächterrat, die Kandidaturen der abgelehnten reformorientierten Bewerber Mustafa Moin und Mohsen Mehr-Alisadeh müssten noch einmal überprüft werden. Es sei "wünschenswert", dass alle Menschen mit ihren jeweiligen unterschiedlichen Überzeugungen die Möglichkeit hätten, an der Wahl teilzunehmen, hieß es dem Bericht zufolge in dem Schreiben.
  • Rund iranische 300 Studenten haben in der Nacht zum 24. Mai gegen den Ausschluss des Reformers Mustafa Moin von der Präsidentenwahl protestiert. Die Studenten von der Universität von Teheran seien in einem Protestmarsch in die Stadt gezogen, berichteten Augenzeugen. Dutzende von Polizisten hätten sie aufgehalten. Wenig später sei wieder Ruhe eingekehrt, berichtete ein AFP-Reporter.
  • Der ultrakonservative Wächterrat im Iran hat am 24. Mai zwei bekannte Vertreter aus dem Reformlager doch noch zur Kandidatur für die Präsidentenwahl zugelassen. Mustafa Moin and Mohsen Mehr-Alisadeh dürften bei der Wahl am 17. Juni antreten, meldete am Dienstag der staatliche iranische Rundfunk.
  • Vertreter Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens sowie des EU-Außenbeauftragten Javier Solana haben am 24. Mai in Brüssel die Verhandlungen mit dem Iran über das Atomprogramm des Landes aufgenommen. Das Treffen dient der Vorbereitung für die Gespräche am 25. Mai in Genf, wo Solana und die drei EU-Außenminister mit dem Leiter des iranischen Atomprogramms Hassan Rohani zusammenkommen. Der Iran erwarte von der EU "positive" Vorschläge, sagte Außenminister Kamal Charrasi laut der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA. Teheran wolle eine Lösung des Problems unter Wahrung seiner Interessen.
  • Nach dem Vorbereitungsgesprächen am 24. Mai äußerte sich die Regierung in Teheran wenig hoffnungsvoll. Die Gespräche in Brüssel seien hart und schwierig gewesen, hieß es.
  • Unmittelbar vor neuen Atomgesprächen zwischen der EU und Iran haben in Teheran rund tausend Studenten gegen die Politik der Europäer demonstriert. Die überwiegend regimetreuen Studenten zogen am 25. Mai vor die Botschaften Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens. Sie warfen den drei EU-Staaten vor, sie würden Iran den Zugang zur Atomtechnologie verwehren.
  • Im Streit um das iranische Atomprogramm hat Teheran den durch die USA ausgeübten Druck als Haupthindernis für eine Lösung bezeichnet. Die Europäer seien zwar an einer Lösung interessiert, hätten aber aufgrund ihrer "transatlantischen Verbindungen" zu wenig Verhandlungsspielraum, sagte der iranische Unterhändler Cyrus Nasseri am 25. Mai bei Verhandlungen mit den Vertretern der EU in Genf. Die "einzige Lösung" der derzeitigen Verhandlungsblockade sei nur möglich, wenn die europäische Seite das Wiederhochfahren der Uran-Konversionsanlage im zentraliranischen Isfahan akzeptiere. Nur in diesem Fall sei der Iran bereit, alle anderen Stationen des Verfahrens zur Urananreicherung weiter ruhen zu lassen.
  • Im Streit um sein Atomprogramm verlängert Iran zunächst die Aussetzung seines Programms zur Urananreicherung. Das erklärte die iranische Delegation am 25. Mai in Teheran, nachdem zuvor eine neue Verhandlungsrunde mit der Europäischen Union in Genf ergebnislos zu Ende gegangen war. Beide Seiten hatten sich dabei lediglich auf eine Fortsetzung der Gespräche Ende Juli geeinigt. Bis dahin will die EU neue Vorschläge vorlegen.
  • Mehrere hundert Anhänger der islamistischen iranischen Bassidsch-Miliz haben am 25. Mai vor den Botschaften Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens in Teheran für Irans Recht auf friedliche Nutzung von Atomenergie demonstriert. "Frankreich, England und Deutschland sind Sklaven Israels", skandierten rund 300 Bassidsch-Mitglieder im Botschaftsviertel der iranischen Hauptstadt, wie ein AFP-Reporter berichtete. Polizei und Anti-Aufruhr-Einheiten schirmten die diplomatischen Vertretungen ab. Vertreter der Organisatoren sagten, sie hätten ursprünglich mit mehr als 1.000 Kundgebungsteilnehmern gerechnet. Passanten nahmen laut AFP die Veranstaltung teilweise mit Belustigung auf.
  • Die 148 Mitglieder der Welthandelsorganisationhaben die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit dem Iran beschlossen. Dies wurde am Rande der Sitzung des Allgemeinen WTO-Rates am 26. Mai in Genf mitgeteilt. Die Entscheidung war möglich geworden, nachdem die USA am 11. März ihren Widerstand gegen die Kandidatur aufgegeben hatten, die sie zuvor mehrfach verhindert hatten. Am 25. Mai hatte Teheran zudem mit Deutschland, Großbritannien und Frankreich vereinbart, die Gespräche über das umstrittene iranische Atomprogramm fortzuführen. Dabei hatte die iranische Führung erneut bekräfigt, keine Atomwaffen anzustreben.
  • Der Iran hat sich irritiert über eine Äußerung des pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf gezeigt, Teheran strebe entgegen öffentlicher Bekundungen nach dem Besitz der Atombombe. "Wir hoffen, dass die Pakistaner uns erklären, dass dieser Bericht verzerrt wurde", sagte Außenamtssprecher Hamid Resa Asefi am 29. Mai in Teheran. Es sei "nicht Sache anderer Länder", das iranische Atomprogramm zu kommentieren. "Wir bestehen darauf, dass wir solche Waffen nicht anstreben." Musharraf hatte in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" gesagt, der Iran sei "sehr hinter der Bombe her". Asefi nannte es "unwahrscheinlich", dass Musharraf dies tatsächlich gesagt habe, "weil er es besser weiß".
  • Der wegen seiner Kritik an der iranischen Regierung inhaftierte Journalist Akbar Gandschi ist vorübergehend aus dem Gefängnis entlassen worden, damit er ärztlich behandelt werden kann. Gandschi sei am Abend des 29. Mai entlassen worden, sagte seine Ehefrau Masumeh Schafei am 30. Mai der Nachrichtenagentur AFP. Die ultrakonservative iranische Justiz hatte unlängst in Aussicht gestellt, dass Gandschi wegen einer neuen Gesetzesregelung zeitweilig freikommen könnte; die Regelung gesteht kranken Häftlingen eine bis zu dreimonatige Freilassung zu. Gandschi leidet nach Angaben seiner Familie und Anwälte an chronischem Asthma, außerdem setze ihm der Hungerstreik zu, den er Mitte Mai aufgenommen hatte.
Montag, 30. Mai, bis Dienstag, 31. Mai
  • Die iranische Führung hat Sicherheitskräfte und islamistische Milizen des Landes erneut zur Zurückhaltung bei der bevorstehenden Präsidentenwahl aufgerufen. Den Streitkräften, der Polizei, den Revolutionswächtern und der ihnen unterstellten Bassidsch-Miliz sei es gesetzlich und per Verordnungen verboten, in den Wahlverlauf oder die Vorbereitungen einzugreifen, sagte Innenminister Abdolvahed Mussavi Lari am 30. Mai in Teheran laut der Nachrichtenagentur Irna.
  • Der Iran hat erstmals eine mit festem Treibstoff betriebene Rakete mit einer Reichweite von mehr als 2000 Kilometern getestet. Wie iranische Medien am 31. Mai unter Berufung auf Verteidigungsminister Ali Schamchani berichteten, verlief der Test der Mittelstreckenrakete am 29. Mai "zu 100 Prozent erfolgreich". Das Geschoss habe die gleiche Reichweite wie eine Rakete vom Typ Schahab-3. Im vergangenen Jahr hatte Teheran einen Test mit einer verbesserten Version einer solchen Rakete bekannt gegeben, die allerdings mit flüssigem Treibstoff betrieben wurde.
  • US-Präsident George W. Bush sieht Fortschritte in den EU-Verhandlungen mit dem Iran über Teherans umstrittenes Atomprogramm. Die USA arbeiteten mit Deutschland, Frankreich und Großbritannien in ihren Bemühungen zusammen, den Iran zur Aufgabe dieses Programms zu bewegen, sagte Bush am 31. Mai in Washington: "Und es scheint, als kämen wir etwas voran."



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