Bush flüchtet in "Optionen"
Irakpolitik bringt US-Präsidenten immer mehr in die Bredouille
Von Max Böhnel, New York *
USA-Präsident George W. Bush, der wegen des Irakkriegs mit einer wachsenden Opposition
innerhalb seiner Republikaner-Partei konfrontiert ist, machte am Dienstag (Ortszeit) bei einer
Veranstaltung in Cleveland im Bundesstaat Ohio erstmals rhetorische Zugeständnisse.
Bush sprach vor Geschäftsleuten von »verschiedenen Optionen«. Die USA könnten sich in Irak »in
einer Weile in einer anderen Position« befinden, sagte er ohne konkret zu werden. Dennoch wurde
die neue Rhetorik des Präsidenten von Beobachtern aufmerksam registriert. Bush stehe vor einer
»Republikaner-Rebellion«, die ihn zum Kurswechsel in Irak zwingen könne, notierte dazu die »New
York Times«.
Forderungen nach einem Truppenrückzug erteilte Bush freilich eine Abfuhr. »Wir haben gerade erst
begonnen, wir können diesen Kampf in Irak gewinnen«, behauptete er. Zeitgleich zur PR-Offensive,
die Bush in den kommenden Tagen zur Eindämmung und Einbindung unzufriedener Republikaner
im Kongress fortführen wird, suchen Vertreter des Weißen Hauses verstärkt Gespräche mit Bushs
skeptischen Parteifreunden.
Sein nationaler Sicherheitsberater Stephen Hadley und der neue Irakbeauftragte Generalleutnant
Douglas Lute trafen zu Wochenbeginn auf dem Washingtoner Kapitolsberg ein, während
Pentagonchef Robert Gates sowohl demokratische als auch republikanische Politiker persönlich
anrief. Die Aufforderung lautet jeweils: nicht ungeduldig werden, abwarten bis zum Frühherbst.
Bis dahin nämlich soll die irakische Regierung US-amerikanischem Willen zufolge politische,
ökonomische und soziale Fortschritte machen – was sich in einem entsprechenden Bericht in
Washington niederschlagen soll.
In einem vom Kongress verabschiedeten Gesetz, das im Frühjahr die Kriegsausgaben festlegte,
waren der 15. Juli und der 15. September als Berichtstermine festgelegt worden. Dass die Lage in
Irak nicht rosig ist, wird am Sonntag (15. Juli) offiziell bestätigt werden, wie es in Vorberichten hieß. Die
Erkenntnis, dass Irak von Fortschritten weit entfernt ist, hat sich bis in die Reihen von Republikaner-
Senatoren verbreitet, die ihre Unzufriedenheit mit der Irakpolitik Bushs offen ausdrücken.
Den Anfang hatte am Montag (9. Juli) Senator John Warner aus Virginia nach einem Treffen mit dem
Präsidenten gemacht. Im Senat sagte er, es handele sich »um eine beispiellose Phase in unserer
Geschichte«, und mahnte Bush, entweder Fortschritte nachzuweisen oder eine andere
Kriegsstrategie vorzulegen.
Mehr als zehn bis dahin Bush-loyale Republikaner haben eine Reduzierung der USA-Truppenstärke
in Irak gefordert. Am Dienstag sagte Senatorin Elisabeth Dole aus North Carolina, die USA-Präsenz
in Irak könne »nicht ewig andauern«. Sie hoffe, die Truppen würden im kommenden Jahr nach
Hause zurückkehren.
Die Unzufriedenheit bei den Republikanern geht so weit, dass die Senatsdebatte über den Irakkrieg
zum ersten Mal »weit offen ist«, kommentierte die Tageszeitung »Christian Science Monitor«. Die
Senatsdemokraten Carl Levin aus Michigan, der den Vorsitz im Streitkräfteausschuss inne hat, und
Jack Reed aus Rhode Island legten am Dienstag einen Gesetzentwurf vor, der den Abzug erster
Truppen nach Ablauf von drei Monaten vorsieht.
Unterdessen steht es um den Wahlkampf eines der wichtigsten Irakkriegsbefürworter äußerst
schlecht. Nach einem Bericht der »New York Times« vom Mittwoch gehen dem Anwärter auf die
Präsidentschaftskandidatur Senator John McCain sowohl Geld wie auch Berater und Anhänger aus.
Von den ursprünglich 24 Millionen Dollar in der Wahlkampfkasse wurde alles ausgegeben. Seine
wichtigsten Strategen John Weaver und Terry Nelson zogen sich von ihren Funktionen zurück. Und
nicht zuletzt winken konservative Wähler immer mehr ab, wenn sie McCain zuhören. Im Irakkrieg
stellt er sich weiterhin kritiklos hinter Bush.
* Aus: Neues Deutschland, 12. Juli 2007
Ergänzend zu diesem Artikel empfehlen wir die zwei zeitnahen Reden des US-Präsidenten, mit denen er seinem Land und sich selbst Mut machen wollte:
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