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Alles hört wieder auf Bushs Kommando

Internationale Pressestimmen zur Resolution des UN-Sicherheitsrats nach dem Irakkrieg

Es hatte sich angedeutet, dass auch die ehemaligen Gegner des Irakkrieges am Ende klein beigeben würden. Mit dem vierten Entwurf zu einer UN-Resolution hatten es die USA endlich geschafft, die übrigen Sicherheitsratsmitglieder auf ihre Seite zu ziehen. Eine denkwürdige Resolution, weil sie einen völkerrechtswidrigen Krieg unbeanstandet lässt und den Aggressoren unwidersprochen die Besatzung des eroberten Landes überlässt (vgl. die Resolution 1483 im Wortlaut). Die meisten Kommentare und Leitartikel, die wir im Folgenden in Auszügen dokumentieren (alle vom 23. Mai 2003), thematisieren diesen Tabubruch - stellen sich aber meist auch auf die neue Realität ein.

Beginnen wir mit einem Kommentar aus dem österreichischen "Standard". Trotz vieler "Aber" müsse man die neue UN-Resolution zum Irak "begrüßen", meint die Kommentatorin Gudrun Harrer, aus rein pragmatischen Gründen, wie sie hinzufügt. Doch uns scheint, dass ihr die Kritik an der Resolution besser gelingt:

(...) Und dennoch, willkommen sei sie, die neue Resolution, die die bis zum Rande des Irrsinns zerstrittene Staatengemeinschaft wieder in Pragmatismus zusammenschweißt, wenn auch auf dem Weg des Siegers - der aber immerhin in Dutzenden Punkten versucht hat, Interessen der Mitgliedsländer zu berücksichtigen. Dass diese eben auch wieder - meist wirtschaftliche - Partikularinteressen sind (vor allem Altschulden und unter "Oil for Food" abgeschlossene Verträge) und nicht unbedingt die Interessen einer internationalen Staatengemeinschaft, darüber darf man sich keine Illusionen machen.
Schon bei Ausbruch des Krieges war keine andere Position moralisch vertretbar als die, der Unternehmung der USA Erfolg zu wünschen - so pervers dieser Wunsch bei einem Angriffskrieg klingen mag -, im Interesse aller Beteiligter. Das ist heute nicht anders. Die UNO-Resolution öffnet den Weg dazu, dass sich die Staaten, die gegen diesen Krieg waren, offiziell am Wiederaufbau des Irak beteiligen, und das ist gut so.
Ja, die "Authority" hat das absolute Sagen darüber, wer das irakische Öl kauft und wer dem Irak was um den Erlös verkauft, für einigermaßen Transparenz auf dem Konto dürfte die Resolution immerhin sorgen. Die Sieger werden natürlich gute Geschäfte machen - das aber nur, wenn sie für Sicherheit und Ordnung im Irak sorgen. Bei der gegenwärtigen Lage dort, die manche als schlechter bezeichnen als zwei, drei Wochen nach dem Fall von Saddam Hussein, stehen die privaten amerikanischen Investoren nicht gerade Schlange. Ohne sie wird aber nicht mehr Öl aus den schrottreifen Förderanlagen sprudeln als schon unter "Oil for Food".
Es stimmt, dass mit dieser Resolution die Besetzung und damit indirekt auch der Krieg der USA im Irak international abgesegnet wird. Die Sieger unterschreiben aber in der Resolution auch explizit, dass sie die Pflichten der Genfer Konvention auf sich nehmen, die für Besatzungsmächte gelten. Von US-Diplomaten, mit denen man über die Plünderung von Spitälern und Kulturstätten sprach, konnte man bis jetzt kalt darauf hingewiesen werden, dass das "bitte die Iraker selbst angestellt" hätten. Das geht jetzt - bitte - nicht mehr.
Bleibt die Frage, ob sich die Resolution, die die komatöse UNO in ein - wenn auch reduziertes - Leben zurückholt, im Irak schnell direkt auswirken wird. Die Antwort ist eher negativ: Die Polizeiaufgaben müssen die USA dort jetzt und sofort erfüllen, beim Aufstellen einer ihnen genehmen Übergangsregierung werden sie sich nicht dreinreden lassen. Dass die Regierungsbildung nun verschoben wird, ist kein gutes Zeichen.


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Hin und her gerissen zwischen Kritik an den "lauen Kompromissen" und "Freude" darüber, dass wenigstens etwas geschieht, scheint auch der Kommentator des Berliner "Tagesspiegel":

Die USA kommen mit der neuen Resolution so billig davon, weil die realen Vereinten Nationen fehlerhaft sind. Sie sind keine Weltregierung, die Amerika die Aufgabe abnehmen und den Irak stabilisieren könnte. Sie sind auch keine höhere moralische Autorität. Die Verhandlungen um den Wortlaut der Resolution zeigten wieder einmal, dass es im Sicherheitsrat nicht selbstlos um das Wohl der Welt geht, sondern um die nationalen Interessen seiner Mitglieder. Geschickt nutzten die USA die Gier der Russen, das Geltungsbedürfnis der Franzosen und das schlechte Gewissen der Deutschen. (...) Solche lauen Kompromisse sollen ein Grund zur Freude sein? Ja. Für das ferne Ziel einer Weltordnung, die das Völkerrecht achtet, ist ein Nachkriegsirak mit UN-Mandat besser als einer ohne. Wer die Vereinten Nationen stärken möchte, darf sie nicht überfordern. Und muss mit ihnen arbeiten, so wie sie sind.

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Die Frankfurter Allgemeine Zeitung stellt nüchtern fest, dass trotz aller verbalen Zugeständnisse an die Vereinten Nationen die militärischen Sieger alle Trümpfe in der Hand behalten:

Zu den wichtigsten Zugeständnissen der Vereinigten Staaten und Großbritanniens gehört eine Klausel, nach der der Sicherheitsrat den Erfolg der Resolution "überprüfen" und gegebenenfalls "weitere Schritte erwägen" wird, "die erforderlich sein könnten". Außerdem eröffnet die Resolution die Möglichkeit, abermals über die Entsendung von UN-Waffeninspekteuren in den Irak zu verhandeln, ohne dass dazu aber konkrete Angaben im Text gemacht werden. (...)
Trotz der Zugeständnisse bleibt es dabei, dass im Wesentlichen Amerika und Großbritannien über die Nachkriegsordnung im Irak sowie über die irakischen Öleinnahmen bestimmen.

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Der Leitartikel in der Frankfurter Rundschau (Autor: Rolf Paasch) fürchtet, dass mit der UN-Resolution nachträglich der völkerrechtswidrige Krieg zum "Präzedenzfall Irak" wurde. Es heißt dort u.a.:

Es war ein Kotau vor der Weltmacht, kein Kompromiss zur Stärkung der Vereinten Nationen. Die UN-Resolution über die Aufhebung der Sanktionen gegen Irak wird die dreizehnjährige Buße der Bevölkerung für die Untaten Saddam Husseins beenden. In diesem Sinne war das Votum des UN-Sicherheitsrats unverzichtbar. Indem die von den USA, Großbritannien und Spanien eingebrachte Resolution aber die Besatzung Iraks durch die Kriegskoalition akzeptiert, schwächt sie die Prinzipien der Völkerrechts. Zum ersten Mal in seiner Geschichte bestätigt der Sicherheitsrat eine Okkupation, nachdem seine Mitglieder zuvor die Rechtmäßigkeit der vorausgegangenen militärischen Intervention bestritten hatten. In diesem Sinne ist das Votum von New York nicht zu vertreten.
Denn der Präzedenzfall Irak wird weit reichende Folgen haben. Zum einen könnten jetzt auch andere Mächte unter dem Vorwand der Bedrohung einfach ein Nachbarland besetzen und nachträglich das Placet des Sicherheitsrates erbitten. Zum anderen haben die Kriegsgegner mit ihrem Abstimmungsverhalten die Logik der amerikanischen Präventiv-Doktrin grundsätzlich anerkannt. Nukleare Drohungen aus Nordkorea, Terrorverdächtige in Syrien oder beide Verdachtsmomente in Iran? Das Muster ist etabliert: Die Weltmacht handelt, die Weltorganisation legitimiert.
(...)
(...) Wenn der Krieg, wie dies US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld erklärt hat, nichts mit dem irakischen Öl zu tun hatte, was hindert Washington dann daran, die Kontrolle des Ölsektors direkt den Vereinten Nationen zu unterstellen und die Aufträge für den Wiederaufbau nach den international üblichen Regeln der Transparenz zu vergeben? Nichts würde das Projekt der Demokratisierung Iraks glaubwürdiger machen, als die Widerlegung der nur allzu verständlichen Vorurteile in der arabischen Welt über die Motive der USA im Nahen Osten. Und nichts würde die transatlantische Kluft schneller überwinden, als eine pragmatische Zusammenarbeit in Irak unter Verzicht auf unilaterale Reflexe der Kriegskoalition.
(...)
Es gibt also durchaus Ansatzpunkte für eine Annäherung zwischen der Kriegskoalition und ihren Gegnern, wie sie der irakischen Bevölkerung nur zu wünschen wäre. Noch aber stehen dem zwei Dinge entgegen. Da ist das mangelnde Selbstbewusstsein und fehlende strategische Denken der "geschlagenen" Europäer. Und da gibt es den ideologischen Triumphalismus der Regierung Bush, die im Hochgefühl ihres diplomatischen Erfolges im Begriff ist, nun genau das zu verspielen, was den Vereinigten Staaten für eine erfolgreiche Nachkriegs-Politik in Irak auch nach der UN-Resolution noch immer fehlt: Legitimität in den Augen der anderen.

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Die Skepsis und Kritik überwiegen auch im Kommentar der Berliner "Tageszeitung" (taz):

Der Sicherheitsrat erkannte die USA und Großbritannien zwei Monate nach Beginn ihres völkerrechtswidrigen Krieges gegen Bagdad offiziell als oberste Autorität in dem ölreichen Golfstaat an. Zugleich sind die Wirtschaftssanktionen mit der Resolution aufgehoben. Damit können die US-amerikanischen Firmen mit der Umsetzung der milliardenschweren Wiederaufbauaufträge beginnen, die ihnen von der Bush-Administration in den vergangenen Wochen unter Verstoß gegen das Völkerrecht bereits zugeschanzt wurden. Nicht beschlossen wurde die zunächst vor allem von Russland verlangte Rückkehr der UNO-Waffeninspektoren zwecks der endgültigen Klärung des Verbleibs angeblicher Massenvernichtungswaffen, mit deren Existenz Washington und London den Krieg gegen Bagdad in erster Linie begründet hatten.

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Nüchtern und klar das Urteil in der ansonsten sehr konservativen "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ):

Die USA und Großbritannien werden von den Vereinten Nationen als Besetzungsmächte mit ungewöhnlicher Machtfülle anerkannt, womit der ursprünglich von der UNO nicht autorisierte Krieg im Nachhinein sanktioniert wird. Die Besetzungsmächte kontrollieren nicht nur den politischen Prozess zur Bildung einer 'allgemein akzeptablen und repräsentativen' Regierung, sondern sie bestimmen insbesondere auch allein über die Verwendung der Erdöleinnahmen.

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Die Vereinten Nationen zahlen mit der Verabschiedung der Resolution einen hohen Preis, einen vielleicht zu hohen Preis, stellt Stefan Kornelius in der Süddeutschen Zeitung fest. Vom "Kniefall der Kriegsgegner" und vom "politischen Ablasshandel" ist hier die Rede - keine schmeichelhaften Kennzeichnungen.

(...) Die Resolution dient als Eintrittsticket: Frankreich, Russland und auch Deutschland öffnet es wieder die Türen zur amerikanischen Politik. Einfluss auf Washington ist – wenn auch begrenzt – möglich, und die UN haben den Totenschein gerade noch einmal zerreißen können.
Der Preis dafür ist hoch, vielleicht zu hoch: Wer gegen die Invasion des Irak war, erkennt jetzt das Ergebnis des Krieges an – die Besatzung des Landes durch die USA und Großbritannien. Mehr noch: Frankreich, Russland und Deutschland müssen akzeptieren, dass die USA in unvergleichbarer Machtfülle die Geschicke des Irak bestimmen werden, selbst wenn der Sicherheitsrat nach einem Jahr die Resolution „überprüfen“ darf.
(...) Für diesen diplomatischen Kniefall erhalten die Gegner von einst wenig: Die UN werden einen obersten Aufbauhelfer nach Bagdad schicken, die Inspektoren sind wieder im Gespräch, Russland kann auf ein bisschen Geld hoffen, das Ölgeschäft wird kontrolliert.
(...) Es scheint also, als müsse sich die Allianz der Gegner als nachgiebig und inkonsequent beschimpfen lassen. Tatsächlich aber spiegelt die Resolution lediglich die Kräfteverhältnisse zwei Monate nach Beginn des Irak-Krieges wider. Die UN sind nicht in der Lage, die Kontrolle des Landes zu übernehmen. Frankreich und Deutschland sind nicht in der Lage, amerikanische Interessen substanziell zu beeinflussen.
(... ) Ein politischer Ablasshandel ist nicht ungewöhnlich, auch wenn dieses Geschäft wegen der Emotionalität des Themas besonders schmerzt. (...)

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Die UNO am "Katzentisch" und die Iraker werden überhaupt nicht erst gefragt. Das ist der Kern des kritischen Kommentars im "Neuen Deutschland" (Jochen Reinert).

Während die ehemaligen Irak-Kriegsgegner Frankreich, Deutschland und Russland der USA-initiierten UNO-Resolution zu Irak ohne viel Federlesens zustimmten, ist es fraglich, ob die irakische Opposition – wenn sie denn dürfte – Gleiches getan hätte. Denn die Iraker spielen so gut wie keine Rolle in dem Papier. Jenseits von wolkigen Aufbau-Worten werden ihnen keinerlei Rechte zugebilligt. Die Äußerungen von Frankreichs Außenminister über eine »Rückkehr der UNO« bleiben ebenso illusionär wie die Vorstellungen der irakischen Opposition von der schnellen Bildung einer Übergangsregierung. Während der UNO-Sondergesandte künftig am Katzentisch des USA-Statthalters Bremer Platz nehmen kann, darf sich die Opposition bestenfalls im Wartezimmer aufstellen. Sie hat in absehbarer Zeit absolut nichts zu melden in ihrem Land – die Besatzer übernehmen mehr oder minder alle Macht über Verwaltung, Finanzen und Ressourcen. Die »Befreier« brauchen dem UNO-Sicherheitsrat auch keinerlei Rechenschaft zu geben. Die Überprüfung der Resolution nach einem Jahr ist nur eine Kann-Bestimmung. Und – ganz in den Sternen steht, wann die »Befreiten« sich endlich wieder selbst regieren können.

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Deutliche Worte findet auch der in Zürich erscheinende "Tages-Anzeiger":

Erst zwei Monate ist es her, dass die USA die Vereinten Nationen an die Wand gespielt haben. Obwohl sich der Sicherheitsrat sperrte, marschierten die USA im Irak ein, und amerikanische Diplomaten erklärten unverhohlen, die UNO sei nicht mehr relevant. Auch wenn sich die UNO gestern mit einer neuen Resolution zurückgemeldet hat, scheint sie den Tritt noch nicht gefunden zu haben. Die meisten Zugeständnisse der Amerikaner sind reine Kosmetik und ändern nichts an der Tatsache, dass Washington bestimmt, wie die Zivilverwaltung im Irak aussehen soll und wer die Ölquellen ausbeutet (...)

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Ähnlich sieht man es in God's own Country auch. Nur findet man's gut. Die regierungsnahe Washington Post meint, jetzt müsse Bush auf die Europäer zugehen, denn auch er brauche Hilfe:

Die Zugeständnisse an die europäischen Regierungen, die eine stärkere Rolle der UNO befürworten, blieben symbolischer Art. Dass sich Washington durchsetzen konnte, liegt weniger an der weltweiten Unterstützung für die US-Strategie - oder den Fortschritten im Irak - als am Wunsch der Kriegsgegner, die angeschlagenen Beziehungen zu Washington zu reparieren. Jetzt muss Bush Frankreich, Deutschland und Russland in positive und zukunftsweisende Pläne mit einbinden, denn die meisten versöhnlichen Gesten kamen bislang von dort. Die USA brauchen die finanzielle und militärische Hilfe der Europäer im Irak; sie sind angewiesen auf deutsche und französische Truppen in Afghanistan, und zwar auf unbestimmte Zeit.

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Das Hamburger Abendblatt kann dieser Argumentation einiges abgewinnen. Thomas Frankenfeld sieht die UNO und die Europäer wieder im Kommen - weil sie von den USA gebraucht werden. Fragt sich nur, wofür!

(...) .. Die Eroberung des Friedens und die Konstruktion eines demokratischen irakischen Gemeinwesens auf den Ruinen eines blutigen Terror-Regimes und einem schwankenden Untergrund aus Kriminalität, Korruption und religiösem Fanatismus übersteigt offenbar die Möglichkeiten der kampferprobten US-Divisionen.
Auf diesen Feldern besitzen UNO und EU eindeutig größere Kompetenzen. Die mehrfache Veränderung der Irak-Resolution zu Gunsten ihrer Kritiker zeigt, dass Washington die Schieflage richtig analysiert hat. Mit der Annahme der Resolution kehren die Vereinten Nationen als Akteur auf die Bühne zurück. USA und UNO sitzen damit wieder in einem Boot - das allerdings Washington noch immer steuert. Dies bedeutet für die Staatengemeinschaft keine nachträgliche Absegnung der US-Invasion, sondern die Übernahme von Verantwortung bei der Befriedung eines zerrissenen Landes im Herzen der Krisenregion Nahost. Es dürfte ein heilsamer Schritt für den von unsinnigen UNO-Sanktionen gebeutelten Irak, aber auch für das transatlantische Verhältnis sein. Dass Frankreich, Russland und Deutschland dem britisch-amerikanischen Kompromissvorschlag zustimmen, überbrückt tiefe Gräben. (...)

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Noch wesentlich triumphaler tritt die konservative polnische Gazeta Wyborcza auf. Alles ist jetzt gut und die Sieger - Polen inklusive - werden gefeiert.

Der seit Jahren größte Konflikt zwischen einem Teil Europas und den USA kann als abgeschlossen betrachtet werden, auch wenn seine Nachwirkungen leider noch lange zu spüren sein werden. Die Amerikaner haben entschieden, die Nachkriegsstreitigkeiten mit Hilfe der UNO zu lösen. Frankreich und Deutschland akzeptierten, dass die Koalition unter Führung der Amerikaner den Krieg gewonnen hat. Alle waren sich einig, dass ein Kompromiss gesucht werden muss. Diese Resolution ist ein moralischer Sieg der Staaten, die - wie Spanien und Polen - an der Seite des Bündnisses standen und gleichzeitig nicht ihre europäische Familie verließen.

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Bei soviel Sieges-Euphorie folgt zum bösen Ende noch die Tageszeitung "Junge Welt", die bekanntlich die Dinge immer einen Tick kritischer sieht. Der Kommentar macht sich denn auch keine Sorgen mehr um die Vereinten Nationen; nach ihm haben sie bereits abgedankt. Rüdiger Göbel schreibt über die "folgeträchtigste" Resolution in der Geschichte der UNO u.a.:

US-Präsident George W. Bush darf zufrieden sein. Nach dem militärischen Blitz-Sieg im Irak brachte der Oberkommandierende der US-Streitkräfte nun auch die europäischen Kriegsgegner Frankreich, Deutschland und Rußland zur Räson. (...) Das hohe UN-Gremium legitimiert damit nachträglich die völkerrechtswidrige Invasion US-geführter Streitkräfte und den Embargo-Völkermord – und delegitimierte so die Weltorganisation selbst. Die Resolution vom Donnerstag abend gehört damit zu den folgeträchtigsten in der Geschichte der UNO.
Die USA und die Exkolonialgroßmacht Großbritannien wurden mit der Resolution von den Vereinten Nationen als Besatzungsmächte anerkannt. Sie haben bis zur Bildung einer legitimen Regierung im Irak die politische und wirtschaftliche Hoheit an Euphrat und Tigris. Die »Autorität«, wie die Besatzungsmächte euphemistisch genannt werden, hat damit auch die Kontrolle über das irakische Erdöl und die Verwendung der Exporteinnahmen. Nicht zuletzt sollen damit Krieg und Besatzung finanziert werden.
Der französische Außenminister Dominique de Villepin sowie sein deutscher Amtskollege Joseph Fischer und der russische Außenamtschef Igor Iwanow verteidigten vorab das Abstimmungsverhalten ihrer Länder. Die drei wichtigsten Länder, die den US-Krieg gegen den Irak abgelehnt hatten, hätten »den Weg der Einheit der internationalen Gemeinschaft und der Verantwortung gewählt«, sagte de Villepin. Alle drei Außenminister meinten nach einem Treffen am Mittwoch abend in Paris, daß die Zustimmung in New York »keine Legitimierung des Krieges« im nachhinein sei. Mit keinem Wort stellten sie indes die US-Invasion am Golf als Völkerrechtsbruch in Frage. Im Gegenteil, Fischer und Iwanow hoben die Bedeutung der Beziehungen zu Washington – also dem Aggressor – hervor. Fischer sprach von einer »hervorragenden, unverzichtbaren Rolle der USA in der transatlantischen Familie«.
Die Resolution »öffne den Weg« zu der gewünschten zentralen Rolle der Vereinten Nationen im Nachkriegsirak, redete de Villepin den UN-Segen für Bush am Donnerstag schön. Dabei kommt auch der inzwischen vierten Fassung der Irak-Resolution allenfalls die Rolle eines Feigenblattes zur Verhüllung bloßer US-Besatzung am Golf zu.
Insgesamt 90 Änderungen seien in die Ursprungsfassung vom 9. Mai eingearbeitet worden, zählen UN-Diplomaten auf– ohne den von den USA verfaßten Kerntext in seiner Substanz allerdings wesentlich zu korrigieren. Tatsächlich nahmen Washingtons Diplomaten an der Definition der UN-Rolle im besetzten Irak nur unwesentliche Veränderungen vor. Forderungen nach einer Gleichstellung des – noch zu ernennenden – UN-Sonderbeauftragten mit dem US-Chef der Besatzungsbehörde Paul Bremer sowie nach Rechenschaftslegung der Besatzer vor dem Weltsicherheitsrat wehrten die USA erfolgreich ab.
Als »entscheidende Änderung« wird die Auflage an den Sicherheitsrat verkauft, den Erfolg der Irak-Resolution nach zwölf Monaten zu überprüfen und »bei Bedarf« weitere Schritte vorzunehmen. Doch diese können von der Vetomacht USA mit einem einfachen »No« blockiert werden. Die Resolution stellt weiterhin klar, daß die US-geführte Besatzung mit Arbeitsaufnahme einer demokratisch legitimierten Regierung im Irak beendet ist. Eine Zeitvorgabe hierfür gibt es nicht. Erst am vergangenen Wochenende hatte US-Besatzungschef Bremer die Pläne für eine irakische Übergangsregierung verworfen. (...)


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