"Keinen Krieg gegen den Irak!"
Gemeinsame Pressekonferenz des Bundesausschusses Friedensratschlag und der Berliner "Achse des Friedens"
Im Folgenden dokumentieren wir die Pressemitteilung, die der Bundesausschuss Friedensratschlag zur Bundespressekonferenz am 23. Oktober 2002 in Berlin abgegeben hat. Darin eingeschlossen auch das schriftlich verteilte einleitende Statement von Peter Strutynski über den Stand der Vorbereitungen der bundesweiten dezentralen Veranstaltungen. Was die Presse aus dem vorliegenden schriftlichen Material und aus dem gesprochenen Wort von der Pressekonferenz machte, ist unserer Dokumentation "Meldungen über die Friedensbewegung" zu entnehmen.
Pressemitteilung
(Sperrfrist: 23. Oktober, 11 Uhr)
Heute fand im Berliner Gewerkschaftshaus die Pressekonferenz des
Bundesausschusses Friedensratschlag und der Berliner "Achse des
Friedens" zum Stand der Vorbereitungen des weltweiten Protesttags gegen
den Krieg am 26.10. statt.
Zu Beginn erläuterte der Sprecher des Friedensratschlags, Peter
Strutynski (Kassel), das politische Konzept der bundesweiten dezentralen
Aktionen am 26. 10. (Siehe untenstehendes Statement).
Des Weiteren wurde Klage darüber geführt, dass es bisher nicht möglich
war, mit Vertretern der Bundesregierung einen Termin und Ort zu
vereinbaren, an dem ca. 80.000 Unterschriften gegen den drohenden
Irak-Krieg und für die Auflösung der Krisenreaktionskräfte
("Einsatzkräfte") der Bundeswehr übergeben werden können. Diese
Unterschriften wurden in den letzten Wochen und Monaten von der
Friedensbewegung im ganzen Land gesammelt. "Die Regierung verhält sich
bürgerferner als manch ein Monarch aus unseligen vordemokratischen
Zeiten", sagte der Sprecher des Friedensratschlags. "Damals wurden die
Untertanen wenigstens von Zeit zu Zeit als Bittsteller vorgelassen." Da
die Appelle mit den 80.000 Unterzeichnern sich direkt an die
Bundesregierung richten, besteht die Friedensbewegung darauf, sie auch
direkt dort abgeben zu dürfen.
Vertreter/inen der Berliner "Achse des Friedens" (Laura von Wimmersperg
von der Berliner FRIKO-Friedenskoordination, Peter Strotmann von Attac
und Hans-Peter Richter vom Deutschen Friedensrat e.V.) erläuterten das
Konzept für die Berliner Kundgebung, die vermutlich die größte Aktion in
Deutschland am Samstag sein wird. Start der Demo und Kundgebung ist um
14 Uhr der Alexanderplatz. (Für Rückfragen zu den Berliner Aktionen:
Laura v. Wimmersperg, 030/7823382 oder 0160 99855775)
Regionale Schwerpunkte der Aktionen in Deutschland am Samstag neben
Berlin werden München, Nürnberg, Freiburg, Stuttgart, Frankfurt, Köln,
Düsseldorf, Dortmund, Kassel, Hannover, Dresden, Bremen und Hamburg
sein. Insgesamt werden mehrere zehntausend Menschen erwartet. Eine
vollständige Liste der uns gemeldeten Aktionen befindet sich am Ende
dieser Mitteilungen.
Anhang:
Pressekonferenz 23. Oktober 2002
Statement:
Dr.Peter Strutynski, Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag
In mehr als 60 Städten der Bundesrepublik finden am kommenden Samstag,
den 26. Oktober 2002, Aktionen gegen den drohenden Irak-Krieg statt.
Anlass ist der weltweite Protesttag gegen den Krieg, den
Friedensbewegungen in aller Welt aus Solidarität mit der
US-amerikanischen Anti-Kriegs-Bewegung proklamiert haben. In Washington
und San Francisco werden an diesem Tag Hunderttausende Menschen gegen
die Kriegspolitik des US-Präsidenten Bush demonstrieren. Die weltweiten
Aktionen stehen unter dem Motto: "Stop the war before it starts!" -
"Stoppt den Krieg, bevor er beginnt!"
Zu den Mahnwachen, Demonstrationen und Kundgebungen in Deutschland rufen
neben der Friedensbewegung auch zahlreiche Attac-Gruppen,
Gewerkschaften, kirchliche Verbände und neben der PDS auch zahlreiche
Parteigliederungen von Grünen und SPD auf. Auch der Bundesvorstand der
Jungsozialisten unterstützt die Proteste.
Das hat es lange nicht mehr gegeben.
Wir begrüßen die Rückkehr von Grünen und Jusos in die Reihen der
Friedensbewegung. Genauso haben wir das Versprechen der Bundesregierung
begrüßt sich nicht an einem US-Krieg gegen Irak zu beteiligen.
Doch von Berlin erwarten wir nicht nur populäre Worte gegen den Krieg,
sondern auch Taten. Es ist niemandem zu vermitteln, dass die Bundeswehr
mit ihren Spürpanzern in Kuwait und mit ihrer Marine im Persischen Golf
bleibt. Sollen diese Truppen dort einen Krieg vielleicht doch
unterstützen?
Von der Bundesregierung ist mehr Klarheit zu verlangen. Wer einen Krieg
politisch für falsch und militärisch für gefährlich hält, darf ihn nicht
einmal indirekt unterstützen. Das heißt auch:
-
Keine Überflugrechte für US-Militärmaschinen im Kriegseinsatz,
- keine Nutzungsrechte der US-Stützpunkte in Deutschland und
- keine indirekte Unterstützung etwa dadurch, dass man US-und
britische Truppen entlastet, indem man die deutschen Truppenkontingente in
Afghanistan oder auf dem Balkan erhöht.
Angst vor einer außenpolitischern Isolierung braucht die Bundesregierung
dabei nicht zu haben. Denn im Augenblick sind es allein die USA, die
sich mit ihrer Kriegspolitik weltweit isoliert haben.
Die Friedensbewegung weiß sich in ihrem Protest gegen den Irak-Krieg
einig mit einer großen Mehrheit der deutschen und europäischen
Öffentlichkeit. Selbst in Großbritannien sprechen Umfragen von einer
klaren Mehrheit gegen den Krieg. Hunderttausende haben in den
vergangenen Tagen und Wochen in London, Italien, Frankreich und Spanien
gegen einen drohenden Irak-Krieg protestiert. Und auch in den USA wächst
der Widerstand gegen den Kriegs-Kurs der Bush-Administration. Tausende
von Schriftstellern, Wissenschaftlern, Künstlern, Regisseuren und
Schauspielern haben in einer Aufsehen erregenden Erklärung ("Not in our
name" - "Nicht in unserem Namen") vor einem Krieg gewarnt und die
Regierung zu Umkehr aufgefordert. Der einstmals "uneingeschränkten
Solidarität" Berlins mit der US-Regierung setzt die Friedensbewegung
ihre transatlantische Solidarität mit allen friedliebenden Menschen
diesseits und jenseits des Atlantiks entgegen.
Die Veranstalter legen Wert auf die Feststellung, dass der Protest gegen
den Irak-Krieg nicht gleichzusetzen sei mit einer Solidarität mit dem
Regime von Saddam Hussein. Der Friedensbewegung geht es um die
Solidarität mit dem irakischen Volk. Wir befürchten folgendes:
-
Ein neuer Golfkrieg würde noch größeres Leid über die Menschen im
Irak bringen wie der zweite Golfkrieg 1991. Damals fielen dem US-geführten
alliierten Bombenhagel 200.000 Zivilisten zum Opfer. Tausende und
Abertausende unschuldiger Menschen würden auch diesmal sterben, das Land
würde verwüstet und die Umwelt zerstört.
- Außerdem kann dieser Krieg im ohnehin explosiven Nahen Osten einen
unkontrollierten Flächenbrand von Gewalt und Krieg entfesseln.
- Ein solcher Krieg würde auch die Sicherheit Israels gefährden.
- Das seit 12 Jahren verhängte harte Wirtschaftsembargo hat nach
Berechnungen von UNICEF allein etwa 500.000 irakischen Kindern das Leben
gekostet. Weder die bisherigen Sanktionen gegen den Irak noch die
drohenden US-Bombardements bringen jedoch der irakischen Bevölkerung
Frieden oder Freiheit, sondern nur den Tod Tausender Unschuldiger.
Es darf nicht sein, dass sich US-Präsident Bush über das Völkerrecht und
die Meinung der Staatengemeinschaft hinwegsetzt und einen Krieg vom Zaun
bricht, nur um den USA die Vorherrschaft in der Golfregion und den
Zugriff auf deren Ölreserven zu sichern. Denn um nichts anderes als um
Öl, Macht und Profit geht es in diesem Konflikt. Die US-Regierung will
den gierigen und verschwenderischen Standard der US-Ökonomie dauerhaft
sichern und setzt dabei auf Krieg. Da die Ölreserven in den USA in gut
einem Jahrzehnt versiegen, setzt sie ihre gigantische Militärmaschinerie
in Bewegung, um sich fremder Ölquellen mit Gewalt zu bedienen. Die
Region am Persischen Golf ist die Tankstelle der Welt. Der Irak
beherbergt die zweitgrößten nachgewiesenen Ölquellen, auf die britische
und US-Ölkonzerne wegen ihrer Verstaatlichung seit 1972 keinen direkten
Zugriff mehr haben.
Berlin, 23. 10. 2002
Ein weiterer Anhang dokumentierte die Übersicht über die Veranstaltungen am 26.10. mit dem Hinweis, aktuelle Angaben dem Internet entnehmen zu können, und zwar unter
www.friedensratschlag.de
oder:
www.friedenskooperative.de
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