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"Wir erwarten Versöhnung. Wir erwarten, dass sie Gesetze verabschieden."

Programmatische Rede des US-Präsidenten am Naval War College in Newport zur militärischen Lage im Irak und zur US-Offensive "Operation Phantom Thunder"

Im Folgenden dokumentieren wir die unwesentlich gekürzte Rede von US-Präsident George W. Bush am Naval War College in Newport (Rhode Island) zu den Themen Irak und Krieg gegen den Terror vom 28. Juni 2007. Die Übersetzung besorgte der Amerika Dienst.
Die Rede hat nicht nur programmatischen Charakter, sondern gibt auch einen Einblick in das militärische Denken des Oberbefehlshabers und vermittelt einen Eindruck von der strategischen Lage der US-Streitkräfte und ihrer Alliierten (die aber eine unwesentliche Rolle spielen) im Irak. Dies schützt indessen nicht vor Geschichtsklitterungen. Bemerkenswert z.B. Bushs Hinweis im vierten Absatz: "Die Provinz war die Hauptbasis der Al Kaida für Operationen im Irak. Denken Sie daran, es war die Al Kaida, die die Vereinigten Staaten von Amerika angriff und am 11. September 2001 fast 3.000 Menschen tötete." Jedem Durchschnittsamerikaner wird damit suggeriert, dass Irak ein Zentrum des Al-Kaida-Terrors war, bevor die USA ihren Krieg gegen das Land begann. In Wahrheit, drangen terroristische Gruppen erst im Gefolge des Krieges in das Land ein. Der spezifische Terror im Irak - der noch einmal vom legitimen Widerstand gegen die Militärbesatzung zu unterscheiden wäre - war also ein Ergebnis des sog. "Krieges gegen den Terror".
Die Zwischenüberschriften haben wir der größeren Übersichtlichkeit wegen selbst eingefügt.



George W. Bush:

Anfang 2007 habe ich meine neue Strategie für den Irak vorgestellt. Mit der Situation vor Ort war ich damals nicht zufrieden. Das, was ich dort sah, konnte ich nicht billigen. Daher rief ich Vertreter des Militärs zusammen und beauftragte sie mit der Entwicklung einer anderen Strategie für den Erfolg. Und ich nahm ihre Empfehlungen an. Diese neue Strategie unterscheidet sich von der zuvor von uns verfolgten. Sie wird vom neuen Befehlshaber, General David Petraeus, sowie dem neuen Botschafter, Ryan Crocker, umgesetzt. Sie berücksichtigt, dass es unsere oberste Priorität sein muss, der irakischen Regierung und ihren Sicherheitskräften zu helfen, die Bevölkerung vor Angriffen zu schützen – insbesondere in der Hauptstadt Bagdad. Das ist ein neuer Auftrag. Und David Petraeus befindet sich im Irak, um ihn auszuführen. Ziel ist es, den Irakern zu helfen, Fortschritte hin zur Versöhnung zu machen und eine freie Nation aufzubauen, die die Rechte der Menschen achtet, die Rechtsstaatlichkeit aufrechterhält und in diesem Krieg ein Verbündeter gegen die Extremisten ist.

Truppenverstärkungen

Es liegt in unserem eigenen nationalen Interesse, sie zu unterstützen, damit sie erfolgreich sein können. Die Vereinigten Staaten haben Truppenverstärkungen entsandt, um der irakischen Führung zu helfen, ihre Bürger zu schützen. Eine der Entscheidungen, die ich treffen musste, betraf unsere Truppenstärke. Ich fragte die Vertreter des Militärs, auf welchem Niveau sich ihrer Meinung nach die Truppenstärke befinden sollte. Man erwartet schließlich vom Oberbefehlshaber über die Streitkräfte, dass er sich in Kriegszeiten intensiv mit den Vertretern des Militärs der Vereinigten Staaten berät. Sie haben Empfehlungen abgegeben, und ich habe mehr Soldaten entsandt, um den Irakern zu helfen, ihre Bevölkerung zu schützen sowie Terroristen, Aufständische und Milizen zu verfolgen, die religiöse Gewalt schüren, und ihnen zu helfen, die Kontrolle über die Hauptstadt des Irak zu erlangen.

Die jüngste Truppenverstärkung traf Anfang des Monats im Irak ein – und der volle Einsatz hat begonnen. Einer unserer obersten Befehlshaber, Ray Odierno, beschreibt das folgendermaßen: "Wir sind schon einen Schritt weiter als Truppenaufstockungen, wir befinden uns inmitten einer Aufstockung der Operationen." Heute werde ich über neueste Entwicklungen und den Verlauf dieser Einsätze sprechen. Ich werde über Fortschritte und Herausforderungen bezüglich der Versöhnung sowohl auf nationaler als auch auf lokaler Ebene sprechen. Ich werde darüber hinaus einige Kriterien nennen, die wir zur Bewertung unser Erfolge heranziehen.

Provinz Anbar: Terrorbasis

Lassen Sie mich mit der Provinz Anbar beginnen. Sie können hier auf der Karte erkennen, dass die überwiegend sunnitische Provinz Anbar fast ein Drittel des irakischen Territoriums ausmacht. Es ist eine große Provinz. Anbar erstreckt sich von den Außenbezirken Bagdads bis an die Grenzen des Iraks zu Jordanien und Syrien. Die Provinz war die Hauptbasis der Al Kaida für Operationen im Irak. Denken Sie daran, es war die Al Kaida, die die Vereinigten Staaten von Amerika angriff und am 11. September 2001 fast 3.000 Menschen tötete. Sie gehören zu den Feinden. Sie sind Extremisten und Radikale, die versuchen, anderen ihre Weltanschauung aufzuzwingen.

Laut eines Al-Kaida-Dokuments, das in unsere Hände gelangte, wollten sie in der Provinz Anbar eine Regierung einsetzen. Dies hätte sie ihrem erklärten Ziel näher gebracht, die Demokratie im Irak zu zerstören, eine radikale islamische Herrschaft zu etablieren und von einem sicheren Zufluchtsort aus Anschläge auf amerikanische Ziele im In- und Ausland zu verüben. Das erklärt der Feind. Ich denke, dass es sehr wichtig ist, dass die Vereinigten Staaten von Amerika dem Feind genau zuhören.

Im vergangenen September war die Provinz Anbar überall in den Schlagzeilen. Sie wurde als Beispiel für das Versagen der Vereinigten Staaten im Irak angeführt. Die Zeitungen zitierten einen durchgesickerten Bericht der Nachrichtendienste, der sich pessimistisch zu den Aussichten der Provinz äußerte. Ein Kolumnist fasste es folgendermaßen zusammen: "Der Krieg in der Provinz Anbar ist beendet, und die Vereinigten Staaten haben verloren."

Als einige die Provinz Anbar schon abgeschrieben hatten, befreiten unsere Soldaten die Hauptstadt Ramadi von Terroristen und gewannen das Vertrauen der lokalen Bevölkerung. Parallel zu diesen Bemühungen startete eine Gruppe von Stammesführern eine Bewegung mit dem Namen "Das Erwachen" ("The Awakening") und begann mit der Kooperation mit amerikanischen und irakischen Streitkräften. Diese Stammesführer waren die Morde und das Chaos leid, das Al Kaida in ihre Städte und Gemeinden gebracht hatte. Sie wussten genau, um wen es sich handelte.

Um diese Chance zu nutzen, habe ich mehr Marineinfanteristen in die Provinz Anbar entsandt. Schritt für Schritt haben sie den Menschen vor Ort geholfen, ihre Provinz von der Al Kaida zurück zu gewinnen.

Diese Einsätze zeigen gute Ergebnisse. Unsere Streitkräfte gehen in Gegenden Anbars, in denen sie zuvor nicht tätig werden konnten. Mit der Hilfe der irakischen Streitkräfte und der Streitkräfte der Koalition haben sunnitische Stämme Al Kaida aus fast allen Teilen Ramadis verdrängt. Die Zahl der Angriffe befindet sich auf dem niedrigsten Stand seit zwei Jahren. Tausende von irakischen Polizeikräften folgen mittlerweile den Rekrutierungsaufrufen, verglichen mit einigen Hundert vor nur wenigen Monaten. Diesen Monat hat die Provinz Anbar ihre erste Polizeiakademie eröffnet. Wie dieses Bild zeigt, ist die Gesamtzahl der Angriffe in Anbar im Vergleich zum gleichen Zeitpunkt im vergangenen Jahr erheblich zurückgegangen.

Trotz des Erfolges bleibt die Provinz Anbar ein gefährlicher Ort. Warum? Weil die Al Kaida ihre Operationsbasis zurückgewinnen will und versucht, Stammesführer zu töten und die Bevölkerung vor Ort einzuschüchtern. Wir müssen uns auf mehr Gewalt und weitere Rückschläge einrichten. Aber eine Provinz, die als hoffnungslos galt, erfreut sich nun eines Ausmaßes an Frieden und Stabilität, das vor einigen Monaten noch unvorstellbar war.

Operation Phantom Thunder

Wir hoffen, dass wir diesen Erfolg, den wir in Anbar hatten, in anderen Teilen des Iraks wiederholen können – insbesondere in den Gebieten in und um Bagdad. In den Monaten seit der Ankündigung meiner neuen Strategie haben wir zusätzliche Soldaten in entscheidende Gegenden Bagdads und in Gebiete im Umkreis der Hauptstadt entsandt, um einen Beitrag zur Sicherheit der Bevölkerung zu leisten. Ich habe Ihnen bereits gesagt, wie der Auftrag lautete, und das setzen wir auch um. Jetzt haben wir mit einer größeren Offensive mit der Bezeichnung Operation Phantom Thunder begonnen, die den Kampf zu den Feinden in der Hauptstadt und in den angrenzenden Gebieten bringt. Diese Operation konzentriert sich auf die Bekämpfung der Al-Kaida-Terroristen, der Aufständischen und Milizen sowie die Beseitigung sicherer Zufluchtsorte für Extremisten und die Unterbrechung ihrer Logistik, Versorgungs- und Kommunikationswege.

Diese Karte zeigt Bagdad und die umliegenden Gebiete. Im Januar habe ich erklärt, dass 80 Prozent der religiösen Gewalt im Irak im Umkreis von 50 Kilometern um die Hauptstadt herum ausgeübt wird. Obwohl ein Teil der Gewalt, der Bagdad heimsucht, direkt in der Stadt entsteht, wird ein großer Teil durch Terroristen verursacht, die aus den angrenzenden Gebieten heraus operieren. Wenn wir diese Hochburgen der Al Kaida und die Todesschwadronen beseitigen können, können wir das Leben der Bürger in diesen Gebieten verbessern und den Feind davon abhalten, in der Hauptstadt zuzuschlagen. Das ist das Ziel der Operation Phantom Thunder.

Ich werde nun einige Operationen beschreiben, die an verschiedenen Orten um die Hauptstadt herum durchgeführt werden:

Militäroperationen rund um Bagdad

Im Norden Bagdads sind unsere Streitkräfte in die Provinz Diyala vorgestoßen. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Provinzhauptstadt Bakuba, die sich lediglich eine Autostunde von Bagdad entfernt befindet. Maskierte Bewaffnete üben ihre brutale Herrschaft dort mithilfe von Gefängnissen und Folterkammern aus und bestrafen Vergehen wie Rauchen.

In einem Gebäude entdeckten unsere Streitkräfte eine medizinische Einrichtung für Terroristen, die uns zeigt, dass der Feind sich auf einen andauernden tödlichen Kampf eingerichtet hat. Sie hatten sich eingegraben. Es gab keinen Widerstand. Sie versuchten, ihre Gewalt in die Hauptstadt zu exportieren. Irakische und amerikanische Truppen kämpfen jetzt um jeden Häuserblock. Der den Angriff leitende Oberst sagt, wir haben der Al Kaida eine wichtige Bastion abgerungen. Die Stadt ist geräumt. Die Herausforderung für die Koalitionsstreitkräfte und die irakischen Streitkräfte besteht jetzt natürlich darin, dass es so bleibt. Aber wir machen in der Operation Phantom Thunder Fortschritte.

Im Südosten Bagdads spüren wir die Al Kaida in Zufluchtsorten auf, die sie sich entlang des Tigris geschaffen hat. Zu diesen Zufluchtsorten gehören Gebiete wie Salman Pak und Arab Jabour – Gegenden, aus denen bekanntermaßen Auto- und Lastwagenbomben nach Bagdad kommen. Extremisten aus vielen dieser Gegenden werden zum ersten Mal seit drei Jahren von amerikanischen und irakischen Streitkräften konfrontiert. Wir können mit entschiedenem Widerstand rechnen. Sie mögen es nicht, wenn man sie konfrontiert. Aber General Petraeus sagt, um diese Mission zum Erfolg zu führen, werden wir sie mit den besten Soldaten konfrontieren, die es je auf der Welt gab - mit den Soldaten des US-Militärs. Unsere Streitkräfte sind entschlossen, und wir werden der Al Kaida und den Extremisten diese sicheren Zufluchtsorte abjagen.

Im Westen und Nordwesten von Bagdad verfolgt die Operation Phantom Thunder die verbliebenen Außenposten der Al Kaida in Anbar. Wir tragen den Kampf in die Gegend um Karmah – ein bekannter Transitpunkt für alle Kämpfer der Al Kaida. Ein Beispiel für das, was jetzt geschieht: Amerikanische und irakische Truppen in Falludscha haben über 94.000 Liter Salpetersäure beschlagnahmt, ein wesentlicher Bestandteil der Auto- und Lastwagenbomben. Gemäß dem stellvertretenden Kommandeur der US-Truppen westlich von Bagdad waren wir erfolgreich bei der Vertreibung der Terroristen aus den bevölkerungsreichsten Gebieten Anbars. Er sagt: "Die Truppenaufstockung hat uns die Soldaten gegeben, die wir benötigt haben, um diese Gegenden wirklich zu räumen. Wir haben sie geräumt und sind vor Ort geblieben."

In Bagdad selbst hat uns die Truppenverstärkung ermöglicht, eine Präsenz in Gegenden zu schaffen, in denen sich Terroristen und Aufständische unter die Bevölkerung gemischt hatten. Allein in den letzten beiden Wochen haben unsere Truppen in Bagdad fünf Zellen von Milizen zerschlagen. Zu einigen der Namen, die sie in den nächsten Monaten hören werden, werden Orte wie Adamiyah, Rashid und Mansour gehören. Diese Gegenden sind wichtig, da an ihnen die Trennlinien zwischen den Religionen verlaufen – Orte, an denen schiitische Extremisten und Terroristen der Al Kaida versuchen, durch Mord, Entführungen und andere gewaltsame Aktivitäten die ethnisch-konfessionell motivierte Gewalt wieder zu entfachen. Bis diese Gegenden und andere wie sie gesichert sind, können die Menschen in Bagdad nicht geschützt werden, sie können ihr Leben nicht wiederaufnehmen.

Angriffe des Feindes haben abgenommen

Wir befinden uns jetzt am Anfang der Offensivphase. Wir haben jetzt endlich die Truppen vor Ort. Die Amerikaner müssen verstehen, dass es einige Zeit dauert, zusätzliche Truppen zu mobilisieren und sie von den Vereinigten Staaten in den Irak zu entsenden. Wir haben sie jetzt vor Ort. Und jetzt beginnen wir, uns zu bewegen. Es gibt ermutigende Zeichen. Vorige Woche haben unsere Befehlshaber über die Tötung zweier hochrangiger Führungspersönlichkeiten der Al Kaida nördlich von Bagdad berichtet. Der eine leitete eine Zelle, die half, ausländische Kämpfer in den Irak zu bringen, der andere war Kurier dieser Zelle.

Aus Bagdad berichtet unser Militär, dass religiöse Unruhen in der Hauptstadt trotz zunehmender Tendenzen im Mai jetzt im Vergleich zu Januar erheblich abgenommen haben. Wir decken Waffenverstecke auf, und zwar dreimal so oft wie vor einem Jahr. Obwohl der Feind weiterhin sensationsheischende Angriffe durchführt, hat die Zahl der Bombenangriffe und Selbstmordanschläge im Mai und Juni abgenommen. Weil amerikanische und irakische Streitkräfte inmitten der Menschen leben, die sie schützen, kommen jetzt auch viele Iraker mit Informationen über Verstecke von Terroristen zu ihnen.

"Zeichen der Normalität"? - Iran und Syrien auf der Seite der Terroristen

Vor Ort sehen die Truppen den Unterschied, den die Aufstockung bewirkt. General Petraeus beschrieb vor kurzem "erstaunliche Zeichen der Normalität". Das sagte er über Bagdad. Er spricht von Profifußballligen, Vergnügungsparks und geschäftigen Märkten. Im gemischt schiitisch-sunnitischen Viertel Rashid entdeckte eine unserer Fußpatrouillen eine Wand, auf die zwei arabische Sätze gesprüht waren. Es ist nur ein kleines Beispiel, das natürlich nicht in die Nachrichten kam, aber die Sätze lauteten: "Ja, ja zum neuen Sicherheitsplan. Keine Unterscheidung zwischen Schiiten und Sunniten."

Der Kampf ist schwer. Es ist und bleibt ein schwerer Kampf. Wir haben gute Frauen und Männer verloren. Auch wenn unsere Truppen beim Aufspüren und in die Enge Treiben der Al Kaida einige Erfolge verzeichnen, stehen sie immer noch vor vielen Herausforderungen. Schließlich haben die Menschen im Irak Jahrzehntelang unter einer brutalen Diktatur gelebt, die Misstrauen nährte. Und daher gibt es immer noch Spannungen zwischen den Religionen. Diese Gefühle werden ausgenutzt und von Außenstehenden manipuliert. Iran beispielsweise stellt weiterhin tödliche improvisierte Sprengsätze zur Verfügung, die gegen amerikanische Truppen eingesetzt werden. Außerdem stellt Iran Ausbildung im Land sowie finanzielle Mittel und Waffen für irakische Milizen. Syrien ist weiter Transitstation für die Al Kaida und andere Kämpfer auf dem Weg in den Irak.

Kämpfer und Unterstützung aus dem Ausland machen diese Aufgabe natürlich sehr viel schwieriger - für die Iraker, aber auch für unsere Soldaten. Es sind mehr Verluste zu erwarten, wenn unsere Truppen in feindliche Festungen eindringen und gegen ausländische Einmischung vorgehen. Aber General Petraeus und unsere Befehlshaber im Irak haben einen sorgfältigen Plan vorbereitet, den unsere Streitkräfte vor Ort umsetzen. Es ist ein von klugen Militärs gut ausgearbeiteter Plan, und wir schulden ihnen die Zeit und die Unterstützung, die sie für den Erfolg benötigen.

Gesetze zur Verteilung der Öleinkünfte notwendig

Ich stimme voll und ganz mit dem Militär überein, das sagt, dies sei mehr als eine Militäroperation. Die Iraker müssen schwere Entscheidungen über einen Weg hin zur Versöhnung treffen. Deshalb werde ich den Druck auf die irakische Führung aufrechterhalten, politische Zielvorgaben zu erfüllen, die sie sich selbst gesetzt haben. Zu Hause richtet sich die Aufmerksamkeit hauptsächlich auf wichtige Gesetzesvorhaben, die das irakische Parlament verabschieden muss, um die politische Versöhnung zu fördern. Dazu zählen Gesetze über die Verteilung der Öleinkünfte, Wahlen in den Provinzen und die Teilhabe von mehr Menschen am politischen Prozess. Ich spreche recht oft mit dem Ministerpräsidenten und dem Präsidialrat, und ich erinnere sie an unsere Erwartung, dass die Regierung funktionieren muss und Gesetze verabschiedet werden müssen.

Viele Amerikaner sind von dem langsamen Tempo der Gesetzgebung frustriert, und mir geht es nicht anders. Meines Erachtens sollten wir die Herausforderung jedoch im Gesamtzusammenhang betrachten. In einer Demokratie kann das Regierungsoberhaupt nicht einfach das Ergebnis diktieren. Ich sage nicht, dass ich das gern tun würde. In Washington gibt es einige, die meinen, ich würde das gerne tun. Das irakische Parlament besteht aus Mitgliedern vieler verschiedener Religionen und Ethnien: Sunniten, Schiiten, Turkmenen, Kurden und andere.

Sogar in einer seit langem bestehenden Demokratie ist es nicht leicht, in kurzer Zeit wichtige Gesetze zu verabschieden. Wir erwarten von den Irakern, dass sie alle diese Dinge leisten, während ihr Land angegriffen wird. Ich versuche nicht, Ausreden zu finden; wir werden den Druck weiter aufrechterhalten. Wir erwarten Versöhnung. Wir erwarten, dass sie Gesetze verabschieden.

Bei Zielvorgaben, die nichts mit Gesetzgebung zu tun haben, geht es besser voran. Ministerpräsident Maliki versprach, drei Brigaden zur Unterstützung der Einsätze in Bagdad zur Verfügung zu stellen – und das tat er. Die irakische Führung versprach den militärischen Befehlshabern die Autorität, die sie zur Ausführung unserer Pläne benötigen, und zum Großteil haben sie diese auch übertragen. Zudem haben die Iraker zur Eindämmung der religiösen Unruhen beigetragen und gemeinsame Sicherheitsstellen eingerichtet. Das irakische Verteidigungsministerium arbeitet hart daran, die logistischen Kapazitäten zu verbessern. Es wird dieses Jahr fast zwei Milliarden eigene Mittel für die Ausrüstung und Modernisierung der Streitkräfte ausgeben. Die irakische Regierung bewilligte zwei Milliarden Dollar, damit ihre eigenen Streitkräfte moderner werden und in der Lage sind, den Kampf zum Feind zu tragen.

Mithilfe unserer Truppen nimmt die Zahl der irakischen Soldaten und deren Fähigkeiten zu und der Tag rückt näher, an dem sie selbst die Verantwortung für die Verteidigung ihres Landes übernehmen können. Diese Fortschritte gehen nicht immer gleichmäßig vonstatten, und wir werden den Druck auf die Iraker, ihren Verpflichtungen nachzukommen, weiter aufrechterhalten. Wir müssen uns allerdings immer wieder vor Augen führen, dass diese Zielvorgaben der Verbesserung des Lebens der Iraker dienen sollen – und an diesem Maßstab müssen wir sie messen.

Erfolgreiche Arbeit der Wiederaufbauteams (PRT)

Um zu bewerten, wie sich das Leben der Iraker verbessert, können wir das Land nicht nur von oben nach unten betrachten. Wir müssen über die Grüne Zone hinaus und von unten nach oben blicken. Dort ist politische Versöhnung am wichtigsten, weil dort die normalen Iraker entscheiden, ob sie den neuen Irak unterstützen oder nur unbeteiligt zuschauen wollen, unsicher bezüglich der Zukunft des Landes. Ich und, was noch wichtiger ist, die Menschen in Bagdad fühlen sich durch das, was wir sehen, ermutigt. Bürger bilden Gruppen zur Sicherung der Nachbarschaft. Junge Sunniten melden sich für die Armee und die Polizei. Stammesführer schließen sich dem Kampf gegen die Al Kaida an. Viele Schiiten lehnen die Milizen ab.

Ein Großteil der Fortschritte, die wir sehen, ist das Ergebnis der Arbeit unserer Wiederaufbauteams in den Provinzen (Provincial Reconstruction Teams – PRT). Diese Teams bringen militärische und zivile Experten zusammen, um irakischen Gemeinden vor Ort bei der Versöhnung zu helfen, die moderaten Kräfte zu stärken und den Übergang zur irakischen Eigenständigkeit zu beschleunigen. Wiederaufbauteams in Anbar arbeiten mit irakischen Richtern zusammen, um die Rechtsstaatlichkeit mit neuen Verfahren für Terroristen in Haft wiederherzustellen. Das PRT in Ramadi half dem Provinzrat bei der Verabschiedung eines Haushalts, der mehr als 100 Millionen Dollar für Kapitalausgaben bewilligt, damit die Menschen mit dem Wiederaufbau ihrer Provinz beginnen und Arbeit aufnehmen können. Das PRT in Kirkuk vergibt Mikrokredite zur Finanzierung des Wiederaufbaus und zur Arbeitsplatzschaffung.

Und das Wiederaufbauteam in Ninewah hat mehr als 1.000 Arbeitsplätze durch Infrastrukturprojekte geschaffen, die von der Renovierung eines Krankenhauses über das Pflastern von Straßen bis hin zum Bau eines neuen Fußballplatzes reichen. Dieser von unten nach oben gerichtete Ansatz zur Versöhnung und zum Wiederaufbau ist nichts, was in die Schlagzeilen kommt. Man liest darüber nicht viel. Aber diese Dinge bewirken eine Menge im Leben der Iraker, sie dauern an, und wir müssen sicherstellen, dass es so weitergeht.

Wir sehen uns außerdem durch die Art und Weise ermutigt, wie die Iraker auf die Gräueltaten reagieren, die heftige, emotionale Reaktionen schüren und Vergeltungsschläge provozieren sollen. 2005 liefen die Dinge gut. Sie erinnern sich vielleicht an das Ende des Jahres, als 12 Millionen Menschen zur Wahl gingen, ein erstaunlicher Augenblick für den Nahen Osten. Offen gesagt, war ich nicht überrascht, denn ich glaube an die Allgemeingültigkeit der Freiheit. Ich glaube, jeder möchte frei sein. Daran glaube ich.

Das Fortschreiten der Demokratie

Ich war also nicht überrascht, aber ich habe mich gefreut. Ich habe mich über Geschichten über Iraker, die wählen durften und über ihre Freude darüber gefreut. Die Al Kaida war nicht erfreut. Sie hatte vielmehr Angst angesichts des Voranschreitens der Demokratie. Denn Demokratie ist das Gegenteil ihrer Ideologie. Diese Leute glauben an etwas - das Gegenteil dessen, an das wir glauben. Ich möchte daran erinnern, dass eines der großartigen Geschenke Amerikas das Recht der Menschen ist, eine Religion auszuüben oder nicht und deshalb ebenso Amerikaner zu sein; ich möchte daran erinnern, dass wir alle Amerikaner sind, dass wir alle gemeinsam Amerikaner sind, unabhängig davon, ob wir Christen, Juden oder Muslime sind oder gar nicht gläubig. Das ist das Gegenteil dessen, was die Al Kaida glaubt. Ihre Anhänger glauben, wenn man nicht betet wie sie es vorgeben, dann werden sie einen höchstwahrscheinlich umbringen.

Deshalb gefielen ihnen die Fortschritte der Demokratie im Jahr 2005 nicht. Anfang 2006 sprengten sie also die Goldene Moschee in Samarra in die Luft. Sie ist eine der heiligsten Stätten der Schiiten. Das führte zu einer Spirale ethnisch-konfessionell motivierter Gewalt. Anfang des Monats fanden die Terroristen in einem Angriff, der allem Anschein nach von der Al Kaida verübt worden war, zu ihrem alten Drehbuch zurück und sprengten die Minarette derselben Moschee in die Luft.

Diesmal verurteilten die irakischen Politiker den Anschlag sofort geschlossen. Sie ergriffen zügig energische Maßnahmen, um eine Wiederholung der Gewaltausbrüche des Vorjahrs zu verhindern. Ministerpräsident Maliki verhängte eine Ausgangssperre, ordnete zusätzlichen Schutz für heilige Stätten an und berief ein Treffen der sunnitischen, schiitischen und kurdischen Führung ein. Er reiste mit dem Verteidungs- und dem Innenminister nach Samarra, um ihren Einsatz für Frieden und Versöhnung zu demonstrieren. Es kommt noch immer zu Vergeltungsmaßnahmen, und es ist zu früh, um zu beurteilen, ob die Bemühungen der Regierung ausreichen werden, um eine Spirale der Gewalt zu verhindern, wie wir sie im vergangenen Jahr nach den Anschlägen erlebt haben. Aber es ist nicht zu früh, um zu sagen, dass die Reaktion der irakischen Führung beeindruckend ist und sich stark von dem unterscheidet, was wir das letzte Mal erlebt haben.

Ein Grund für den Unterschied ist, dass die Iraker zunehmend begreifen, dass die Al Kaida der Hauptfeind sowohl für die Schiiten, die Sunniten als auch für die Kurden ist. Die Al Kaida ist für die meisten der spektakulärsten Morde im Irak verantwortlich. Sie sind für die spektakulären Morde auf amerikanischem Boden und im Irak verantwortlich. In unserem Land sehen wir die Bilder der blutigen Nachwirkungen der Selbstmordanschläge auf einem irakischen Markt, und wir fragen uns, was für Menschen zu so etwas fähig sind. Das ist es, was wir uns fragen. Wir sind großherzige Menschen. Unsere Befehlshaber berichten mir, dass 80 bis 90 Prozent dieser Selbstmordanschläge das Werk ausländischer Kämpfer seien, von Menschen, die keine Alternative zu ihrer Ideologie dulden, und die in das Land kommen, um zur Erlangung ihrer Ziele unschuldige Menschen zu töten.

Menschen als lebende Bomben

Und das ist ihre Strategie. Es ist die Strategie der Al Kaida, Menschen als lebende Bomben einzusetzen, um für schreckliche Bilder zu sorgen, die um die Welt gehen. Sie wissen, dass Aufsehen erregende Bilder am besten dazu geeignet sind, den leisen Fortschritt vor Ort zu erdrücken. Ihr Ziel ist es, die Zukunft eines freien Irak mit einem Gefühl der Hoffnungslosigkeit zu verknüpfen. Sie hoffen, dass sie am Fernsehbildschirm das gewinnen können, was sie im Kampf gegen die amerikanischen und irakischen Truppen nicht gewinnen können.

Unser Erfolg im Irak darf nicht an der Fähigkeit des Feindes gemessen werden, Autobomben in die Abendnachrichten zu bringen. Ganz gleich, wie gut der Schutz ist, Terroristen werden immer in der Lage sein, eine Bombe in einer belebten Straße explodieren zu lassen. In Ländern wie Israel haben Terroristen über Jahre hinweg bei ähnlichen Anschlägen unschuldige Menschen getötet. Der Unterschied ist, dass Israel eine funktionierende Demokratie ist, die nicht daran gehindert werden kann, ihre Aufgaben auszuführen. Das ist ein guter Erfolgsindikator, den wir auch im Irak sehen wollen: nämlich die Entstehung einer Regierung, die ihre Bevölkerung schützen, grundlegende Dienste für alle Bürger anbieten und auch inmitten von Gewalt als Demokratie funktionieren kann.

Irak ist nur ein Schauplatz des Kriegs gegen den Terror

Wir sind an einem breiter angelegten Krieg gegen diese ideologischen Mörder beteiligt. Irak ist nur ein Schauplatz in diesem Krieg. Die Extremisten wissen, dass ein Erfolg der Iraker einen schrecklichen Rückschlag für ihre Ziele im gesamten Nahen Osten darstellen würde. Das wissen sie. Aber sie denken das gleiche über Afghanistan, wo die Taliban, die einstigen Verbündeten der Al Kaida, versuchen, durch Morde ihren Weg zurück an die Macht zu ebnen; oder im Libanon, wo die Extremisten versuchen, die demokratische Regierung des Landes zu stürzen; oder in den Palästinensergebieten, wo Terroristen einen selbstmörderischen Krieg angefangen haben; oder in Iran, wo die Regierung Atomwaffen anstrebt, während der Präsident des Landes erklärt, dass Israel von der Landkarte getilgt werden müsse. Am Beginn dieses weltweiten Krieges gegen Ideologen, die das genaue Gegenteil von dem repräsentieren, wofür die Vereinigten Staaten stehen, steht viel auf dem Spiel. Was die Bedeutung dieses Kampfes noch verstärkt, ist die Tatsache, dass das, was im Ausland geschieht, für die Sicherheit der Vereinigten Staaten von Amerika wichtig ist. Das haben wir am 11. September gelernt, als Mörder in der Lage waren, einen gescheiterten Staat zu nutzten, um diese tödlichen Angriffe zu planen. Wenn wir also die Truppen abziehen, bevor die irakische Regierung sich selbst verteidigen kann, würden wir die Zukunft des Irak Terroristen wie der Al Kaida überlassen – und würden damit allen Extremisten in der krisengeschüttelten Region grünes Licht geben.

Die Konsequenzen für die Vereinigten Staaten und den Nahen Osten wären katastrophal. Im Irak würde die ethnisch-konfessionell motivierte Gewalt um ein Vielfaches ansteigen. Die Kämpfe könnten in Chaos in der gesamten Region münden. Und bald darauf würden islamische Extremisten den Nahen Osten dominieren, die Atomwaffen anstreben und ihre Kontrolle über das Öl zur wirtschaftlichen Erpressung ausnutzen würden sowie neue Angriffe auf die Vereinigten Staaten von Amerika durchführen könnten. Der 11. September hat gezeigt, wie ein gescheiterter Staat, und das habe ich gerade beschrieben, die Sicherheit in unserem Land beeinflussen kann. Zum Wohle unserer eigenen Sicherheit, zum Wohle der Sicherheit der Vereinigten Staaten von Amerika müssen die Vereinigten Staaten an der Seite von Millionen Müttern und Vätern im gesamten Nahen Osten stehen, die eine Zukunft in Würde und Frieden anstreben, und wir müssen ihnen helfen, den gemeinsamen Feind zu besiegen.

Die US-Armee: Eine "prächtige Gruppe"

Niemand versteht das besser als unsere Soldatinnen und Soldaten. Es ist eine große Ehre, der Oberbefehlshaber einer solch prächtigen Gruppe von Frauen und Männern zu sein. Unser Militär ist nicht nur großartig, es ist auch gut, es sind großherzige Menschen, alles Freiwillige, die sich entschieden haben, ihren Dienst im Angesicht der Gefahr zu leisten. Ein Land, das so gute Frauen und Männer hervorbringt, ist bemerkenswert.

Ich denke an einen Mitbürger - Cory Endlich. Cory ist ein Junge aus Ohio, der so gerne der Armee beitreten wollte, dass sein Vater ihn in seinem letzten High-School-Jahr die Ausbildung anfangen ließ. Er wurde in den Irak geschickt. Als ihn seine Mutter fragte, ob er etwas benötigte, bat er lediglich um Malbücher, Stifte und Süßigkeiten für die irakischen Kinder, denen er half, und das sagt viel über seinen Charakter aus. Anfang des Monats wurde er getötet. Sein Vater sagte Folgendes: "Er war überzeugt, dass der Krieg gerechtfertigt war und wollte dorthin." Und er sagte darüber hinaus: "Ich bin stolz auf ihn und auf die Arbeit, die er geleistet hat." Und das bin ich auch.

Vielen Dank. Ich weiß, dass Sie gemeinsam mit mir einen liebenden Gott bitten werden, die Familien derer, die einen Angehörigen verloren haben, in seiner liebenden Hand zu halten. Wir sind entschlossen, ihr Opfer zu ehren, indem wir die Arbeit, die sie begonnen haben, zu Ende bringen. Das ist die Aufgabe, die vor uns liegt. Und während wir das tun, werden wir das wahre Erbe von Männern wie Oberfeldwebel Endlich sehen: die Entstehung eines Nahen Ostens, in dem die politische Führung mit ihrer eigenen Bevölkerung in Frieden lebt, wo Kinder Chancen erhalten, von denen ihre Eltern nur träumen konnten, und wo die Vereinigten Staaten neue Verbündete im Kampf für die Freiheit finden.

Vielen Dank, dass ich heute hier sein durfte. Gott segne Ihre Arbeit, und Gott segne unser Land.

Originaltext: President Bush Visits Naval War College, Discusses Iraq, War on Terror
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2007/06/print/20070628-14.html



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