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August 2002

Irak: Chronik eines angekündigten Krieges

  • Am 1. August begannen im US-Senat die Anhörungen zum bevorstehenden Krieg gegen den Irak. Dabei sind erhebliche Bedenken gegen einen Angriff geäußert worden. Der demokratische Senator Joseph Biden sagte z.B., die "Risiken des Handelns gegen die des Nicht-Handelns" müssten abgewogen werden und es müsse geklärt werden, ob Irak eine "unmittelbare Gefahr" für die USA darstelle. Der frühere UN-Waffeninspekteur, der Australier Richard Butler hielt es für kaum vorstellbar, dass Saddam Hussein eine Machtquelle wie die Verfügung über chemische und biologische Waffen mit anderen teilen würde. Er sagte: "Ich habe keinen Beweis dafür gesehen, dass Irak nicht-irakischen Terrorgruppen Massenvernichtungswaffen zur Verfügung stellt".
    Am selben Tag berichtete die Washington Post über Meinungsverschiedenheiten in der US-Regierung. Vizepräsident Dick Cheney und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld träten für ein aggressives militärisches Vorgehen ein, während Außenminister Colin Powell und CIA-Direktor George Tenet einer Militäraktion skeptisch gegenüber stünden. Führende Militärs hielten auch die bisherigen Maßnahmen (Politik der "Eindämmung" mit Sanktionen und Überwachung der sog. Flugverbotszonen) für ausreichend, weil erfolgreich.
    In derselben Zeitung äußerte sich Jordaniens König Abdallah II. dahingehend, dass es ein schrecklicher Fehler wäre, wenn die USA die Warnungen ihrer Verbündeten missachten würde. Er sei aber zuversichtlich, dass Bush "den großen Zusammenhang begreift, und dass am Ende Frieden und Stabilität im Nahen Osten bei seinen Überlegungen den Vorrang haben".
    Der CDU-Außenpolitiker Karl Lamers sagte am 1. August im Inforradio Berlin-Brandenburg, die EU müsse einen Militärschlag der USA gegen Irak verhindern. Europa müsse mit einer Stimme sprechen. Im ZDF lehnte auch Bundeskanzler Schröder eine Teilnahme Deutschlands an einem US-Angriff auf Irak ab.
  • Am 2. August überraschte die irakische Regierung mit einem Angebot: In einem Schreiben an UN-Generalsekretär Kofi Annan lud der irakische Außenminister Naji Sabri den Chef des internationalen Inspetorenteams (Unmovic) Hans Blix zu "technischen Gesprächen" nach Bagdad ein. Die Reise sollte möglichst bald stattfinden und könne zur Wiederaufnahme der Waffeninsketionen führen, heißt es in dem Brief. Die britische Regierung hält den brief in einer ersten Reaktion für ein "Ablenkungsmanöver". Das russische Außenamt sprach dagegen von einem "wichtigen Schritt".
    Der Sender CNN Türk berichtete am 2. August, die Türkei bereite sich auf einen Irak-Krieg vor. Die Behörden planten den Aufbau von insgesamt 16 Flüchtlingslagern an der türkisch-irakischen Grenze. Zur gleichen Zeit betonte aber die Regierung in Ankara, sie wolle nichts unversucht lassen, um einen US-Angriff auf Irak zu verhindern.
    Am 2. August meldet die FAZ in ihrem Frankfurter Lokalteil unter der Überschrift "Amerikaner verstärken Militärtransportflüge": "Bis Ende August wickeln die amerikanischen Streitkräfte über den Frankfurter Flughafen bis zu 30 zusätzliche Flüge täglich ab. Das teilte der Lärmschutzbeauftragte der Landesregierung, Johann Bruinier, der Stadt Frankfurt und anderen Kommunalverwaltungen im Flughafenumkreis mit. Ein Viertel der Transportflüge, die nach amerikanischen Angaben der Unterstützung der Anti-Terror-Aktion 'Dauerhafter Frieden' gelten, findet zur Nachtzeit statt - auch mit schweren und lauten Maschinen." Es darf spekuliert werden, ob die zusätzlichen Flüge auch schon etw3as mit der Kriegsvorbereitung gegen den Irak zu tun haben.
  • Saudi-Arabien und Iran lehnen einen US-Angriff auf Irak ab. Die Außenminister beider Länder, Prinz Saud el Faisal und Kamal Charasi, forderten nach einem Treffen in Teheran eine "politische und friedliche Lösung der Krise", berichtete der iranische Rundfunk am 3. August.
    Außenminister Joschka Fischer sprach sich am 3. August klar gegen eine Militäraktion in Irak aus: "Jetzt so zu sagen zu meinen, einen Regierungswechsel mit bewaffneter Intervention in Bagdad herbeiführen zu müssen, halte ich für eine falsche Prioritätensetzung", sagte Fischer in einem ZDF-Interview.
  • Der außenpolitische Experte Wolfgang Schäuble im "Kompetenzteam" des Kanzlerkandidaten der Union, befürwortete in einem Interview der "Bild am Sonntag" am 4. August eine deutsche Beteiligung am US-Krieg gegen Irak. Er sagte u.a. wörtlich: "Sollte es zu einer Aktion gegen den Irak kommen, würde dies auf Grund einer klare Beschlusslage der Vereinten Nationen erfolgen." Und: "Sie können davon ausgehen, dass sich Deutschland in diesem Fall in einer angemessenen Form beteiligen würde."
    Der Chef der UN-Waffeninspektoren, Hans Blix, hat am 4. August die irakische Einladung zu Gesprächen nach Bagdad ausgeschlagen. Zunächst müsse Irak die Wiederaufnahme der 1998 ausgesetzten Waffeninspektionen akzeptieren, sagte Blix in einem Interview mit der arabischen Zeitung "Al Hajat". Gespräche mit der irakischen Regierung zum jetzigen Zeitpunkt würden "unbegründete Hoffnungen wecken", sagte Blix. Die Lage würde noch schlimmer, so Blix, wenn er jetzt nach Badgad reiste, und die Gespräche dann scheiterten. Über die Form künftiger Inspektionen könne aber gesprochen werden, sofern Irak die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates akzeptiert. Bei den jüngsten Verhandlungen mit der UNO habe Irak vier Bedingungen für eine Wiederaufnahme der Inspektionen gestellt, sagte Blix weiter: Gespräche über die Flugverbotszonen im Norden und Süden, Ende der US-Drohungen bezüglich des Sturzes von Saddam Hussein, Ende des UN-Embargos und die Abrüstung in der Region. Derzeit könne "keine der vier Bedingungen erfüllt werden".
    Bei einem Militärschlag gegen Irak würde es nach Einschätzung des Deutschen Orient-Instituts Tausende Opfer auf beiden beiden Seiten geben. "Intern rechnen die Amerikaner mit 40.000 Gefallenen", sagte der Direktor des Instituts, Udo Steinbach, der "Bild am Sonntag" am 4. August. Die USA und Großbritannien müssten mit rund 250.000 Soldaten in das Land eindringen und sich auf einen langen Einsatz mit Straßenkämpfen einrichten. Steinbach glaubt, dass es in naher Zukunft einen Militärschlag geben wird: "Ich gehe davon aus, dass es bald losgeht."
    Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im US-Senat hält einen Krieg gegen Irak für wahrscheinlich. "Die Frage ist nur, führen wir ihn allein oder mit anderen, und wie lange und kostspielig wird er?", sagte der demokratische Senator Joseph Biden am Sonntag dem Fernsehsender NBC. Die US-Regierung habe keine andere Wahl, "als die Bedrohung zu eliminieren". Biden hatte in der vergangenen Woche eine Anhörung zu der Frage geleitet, ob das Regime von Saddam Hussein mit militärischer Gewalt gestürzt werden solle.
    Iraks Staatschef Saddam Hussein plant nach Angaben der irakischen Opposition Anschläge mit biologischen und chemischen Waffen auf internationale Machtzentren. Er habe sein Waffenpotenzial ausgebaut und verfüge unter anderem über das Ebola-Virus, sagte der Oppositiospolitiker Ahmad Chalabi dem US-Fernsehsender Fox. Dies berichtet die "netzeitung" am Abend des 4. August.
  • Das Parlament in Bagdad hat den US-Kongress zu Inspektionen vor Ort eingeladen. Einen entsprechenden Brief schrieb Parlamentpräsident Saadun Hammadi dem Kongress am 5. August. Der Kongress habe freie Hand bei der Zusammensetzung einer Delegation und der Auswahl der zu inspizierenden Anlagen. Hammadi übergab dem polnischen Botschafter als dem Interessenvertreter der USA in Bagdad einen Brief mit der Zusicherung, dass der Delegation auch Experten für atomare, biologische und chemische Waffen angehören könnten.
    Der britische Premier Tony Blair hat nicht vor eine Parlaments-Sondersitzung zu einem möglichen Kampfeinsatz in Irak einzuberufen, sagte eine Regierungs-Sprecherin am 5. August . Dies hatte der Alterspräsident des Unterhauses, der Labour-Abgeordnete Tam Dalyell gefordert.
    Australiens Premier John Howard sprach sich hingegen in seinem Land für eine Aussprache im Parlament aus.
    Am 5. August haben US-Flugzeuge in der südlichen irakischen "Flugverbotszone" eine Luftabwehrstellung bombardiert. Der Angriff sei eine Antwort auf "irakische feindselige Aktionen" vom Boden während der routinemäßigen Kontrollflüge gewesen, teilte das für die Golfregion zuständige US-Zentralkommando in Florida mit. Westliche Flugzeuge seien seit Beginn dieses Jahres in den beiden sog. Flugverbotszonen im Süden und Norden bereits 70 Mal von Boden-Luft-Raketen oder Artillerie unter Beschuss genommen worden, hieß es in der Erklärung aus USA.
    UN-Generalsekretär Kofi Annan erklärte am 5. August in New York (Ortszeit), er werde an Bagdad schreiben, um zu erfahren, ob Irak die UN-Bedingungen für eine Wiederaufnahme der Inspektionen akzeptieren will. In diesem Fall könne die Einladung "in einem anderen Licht" betrachtet werden (Blix hatte die Einladung zunächst abgelehnt). Annan sagte weiter, alle Mitglieder des Rates stimmten darin überein, "dass wir alles tun müssen, um die Inspekteure zurück zu bekommen". Das von Iraks Außenminister Nadschi Sabri in der Einladung angeregte Vorgehen widerspreche jedoch der 1999 vom UN-Sicherheitsrat festgelegten Verfahrensweise. Danach muss eine UN-Delegation nach Irak reisen und vor Ort feststellen, welche Fragen über die früheren chemischen, biologischen, atomaren und Raketenprogramme Iraks noch offen sind. Dagegen hatte Irak in der Einladung an Blix eine gemeinsame Bewertung der bisherigen Untersuchungen und des weiteren Vorgehens gefordert. Fazit: Der Generalsekretär bezeichnete den Erhalt des irakischen Schreibens als "interessante Entwicklung", die einer eingehenden Prüfung bedürfe. "Ob es sich dabei um einen echten Durchbruch und eine wirkliche Haltungsänderung handelt, müssen wir erst testen." (Pressemitteilung der UNO) - Iraks Außenminister Nadschi Sabri sagte, die 2001 verabschiedete und auf der des Jahres 1999 fußende UN-Resolution 1382 verlange neben der Wiederaufnahme der Kontrollen auch die Aufhebung der Sanktionen. Der Chef der UN-Inspektoren, Hans Blix, sagte, Inspektionen in Irak würden wohl mehr als sechs Monate dauern. Die Sanktionen könnten frühestens danach aufgehoben werden.
  • Am 6. August sprachen sich führende britische Kirchenvertreter, darunter das Oberhaupt der anglikanischen Kirche, gegen einen Angriff auf Irak aus. In der Resolution, die im Amtssitz von Premier Tony Blair übergeben wurde, heißt es u.a.: "Wir sind gegen jede Militäraktion, die für den Kampf gegen den Terrorismus den Tod unschuldiger Männer, Frauen und Kinder hinzunehmen bereit ist. Das würde bedeuten, Terrorismus mit Terrorismus zu bekämpfen."
    Nichtregierungsorganisationen aus Deutschland, Großbritannien, USA und Frankreich legten zum 12. Jahrestag der Verhängung von Sanktionen gegen Irak eine Studie zu deren humanitären Folgen vor. Danach stieg die Kindersterblichkeit deutlich, 400 000 Kinder unter fünf Jahren starben. Zur Überwindung der aktuellen Krise fordert die Studie unter anderem die Aufhebung der Sanktionen, aber auch von Bagdad die Öffnung des Landes für UN-Waffenkontrolleure und einen Autonomiestatus für die Kurdengebiete. (FR, 07.08.2002) Der Oberbefehlshaber der im Golf stationierten amerikanischen Truppen, Tommy Franks hat den Einsatz von 50.000 bis 80.000 US-Soldaten bei einem Angriff auf Irak vorgeschlagen. Dies gehe aus einem Plan Franks hervor, den er US-Präsident George W. Bush unterbreitet habe, berichtete am 6. August die US-Zeitung "Wall Street Journal".
  • Im Falle eines militärischen Angriffs auf Irak dürfen die USA die saudi-arabischen Stützpunkte nicht nutzen. Sein Land habe nichts dagegen, wenn die US-Streitkräfte die Überwachung des Flugverbots im Norden und Süden Iraks von den Militärbasen in Saudi-Arabien aus durchführten, sagte Außenminister Prinz Saud am 7. August in Dschiddah. Für einen Angriff gegen Irak stehe der saudi-arabische Boden aber nicht zur Verfügung. "Wir sind gegen jeden Angriff auf Irak" sagte Saud. "Wir glauben, das ist nicht notwendig, besonders jetzt, da Irak mit der Umsetzung der UN-Resolutionen beginnt."
    Außenminister Joschka Fischer (Grüne) hat die USA in deutlicher Form vor einem Krieg gegen den Irak gewarnt. Ein Angriff berge "ein großes, ja ein nahezu unkalkulierbares Risiko", sagte Fischer laut einem Interview, das die "Süddeutschen Zeitung" in ihrer Ausgabe vom 7. August veröffentlichte. Niemand habe bisher einen Beweis für eine Verbindung Saddam Husseins zur Terrororganisation Al Qaida liefern können. Außerdem ist die militärische Bedrohung durch den Irak nicht so groß, wie von den USA dargestellt. Fischer wörtlich: "Ich sehe nicht, dass sich die Bedrohung durch den Irak so verändert hätte, dass sie jetzt ein militärisches Eingreifen notwendig machen würde."
  • Der irakische Staatschef Saddam Hussein hat am 8. August vor einem Angriff auf sein Land gewarnt und vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) verlangt, "seine Verpflichtungen" gegenüber Bagdad zu erfüllen. In einer Fernsehrede zum 14. Jahrestag des Endes des Krieges gegen Iran sprach der irakische Machthaber zwar nicht ausdrücklich die Frage der Rückkehr der UN-Waffenkontrolleure an, betonte aber, die internationalen Anstrengung seines Landes müssten honoriert werden. Dies kann als Forderung nach Aufhebung der vor 12 Jahren verhängten Sanktionen gegen den Irak verstanden werden. Saddam warnte in seiner in der gesamten arabischen Welt ausgestrahlten Ansprache erneut vor einer militärischen Konfrontation, die für Aggressoren in einer schmachvollen Niederlage enden würde. Er habe keine Angst vor den Drohungen der USA, und sein Land sei bereit, jeden Angriff zurückzuschlagen. Angreifer würden in der "Mülltonne der Geschichte" landen. Feindliche Soldaten, die in sein Land einmaschieren wollten, sollten ihre Särge gleich mitbringen.
    Der ARD-Korrespondent in Washington, Tom Buhrow, sagt in einem Hintergrundgespräch mit tagesschau.de am 8. August, in den USA interessiere niemanden, was die Europäer oder speziell die Deutschen über die US-amerikanischen Pläne dächten. Viel wichtiger sei momentan die Haltung der Golfstaaten. Buhrow wörtlich: "Der Fokus ist auf eine andere Region gerichtet. Wo treibt sich denn der amerikanische Außenminister oder der Verteidigungsminister herum? Wo werben sie um Unterstützung? Sie gehen in den Nahen Osten, sie gehen in die Golfstaaten, die möglicherweise als Aufmarschgebiet für die amerikanischen Truppen benötigt werden, die zumindest stillhalten oder sich neutral sich verhalten sollen, die ihre Bevölkerung möglichst besänftigen und sie von anti-amerikanischen Unruhen abhalten sollen. Da wirbt man um Verbündete." Auch wenn zweifelnde Stimmen laut würden, stehe die überwiegende Mehrheit der Amerikaner hinter dem Ziel, Hussein zu stürzen. Die innenpolitische Forderung in den USA lautet in den Worten von Buhrow: "Bitte keine Geheimplanung wie seinerzeit in Vietnam, sondern die Karten auf den Tisch legen, damit die amerikanische Öffentlichkeit und die gewählten Vertreter der Öffentlichkeit im Kongress die Pläne diskutieren können und sagen können, zu welchen Risiken sie bereit sind. Denn es wäre ja ein Präventiv-, sprich: ein Angriffskrieg, nicht ein Verteidigungskrieg."
    Die türkische Armee hat einen strategisch wichtigen Flugplatz im Norden des Irak übernommen, sagte der nordirakische Kurdenchef Dschalal Talabani (KDP) bei einem Besuch in Ankara, berichteten türkische Medien am 8. August. Von dem Flugplatz in der Stadt Bamerna aus sei die Kontrolle der gesamten Region möglich, berichtete die türkische Zeitung "Hürriyet". Die Armee habe schweres Gerät und elektronische Geräte angeliefert, um den Flughafen instand zu setzen. Dieser stammt noch aus der Zeit des Golfkriegs. Er sei inzwischen wieder benutzbar, hieß es weiter. Das türkische Militär habe zudem an mehreren Stellen im Norden Iraks "Sicherheitsposten" eingerichtet. Dort seien mehr als 5.000 Soldaten stationiert, berichtete die Zeitung weiter.
  • Die US-Armee plant für einen möglichen Irak-Angriff auf sogenannte "High Power Microwave"-Waffen zurückzugreifen. Dies melden das Wissenschaftsmagazin "New Scientist" und das Fachmagazin "AviationNow". Die Waffen würden gezielt die elektronische Infrastruktur feindlicher Kommandozentralen mit elektromagnetischen Feldern von enormer Stärke zerstören, meldete am 9. August die "Netzeitung" (www.netzeitung.de)
    Ein Sieg gegen Saddam Hussein sei viel leichter zu erringen als viele Militärexperten es derzeit vermuteten, sagte Scharif Ali bin El Hussein vom Oppositionsbündnis Irakischer Nationalkongress (INC) in Washington am 9. August. El Hussein ist derzeit mit fünf weiteren irakischen Oppositionsführern zu Besuch in der US-Hauptstadt. Dort wollen die Oppositionellen am Freitag mit führenden Vertretern des US-Außenministeriums und des Pentagon sprechen. Sie wollen Szenarien für einen Sturz Saddam Husseins durch Gegner im eigenen Land erarbeiten. "Ganz Irak ist gegen Saddam", sagte El Hussein. Sowohl das Volk als auch die Armee würden sich rasch von Saddam Hussein abwenden. Das Anti-Saddam-Bündnis bilde "eine vereinte Front", sagte El Hussein weiter. Die Mitglieder des INC in Irak, aber auch im Ausland seien bereit, mit den US-Streitkräften zu kooperieren, wenn diese Irak angriffen. Der INC hat seine Zentrale in London.
    Richard Perle, Chef des Beratergremiums im Pentagon, glaubt, dass US-Präsident George W. Bush entschlossen ist, auch ohne die Verbündeten anzugreifen. Im Daily Telegraph vom 9. August schreibt er: "Ich habe keinen Zweifel, dass er alleine handeln würde, wenn es notwendig wäre". "Doch wenn die Zeit gekommen ist, wird er nicht allein sein", erklärt Perle.
    Das israelische Militär hat im Norden von Tel Aviv eine erste Raketenabwehrstellung errichtet. Der Aufbau der Radarleitstation sei "zur Prüfung des Systems bereits seit langem vorgesehen", zitierte die Nachrichtenagentur AFP am 9. August einen Armeevertreter. Die Tageszeitung "Jediot Achronot" berichtete dagegen, dass sich Israel auf einen US-Angriff gegen Irak vorbereite. Das Raketenabwehrsystem "Hetz" (Pfeil) sei mit Hilfe der USA entwickelt worden. Anders als im ersten Golfkrieg 1991 sei Israel bei einem Beschuss durch Irak zu Vergeltungsschlägen entschlossen, so die Zeitung weiter. Damals war Israel von irakischen Scud-Raketen getroffen worden.
  • Vertreter der US-Regierung haben am 9. und 10. August mit der irakischen Opposition über Pläne zum Sturz des irakischen Diktators Saddam Hussein beraten. Die Opposition wolle das Ende der Bagdader Regierung mit einer groß angelegten Konferenz vorbereiten und die Demokratisierung des Landes vorantreiben, sagte ein Sprecher des Oppositionsbündnises Irakischer Nationalkongress am 9. August. Die Konferenz solle alle oppositionellen Strömungen vereinen und das Volk ausreichend repräsentieren, zitierte die Nachrichtenagentur AFP den Sprecher. Hamid el Bajati vom INC sagte, es seien Pläne "zum Sturz des diktatorischen Regimes in Irak und zum Aufbau einer demokratischen und pluralistischen Regierung" diskutiert worden. Die USA seien aufgefordert worden, das irakische Volk zu beschützen und bei der Einsetzung einer demokratischen Regierung in Bagdad zu helfen.
  • US-Vizepräsident Dick Cheney bekräftigte am 10. August gegenüber der Konferenz die Absicht der USA, Hussein zu vertreiben und eine demokratische Regierung zu unterstützen. Nach Informationen der «Washington Post» drängten die beiden US-Politiker die zersplitterte und historisch unbedeutende Opposition zur Einigkeit und sicherten ihr die Unterstützung der USA zu. Cheney verhandelte per Videokonferenz mit den irakischen Oppositionellen. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld war zeitweise selbst anwesend. Auch er versicherte der Versammlung, die Vereinigten Staaten wünschten sich eine "freies" und "friedliches" Irak. Für US-Präsident George W. Bush gilt Irak solange als Feind, "bis das Gegenteil bewiesen ist". Das sagte er am 10. August während eines Golfspiels in der Nähe seiner Ranch in Texas. Einen konkreten Zeitplan für einen Angriff gegen den Irak gibt es laut Bush jedoch nicht.
  • Saddam Hussein hat am 11. August angekündigt, alle UN-Resolutionen erfüllen und die internationalen Waffeninspektoren ins Land lassen zu wollen. Er akzeptiere alle Resolutionen des Weltsicherheitsrats und wolle den Inspektoren "ungehinderten Zugang" zu Einrichtungen gewähren, die ihnen in der Vergangenheit versperrt waren, sagte Saddam Hussein der britischen Wochenzeitung "Mail on Sunday". Der irakische Staatschef hatte am 8. August in Bagdad den britischen Parlamentsabgeordneten der Labour-Partei, George Galloway, empfangen, der das Interview in einem unterirdischen Bunker führte. Auf dessen Angaben beruht der Bericht in der Mail on Sunday. Das irakische Angebot wird mit einer deutlichen Warnung verbunden: Im Falle eines britisch-US-amerikanischen Angriffs werde sein Volk heftigen Widerstand leisten. In Anlehnung an Äußerungen des früheren britischen Premierministers Winston Churchill während des Zweiten Weltkriegs sagte Saddam Hussein: "Wenn sie kommen, sind wir bereit. Wir werden sie auf der Straße bekämpfen, von den Dächern, von Haus zu Haus. Wir werden niemals aufgeben." Ähnliche Worte hatte Churchill rund 60 Jahre zuvor geäußert: "Wir werden an den Stränden kämpfen. ... Wir werden auf den Feldern kämpfen, und in den Straßen, und wir werden in den Bergen kämpfen. Wir werden niemals aufgeben." "Das tun auch wir", sagte Saddam Hussein. (netzeitung, 11.08.2002)
  • Am 12. August lehnte Iraks Informationsminister Maohammed Said el Sachaf eine Wiederaufnahme der UN-Waffeninspektionen ab. Im arabischen Sender Al Dschasira sagte er, die Inspektionen seien vor vier Jahren abgeschlossen worden. Die Behauptung der USA, sein Land verfüge über Massenvernichtungswaffen, sei eine Lüge. Einen Tag später (am 13. August) hieß es aber in einer Zeitung, die vom Sohn Saddam Husseins herausgegeben wird, Irak wolle den Dialog mit den Vereinten Nationen fortsetzen.
    4.000 US-Soldaten werden am 12. August zu einem gemeinsamen Manöver mit der jordanischen Armee in Amman erwartet. Die Übungen sollen drei Wochen dauern. Sie seien vor einem Jahr beschlossen worden und stünden in keinem Zusammenhang mit Irak, betonte ein Regierungsvertreter Jordaniens.
    32 Prozent der Briten wollen, dass sich ihr Land im Falle eines Krieges darauf beschränkt, den USA diplomatisch Rückendeckung zu geben. Das ergab eine am 12. August vom "Daily Telegraph" veröffentlichte repräsentative Umfrage. 29 Prozent sind dafür, dass sich die Regierung in London von den USA distanziert, aber den Krieg nicht öffentlich verurteilt. 17 Prozent wünschen sich eine solche Verurteilung, und drei Prozent sind unentschieden. (Quelle: Spiegel-online, 12.08.2002)
  • Nach einer Umfrage der Washington Post und des TV-Senders ABC sprachen sich 69 Prozent der Amerikaner für eine "Militäraktion" gegen Irak aus. Eine Invasion mit Bodentruppen halten 57 Prozent für richtig. Die Zustimmung für einen Angriff sinkt aber auf weniger als die Hälfte, falls die USA im Alleingang gegen Irak vorgehen müssten. Diese Angaben wurden am 13. August veröffentlicht.
    Bei einem Besuch des französischen Premiers Jean-Pierre Raffarin im französischen Urlaubsdomizil des Ehepaars Blair am 13. August soll es auch um den bevorstehenden Irak-Krieg gegangen sein. Auch wenn das Treffen ohne offizielle Erklärung endete, ist den Kommentatoren klar, dass die französische Regierung dem britischen Gast klar gemacht hat, dass Paris einen Militärschlag ablehnt. Frankreich will mit Hilfe der Vereinten Nationen den Druck auf Bagdad erhöhen, damit Irak die UN-Forderungen erfüllt. Ein Automatismus, dass Krieg sein müsse, wenn dies nicht geschieht, wird aber abgelehnt.
    Am 13. August sagte der nordirakische Kurdenführer Dschalal Talabani gegenüber dem US-Nachrichtensender CNN, er habe den USA im Fall eines Angriffs auf den Irak die Nutzung von Militärstützpunkten zugesagt, die seine "Patrioptische Union Kurdistans" (PUK) kontrolliere. Im Gegenzug habe Washington versichert, die kurdischen Kämpfer vor irakischen Angriffen mit biologischen und chemischen Waffen zu schützen.
  • Die israelische Tageszeitung Haaretz berichtete am 14. August, es gäbe Pläne, dass Israel im Fall eines irakischen Angriffs mit Massenvernichtungswaffen mit dem Einsatz eigener Atomwaffen reagieren würde. Haaretz beruft sich dabei auf einen Bericht des US-Geheimdienstes. Der mutmaßt in einem Papier für einen Ausschuss des US-Senats, Israel würde Atomwaffen einsetzen, über die zur Zeit noch nicht einmal die USA verfügten. Irak würde in so einem Fall als Staat zerstört werden. Werde Israel aber nur mit konventionellen Waffen angegriffen, werde Israel auch nur mit konventionellen Waffen antworten. - Israel begann am 14. August mit Impfungen gegen Pocken - als Maßnahme gegen einen evtl. irakischen Angriff mit biologischen Waffen. Zunächst wurden 700 Bedienstete des Gesundheitswesens geimpft. Eine Impfung der gesamten Bevölkerung werde diskutiert.
    Die Washington Times berichtete am 14. August von "Erkenntnissen der USA, wonach die irakische Regierung Material und Gerät aus einer mutmaßlichen Produktionsstätte für biologische Waffen nahe Bagdad an einen anderen Ort verlege, offenbar um dasw Material vor einem US-Angriff in Sicherheit zu bringen.
    US-Sicherheitsberaterin Condoleeza Rice hält es nach einem BBC-Interview vom 14. August für "moralisch" geboten, Saddam Hussein zu stürzen. Saddam sei ein "übler Mann" und sei bereits zwei Mal dem Besitz von Atomwaffen näher gewesen, als der Westen gedacht habe.
    Nach einem Bericht der Financial Times vom 14. August bereitet das US-Außenministerium ein Hilfsprogramm für irakische Flüchtlinge vor. Washington wolle 6,6 Mio. US-Dollar bereitstellen und habe Hilfsorganisationen gebeten, dafür Projekte vorzuschlagen. Diese zögerten allerdings mit einer Antwort, weil sie einem Krieg gegen Irak nicht Vorschub leisten wollen, hieß es dazu in der Zeitung.
    Die Los Angeles Times ergänzte diese Meldung zwei Tage später (16.08.) um die nicht unwichtige Information, dass das State Department am 15. August eine Vereinbarung mit der irakischen Opposition getroffen hätte, 8 Mio. Dollar für Medienkampagnen zur Verfügung zu stellen, die in den Irak hineinwirken, also den Druck von Zeitungen und die Ausstrahlung von Fernsehsendungen zu ermöglichen.
  • In einem Schreiben an UN-Generalsekretär Kofi Annan vom 15. August wiederholt Außenminister Nadschi Sabri das Gesprächsangebot, das Bagdad bereits dem UN-Chefwaffeninspektor Hans Blix gemacht hatte. In dem Gespräch soll nach Vorstellung des irakischen Außenministers das bislang Erreichte evaluiert werden wie auch die Fragen geklärt werden, die wegen des "freiwilligen Rückzugs" der UN-Inspektoren 1998 nicht geregelt worden seien, meldet die Nachrichtenagentur AFP. Die UN-Delegation könne alle Themen ansprechen, die sie für wichtig halte, um die Verhandlungen über die "nächste Phase der Aufsicht und Inspektion" weiterzubringen, schreibt Sabri laut AFP. Die Vereinten Nationen bestätigten den Eingang eines Schreibens aus Bagdad.
  • Die britische Tageszeitung "The Independent" berichtete am 16. August, dass Irak die Waffenkontrolleure ins Land lassen wolle, wenn sie von neutralen Beobachtern begleitet würden. Der Zeitung zufolge schlägt Bagdad vor, dass Geistliche, Gewerkschafter und Medienleute die Teams begleiten, um Spionage durch die Inspekteure zu verhindern.
    Die Los Angeles Times befasst sich am 16. August in einem längeren Artikel ("U.S. Sees a Duty to Oust Iraq Leader") mit der geringen Begeisterung der Franzosen und Briten für einen US-Feldzug gegen Irak. Vorbehalte werden aber auch aus den eigenen Reihen geäußert. So wird etwa Brent Scowcroft, Nationaler Sicherheitsberater während des Golfkriegs 1991, zitiert: "Ein Angriff auf Irak zu dieser Zeit würde die globale Kampagne gegen den Terrorismus, die wir begonnen haben, ernsthaft gefährden, wenn nicht sogar zerstören." Auch andere Republikaner (z.B. der frühere Außenminister Kissinger) gehen auf Distanz zu Bush jr.
    Dagegen warben am 16. August der israelische Premier Scharon und sein Außenminister Schimon Peres dafür, einen Angriff auf Irak nicht zu verzögern.
    Im CDU/CSU-Oppositionslager beginnt man in Sachen Irak-Krieg umzudenken. Am 16. August bezeichnete CSU-Landesgruppenchef Michael Glos einen US-Militärschlag gegen Irak als "Abenteuer". Wörtlich sagte er in der ARD: "Es besteht bei uns keinerlei Absicht, das kann ich auch für den Kanzlerkandidaten sagen, sich an einem militärischen Abenteuer irgendwo in der Welt zu beteiligen - schon gerade nicht in Irak."
  • Am Wochenende (17./18. August) wurde bekannt, dass der US-Botschafter Dan Coats im Bundeskanzleramt vorstellig geworden sei, um der Bundesregierung das Missfallen des US-Präsidenten über die kritische Haltung Berlins zur US-Politik gegenüber Irak auszudrücken.
  • Bundeskanzler Schröder wies am 18. August die Kritik aus Washington zurück. Bei einer bundesweiten SPD-Funktionärskonferenz in Berlin, sagte Schröder, Freundschaft mit den USA bedeute nicht, "in allem Ja und Amen zu sagen". Er rate davon ab, durch eine Militärintervention einen "neuen Krisenherd" zu schaffen.
    Am 18. August wurde in Moskau offiziell bestätigt, dass es ein unterschriftsreifes Kooperationsabkommen zwischen Russland und Irak gäbe. Das Abkommen, über dessen Einzelheiten zunächst nichts bekannt wurde außer dem Umstand, dass es auch den Ölsektor, die Stromerzeugung und die Chemieproduktion betrifft, hat angeblich ein Volumen von 40 Mrd. Dollar.
  • Laut New York Times vom 19. August sind die USA dabei, ihre Waffendepots im Nahen Osten, speziell in der Golfregion aufzustocken. Die zusätzlichen Waffen könnten bei einem Angriff auf den Irak nützlich sein, hieß es. Allerdings bedeute dies nicht, dass ein Angriff unmittelbar bevorstünde.
    Das irakische Parlament bestätigte Staatschef Saddam Hussein am 19. August für weitere sieben Jahre als Staatschef.
  • Der UN-Sicherheitsrat befasst sich nicht mit dem neuerlichen Angebot aus Bagdad zur Wiederaufnahme der Gespräche über Waffeninspektionen. Dioes verlautete am 20. August aus New York. Die Präsidentschaft im UN-Sicherheitsrat haben zur Zeit die USA inne und die bestimme über die Festlegung des Arbeitsprogramms. Ein Sprecher der US -Botschaft bei den VN sagte, Grund der Ablehnung sei, dass Bagdad weiterhin auf Vorbedingungen für die Wiederaufnahme der Waffeninspektionen bestehe.
    Die verschiedentlichen Berichte in US-Medien über angebliche Chemiewaffen-Experimente von A-Qaida-Mitgliedern in Nordirak werden als wenig aussagekräftig eingeschätzt. Am 20. August wurde bekannt, dass offenbar die Bush-regierung vor einer Woche zu einer Militäroperation bereit gewesen wäre, davon aber wieder abließ, weil es doch keine Belege für irgendwelche gravierenden Bedrohungen gegeben hätte.
    In Berlin kam es in der irakischen Botschaft am 20. August zu einer Geiselnahme. Irakische Oppositionelle sind in die Botschaft eingedrungen und haben ein Dutzende Personen in ihre Gewalt gebracht. Zwei Menschen wurden verletzt. Die Geiselnahme wurde nach wenigen Stunden von deutschen Polizeieinheiten beendet, wofür die Polizei Beifall aus Bagdad erhielt. (vgl. hierzu das Interview).
  • Am 21. August (Ortszeit) sagte US-Präsident Bush nach einem Treffen mit seinen wichtigsten Sicherheitsberatern in Texas, er werde "alle Optionen und alle verfügbaren Technologien" prüfen, um Saddam Hussein zu stürzen. "Ich bin ein geduldiger Mensch."
  • Am 22. Augut sagte der britische Außenminister, er sähe für einen Krieg gegen Irak keinen Grund, wenn Bagdad Waffeninspektionen ohne Bedingung zulasse. Dann hätten sich "die Umstände verändert". - In einer gemeinsamen Erklärung warnten China und Russland indirekt vor Alleingängen. Die Vereinten Nationen müstenm im internationalen Kampf gegegn den Terror eine Schlüsselrolle spielen.
  • Generalmajor Taufik el Jassiri, früher Anführer einer Rebellion ggen Saddam Hussein, sagte am 23. August in London, die irakische Opposition habe 200.000 ehemalige irakische Soldaten aufgerufen, sich zu einer Armee gegen Saddam zusammenzuschließen. Jassiri ist der Leiter eines "Militärrats" der von Exil-Irakern im Juni gegründet wurde um Saddam zu stürzen. Im Falle eines US-Angriffs würden nach Ansicht Jassiris die irakischen Truppen überlaufen. Ein US-Militärschlag wäre erfolgreich.
    USA Today berichtete am 23. August unter Berufung auf neueste Gallup-Meinungsumfragen, dass die Unterstützung für einen US-Angriff auf Irak in der Bevölkerung weiter nachgelassen habe. 53 Prozent der US-Bürger befürworteten US-Bodentruppen. Vor zwei Monaten waren es noch 61 Prozent, im November 2001 sogar 74 Prozent.
  • UN-Chefinspektor Hans Blix äußerte sich gegenüber dem SPIEGEL zu Rüstungskontrollen in Irak pessimistisch. "Wenn Bagdad den Eindruck gewinnt, dass eine Invasion ohnehin nicht mehr abzuwenden ist, wird das Regime Waffeninspektionen bestimmt nicht zustimmen", sagte Blix. Ein Krieg sei seiner Ansicht nach nur vermeidbar, "wenn Bagdad für unsere Mission grünes Licht gibt und wir zu einem positiven Ergebnis kommen". Daran zweifelt Blix aber. Er hält es für "gut möglich", dass Iraks Militärmachthaber Saddam Hussein nur Zeit schinden wolle, um einen US-Militärschlag hinauszuzögern. Sollte Saddam die Rüstungskontrollen jedoch genehmigen, seien seine 230 Inspektoren gut vorbereitet, sagte Blix. "Wir könnten sofort in Bagdad sein." (SPIEGEL-Online, 24. August)
  • Der frühere US-Außenminister James Baker hat die Regierung von George W. Bush vor einem Angriff gegen Irak ohne Verbündete gewarnt. Kosten sowie das politische Risiko für die USA seien ohne Alliierte sehr viel größer, schrieb Baker nach Angaben der "Netzeitung" ( 25. August) in der "New York Times". Neben den politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen seien auch mehr Tote und Verletzte unter den US-Soldaten zu erwarten als im Zweiten Golfkrieg 1991. Baker forderte, die USA sollten eine neue Resolution des UN-Sicherheitsrates anstreben. Darin müsse die Forderung nach Waffenkontrollen im Irak bekräftigt werden und bei einer Weigerung "alle notwendigen Maßnahmen" angedroht werden. - Die Netzeitung berichtete auch, dass der australische Außenminister Alexander Downer einen Krieg gegen Irak für vermeidbar halte. Die Diplomatie habe seiner Meinung nach ihre Mittel noch nicht ausgeschöpft.
    Bei einem Angriff amerikanischer und britischer Kampfflugzeuge im Süden Iraks sind der irakischen Regierung zufolge am 25. August acht Zivilisten getötet und neun verletzt worden. Ein Militärsprecher sagte, die Maschinen hätten in der Provinz Basra zivile und Versorgungseinrichtungen bombardiert.
  • Am 26. August verlautete aus US-Regierungskreisen, die Rechtsberater des Präsidenten verträten die Auffassung, dass es für einen Angriff gegen Irak keiner besonderen Vollmacht durch den US-Kongress bedürfe. Außerdem reichten die Kongress-Beschlüsse von Anfang 1991 (vor dem Golfkrieg) und nach dem 11. September aus.
    Die irakische Opposition im Ausland hat für den September eine Konferenz in Europa angekündigt, auf der eine Übergangsregierung für ndie Zeit nach dem Sturz Saddams gewählt werden solle. Dies gab der Irakische Nationalkongress (INC) auf seiner Internetseite bekannt.
    Ein Sprecher des iranischen Außneministeriums sagte am 26. August, seine Regierung stufe einen US-Angriff auf Irak als Bedrohung für seine "nationalen Interessen und den Weltfrieden" ein. In einem solchen Fall werde sein Land nicht neutral bleiben.
    In einer Rede in Nashville am 26. August (Ortszeit) betonte US-Vizepräsident Richard Cheney, die USA würden den Irak auch angreifen, wenn UN-Waffeninspekteure wieder ins Land dürften. "Präventives Handeln" sei unbedingt erforderlich angesichts der "tödlichen Bedrohung" durch irakische Massenvernichtungswaffen. (Cheneys Rede im Wortlaut).
  • Am 27. August trafen sich in Peking der chinesische Außenminister Tang Jiaxuan und sein irakischer Kollege Nadschi Sabri. Tang hob die traditionelle Freundschaft mit Bagdad hervor. Gleichzeitig forderte er den Irak auf, UN-Waffeninspekteure ins Land zu lassen.
    Der ägyptische Präsident Husni Mubarak sagte am 27. August in Alexandria, kein arabisches Land sei bereit, die US-Pläne zum Sturz Saddam Husseins zu unterstützen. Er warnte die USA vor dem Zorn der "arabischen Straße". - In Dubai sagte der saudische Milliardär Prinz El Walid, ein Neffe von König Fahd, es seien längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, Saddam zum Einlenken zu bewegen. Mit Blick auf einen US-Krieg gegen Irak sagte er: "Wir wollen kein neues Vietnam."
    Am 27. August bombardierten wieder britische und US-amerikanische Kampfflugzeuge irakische Flugabwehrstellungen in Südirak.
  • Bei einem Truppenbesuch in Pendleton (Kalifornien) sagte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld am 28. August, es sei wichtiger, notfalls alleine das Richtige zu tun als Übereinstimmung zu erzielen. Damit bestätigte er die Aussagen des Vizepräsidenten Cheney vom 26. August.
    Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber äußerte am 28. August deutliche Kritik an der US-Politik gegenüber Irak. Militärische Alleingänge seien mit dem Handlungsmonopol der Vereinten Nationen nicht vereinbar, sagte er. Ähnlich äußerte sich FDP-Franktionsvorsitzender Wolfgang Gerhardt.
    UN-Generalsekretär Kofi Annan äußerte die Hoffnung, dass die UN-Waffeninspekteure bald nach Irak zurückkehren. Ein Angriff auf Irak stehe nicht im Einklang mit der Haltung der VN.
    Britische und US-amerikanische Kampfflugzeuge bombardierten am 28. August den Zivilflughafen Mosul in Nordirak. Dabei sei nach irakischen Angaben ein Radarsystem zerstört worden. Am 29. August brachte der britische Außenminister Jack Straw die Idee in Umlauf, Saddam Hussein mit einem Ultimatum der Vereinten Nationen zu einer Rückkehr der Waffeninspekteure zu zwingen. Die US-Administration nahm den Vorschlag distanziert auf. Die Rückkehr der Inspekteure reiche nicht, hieß es in Washington. In Sachen Waffeninspekteure gibt es mittlerweile Übereinstimmung zwischen den USA und Irak. Auch der Iral lehnt deren Rückkehr ab, da die USA auch dann zu einem Angriff auf Irak entschlossen sei. Welchen Sinn habe da eine Geste des guten Willens, sagte Iraks Vizepräsident Taha Jassin Ramadan in der syrischen Hauptstadt Damaskus.
    Der pakistanische Machthaber Musharraf beteuerte am 29. August, sein Land stehe an der Seite im Kampf gegen den Terror, einen Angriff auf Bagdad halte er aber für falsch. Dieser würde anti-amerikanische Gefühle unter Moslems verstärken und den Terroristen neuen Zulauf bescheren.
  • Der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck kündigte am 29. August an, für den Fall eines US-Angriffs auf Irak würde er die deutschen Spürpanzer aus Kuwait abziehen. Ein weiteres Verbleiben wäre durch den Bundestags-Beschluss nicht mehr gedeckt, "wenn die Gefahr besteht, dass unsere Soldaten in eine kriegerische Auseinandersetzung gegen Irak verwickelt würden", sagte er in der Berliner Zeitung vom 30. August. Auf die Nachfrage, warum er die 52 Soldaten nicht gleich abziehen wolle, antwortete Struck: "" Die Panzer stehen dort auf Grund eines Bundestagsbeschlusses zum UN-Einsatz Enduring Freedom. Dieses Mandat gilt. Würde es noch während der Dauer des jetzigen Mandates Maßnahmen der Amerikaner gegen den Irak geben, dann wäre das eine neue Situation." (Anmerkung: Struck befindet sich im Irrtum, wenn er die Operation Enduring Freedom als "UN-Einsatz" bezeichnet. Vielmehr handelt es sich um einen US-Feldzug.) Die Situation im Irak lasse sich nicht mit Afghanistan vergleichen. Wörtlich sagte Struck in dem Interview: "Erstens: Es ist im Gegensatz zur Situation in Afghanistan nicht klar, welche staatlichen Autoritäten den Irak regieren werden, wenn Saddam nicht mehr im Amt ist. Zweitens: Es ist damit zu rechnen, dass die Internationale Allianz gegen den Terrorismus auseinander brechen wird, denn die arabischen Staaten werden ein solches Vorgehen nicht billigen. Drittens: Es ist mit massiven politischen, vielleicht auch militärischen Auswirkungen auf den Nahen Osten, also Israel und Palästina, zu rechnen. Und viertens: Es ist auch mit massiven negativen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft zu rechnen. Das nenne ich ein Abenteuer." Und auf die Frage nach der Bedrohung durch irakische Massenvernichtungswaffen sagte Struck: " Jeder weiß, dass Saddam kein Waisenknabe ist, sondern ein brutaler Diktator. Auch, dass er versucht an gefährliche Waffen zu kommen. Aber nach gegenwärtigem Erkenntnisstand gibt es keine konkrete Bedrohung für uns hier in Europa durch Saddam Hussein." Die frühere UN-Chefinspekteurin Gabriele Kraatz-Wadsack sagte am 30. August gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, die irakische Regierung wolle verbergen, dass im Irak nach wie vor biologische Waffen hergestellt werden. Viele Fragen seien 1998 noch offen geblieben, als die UN-Inspekteure das Land verlassen mussten.
    US-Außenamtssprecher Richard Boucher wandte sich am 30. August noch einmal gegen den Vorschlag eines UN-Ultimatums an Irak. Der einzige Weg, "das Problem grundsätzlich zu lösen", sei ein Regierungswechsel. Waffeninspekteure seien nur hilfreich, "wenn es eine Regierung in Bagdad gäbe, die nicht zu betrügen und zu verstecken versuchte".
    Unterstützung erhalten die USA aus Australien. Außenminister Alexander Downer sagte am 30. August, es gäbe keinen Zweifel daran, dass Irak Vorräte an Massenvernichtungsmitteln anlege.
    Aus Kuwait teilte Verteidigungsminister Scheich Dschaber al Hamad es Sabah am 30. August mit, dass seine Regierung für rund zwei Mrd. Dollar 16 Apache-Kampfhubschrauber von den USA kaufen werde.
  • Bei einem informellen Treffen in Helsingör (Dänemark) am 31. August und 1. September sind die EU-Außenminister von den US-Kriegsplänen gegen Irak abgerückt. Der deutsche Außenminister Fischer resümierte am Ende des Treffens: "Niemand hier ist für ein unilaterales Vorgehen oder eine Invasion als Mittel für einen Regimewechsel". Trotz unterschiedlicher Auffassungen im Detail herrschte offenbar Einigkeit darüber, dass eine Militäraktion ein neues Mandat des UN-Sicherheitsrats erfordere. Jack Straw dementierte in Helsingör Berichte, dass London ein zeitlich limitiertes Ultimatum gegen Saddam fordere. Der dänische Ratspräsident Per Stig Möller forderte "breite Konsultationen" mit den USA. Über eine europäische Kriegsbeteiligung wollte er nicht spekulieren. Wörtlich: "Niemand hat einen Krieg vorgeschlagen, deshalb müssen wir uns mit dieser hypothetischen Frage nicht beschäftigen." (Zit. n. FR, 02.09.2002)
    Der irakische Außenminister Taha Jassin Ramadan begrüßte am 31. August die kritische EU-Haltung. Gegenüber der irakischen Nachrichtenagentur INA sagte er, dass sich die europäische Position angesichts der "amerikanischen Arroganz" bessere.


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