Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

Januar 200/


Montag, 1. Januar, bis Sonntag, 7. Januar
  • Der Gewalt im Irak sind im Jahr 2006 nach amtlichen Angaben aus Bagdad insgesamt 16.273 Iraker zum Opfer gefallen. Getötet worden seien 14.298 Zivilpersonen, 1.348 Polizisten und 627 Soldaten, teilten die irakischen Ministerien für Gesundheit, Inneres und Verteidigung am 1. Jan. mit. Die Gesamtzahl übersteigt die auf täglichen Medienberichten basierenden Berechnungen der Nachrichtenagentur AP um mehr als 2.500. Laut AP kamen 2006 insgesamt 13.738 Iraker gewaltsam ums Leben. 1.791 Getötete gehörten den Sicherheitskräften an. In jüngster Zeit hat die Gewalt so überhand genommen, dass nach UN-Angaben täglich rund 100 Iraker getötet werden.
  • Die Hinrichtung von Saddam Hussein hat wütende Proteste im sunnitischen Herzen des Iraks ausgelöst. In Samarra trugen am 1. Jan. Demonstranten eine Sarg-Attrappe mit einem Foto des gestürzten Expräsidenten durch die Ruinen der schiitischen Askarija-Moschee. Diese wurde bei einem Bombenanschlag der Sunniten im vergangenen Februar schwer beschädigt, was eine Spirale von Gewalt und Gegengewalt zwischen Sunniten und Schiiten zur Folge hatte.
    Auch im Norden von Bagdad und in der Ortschaft Dor gingen hunderte Menschen auf die Straße und protestierten gegen die Hinrichtung ihres früheren Präsidenten.
  • US-Soldaten stürmten am 1. Jan. das Büro eines sunnitischen Politikers in Bagdad und erschossen dabei sechs Iraker. Nach Militärangaben galt das Büro als Unterschlupf für Mitglieder des Terrornetzwerks Al Kaida. Der von der Razzia betroffene Politiker, Saleh al Mutlak, ist ein ranghohes Mitglied der sunnitischen Front für Nationalen Dialog, die mit elf Sitzen im irakischen Parlament vertreten ist.
  • Bei einem Bombenanschlag in Bagdad wurden am 2. Jan. drei Iraker getötet, wie die Polizei mitteilte. Sieben Menschen wurden verletzt.
  • Die US-Streitkräfte meldeten am 2. Jan. den Tod eines weiteren Soldaten. Die Zahl der getöteten US-Soldaten seit Kriegsbeginn im März 2003 erhöhte sich nach AP-Berechnungen damit auf 3.003.
  • Gleich an seinem ersten Arbeitstag hat der neue UN-Generalsekretär Ban Ki Moon mit seinen Äußerungen zur Todesstrafe eine Kontroverse ausgelöst. Auf die Bitte eines Reporters nach einer Stellungnahme zur Hinrichtung Saddam Husseins antwortete Ban am 2. Jan., der früheren irakische Präsident habe sich schwerer Verbrechen schuldig gemacht, und es es stehe jedem Land frei, über Exekutionen zu entscheiden. Kritiker sahen darin einen Widerspruch zur offiziellen Ablehnung der Todesstrafe seitens der Vereinten Nationen. Die Deklaration der Menschenrechte, die bereits 1948 von der UN-Vollversammlung verabschiedet wurde, betont das Recht eines jeden Menschen auf Leben. Bans Vorgänger Kofi Annan hat sich stets gegen die Todesstrafe ausgesprochen. Die verhaltene Antwort Bans wurde deshalb als Abkehr von dieser Position gewertet.
  • Ein offensichtlich per Handy aufgenommenes Video von der Hinrichtung des irakischen Ex-Diktators Saddam Hussein hat vielerorten helle Empörung ausgelöst. Großbritanniens stellvertretender Premierminister John Prescott meinte am 2. Jan., wer immer die Verantwortung für diese Aufnahmen und die Veröffentlichung trage, solle "sich schämen". Es sei völlig "inakzeptabel, dass so eine Aufnahme an die Öffentlichkeit gelangt". Die Regierung in Bagdad hat eine Untersuchung darüber angeordnet, wie das Video trotz der strengen Sicherheitskontrollen aufgenommen und auf welchem Weg es an die Öffentlichkeit gelangen konnte. Das Video kursiert seit dem Wochenende im Internet. Es zeigt die Hinrichtung in voller Länge. Unter anderem sind Hochrufe auf den radikalen Schiiten-Prediger Muktada al-Sadr zu hören. Saddam Hussein entgegnet: "Fahr zur Hölle". Als Saddam am Galgen hängt, bricht Jubel unter den Anwesenden aus - offenbar kommt er von Saddams Wächtern. Der Nationale Sicherheitsberater Muwaffak al-Rubai sagte der britischen Tageszeitung "The Times", das Video sei auch für die nationale Versöhnung "extrem schädlich". Frankreichs Regierung äußerte die Befürchtung, "dass die Bilder und die Äußerungen während der Hinrichtung die Kluft zwischen den Gruppen vertiefen". In der Bagdader Schiiten-Vorstand Sadr-City sei das Video zum Verkaufschlager geworden, berichteten Anwohner.
  • US-Soldaten haben bei Razzien im westirakischen Ramadi am Morgen des 3. Jan. 23 Terrorverdächtige festgenommen. Die Männer sollen nach Militärangaben Verbindungen zu ranghohen Mitgliedern des Terrornetzwerks Al Kaida haben. Drei der Festgenommenen zündeten während des Einsatzes Sprengsätze, einer wurde beim Versuch zu fliehen angeschossen.
  • US-Präsident George W. Bush hat die Demokraten einen Tag vor deren Machtübernahme im Kongress zu einer konstruktiven Zusammenarbeit in der künftigen Irak-Politik aufgefordert. Er werde in den nächsten Tagen seine neue Strategie für den Irak vorstellen, schrieb Bush im "Wall Street Journal" vom 3. Jan. Ziel sei es, dem irakischen Volk dabei zu helfen, die Kontrolle über die Sicherheit im Land wiederzugewinnen und die Extremisten innerhalb und außerhalb des Irak zu schlagen. Die USA könnten nicht auf Dauer für die irakische Regierung die Aufgabe übernehmen, die "dringendsten Probleme" des Landes zu regeln. Die Führer von Republikanern und Demokraten in den USA verstünden, was auf dem Spiel stehe, schrieb Bush weiter. "Wir haben nun die Möglichkeit, einen Konsens beider Parteien aufzubauen, um zu kämpfen und den Krieg zu gewinnen." Dafür dürfe jedoch nicht "einfach Politik gespielt werden wie üblich". Falls der Kongress Gesetze verabschiede, die nur "politische Erklärungen" seien, werde er sich für eine "Patt-Situation" entscheiden. "Falls ein anderer Ansatz gewählt wird, dann können die nächsten zwei Jahre für unsere Nation sehr fruchtbar sein."
  • Die irakischen Behörden haben den mutmaßlichen Urheber der inoffiziellen Videoaufnahmen von der Hinrichtung Saddam Husseins am 3. Jan. festgenommen. Es handele sich um einen "Offiziellen, der die Hinrichtung beaufsichtigte", erklärte ein Berater von Ministerpräsident Nuri al-Maliki. Einen Namen nannte er nicht.
  • Fünf Tage nach der Hinrichtung Saddam Husseins sollen am 4. Jan. auch dessen Halbbruder, Barsan el Tikriti, und der Ex-Präsident des irakischen Revolutionstribunals, Awad el Bandar, gehängt werden. "Die Papiere sind unterzeichnet, sie werden am Donnerstag im Morgengrauen hingerichtet", sagte am 3. Jan. ein Regierungsmitarbeiter, der anonym bleiben wollte.
  • Die Organisation Reporter ohne Grenzen hat sich besorgt über das Schicksal eines im Dezember entführten irakischen Journalisten geäußert. Sie rief die irakische Regierung am 4. Jan. zur verstärkten Suche nach Samir Ali Saud auf. Seit elf Tagen habe es kein Lebenszeichen des 42-Jährigen gegeben, hieß es in einer Erklärung der Organisation. "Die irakischen Behörden müssen dringend handeln und alles Mögliche tun, um ihn schnell zu finden, bevor es zu spät ist." Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung "Sada Baghdad" war am 25. Dezember vor seinem Haus in Bagdad verschleppt worden. Er war umgezogen, nachdem er Drohbriefe und anonyme Anrufe erhalten hatte. Einer seiner Brüder war im November entführt worden. Er kam nach einer Lösegeldzahlung wieder frei. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben von Reporter ohne Grenzen mindestens 20 Journalisten im Irak entführt, sieben wurden getötet.
  • US-Präsident George W. Bush hat nach US-Angaben am 4. Jan. eindreiviertel Stunden mit dem irakischen Regierungschef Nuri el Maliki in Bagdad telefoniert und auch über die heimlich aufgenommenen Videos von der Hinrichtung des Ex-Machthabers Saddam Husseins gesprochen. Der Sprecher des Weißen Hauses, Tony Snow, sagte, Bush habe nicht die Art der Hinrichtung kritisiert. "Aber er hat ausgedrückt, dass es das richtige ist, eine Untersuchung über die Videoaufnahmen zu machen und das Verhalten bei der Hinrichtung Saddam Husseins." Maliki habe dem zugestimmt und versprochen, die Verantwortlichen zu bestrafen. Auch sei die künftige US-Strategie im Irak angesprochen worden, Snow nannte jedoch keine Details.
  • Wenige Tage vor der erwarteten Bekanntgabe einer Kurskorrektur seiner Irak-Politik plant US-Präsident George W. Bush Umbesetzungen auf Schlüsselpositionen in Diplomatie, Militär und bei den Geheimdiensten. Seinen derzeitigen Botschafter in Bagdad, Zalmay Khalilzad, will Bush zum Botschafter der USA bei den Vereinten Nationen ernennen, wie ein ein ranghoher Mitarbeiter im US-Außenministerium am 4. Jan. mitteilte. Die Nominierung werde voraussichtlich "kommende Woche" bekannt gegeben. Als aussichtsreichster Kandidat für Khalilzads Nachfolge als US-Botschafter im Irak gelte der bisherige US-Botschafter in Pakistan, Ryan Crocker.
  • Der Irak-Krieg hat laut Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac den Terrorismus gefördert. Der Konflikt habe "dem Terrorismus ein neues Betätigungsfeld geboten", sagte Chirac am 5. Jan. beim Neujahrsempfang für das diplomatische Korps in Paris. Er sprach dabei von einem "Abenteuer", das von den USA im März 2003 ausgelöst worden sei. "Wie Frankreich es geahnt und befürchtet hat, hat der Krieg im Irak Umwälzungen beschleunigt, die in ihren Wirkungen noch nicht abgeschlossen sind", sagte Chirac. Der Konflikt habe nicht nur "die Spaltung zwischen den Gemeinschaften (im Irak) verstärkt und sogar die Einheit des Irak erschüttert", sondern auch "die Stabilität der gesamten Region geschwächt".
  • Angesichts weiterer beabsichtigter Hinrichtungen von Repräsentanten des Saddam-Regimes im Irak hat die deutsche EU-Ratspräsidentschaft die Ablehnung der Todesstrafe bekräftigt. In einer Erklärung des Auswärtigen Amtes vom 5. Jan. hieß es: "Die EU ist gegen die Todesstrafe - gleich unter welchen Bedingungen." Sie Präsidentschaft erinnerte aber auch an die Verbrechen der Regierung unter Saddam Hussein, der kurz vor Neujahr hingerichtet worden war. Die irakische Regierung hatte angekündigt, dass sie auch die Todesurteile gegen den ehemaligen Leiter eines Nachrichtendienstes unter Saddam Hussein, Barsan Ibrahim Al-Tikriti, und den ehemaligen Präsidenten des Revolutionsgerichts, Awad Hamed Al-Bandar, zu vollstrecken beabsichtige. Das Auswärtige Amt erklärte: "Beides waren hochrangige Vertreter des Regimes von Saddam Hussein, das über Jahrzehnte die eigene Bevölkerung brutal unterdrückte." Weiter hieß es, die Aufarbeitung der Verbrechen während des früheren Regimes, könne einen wichtigen Beitrag zur Versöhnung und zum nationalen Dialog im Irak leisten. Dabei müssten jedoch die Grundsätze eines fairen Verfahrens beachtet werden.
  • US-Präsident George W. Bush hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Washington am 4. Jan. auch in seine mit Spannung erwartete neue Irak-Strategie eingeweiht. Bush habe die Kanzlerin in dem Gespräch "über einige seiner Vorstellungen informiert", sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am 5. Jan. nach seiner Rückkehr aus den USA in Berlin. Bush habe darauf hingewiesen, dass er "in den nächsten Tagen" eine grundsätzliche Rede zu dem Thema halten werde, in der er auch auf den Bericht der Irak-Kommission um den ehemaligen US-Außenminister James Baker reagieren werde. Die Überlegungen zur Stabilisierung des Irak waren nach Angaben von Wilhelm ein "wichtiges Thema" der dreistündigen Beratungen zwischen Merkel und Bush.
  • US-Präsident George W. Bush hat vor seiner geplanten Rede zur künftigen Irak-Politik weitere Spitzenämter in der Regierung neu besetzt. Der bisherige Geheimdienstdirektor John Negroponte werde Vize-Außenminister, sagte Bush am 5. Jan. in Washington. Die Nachfolge des Top-Diplomaten Negroponte als Geheimdienstdirektor soll Michael McConnell antreten.
  • Wenige Tage vor der erwarteten Bekanntgabe der neuen Irak-Strategie von US-Präsident George W. Bush hat die Führungsspitze der US-Demokraten die Entsendung von zusätzlichen Soldaten in den Irak abgelehnt. "Noch mehr Kampftruppen hieße lediglich, noch mehr Amerikaner zu gefährden und unser Militär ohne strategischen Gewinn bis zum Anschlag zu strapazieren", erkärten die neuen Mehrheitsführer in Senat und Repräsentantenhaus, Harry Reid und Nancy Pelosi, am 5. Jan. in einem gemeinsamen Schreiben. "Nach fast vier Jahren Kampf, zehntausenden US-Opfern und mehr als 300 Milliarden US-Dollar ist es Zeit, den Krieg zu einem Ende zu bringen."
  • Im Zuge des erwarteten Kurswechsel in der amerikanischen Irak-Politik wechselt US-Präsident George W. Bush die führenden Generäle in der Golfregion aus. Sowohl John Abizaid, der oberste US-Kommandeur im Mittleren Osten, als auch George Casey, der Stabschef im Irak, werden abgelöst, wie das Weiße Haus am 5. Jan. mitteilte. Beide hatten Bedenken gegen eine vorübergehende Aufstockung der US-Truppen im Irak geäußert. Bush will seine neue Irak-Strategie in der kommenden Woche vorstellen. Abizaid soll durch Admiral William Fallon ersetzt werden, der zurzeit die Pazifik-Flotte kommandiert. Casey soll von Generalleutnant David Petraeus abgelöst werden. Dieser war federführend am Ausbildungsprogramm für irakische Sicherheitskräfte beteiligt.
  • In der südirakischen Stadt Basra sind die Leichen von zwei gemeinsam mit einem US-Bürger entführten Irakern gefunden worden. Die beiden Übersetzer seien mit mehreren Kopfschüssen getötet worden, sagte ein Sprecher der britischen Armee im Südirak, Charlie Burbridge, am 6. Jan. Ihre Leichen seien im Stadtzentrum von Basra nahe einem Stadion gefunden worden.
  • Der irakische Ministerpräsident Nuri el Maliki hat mit einer Überprüfung der Beziehungen zu allen Ländern gedroht, die sich kritisch zur Hinrichtung des früheren Machthabers Saddam Hussein geäußert haben. Es sei der "Wille des irakischen Volkes gewesen", Saddam Hussein zu exekutieren, sagte Maliki am 6. Jan. bei einer offiziellen Veranstaltung zum Gedenken an die Gründung der irakischen Armee im Jahr 1920. "Diese offiziell oder über die Medien erfolgten Reaktionen gewisser Regierungen weisen wir zurück und verurteilen sie", fügte Maliki hinzu. Damit werde zum "Aufruhr" angestachelt. Es handele sich um eine "unverhohlene Einmischung" in innere Angelegenheiten des Irak. Außerdem würden damit die Gefühle der Angehörigen von Saddam Husseins Opfern verletzt.
  • Die irakische Regierung hat eine neue Militäroffensive gegen Aufständische in der Hauptstadt Bagdad angekündigt. Der neue "Sicherheitsplan" werde in den kommenden Tagen umgesetzt, sagte Ministerpräsident Nuri el Maliki am 6. Jan. während einer Feier zum Gedenken an die Gründung der irakischen Armee vor 86 Jahren. Die Regierungssoldaten würden dabei von multinationalen Truppen unter Führung der USA unterstützt. Offenbar gehört der Plan zu den von Washington angekündigten Änderungen in der Irak-Politik, die US-Präsident George W. Bush kommende Woche vorstellen will.
  • US-Präsident George W. Bush hat bei seiner wöchentlichen Rundfunkansprache am 6. Jan. das Thema Irak sorgfältig vermieden. Stattdessen bot Bush den demokratischen Mehrheitsführern im Kongress eine Zusammenarbeit in innenpolitischen Fragen an, etwa im Kampf gegen das Haushaltsdefizit und bei der Verbesserung des Bildungssystems. Im Haushaltsjahr 2006 belief sich das Defizit der Vereinigten Staaten auf rund 296 Milliarden Dollar (226 Milliarden Euro). Bush hat einen Plan angekündigt, wie das Staatsbudget bis 2012 wieder ausgeglichen werden kann.
  • US-Soldaten haben nach Angaben der Streitkräfte bei einer Razzia im Süden Bagdads den mutmaßlichen Anführer einer Zelle der Terrororganisation Al Kaida im Irak gefangen genommen. Der Verdächtige wird für die Entführung, Folter und Ermordung irakischer Zivilpersonen und Soldaten verantwortlich gemacht, wie die US-Streitkräfte am 6. Jan. mitteilten. Die Festnahme erfolgte den Angaben zufolge am Freitag. Von US-Truppen unterstützte irakische Einheiten nahmen ebenfalls am Freitag bei Razzien in Iskandarija südlich von Bagdad vier Verdächtige gefangen, wie die US-Streitkräfte weiter mitteilten.
  • Irakische Soldaten haben nach einem Bericht des staatlichen Fernsehens am 6. Jan. bei einem Feuergefecht im Zentrum von Bagdad 30 Aufständische getötet. Acht Kämpfer seien gefangen genommen worden, darunter fünf Sudanesen, hieß es weiter. Offenbar handelt es sich um den Beginn einer zuvor von der Regierung angekündigten neuen Offensive gegen die Aufständischen, mit der die Gewalt in Bagdad eingedämmt werden soll.
  • UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat die irakische Regierung aufgefordert, alle in Kürze geplanten Hinrichtungen auszusetzen. Dies geht aus einer am 6. Jan. in New York veröffentlichten UN-Erklärung hervor. Ban habe seine Aufforderung, in der er den Appell von UN-Menschenrechtskommissarin Louise Arbour unterstütze, dem irakischen UN-Botschafter übermittelt. Ähnlich hatte sich Ban bereits am 3. Jan. geäußert. Zuvor hatte der Südkoreaner auf eine ausdrückliche Verurteilung der Hinrichtung des irakischen Ex-Präsidenten Saddam Hussein verzichtet und damit Spekulationen über eine mögliche Abkehr von der bisherigen Linie der Vereinten Nationen ausgelöst.
  • Mit einer ungewöhnlichen Aktion am Stadtstrand von San Francisco haben Demonstranten am 6. Jan. gegen US-Präsident George W. Bush protestiert. Laut lokalen Medien legten sich mehr als 1.200 Menschen so auf den Sand, dass sie mit ihren Körpern in über 30 Meter großen Buchstaben das Wort "Impeach!" schrieben. Sie verlangten damit ein sofortiges Amtsenthebungsverfahren gegen Bush. "Impeachment"-Befürworter begründen das unter anderem mit der Verletzung des Völkerrechts durch den Irak-Krieg.
  • Prominente US-Menschenrechtsaktivistinnen sind am 6. Jan. auf Kuba eingetroffen, um am kommenden Donnerstag (11. Jan.) an einem Protesttag gegen das US-Gefangenenlager in Guantánamo Bay im Osten der Insel teilzunehmen. Das Gefängnis sei unmenschlich, sagte Cindy Sheehan nach ihrer Ankunft in Havanna am 6. Jan. vor Journalisten. Sie sei besorgt darüber, dass US-Soldaten wegen der Behandlung der Gefangenen in Guantánamo unter Racheakten zu leiden hätten. Sheehan, deren Sohn 2004 in Bagdad bei einem Rebellenangriff getötet worden war, hatte aus Protest gegen den Irak-Krieg im Sommer 2005 vor der Ranch von Präsident George W. Bush in Texas campiert und dadurch internationale Berühmtheit erlangt.
  • Aufständische haben im Irak zwei US-Soldaten getötet. Laut US-Militärkommando vom 7. Jan. starb einer von ihnen am 6. Jan. in Bagdad, als Unbekannte das Feuer auf seine Patrouille eröffneten. Ein weiterer Soldat sei bereits am 5. Jan. in der westlichen Provinz Anbar getötet worden.
  • Irakische und US-Truppen haben nach Angaben vom 7. Jan. in den vergangenen Tagen bei Razzien 84 Verdächtige festgenommen. Außerdem wurde eine Werkstätte zum Bombenbau zerstört, wie die US-Streitkräfte weiter erklärten. In Jussifija, 20 Kilometer südlich von Bagdad, seien bei der Durchsuchung von 33 Häusern am 2. Jan. 82 Menschen in Gewahrsam genommen worden. 69 von ihnen wurden nach einem Verhör wieder freigelassen. Die anderen 13 wurden beschuldigt, Bomben gelegt zu haben. Zwei weitere Verdächtige wurden am 4. Jan. bei einer Aktion in der Nähe von Mahmudija, 32 Kilometer südlich der irakischen Hauptstadt, festgenommen. Auch diese Aktion richtete sich den Angaben zufolge gegen Personen, die am Bau vom Bomben beteiligt sein sollen. Am 5. Jan. zerstörten US-Truppen im Westen von Bagdad ein Waffenlager, in dem Sprengsätze montiert worden sein sollen. Gefunden wurden unter anderem rund 200 Pfund Sprengstoff, Zeitzünder, Reisepässe und Zündschnüre.
  • Zwei Iraker sind am 7. Jan. bei einem Terroranschlag auf einem Markt südlich von Bagdad getötet worden. Nach Augenzeugenberichten explodierte in der Stadt Hilla auf dem Markt eine Autobombe. Zwölf weitere Menschen wurden nach Angaben von Krankenhausärzten verletzt.
  • Bei einer Mörserexplosion wurden in der Bagdader Innenstadt am 7. Jan. vier Zivilpersonen in den Tod gerissen. Ein Bombenanschlag auf eine Polizeipatrouille kostete zwei Fußgänger das Leben.
  • Im Südwesten Bagdads erschossen Unbekannte am 7. Jan. drei sunnitische Ladenbesitzer, wie die Polizei erklärte.
    In Manawil südlich der Hauptstadt wurden ein schiitischer Geistlicher und sein Sohn tödlich getroffen.
Montag, 8. Januar, bis Sonntag, 14. Januar
  • Die Zahl der Gewaltopfer im Irak hat sich in der zweiten Jahreshälfte 2006 nach einem Zeitungsbericht gegenüber dem ersten Halbjahr auf über 17.000 verdreifacht. Dies berichtete die US-Zeitung "Washington Post" am 8. Jan. unter Berufung auf einen nicht näher genannten Mitarbeiter des irakischen Gesundheitsministeriums. Der starke Anstieg der Opfer unter Zivilisten und irakischen Sicherheitskräften von 5640 im ersten auf 17.310 im zweiten Halbjahr habe auch durch den verstärkten Einsatz von US-Truppen zur Stabilisierung der Sicherheitslage in der Hauptstadt nicht verhindert werden können. Dem Ministeriumsmitarbeiter zufolge ist die Statistik noch nicht vollständig und könnte noch schlimmer ausfallen.
  • Gut eine Woche nach der Hinrichtung des irakischen Ex-Staatschefs Saddam Hussein wird in der irakischen Hauptstadt Bagdad der Völkermord-Prozess um die "Operation Anfal" fortgesetzt. Vor dem Strafgericht müssen sich am 8. Jan. sechs ehemalige Getreue Saddam Husseins verantworten, unter ihnen dessen Cousin Ali Hassan el Madschid, genannt "Chemie-Ali". Den Angeklagten wird vorgeworfen, neben Saddam Hussein für den Völkermord an mehr als 180.000 Kurden 1987 und 1988 verantwortlich gewesen zu sein.
    Dass der am 30. Dezember wegen der Ermordung von 148 Schiiten hingerichtete Ex-Präsident nicht mehr für die "Operation Anfal" zur Rechenschaft gezogen werden kann, hatte vor allem unter kurdischen Vertretern Kritik ausgelöst. Der im August 2006 begonnene "Anfal"-Prozess war am 21. Dezember vertagt worden.
  • Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) hat am 8. Jan. einen dringenden Hilfeaufruf für die bis zu drei Millionen Flüchtlinge und Vertriebene des Irak-Konflikts gestartet. Sondermittel von 60 Millionen US-Dollar (rund 46,1 Millionen Euro) seien notwendig, um in diesem Jahr die Flüchtlinge und Vertriebene des Irak-Konflikts unterstützen zu können, teilte das UNHCR mit. Insgesamt seien rund 1,7 Millionen Menschen innerhalb des Iraks zu Flüchtlingen geworden, bis zu zwei Millionen seien zudem in Nachbarländer geflohen. Ungefähr jeder achte Iraker sei damit derzeit auf der Flucht. Immer mehr Menschen flöhen vor der wachsenden konfessionell motivierten, ethnischen aber auch allgemeinen Gewalt.
  • In Paris ist am 8. Jan. eine internationale Konferenz über die Entwicklung der Medien im Irak eröffnet worden. An dem dreitägigen Treffen bei der UN-Bildungs- und Kulturorganisation UNESCO nehmen bis zum Mittwoch 200 Vertreter irakischer Medien und Behörden sowie Journalisten und Experten aus zahlreichen Ländern teil. Schwerpunkte sind die Pressefreiheit, die Schwierigkeiten beim Aufbau eines Mediensystems und die hohe Zahl von Anschlägen auf Medien und ihre Mitarbeiter in dem Land.
  • Der Botschafter der USA im Irak, Zalmay Khalilzad, soll künftig die Interessen seines Landes bei den Vereinten Nationen vertreten. US-Präsident George W. Bush werde Khalilzad für das Amt des UN-Botschafters nominieren, sagte US-Außenministerin Condoleeza Rice am 8. Jan. in Washington. Rice lobte den "heldenhaften Einsatz" des 55-Jährigen in den Bemühungen, dem vom Krieg zerrütteten Land Demokratie und Stabilität zu bringen. Neuer Botschafter im Irak soll laut Rice der US-Diplomat und Nahost-Experte Ryan Crocker werden. Der aus Afghanistan stammende Khalilzad ersetzt bei der UNO John Bolton, dessen geplante Amtszeitverlängerung bei den Demokraten auf Kritik gestoßen war. Die personellen Umbesetzungen erfolgen im Zuge von Bushs angekündigtem Kurswechsel im Irak.
  • Frankreich hat sich für einen Rückzug ausländischer Truppen aus dem Irak in den kommenden zwei Jahren ausgesprochen. Es sei klar, dass ein Rückzug vor oder um die US-Wahlen Ende 2008 stattfinden könne, sagte der französische Außenminister Philippe Douste-Blazy am 9. Jan. im Fernsehsender Canal+. Es müsse "einen Abzugshorizont dieser ausländischen Streitkräfte geben, damit die Iraker ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen". Er wolle sich nicht auf ein genaues Datum festlegen, sagte Douste-Blazy. Die US-Präsidentschaftswahlen im November 2008 seien aber ein auf der Hand liegender Termin.
  • Bei einem Flugzeugabsturz im Irak sind am 9. Jan. rund 30 Menschen ums Leben gekommen. Zwei weitere wurden verletzt, als die aus der Türkei kommende moldawische Maschine während des Landemanövers bei Bagdad abstürzte, sagte ein türkischer Diplomat der Nachrichtenagentur AFP. An Bord des Flugzeugs waren Arbeiter überwiegend türkischer Herkunft sowie mehrere Crewmitglieder. Die Maschine war am Morgen im südtürkischen Adana gestartet. Zur Ursache des Unglücks war zunächst nichts bekannt.
  • Dänemark will die Zahl seiner Soldaten im Irak in diesem Jahr reduzieren. Das teilte Regierungschef Anders Fogh Rasmussen nach eigenen Angaben US-Präsident George W. Bush in einem Telefonat am 9. Jan. mit. Beide hofften, dass Dänemark und Großbritannien ihre Truppen reduzieren könnten, wenn die irakischen Sicherheitskräfte wie geplant die Verantwortung für Sicherheit in weiteren Teilen des Südiraks übernähmen. Bush hatte Fogh Rasmussen angerufen, um ihn über seine Pläne zur Entsendung von zusätzlichen Truppen in den Irak zu informieren. Dänemark hat derzeit 460 Soldaten unter britischem Kommando bei Basra stationiert, die Streitmacht der USA im Irak ist rund 140.000 Mann stark.
  • Der britische Premierminister Tony Blair hat sich am 9. Jan. erstmals öffentlich zur Hinrichtung von Saddam Hussein geäußert. Die Umstände, wie die Todesstrafe am 30. Dezember vollstreckt worden sei, seien inakzeptabel und falsch, sagte Blair. Darüber dürften aber nicht die Verbrechen vergessen werden, die der gestürzte irakische Staatschef begangen habe. Saddam Hussein sei verantwortlich für "den Tod hunderttausender unschuldiger Iraker, eine Million Todesopfer im Iran-Irak-Krieg und den Einsatz von Chemiewaffen gegen sein eigenes Volk", erklärte der Regierungschef während einer Pressekonferenz mit dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe. "Die Verbrechen, die Saddam begangen hat, entschuldigen nicht die Art und Weise seiner Hinrichtung, aber die Art und Weise seiner Hinrichtung entschuldigt nicht die Verbrechen."
  • Kurz vor der Bekanntgabe der neuen Irak-Strategie durch US-Präsident George W. Bush hat der Rechnungshof der Vereinigten Staaten zahlreiche Mängel im bisherigen Vorgehen aufgezeigt. "Der Aufbau der irakischen Sicherheitskräfte und die Übergabe von Sicherheitszuständigkeiten an diese Kräfte haben nicht zu einem Rückgang der Gewalt geführt", heißt es in einem am 9. Jan. veröffentlichten Begleitbrief des obersten Rechnungsprüfers, David Walker, an den US-Kongress. In dem Bericht des Government Accountability Office (GAO) wird bilanziert, die Planungen für einen Sieg seien trügerisch gewesen, die Funktionsfähigkeit der irakischen Regierung sei mangelhaft und die Gewalt zwischen den Bevölkerungsgruppen lasse nicht nach.
  • Der frühere US-Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski sieht die US-Politik im Irak komplett gescheitert. "Schon jetzt hat der Irakkrieg die globale Legitimität amerikanischen Handelns infrage gestellt, die amerikanische Glaubwürdigkeit unterminiert und die Vereinigten Staaten in einen Konflikt ohne erkennbares Ende verwickelt", sagte der frühere Berater von US-Präsident Jimmy Carter der am 11. Jan. erscheinenden Wochenzeitung "Die Zeit" laut einem Vorbericht vom 10. Jan. Zwar hätten die USA "schon hie und da Rückschläge erlebt, aber wir waren nie zuvor die einzige Supermacht".
  • Im Irak sind neun schiitische Mekka-Pilger getötet und 14 weitere teils schwer verletzt worden. Die Pilger kamen von ihrer Reise zu den heiligen Stätten in Saudi-Arabien zurück, als ihr Bus südöstlich von Bagdad von bewaffneten und maskierten Männern angegriffen wurde, wie der Gouverneur der Provinz Kerbela am 10. Jan. mitteilte. Die Angreifer seien in drei Fahrzeugen unterwegs gewesen und hätten den Bus zum Anhalten gezwungen. Der Angriff ereignete sich etwa 130 Kilometer westlich der Provinzhauptstadt Kerbela, wo das Grab des von den Schiiten verehrten Imams Hussein steht.
  • In einer Grundsatzrede zur künftigen Irak-Politik hat US-Präsident George W. Bush Fehlentscheidungen in der Vergangenheit eingeräumt und sich zu seiner Verantwortung bekannt. "Wo Fehler gemacht wurden, liegt die Verantwortung bei mir", sagte Bush am Abend des 10. Jan. in einer TV-Ansprache. "Die US-Truppen im Irak haben tapfer gekämpft" und "alles ausgeführt, was wir ihnen aufgetragen haben", sagte Bush. Die derzeitige Lage sei "nicht akzeptabel". Es sei "klar, dass wir unsere Strategie im Irak ändern müssen". Forderungen nach einem raschen Abzug aus dem Land erteilte er eine Absage. Er habe die Entsendung von "mehr als 20.000 zusätzlichen Soldaten" angeordnet, sagte Bush. (Die ganze Rede gibt es hier (englisch).)
  • Mehr Truppen und mehr Geld für den Wiederaufbau - das sind die Kernpunkte des neuen Irak-Plans von US-Präsident George W. Bush. Im Einzelnen enthält der Plan laut AP nach Angaben aus dem Weißen Haus folgende Punkte
    • Entsendung von fünf Kampfbrigaden mit insgesamt 17.500 Soldaten nach Bagdad. Die erste Brigade trifft zum 15. Januar ein, die weiteren folgen im Abstand von jeweils einem Monat.
    • Entsendung von 4.000 Marineinfanteristen in die Provinz Anbar
    • 5,6 Milliarden Dollar für den Militäreinsatz im Irak im bevorstehenden Ergänzungshaushalt
    • verstärkte Einbeziehung von US-Beratern in die irakischen Sicherheitskräfte
    • Entsendung von drei irakischen Brigaden nach Bagdad
    • Verpflichtung der irakischen Regierung zum Vorgehen gegen Extremisten unabhängig von deren Religionsbindung
    • US-Wirtschaftshilfe von rund 1,2 Milliarden Dollar, darunter 414 Millionen Dollar für zivile Helfer aus den USA für örtliche Wiederaufbauprojekte
    • irakische Ausgaben von 10 Milliarden Dollar für Wiederaufbau und Infrastruktur
    • verstärkte diplomatische Bemühungen gegen den iranischen und syrischen Einfluss im Irak
  • Die Demokraten haben heftige Kritik an der Grundsatzrede zur künftigen Irak-Politik von US-Präsident George W. Bush geübt. Die Entsendung von 20.000 zusätzlichen Soldaten in den Irak gefährde die nationale Sicherheit der USA, teilten führende Vertreter der Partei am 10. Jan. mit, unter ihnen Parlamentssprecherin Nancy Pelosi und Mehrheitsführer Harry Reid. "Unsere militärische Beteiligung im Irak zu steigern, sendet genau die falsche Botschaft." Die Demokraten lehnten eine Truppenverstärkung ab und forderten stattdessen einen schrittweisen Abzug der US-Soldaten, der in den nächsten vier bis sechs Monaten beginnen solle. Zudem forderten sie neue diplomatische Initiativen in der Region.
  • Die irakische Regierung hat die Pläne von US-Präsident George W. Bush zur Stabilisierung des Landes begrüßt. Die derzeitige Situation sei nicht hinnehmbar, sagte ein Berater von Ministerpräsident Nuri al-Maliki, Sadik al Rikabi, am 11. Jan. Die Regierung begrüße die Selbstverpflichtung der USA zum Erfolg. Dabei sei es wichtig, dass die Iraker selbst die Führung der militärischen Einsätze übernähmen. "Der amerikanische Plan kann ohne uns nicht zum Erfolg führen", sagte Rikabi. Die Rede von Bush wurde vom staatlichen irakischen Fernsehen direkt übertragen.
  • Die neue Irak-Strategie von US-Präsident George W. Bush ist bei deutschen Politikern auf Skepsis gestoßen. Ein Erfolg des US-Präsidenten im Irak sei wünschenswert, sagte der Koordinator für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, Karsten Voigt (SPD), am 11. Jan. im SWR. "Aber in der Vergangenheit hat sich ja häufig herausgestellt, dass der amerikanische Präsident zu optimistisch war." Voigt erwartet demnach nicht die Umsetzung von Bushs Idealziel, im Irak eine funktionierende und stabile Demokratie zu errichten. Vielmehr sei er persönlich schon "einigermaßen froh", wenn es gelänge, den Irak als Rechtsstaat zu festigen und einen Bürgerkrieg zwischen Sunniten, Schiiten und Kurden zu verhindern, sagte Voigt.
    Linksfraktionschef Oskar Lafontaine hat die angekündigte Aufstockung der US-Truppen im Irak scharf kritisiert. Das sei eine "fundamentale Fehlentscheidung", sagte Lafontaine am 11. Jan. in Bremen vor einer Klausurtagung seiner Fraktion. Sie werde den Konflikt nur noch verschärfen. Im Gegenteil müssten die Besatzungstruppen aus dem Irak abgezogen werden.
  • Großbritannien will einem Zeitungsbericht zufolge bis Ende Mai rund 2.700 Soldaten aus dem Süden des Irak abziehen. Damit werde die Zahl britischer Soldaten dann noch bei 4.500 liegen, berichtete die Zeitung "Daily Telegraph" am 11. Jan. Premierminister Tony Blair wolle dies in den kommenden zwei Wochen bekanntgeben und dies als Signal für die Erfolge seiner Irak-Politik darstellen. Ein Sprecher von Downing Street nannte den Bericht "pure Spekulation". Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wollte den Bericht nicht kommentieren. Derzeit sind rund 7200 britische Soldaten im Irak stationiert, die meisten von ihnen im Süden des Landes. Die Briten wollen zum Ende des Frühlings die Kontrolle über die Stadt Basra an die Iraker übergeben.
  • Die Europäische Union hat nach der von US-Präsident George W. Bush angekündigten verstärkten amerikanischen Truppenpräsenz im Irak ihr Engagement für das Land bekräftigt. "Die Europäische Union wird die irakische Regierung weiterhin bei ihren Bemühungen um Wiederaufbau und Stabilisierung unterstützen", teilte das Auswärtige Amt am 11. Jan. in Berlin für die deutsche EU-Präsidentschaft mit. Sie stehe außerdem bereit, ihr Engagement weiter auszubauen, soweit dies die Sicherheitslage im Lande erlaube. Die EU-Präsidentschaft teile die von Bush geäußerte Sorge über die anhaltende Gewalt und das tägliche Blutvergießen im Irak, hieß es weiter. Sie verurteile nachdrücklich die zunehmende ethnisch-konfessionell motivierte Gewalt, der täglich Dutzende unschuldiger Menschen zum Opfer fielen. Darüber hinaus unterstrich die Präsidentschaft das EU-Engagement für einen sicheren, stabilen und geeinten Irak. Man werde weiterhin die Bemühungen um nationale Aussöhnung und Dialog unterstützen und rufe die Nachbarstaaten Iraks auf, dessen Souveränität zu respektieren und ihren Beitrag zur Stabilisierung des Landes zu leisten. Der Schlüssel für eine geeinte, föderale und demokratische irakische Nation liege in erster Linie bei den Irakern selbst, hieß es. Sie müssten sich im Rahmen eines intensivierten innerirakischen Dialogs über die Grundlagen des Zusammenlebens verständigen und einen politischen Konsens über ihre gemeinsame Zukunft erzielen.
  • Frankreich hat reserviert auf die Pläne von US-Präsident George W. Bush zur Aufstockung der US-Truppen im Irak reagiert. Der Irak brauche "einen umfassenden Ansatz, eine politische Strategie", damit das Land und die gesamte Region wieder Stabilität finden könnten, erklärte der französische Außenminister Philippe Douste-Blazy am 11. Jan. in Paris. Die Lage vor Ort "verschlimmert sich jeden Tag".
  • Der Außenexperte der Unionsfraktion, Eckart von Klaeden, sieht in der Rede von US-Präsidenten George W. Bush zur künftigen Irakpolitik positive Ansätze. Das Eingeständnis, dass die bisherige Strategie der USA fehlgeschlagen sei, sei positiv zu bewerten, sagte er am 11. Jan. im Deutschlandfunk. Das ermögliche den Verbündeten, aber auch der Mehrheit im Kongress, eigene Vorschläge zu machen. Enttäuscht sei er aber darüber, dass Bush in seiner Rede die notwendige Einbeziehung der Nachbarstaaten in der Region vernachlässigt habe. "Ich hätte mir gewünscht, dass ein deutlicheres Signal kommt, wie die Lage in der Gesamtregion eingeschätzt wird, und ein Signal auch an die Nachbarstaaten, konstruktiv mitzuwirken an einer Lösung im Irak."
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat die Führung in Teheran vor einer Einmischung im Irak gewarnt. Die USA würden "nicht tatenlos zusehen", während Teheran gegen US-Interessen im Nachbarland agiere, sagte Rice am 11. Jan. dem US-Sender Fox News. Die USA würden diejenigen Iraner "verfolgen", die versuchten, die US-Bemühungen zu einer Stabilisierung des Landes zu untergraben. Wenige Stunden zuvor hatten US-Soldaten nach iranischen Angaben in der nordirakischen Stadt Erbil das Konsulat des Iran gestürmt und fünf Mitarbeiter festgenommen. Rice bestätigte diesen Vorfall in dem Interview nicht.
  • Umfrageergebnis:
    70 Prozent der Amerikaner sind gegen die Entsendung weiterer Soldaten in den Irak. Das geht aus einer AP-Ipsos-Umfrage hervor, die am 11. Jan. veröffentlicht wurde. Präsident George W. Bush hatte am Tag zuvor im Rahmen seiner neuen Irak-Strategie eine Verstärkung der US-Truppen in dem Land um 21.500 Soldaten angekündigt. 60 Prozent der Befragten vertraten in der Umfrage die Ansicht, dass es wahrscheinlich nicht gelingen werde, im Irak eine stabile demokratische Regierung zu etablieren. Für die Erhebung wurden von Montag bis Mittwochabend (8. bis 10. Jan.) 1.002 Erwachsene in den USA telefonisch befragt.
  • Der britische Premierminister Tony Blair hat die US-Pläne zur Verstärkung der Truppen im Irak begrüßt. Er halte die neue Irak-Strategie von US-Präsident George W. Bush für vernünftig, sagte Blair am 11. Jan. in einem Interview des Senders Westcountry TV. Er erklärte aber auch, dass Großbritannien keine zusätzlichen Soldaten in den Irak schicken werde. Die Situation in Bagdad, wo der Großteil der zusätzlichen US-Soldaten für ein Ende der Gewalt sorgen soll, sei nicht mit der in Basra zu vergleichen. Dort sind 7.000 Briten stationiert. Blair betonte, Großbritannien und die USA verfolgten die gleichen Ziele. Sowohl in Bagdad als auch in Basra ziele der Einsatz darauf, dass schließlich die Iraker für Sicherheit sorgen könnten.
  • Eine Gruppe irakischer Extremisten will für den Absturz eines Flugzeugs nahe Bagdad am 9. Jan. verantwortlich sein. Ihre Kämpfer hätten von mehreren Seiten auf das Flugzeug geschossen, das auf einem US-Stützpunkt bei Balad landen wollte, hieß es in einer am 11. Jan. im Internet veröffentlichten Erklärung der Islamischen Armee im Irak. "Mit Gottes Hilfe konnten wir es abschießen." Bei dem Absturz einer moldawischen Frachtmaschine bei Balad nördlich der irakischen Hauptstadt kamen am Dienstag 34 Menschen ums Leben. An Bord waren hauptsächlich türkische Bauarbeiter. Die Authentizität der auf den 10. Januar datierten Erklärung konnte zunächst nicht bestätigt werden. Die Botschaft tauchte auf einer häufig von Militanten genutzten Website auf.
  • Am 11. Jan., einen Tag nach der Grundsatzrede von US-Präsident George W. Bush zur Irak-Politik, sind von New York bis San Francisco hunderte von Kriegsgegnern auf die Straße gegangen. Eine der Kundgebungen fand auf einer Verkehrsinsel auf dem New Yorker Times Square statt. Dort bekundeten Autofahrer auf der Kreuzung ihre Unterstützung mit lautem Hupen. Zu Kundgebungen wurde auch in Boston und mehreren kalifornischen Städten aufgerufen. Mehrere Organisationen von Gegnern des Irak-Kriegs riefen für den 27. Januar zu einer Großdemonstration in Washington auf, die sich vor allem an den Kongress wenden soll.
  • Parallel zur Ausweitung des Irak-Einsatzes will die US-Regierung ihre gesamte Streitmacht aufstocken - und zwar um 92.000 Mann binnen fünf Jahren. Das Heer soll um 65.000 auf fast 550.000 Soldaten erweitert werden, wie Verteidigungsminister Robert Gates am Abend des 11. Jan. bekannt gab, Bei den Marineinfanteristen ist demnach eine Verstärkung um 27.000 auf gut 200.000 Mann geplant. Das Vorhaben muss allerdings noch vom Kongress gebilligt werden, in dem seit der Wahl vom November die Demokraten die Mehrheit haben.
  • Verteidigungsminister Robert Gates räumte am 11. Jan. ein, dass es keinen Zeitplan für die Dauer der Truppenverstärkung gebe, die nach Bushs Plänen in Phasen erfolgen und bereits in den kommenden Tagen beginnen soll. Es dürften wahrscheinlich mehrere Monate sein, "aber ich glaube, niemand kann zur Zeit genau sagen, wie lange es werden könnte", sagte Gates bei einer von mehreren Anhörungen im Kongress am 11. Jan.
    Bei den Hearings war vor allem Rice als Verfechterin des Plans einer derart starken Opposition von demokratischer und republikanischer Seite ausgesetzt, wie es sie nach Einschätzung von US-Medien in der sechsjährigen Amtszeit von Bush bei derartigen Veranstaltung noch nie gegeben hatte. Unter den insgesamt 21 Mitgliedern des Auswärtigen Senatsausschusses, der die Ministerin befragte, war nach Angaben von Teilnehmern "kein einziger, der nicht zumindest Skepsis" gezeigt hätte. So sagte der namhafte republikanische Senator Chuck Hagel, Bushs Strategie sei der "gefährlichste außenpolitische Fehler in diesem Land - außer Vietnam - wenn er (der Plan) ausgeführt wird. Ich werde mich ihm widersetzen". Wenn Rice und Bush ihr Konzept vernünftig begründen wollten, dann müssten sie sich schon eine Menge mehr einfallen lassen, erklärte der republikanische Senator George Voinovich. Bush könne nicht länger auf seine Unterstützung zählen. Sein demokratischer Kollege Joseph Biden sagte: "Frau Ministerin, um ganz direkt zu sein, ich kann es nicht mit meinem Gewissen verantworten, den Plan des Präsidenten zu unterstützen."
    Inzwischen haben sich laut dpa vom 12. Jan. zehn republikanische Senatoren gegen das Bush-Konzept ausgesprochen oder zumindest starke Skepsis geäußert. Die Demokraten haben in der kleineren Kongresskammer eine Mehrheit von 51 zu 49 Sitzen, dies unter Einschluss von zwei Unabhängigen, von denen einer - Joseph Lieberman - die Bush-Strategie unterstützt.
  • In Bagdad wurde am 12. Jan. eine sunnitische Moschee von schiitischen Milizionären mit Maschinengewehren beschossen. Dabei kam es zu Zusammenstößen, bei denen zwei Wachmänner verletzt wurden. Der radikale schiitische Prediger Muktada al Sadr übte heftige Kritik an den Plänen von US-Präsident George W. Bush, 21.500 zusätzliche Soldaten in den Irak zu entsenden. Er rief die amerikanische Öffentlichkeit zum Widerstand dagegen auf.
  • Selbst wenn sich der Kongress gegen eine Aufstockung der US-Truppen im Irak verwenden sollte, will Präsident George W. Bush an seinen Plänen zur Entsendung von weiteren 21.500 Soldaten festhalten. Um seine Strategie zur Beendigung der Gewalt im Irak zu verfolgen, würde er sich auch über Einsprüche des Kongresses hinwegsetzen, sagte Bush am 12. Jan. in einem im Internet veröffentlichten Interview des Fernsehsenders CBS, das am 14. Jan. ausgestrahlt werden sollte. Er sei sich vollkommen darüber im Klaren, dass der Kongress versuchen könne ihn davon abzuhalten. "Aber ich habe meine Entscheidung gefällt. Wir gehen voran."
  • In einer ersten offiziellen Reaktion auf die neue Irak-Strategie von US-Präsident George W. Bush hat der irakische Ministerpräsident Nuri el Maliki die Pläne zur Aufstockung der US-Truppen in seinem Land begrüßt. Die neue Strategie im Irak bedeute eine "gemeinsame Vision" und stehe für ein gegenseitiges Verständnis der Regierungen des Irak und der USA, ließ Maliki am 13. Jan. von seinem Büro in Bagdad erklären. Bushs Pläne unterstützen die Strategie der irakischen Regierung, die Befehlsgewalt und die Kontrolle im Land zu übernehmen. Auf die von Bush geäußerte Erwartung, dass die irakischen Sicherheitskräfte bis November 2007 die Kontrolle in allen Provinzen des Landes übernehmen sollten, ging Maliki nicht konkret ein.
  • Die SPD distanziert sich laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" von der US-Strategie für den Irak und schlägt eine Friedenskonferenz für die Region vor. "Der amerikanische Weg führt nicht aus der Krise", sagte der SPD-Vorsitzende Kurt Beck laut einem am 13. Jan. vorab veröffentlichten Bericht des "Spiegel". Die US-Regierung beweise mit der neuen Irak-Strategie ihre "Unfähigkeit einzusehen, dass sie sich von der militärischen Lösung weg zu einer politischen bewegen muss".
  • Versöhnung und nationale Einheit im Irak sind aus Sicht der ägyptischen Regierung entscheidend für den Erfolg der neuen Strategie von US-Präsident George W. Bush. Die Ägypter hätten den politischen Prozess im Irak stets unterstützt, sagte ein Sprecher von Präsident Husni Mubarak am 13. Jan. Jeder müsse verstehen, dass eine nationale Versöhnung die nötige Voraussetzung sei, damit dieser Prozess Erfolg habe, sagte Sprecher Suleiman Awaad weiter. Es war die erste offizielle Reaktion Kairos auf Bushs jüngste Aufforderung an Ägypten und andere arabische Staaten, die irakische Regierung stärker zu unterstützen.
    In Staaten wie Ägypten, Saudi-Arabien und Jordanien, in denen überwiegend sunnitische Muslime leben, wächst indes die Sorge, dass die Regierung des irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki das Land unter die Kontrolle der Schiiten bringen will. Ohne die Regierung Al-Malikis direkt zu erwähnen sagte Awaad, eine bestimmte Gruppe vor den Kopf zu stoßen und zugleich die Interessen anderer Gruppen zu verteidigen, werde nicht zu nationaler Versöhnung führen.
  • US-Präsident George W. Bush hat die Demokratische Partei aufgefordert, selbst Pläne für eine neue Irak-Strategie vorzulegen. "Diejenigen, die sich weigern, meinem Plan eine Chance zu geben, haben die Verpflichtung, eine Alternative vorzulegen, die einen besseren Weg für den Erfolg aufzeigt", sagte er in seiner wöchentlichen Radioansprache am 13. Jan. "Gegen alles zu sein und nichts vorzuschlagen ist unverantwortlich", fügte er hinzu. Bush nannte seinen neuen Plan zur Befriedung des Irak "eine wichtige Mission, die in großen Teilen das Ergebnis im Irak bestimmen wird". "Egal wie die Differenzen in Bezug auf Strategie oder Taktik aussehen, haben wir alle die Pflicht, dafür zu sorgen, dass unsere Truppen alles bekommen, was sie brauchen." Nur die Iraker selbst könnten die Gewalt beenden und Sicherheit geben. "Aber sie brauchen unsere Hilfe und es ist in unserem Interesse, diese bereitzustellen."
  • Fünf vor drei Tagen im Nordirak festgenommene Iraner hatten nach US-Angaben Verbindungen zu den iranischen Revolutionsgarden und unterstützten Aufständische im Irak. Die Revolutionsgarden seien dafür bekannt, regierungsfeindliche Gruppen mit Geld, Waffen oder technischem Know-How, etwa zum Bau von Sprengsätzen, zu unterstützen, teilte die US-Armee am 14. Jan. in Bagdad mit.
    Die US-Truppen hatten am 11. Jan. in der 350 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bagdad gelegenen Stadt Erbil im Kurdengebiet zunächst sechs Verdächtige festgenommen. Ein Iraner wurde wenige Stunden später auf freien Fuß gesetzt. Gegen die übrigen wird nach US-Armeeangaben weiter ermittelt. Bei dem erstürmten Gebäude habe es sich um ein Verbindungsbüro zu den Garden im Iran gehandelt, hieß es.
    In Teheran widersprach der Sprecher des Außenministeriums, Mohammed Ali Hosseini, diesen Angaben. Iran werde sich um die Freilassung der Männer bemühen.
  • Bei Gefechten zwischen irakischen Soldaten und Aufständischen nordöstlich von Bagdad sind am 14. Jan. mindestens zehn Menschen getötet worden. Die Kämpfe trugen sich nach Angaben der Polizei in der Umgebung der Stadt Bakuba zu, die in einer vorwiegend von Sunniten bewohnten Region liegt. Bei den Getöteten handelt es sich den Angaben zufolge um acht Aufständische und zwei Soldaten. Zwei Menschen seien verletzt worden.
  • US-Präsident George W. Bush hat in einem Fernsehinterview vor einem Scheitern des US-Einsatzes im Irak gewarnt. "Ein Versagen im Irak würde den Iran stärken, der eine bedeutende Bedrohung für den Weltfrieden darstellt", sagte Bush in einem am 14. Jan. übertragenen Interview in der Sendung "60 Minutes" des US-Fernsehsenders CBS News. Bush warnte Teheran erneut vor einer Einmischung in dem vom Krieg zerrütteten Nachbarland. Wenn Iraner im Irak erwischt würden, "werden wir uns mit ihnen befassen". Bush verteidigte seine Entscheidung, 21.500 zusätzliche Soldaten in den Irak zu schicken. Angesichts der Krise in dem Land seien "Nichtstun" oder ein Truppenabzug für ihn ausgeschlossen gewesen.
  • Am 14. Jan. sind laut AP insgesamt mindestens 78 Menschen im Irak getötet oder tot aufgefunden worden.
Montag, 15. Januar, bis Sonntag, 21. Januar
  • Im Irak ist ein US-Soldat von einer Bombe getötet worden, wie die Streitkräfte am 15. Jan. mitteilten. Seine Einheit suchte am Sonntag in einer Straße von Bagdad nach Sprengsätzen, als eine am Straßenrand versteckte Bombe explodierte. Vier weitere Soldaten erlitten Verletzungen.
  • Die Explosion einer Bombe hat am 15. Jan. in Bagdad drei Polizisten in den Tod gerissen. Zwei weitere Beamte erlitten nach Polizeiangaben Verletzungen, als der am Straßenrand versteckte Sprengsatz im Berufsverkehr hochging.
  • Gut zwei Wochen nach der Hinrichtung des ehemaligen irakischen Machthabers Saddam Hussein sind am 15. Jan. auch sein Halbbruder Barzan Ibrahim und der frühere Richter Awad Hamed al Bandar gehängt worden. Sie waren wie Saddam Hussein wegen eines Massakers an Schiiten in den 80er Jahren zum Tode verurteilt worden. Nach den international scharf kritisierten Begleitumstände bei der Hinrichtung von Saddam Hussein, gab es auch bei der Exekution von Ibrahim einen Zwischenfall: Ihm wurde beim Hängen der Kopf abgerissen, wie Regierungssprecher Ali al Dabbagh erklärte.
  • EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und der italienische Regierungschef Romano Prodi haben die Hinrichtung zweier Vertrauter von Saddam Hussein verurteilt. "Wir sind prinzipiell gegen die Todesstrafe", sagte Barroso am 15. Jan. nach einem Treffen mit Prodi in Rom. "Ein Mensch hat nicht das Recht, einem anderen das Leben zu nehmen." Ähnlich äußerte sich Prodi. Er habe bereits die Hinrichtung des früheren irakischen Präsidenten Saddam Hussein verurteilt.
    Nach der Hinrichtung von zwei Mitangeklagten des irakischen Ex-Präsidenten Saddam Hussein hat US-Außenministerin Condolezza Rice am 15. Jan. ihre "Enttäuschung" über die Art der Vollstreckung des Todesurteils geäußert. Die USA seien enttäuscht, dass den Angeklagten nicht mehr Würde eingeräumt worden sei, sagte Rice bei einer Pressekonferenz mit ihrem ägyptischen Kollegen Ahmed Abul Gheit in Luxor.
    UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat die Hinrichtung der beiden Gefolgsleute des irakischen Ex-Präsidenten Saddam Hussein bedauert. Seine Sprecherin Michèle Montas wies am Abend des 15. Jan. darauf hin, dass Ban im Vorfeld mehrmals an die irakische Regierung appelliert habe, im Fall von Saddam Husseins Halbbruder, Ex-Geheimdienstchef Barsan el Tikriti, und des ehemaligen Richters Awad el Bandar Milde walten zu lassen.
  • Die Opposition in der Türkei hat die Regierung aufgefordert, eine Militärintervention im Nachbarland Irak vorzubereiten. Das Parlament in Ankara müsse zu einer Dringlichkeitssitzung zusammentreten, um schon jetzt die Erlaubnis für einen möglichen Truppeneinmarsch zu beschließen, verlangte Oppositionschef Deniz Baykal nach Zeitungsberichten vom 15. Jan. Die Regierung könne dabei auf die Unterstützung der Opposition zählen. Für eine Truppenentsendung ins Ausland ist in der Türkei die Zustimmung des Parlaments nötig. Eine Antwort der Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan auf Baykals Forderung lag zunächst nicht vor. <öi> Das Auswärtige Amt steht der Idee einer Irak-Friedenskonferenz grundsätzlich positiv gegenüber. Der Sprecher von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Martin Jäger, sagte dazu am 15. Jan. in Berlin, vor allem seien die ethnischen Gruppierungen im Irak aufgerufen, zu einer Übereinkunft zu kommen. Regionale Partner sollten dabei einbezogen werden. Er fügte aber hinzu: "Sollte sich hieraus ein weitergehender, übergreifender Prozess ergeben, würde die EU ihre Unterstützung sicher nicht versagen." Die SPD hatte am Wochenende die US-Strategie für den Irak kritisiert und eine Friedenskonferenz für die Region vorgeschlagen.
  • Die ersten US-Soldaten, die Präsident George W. Bush angekündigt hatte, sind am 15. Jan. im Irak eingetroffen. Das bestätigte US-Kommandeur George Casey in Bagdad nach US-Medienberichte. Bush hatte die Entsendung weiterer 21.500 Soldaten angekündigt. Die meisten sollen in der Hauptstadt Bagdad eingesetzt werden. Casey rief auf einer Pressekonferenz zur Geduld auf. Die Sicherheitslage werde sich nicht über Nacht verbessern.
  • Bei Gewalttaten im Irak sind im vergangenen Jahr mehr als 34.000 Zivilisten getötet worden. Weitere 36.000 Menschen seien 2006 verletzt worden, teilte die UNO am 16. Jan. in einem Bericht mit. Allein in den beiden Monaten November und Dezember seien 6.367 Menschen getötet und mindestens 6.875 verletzt worden. Als besonders ernst wird die Situation in Bagdad bezeichnet. Laut dem Bericht sind fast 31.000 Iraker inhaftiert, die meisten von ihnen ohne Anklage. Insgesamt starben laut UNO 34.452 Zivilisten im vergangenen Jahr im Irak, mit 16.867 fast die Hälfte von ihnen in Bagdad. Die meisten der in der Hauptstadt getöteten Menschen und täglich aufgefundenen Leichen wiesen auch Zeichen von Folter auf, hieß es. In einer ersten Reaktion auf den UN-Bericht nannte der britische Premierminister Tony Blair den Tod unschuldiger Zivilisten "tragisch". Es seien nicht die britischen oder US-Soldaten, die für den Tod dieser Menschen verantwortlich seien, sondern gewaltbereite Extremisten.
    In dem UN-Bericht hieß es weiter, die Mehrheit der 30.842 im Irak Inhaftierten seien Angehörige der sunnitischen Bevölkerungsgruppe. Etwa die Hälfte aller Häftlinge sei von US-geführten internationalen Truppen festgenommen worden. Gegen die meisten Inhaftierten sei keine Anklage erhoben worden, zitierte der UN-Bericht das irakische Ministerium für Menschenrechte.
  • Unterdessen wurden bei Anschlägen und Gewalttaten im Irak mindestens 37 Menschen getötet.
    Bei einem doppelten Bombenanschlag in Bagdad starben am 16. Jan. allein 15 Menschen, 70 weitere wurden verletzt. Wie ein Verantwortlicher der Sicherheitsdienste mitteilte, wurden die Anschläge im Viertel Bab el Scheich in der Innenstadt verübt. Bei einem Autobombenanschlag in der Nähe einer Universität im Osten Bagdads starben zehn Studenten. 25 weitere seien verletzt worden, teilten die Sicherheitskräfte mit.
    Bei einem weiteren Doppelanschlag auf die Universität in Bagdad sind rund 60 Menschen getötet worden. Etwa 110 weitere seien verletzt worden, sagten Sicherheitskräfte. Demnach sprengte sich ein Selbstmordattentäter vor einem Nebeneingang in die Luft, als viele Studenten und Lehrkräfte die Uni im Osten der irakischen Hauptstadt verlassen und sich auf den Heimweg machen wollten. Kurz darauf detonierte vor dem Haupteingang eine Autobombe.
    Eine weitere Bombe explodierte in einem Bus im Schiitenviertel Sadr-City. Dabei starben laut Sicherheitskräften vier Menschen, zehn weitere wurden verletzt. Im Zentrum Bagdads wurde zudem ein Sprengsatz gezündet, als eine Polizeipatrouille vorbei fuhr. Dabei starben drei Menschen, vier weitere wurden verletzt. Im Rest des Landes wurden bei einzelnen Gewalttaten insgesamt mindestens fünf Menschen getötet.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice und ihr saudiarabischer Kollege Saud al-Faisal haben die irakische Regierung aufgefordert, sich ernsthaft für eine nationale Versöhnung einzusetzen. "Die Iraker müssen entscheiden, was für einen Staat sie wollen", sagte Rice am 16. Jan. in der saudischen Hauptstadt Riad. Sie könne sich nicht vorstellen, dass die Regierung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki einen Staat wolle, der von Konflikten zwischen den Religionsgruppen geprägt sei. Al-Faisal erklärte, die Iraker selbst müssten versuchen, die Gewalt auf politischem Wege einzudämmen. Andere Staaten könnten dabei nur Hilfe leisten. Der saudiarabische Außenminister sagte, sein Land heiße die "Ziele" gut, die US-Präsident George W. Bush in seinem neuen Irak-Strategiepapier festgelegt habe. Ob er auch die von Bush vorgeschlagenen Methoden zur Erreichung dieser Ziele gutheißt, ließ Al-Faisal offen.
  • Ein Sprecher des Justizministeriums in Bagdad teilte mit, die US-Armee und die irakischen Sicherheitskräfte hielten in ihren Gefängnissen derzeit mehr als 24.000 Iraker ohne Anklage fest. Der Sprecher erklärte: "14.447 von ihnen befinden sich im Gewahrsam der multinationalen Truppen, 8.303 in den Haftanstalten des Innenministeriums und 1346 in den Haftanstalten des Verteidigungsministeriums." In den Gefängnissen der beiden Ministerien seien die Haftbedingungen schrecklich, fügte der Beamte hinzu. Die Zellen seien hoffnungslos überfüllt.
  • Ein Komitee der irakischen Regierung entschied am 16. Jan. in Bagdad, jede kurdische Familie, die in die nordirakische Stadt Kirkuk zurückkehrt, solle dort ein Stück Bauland sowie zehn Millionen Dinar (5.780 Euro) erhalten. Die Araber aus dem Südirak, die nach der Vertreibung der Kurden im Zuge der "Arabisierungspolitik" des Regimes von Saddam Hussein in Kirkuk angesiedelt worden waren, sollen nach Angaben des Vorsitzenden des Komitees in Kirkuk, Kaka Rosch Sedik, in ihre Heimat zurückkehren. Dies habe das Komitee bei seiner Sitzung in Bagdad entschieden. Unklar sei noch die Höhe der Entschädigungszahlungen an die Araber.
  • US-Präsident George W. Bush hat dem neuen UN-Generalsekretär Ban Ki Moon eine enge Zusammenarbeit zugesagt. Die US-Regierung wolle sich gemeinsam mit den Vereinten Nationen für Frieden in den Krisengebieten der Welt einsetzen, sagte Bush am 16. Jan. bei einem Treffen mit Ban im Weißen Haus. Ban bezeichnete speziell die Lage im Nahen Osten sowie im Irak als sehr Besorgnis erregend. Auch mit Blick auf den Libanon, Nordkorea sowie Somalia sei er auf die Unterstützung der USA angewiesen, sagte Ban vor Journalisten in Washington.
  • US-Präsident George W. Bush hat am 16. Jan. Kritik am Ablauf der Hinrichtungen Saddam Husseins und zweier seiner Mitangeklagten geübt. Die Erhängungen hätten wie "eine Art von Rachemord" gewirkt, sagte Bush in einem Fernsehinterview. Es sei deutlich geworden, dass die Regierung des irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki noch "reifen" müsse. "Ich war enttäuscht und hatte das Gefühl, als seien sie ungeschickt vorgegangen - speziell bei der Hinrichtung Saddam Husseins", erklärte Bush. Dies habe er auch gegenüber Al-Maliki zum Ausdruck gebracht.
  • Acht arabische Länder und die USA haben in einer gemeinsamen Erklärung den Iran indirekt aufgerufen, sich nicht in Angelegenheiten des Irak einzumischen. Die Staaten hätten alle Länder aufgefordert, sich aus den internen Angelegenheiten des Landes herauszuhalten, erklärte der kuwaitische Außenminister Scheich Mohammed Sabah el Salem el Sabah am 16. Jan. Der Iran wird nicht explizit genannt, die Erklärung fordert aber regionale und internationale Kräfte, die Souveränität des Irak zu achten. Die USA hatten dem Iran und Syrien wiederholt vorgeworfen, Aufständische im Irak zu unterstützen.
  • Ein Selbstmordanschlag im Bagdader Armenviertel Sadr City hat am 17. Jan. mindestens 17 Menschen das Leben gekostet. Mehr als 30 weitere wurden nach Polizeiangaben verletzt, als der Attentäter in seinem Auto den Sprengsatz zündet. Der Anschlag ereignete sich in der Nähe des Mereidi-Marktes, einer der beliebtesten Einkaufsmöglichkeiten in dem Stadtteil.
  • In der nordirakischen Stadt Kirkuk wurden am 17. Jan. sieben Menschen bei einem Selbstmordanschlag getötet. Der Täter steuerte sein mit Sprengstoff präpariertes Auto in die vor einer Polizeiwache aufgebaute Kontrollstelle und brachte es dort zur Explosion. 25 Menschen wurden nach Polizeiangaben verletzt. Unter den Toten waren fünf Polizisten.
  • Bei einem Mörserangriff auf ein Wohngebiet in Iskandarija, 50 Kilometer südlich von Bagdad, kam am 17. Jan. eine Frau ums Leben, zehn Bewohner wurden verletzt. In der gleichen Gegend wurde die Leiche eines zwei Tage zuvor entführten Polizisten gefunden. In Mahawil südlich von Bagdad schossen unbekannte Männer aus einem Auto heraus auf zwei Brüder, die gerade auf dem Weg zur Arbeit waren. Einer der Brüder wurde getötet.
  • In Kirkuk explodierte am 17. Jan. eine Bombe in einem Geschäftsviertel. Dabei wurde ein Polizist verletzt.
  • Rund 500 Palästinenser sind in den vergangenen drei Jahren nach PLO-Angaben im Irak verschwunden. Sie seien vermutlich getötet oder verschleppt worden, sagte der Chef der Flüchtlingsabteilung der Palästinensischen Befreiungsorganisation, Sakaria al Agha. "Wer in Bagdad mit palästinensischem Akzent spricht, wird geschnappt und umgebracht", erklärte Al Agha am 17. Jan. In einigen Fällen seien Leichen mit Folterspuren gefunden worden. Der palästinensische Ministerpräsident Ismail Hanija rief zu einem Ende der Gewalt auf. "Es gibt 20.000 Palästinenser im Irak, denen Ermordung oder Verschleppung droht", sagte Hanija am Mittwoch. "Wir rufen die Brüder im Irak auf, sich zusammenzutun und irakisches und palästinensisches Blut zu schützen." (Siehe hierzu unseren Beitrag: "2006 starben in Irak mehr als 34.000 Zivilpersonen".)
  • Bei einem Überfall im Irak sind am 17. Jan. vier Mitarbeiter einer US-Organisation getötet worden. Bei den Opfern handelte es sich um eine Amerikanerin, einen Ungarn, einen Kroaten sowie einen Iraker, wie die Organisation National Democratic Institute (NDI) in Bagdad mitteilte. Sie seien in ihrem Konvoi von bewaffneten Angreifern überfallen wurden, sagte Les Campbell, NDI-Direktor für den Nahen Osten.
  • Drei US-Senatoren haben am 17. Jan. einen Resolutionsentwurf vorgestellt, in dem die von Präsident George W. Bush beschlossene Truppenverstärkung im Irak abgelehnt wird. Ein solcher Schritt liege nicht im nationalen Interesse, heißt es darin. Über einen ähnlichen Entwurf soll auch im Abgeordnetenhaus abgestimmt werden.
  • Hollywood-Star Clint Eastwood hat den Irak-Krieg der USA als Fehler bezeichnet. "Was zur Hölle machen wir dort bloß?", sagte der Schauspieler und Regisseur in einem Interview mit dem Hamburger Magazin "stern" (Ausgabe vom 18. Jan.). Aus "ganz pragmatischen Gründen" sei er nie für diesen Krieg gewesen, sagte der 76-Jährige. Selbst wenn Massenvernichtungswaffen im Irak existierten, "hätten wir einen anderen Weg finden müssen, an sie heranzukommen". Er glaube nicht, dass es die Aufgabe der USA sei, die Welt von Diktatoren zu befreien, fügte Eastwood hinzu. "Wir werden dabei verbluten." Gänzlich will Eastwood der Gewalt jedoch nicht abschwören: "Die meisten Konflikte lassen sich ohne Waffen lösen. Aber wenn jemand eine Handvoll Bomben wirft, bin ich keiner, der Gänseblümchen hochhält und vom Frieden träumt."
  • Der kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger hat sich für einen Truppenabzug aus dem Irak bis zum Jahresende ausgesprochen. Wie CNN am 18. Jan. berichtet, dringt der Republikaner auf die Festsetzung einer Frist für den Abzug. Washington müsse der irakischen Regierung klare Zeichen geben, dass die US-Truppen nicht auf Dauer bleiben können, sagte Schwarzenegger in Sacramento. Zuvor hatte sich der Parteifreund von George W. Bush noch für die vom US- Präsidenten beschlossene Truppenverstärkung im Irak ausgesprochen.
  • Neue Bombenanschläge im Irak haben am Morgen des 18. Jan. etwa 20 Menschen in den Tod gerissen. Vor einem Gemüsemarkt im überwiegend sunnitischen Bagdader Stadtteil Dora gingen im Abstand von wenigen Minuten drei Autobomben hoch. Dabei kamen nach Polizeiangaben mindestens zehn Menschen ums Leben, 30 wurden verletzt.
    Ein weiterer Sprengsatz explodierte mitten im morgendlichen Berufsverkehr im Zentrum der irakischen Hauptstadt. Dort wurden vier Menschen getötet und elf verletzt.
    Vier weitere Personen darunter, vier Polizisten, kamen bei der Detonation einer Autobombe neben einer irakischen Polizeipatrouille ums Leben. Außerdem kam es zu weiteren kleineren Anschlägen in Bagdad sowie in anderen Landesteilen.
  • Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki gab am 18. Jan. bekannt, dass in den vergangenen Wochen mehr als 400 Kämpfer der schiitischen Mahdi-Miliz verhaftet worden seien. Es war das erste Mal, dass der Regierungschef detailliert über das Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Miliz des radikalen Predigers Muktada al Sadr berichtete. Beobachtern zufolge wollte er damit Vorwürfen begegnen, die von Schiiten dominierte Regierung unternehme nichts gegen schiitische Extremisten.
  • Die US-Armee hat bei einer Offensive gegen mutmaßliche Extremisten in einem irakischen Dorf nach eigenen Angaben rund 100 Menschen getötet und 50 Verdächtige gefangen genommen. Das Armeekommando in der nördlich von Bagdad gelegenen Provinz Dijala teilte am 18. Jan. mit, die amerikanisch-irakische Operation in dem Dorf Turki, die am 4. Januar begann, habe sich gegen frühere Funktionäre des Regimes der Baath-Partei von Saddam Hussein, El-Kaida-Terroristen und andere "sunnitische Extremisten" gerichtet. Die Extremisten hätten im November 39 Zivilisten entführt und ermordet. In dem Dorf hätten die Soldaten große Waffendepots entdeckt, in denen über 1150 Katjuscha-Raketen gelagert worden seien.
  • Im Fall der Vergewaltigung und Ermordung einer 14-jährigen Irakerin hat sich ein zweiter US-Soldat schuldig bekannt. Der 24 Jahre alte Unteroffizier Paul Cortez räumte nach Angaben seines Anwalts ein, an der Bluttat in der irakischen Stadt Mahmudijah beteiligt gewesen zu sein, bei der auch die Familie des Mädchens umgebracht wurde. Dem Eingeständnis sei eine Vereinbarung mit der Anklage vorausgegangen, sagte verteidiger William Cassara am 18. Jan. Cortez habe zugesagt, im Verfahren gegen drei weitere Verdächtige auszusagen. Die Todesstrafe werde ihm erspart. "Das war in seinem besten Interesse", sagte Cassara über seinen Mandanten. "Er will die Sache hinter sich bringen."
    Cortez soll einer von fünf Angehörigen der angesehenen 101. Luftlandedivision gewesen sein, die im März 2006 das Mädchen vergewaltigten und daraufhin das Opfer sowie seine Familie töteten. Sie sollen die Tat geplant haben, nachdem ihnen die Jugendliche auf der Straße aufgefallen war. Die Soldaten drangen der Anklage zufolge in das Haus der Familie ein, erschossen Vater, Mutter und deren sechsjährige Tochter, bevor sie sich mindestens zu zweit an der 14-Jährigen vergingen und sie dann ebenfalls erschossen.
    Bereits im November war der 23-jährige Angeklagte James Barker wegen der Tat zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Es war das erste Mal, dass ein US-Soldat wegen eines im Irak verübten Verbrechens lebenslänglich bekam. Der mutmaßliche Anführer der Gruppe, der 21-jährige Steven Green, steht seit Anfang November vor einem Zivilgericht. Ihm droht wie zwei weiteren Angeklagten die Todesstrafe. Green war noch vor Bekanntwerden der Tat im Juni wegen Persönlichkeitsstörungen unehrenhaft aus der Armee entlassen worden.
  • Bei einer Razzia in Bagdad haben amerikanische und irakische Soldaten einen Berater des radikalen schiitischen Predigers Muktada al Sadr festgenommen. Wie Vertraute Al Sadrs am 19. Jan. mitteilten, wurde Scheich Abdul-Hadi al Darradschi in der Nacht in einer Moschee gefangen genommen. Einer seiner Leibwächter sei getötet worden. Die US-Streitkräfte meldeten die Festnahme eines Anführers einer illegalen bewaffneten Gruppe, ohne einen Namen zu nennen. Al Darradschi gilt als ein enger Berater Al Sadrs und dessen Mediendirektor für Bagdad.
  • Zum zweiten Mal seit seinem Amtsantritt vor einem Monat ist US-Verteidigungsminister Robert Gates am 19. Jan. in den Irak gereist. Gates wollte in Basra dem scheidenden Kommandeur der Koalitionstruppen im Irak, US-General George W. Casey, sowie dem britischen Kommandeur Jonathan Shaw die neue Irak-Strategie von US-Präsident George W. Bush erläutern, die eine Truppenaufstockung vorsieht. Vor seiner Ankunft in Basra hatte Gates in mehreren Golfstaaten für Bushs neue Irak-Strategie geworben. Eine Weiterreise von Gates in die rund 550 Kilometer nördlich gelegene Hauptstadt Bagdad, wo derzeit etwa 17.500 US-Soldaten stationiert sind, war nicht vorgesehen.
  • Bei einem Bombenanschlag im Norden Bagdads wurde am 20. Jan. ein amerikanischer Soldat getötet. Ein weiterer Soldat wurde verletzt, wie die US-Streitkräfte mitteilten. Bereits am 19. Jan. kostete die Explosion eines am Straßenrand gelegten Sprengsatzes in der Provinz Ninive einen US-Soldaten das Leben. Ein Marineinfanterist erlag am 19. Jan. den Verletzungen, die er sich während eines Einsatzes in der Provinz Anbar zugezogen hatte, die als Hochburg des sunnitischen Widerstands gilt. Seit Beginn des Kriegs im März 2003 kamen nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AP mindestens 3.033 Angehörige der US-Streitkräfte im Irak ums Leben.
  • Wegen einer US-Razzia in einem iranischen Regierungsbüro in der nordirakischen Stadt Erbil wandte sich der Iran an die Vereinten Nationen. In einem Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte der stellvertretende iranische UN-Botschafter Mehdi Danesch Jasdi am 19. Jan. die Razzia sowie die Festnahme von fünf Iranern und forderte eine entschiedene Reaktion der Vereinten Nationen und insbesondere des Weltsicherheitsrats. Das amerikanische Vorgehen eine Woche zuvor bezeichnete Danesch Jasdi als weitere eklatante Verletzung der grundlegenden Prinzipien des Völkerrechts und diplomatischer Konventionen. Nach Darstellung Teherans handelt es sich bei der betreffenden iranischen Einrichtung in Erbil um ein Konsulatsgebäude. Die fünf Festgenommenen hätten Konsulararbeiten im Irak erledigt und seien offiziell tätig gewesen. Die Amerikaner erklärten hingegen, die Festgenommenen stünden in Verbindung zur Kuds-Fraktion der iranischen Revolutionsgarden, die Extremisten im Irak mit Geld und Waffen unterstütze. (siehe oben: 11. und 14. Jan.)
  • Eine Eliteeinheit der irakischen Polizei hat am 20. Jan. in Bagdad 15 mutmaßliche Aufständische getötet und fünf weitere festgenommen. Die Razzia im Stadtteil Dora richtete sich gegen eine militante sunnitische Gruppierung namens Omar-Brigade, wie ein Sprecher des Innenministeriums mitteilte.
  • Beim Absturz eines US-Militärhubschraubers im Irak sind am 20. Jan. 13 Soldaten getötet worden. Wie eine Sprecherin der US-Armee in Bagdad mitteilte, war die Maschine am Nachmittag im Nordosten der irakischen Hauptstadt abgestürzt. Zur Unglücksursache wurde zunächst nichts bekannt. Bei den Todesopfern handelt es sich den Angaben zufolge um vier Mitglieder der Besatzung und neun Passagiere.
  • Im Rahmen der angekündigten Truppenverstärkung im Irak sind in Bagdad 3.200 zusätzliche US-Soldaten eingetroffen. Die Soldaten sollten die irakischen Sicherheitskräfte dabei unterstützen, stragetisch wichtige Bezirke der Hauptstadt unter Kontrolle zu halten, erklärte US-General Ray Odierno am 21. Jan. in Bagdad. Die zusätzlichen Truppen seien diese Woche angekommen und sollten ab 1. Februar eingesetzt werden, um die Sicherheitslage für die Bevölkerung in der Hauptstadt zu verbessern.
  • Die Bewegung des radikalen Schiitenführers Moktada Sadr will sich offenbar wieder am politischen Prozess im Irak beteiligen. Die Schiitenbewegung wolle ihren seit Ende November andauernden Boykott der Regierungsbeteiligung aufgeben, erklärte der Abgeordnete Saleh Hassan Issa el Ogaili, ein Mitglied der Bewegung Sadrs, am 21. Jan. Mit dem Parlament sei eine Übereinkunft unterzeichnet worden, wonach ein Terminplan zum Abzug der US-Truppen erörtert werden solle. Die Bewegung habe ferner verlangt, an der Entscheidung über die Aufstellung irakischer Sicherheitskräfte künftig beteiligt zu werden. Zudem solle die Regierung nicht mehr über eine Verlängerung des Mandats der US-geführten Koalitionstruppen entscheiden, ohne dem Parlament darüber Bericht zu erstatten. Die Bewegung bezeichnet die Koalitionstruppen als Besatzer.
  • Die irakische Polizei hat am 21. Jan. in Mossul drei Iraner festgehalten. Ein Sprecher erklärte, sie seien am Vortag ohne Pässe mit einem kurdischen Fahrer unterwegs gewesen. Die Männer gaben den Angaben zufolge an, sie hätten die Erlaubnis gehabt, in der von den Kurden kontrollierten Region im Norden des Landes zu reisen, und seien irrtümlich in das Stadtgebiet von Mossul geraten. Dem irakischen Außenministerium war der Vorfall zunächst nicht bekannt.
  • Bei Kämpfen in der irakischen Provinz Anbar sind nach US-Militärangaben vom 21. Jan. fünf amerikanische Soldaten getötet worden. Die Gefechte in der Hochburg des sunnitischen Widerstands waren bereits am 20. Jan. (Siehe hierzu auch eine Meldung vom 27. Jan. weiter unten.) Damit kamen mindestens 24 US-Soldaten im Irak am 20. Jan. ums Leben, zwölf davon bei einem Hubschrauberabsturz.
Montag, 22. Januar, bis Sonntag, 28. Januar
  • Das US-Militärkommando in Falludscha teilte am 22. Jan. mit, in der westirakischen Provinz Anbar seien am 21. Jan. zwei amerikanische Soldaten von Aufständischen getötet worden. Damit stieg die Zahl der ausländischen Soldaten, die an diesem Wochenende (20./21.Jan.) im Irak ums Leben gekommen sind, auf 25. Bei den Toten handelt es sich um 24 Amerikaner und einen Briten.
  • Zwei Selbstmordattentäter haben am 22. Jan. auf einem belebten Markt in der Innenstadt von Bagdad mindestens 74 Menschen mit in den Tod gerissen. Das berichtete der Nachrichtensender Al-Arabija unter Berufung auf Krankenhausärzte. Nach Angaben von Augenzeugen zündeten die Attentäter kurz hintereinander ihre Bomben, die in zwei Autos versteckt waren. Auf dem Markt im Viertel Bab al-Schargi hätten sich zum Zeitpunkt der Explosionen viele Menschen aufgehalten. Die Polizei sprach zunächst von mindestens 28 Toten und 58 Verletzten.
  • Bei einem weiteren Doppelanschlag im Irak sind am 22. Jan. zwölf Menschen getötet und weitere 29 verletzt worden. Die beiden Anschläge ereigneten sich nach Angaben aus Sicherheitskreisen fast zeitgleich in Chales rund 80 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bagdad. Dabei seien eine Bombe explodiert und eine Mörsergranate abgefeuert worden, hieß es.
  • Der Iran und Syrien treten gemeinsam für eine Regionalkonferenz zum Irak ein. Der iranische Außenminister Manuschehr Mottaki sagte am 22. Jan. auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem syrischen Kollegen Walid Muallem in Teheran, beide Länder wollten der irakischen Regierung und den Nachbarstaaten vorschlagen, eine entsprechende Konferenz auf Ebene der Außenminister in Bagdad abzuhalten.
  • Zwei Tage nach dem Absturz eines US-Militärhubschraubers mit zwölf Insassen im Irak haben sich die Anzeichen dafür verdichtet, dass die Maschine abgeschossen worden sein könnte. Der Black-Hawk-Helikopter sei möglicherweise von einer Rakete getroffen worden, sagte ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums am 22. Jan. in Washington. Das Geschoss könnte von einem tragbaren Raketenwerfer abgefeuert worden sein.
    Das El-Kaida-Netzwerk von Osama bin Laden hat sich am 22. Jan. zum Abschuss eines US-Militärhubschraubers im Irak bekannt. Der irakische Zweig der Organisation schrieb auf seiner Internetseite, er sei für den Abschuss der Maschine vom Typ Blackhawk verantwortlich, bei dem am 20. Jan. nordöstlich von Bagdad alle zwölf Insassen ums Leben gekommen waren.
  • Im Irak sind in den vergangenen sechs Wochen nach US-Angaben mehr als 600 Mitglieder der radikalen Miliz des Schiitenführers Moktada Sadr festgenommen worden. Unter den Festgenommenen befänden sich 16 Kommandeure dieser als Mehdi-Armee bekannten Miliz, teilte das US-Militär am 22. Jan. in Bagdad mit. Ein hochrangiges Mitglied der Bewegung sei bei Razzien in den vergangenen 45 Tagen getötet worden. Insgesamt hätten Einheiten der US-geführten Koalitionstruppen und irakische Sicherheitskräfte in diesem Zeitraum 52 Einsätze gegen schiitische Milizen geführt. In derselben Zeit seien 42 Razzien gegen sunnitische Rebellen ausgeführt worden, bei denen 33 hochrangige Verdächtige festgenommen wurden.
  • Umfrage:
    Das Ansehen der USA in der Welt ist in den vergangenen Jahren deutlich gesunken, wie eine am 23. Jan. veröffentlichte Umfrage der BBC ergab. Der Befragung von 26.000 Menschen in 25 Ländern für den BBC World Service zufolge haben nur noch 29 Prozent das Gefühl, dass die USA einen hauptsächlich positiven Einfluss auf die Welt ausüben. Ein Jahr zuvor waren es noch 36 Prozent, vor zwei Jahren 40 Prozent. 49 Prozent der Befragten waren der Ansicht, dass die USA eine vor allem negative Rolle spielen. Auch in den USA ist dabei der Anteil derjenigen, die ihr Land vor allem als positive Kraft sehen, auf 57 Prozent gesunken. Vor einem Jahr waren es noch 63 Prozent, vor zwei Jahren 71 Prozent. Besonders groß ist international die Unzufriedenheit mit der Irak-Politik von Präsident George W. Bush: 73 Prozent sind damit nicht einverstanden. Aber auch die US-Haltung zum iranischen Atomprogramm wird von 60 Prozent kritisiert, Bushs-Klimapolitik sehen 56 Prozent negativ. Am positivsten ist das Bild von den USA in Afrika, vor allem wegen der großzügigen finanziellen Unterstützung, wie es hieß.
    Die Meinungsforscher von GlobeScan befragten für die Umfrage jeweils 1.000 Menschen in Argentinien, Australien, Ägypten, Brasilien, Chile, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Ungarn, Indien, Indonesien, Italien, Kenia, Libanon, Mexiko, Nigeria, den Philippinen, Polen, Portugal, Russland, Südkorea, der Türkei, den Vereinigten Arabischen Emiraten und in den Vereinigten Staaten.
  • In Bagdad sind 17 Palästinenser entführt worden. Wie das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) in Genf mitteilte, erschienen die Täter am 23. Jan. in irakischen Polizeiuniformen vor einem Gebäude in der irakischen Hauptstadt und entführten die Palästinenser, die sich dort in der Obhut des UNHCR aufhielten. UNHCR-Sprecher Ron Redmond äußerte sich besorgt über den Zwischenfall. Das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen kümmert sich um rund 15.000 Palästinenser, die in Bagdad leben. Vor dem Irak-Krieg waren es noch etwa doppelt so viel. (Siehe hierzu auch weiter oben unsere Chronik vom 17. Jan. und unseren Beitrag: "2006 starben in Irak mehr als 34.000 Zivilpersonen".)
  • Bei Bombenanschlägen in Bagdad sind am 23. Jan. mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen. Die Explosion eines Sprengsatzes im schiitischen Stadtteil Karradah tötete vier Iraker, darunter einen sieben Jahre alten Jungen. Eine Zivilperson verlor bei einem Attentat nahe des Finanzministeriums das Leben, wie die Polizei mitteilte.
    Die US-Streitkräfte meldeten zudem den Tod von zwei weiteren Soldaten.
  • Der designierte Kommandeur der US-Streitkräfte im Irak, David Petraeus, hat versprochen, nicht die Wirklichkeit zu verschweigen, falls die neue Irak-Strategie der US-Regierung scheitere. Wenn die Strategie keinen Erfolg habe, werde er dies sagen, verkündete der General am 23. Jan. im Streitkräfteausschuss des Senats in Washington. "Der Weg vor uns wird weder schnell noch einfach sein und es wird zweifellos schwierige Zeiten geben", sagte Petraeus. "Ich kann Ihnen nur die Versicherung geben, dass ich mein bestes tun werde, falls ich bestätigt werde."
  • Beim neuerlichen Absturz eines US-Hubschraubers sind in der irakischen Hauptstadt Bagdad fünf Menschen ums Leben gekommen. Der Helikopter der privaten Sicherheitsfirma Blackwater USA sei am Vormittag des 23. Jan. aus zunächst ungeklärter Ursache über Bagdad abgestürzt, teilte das US-Verteidigungsministerium in Washington mit. Eine schnelle Eingreiftruppe und Mitarbeiter der Firma Blackwater hätten an der Absturzstelle die Leichen von fünf Insassen gefunden. Zu deren Identität wurden zunächst keine Angaben gemacht.
    Später hieß es: Nach dem Absturz eines US-Hubschraubers in Bagdad sind offenbar vier Amerikaner an Bord aus nächster Nähe mit einem Schuss in den Hinterkopf getötet worden. Der Hubschrauber sei über einem umkämpften Stadtteil mit einem Maschinengewehr abgeschossen worden, teilte ein irakischer Offizier weiter mit. In Washington sagte ein Militärsprecher, es gebe keinen Hinweis auf einen Abschuss. Bestätigt wurden hingegen die Angaben, dass vier der insgesamt fünf toten Amerikaner eine Schussverletzung im Hinterkopf aufwiesen.
  • Einen Tag nach dem Anschlag auf einen vorwiegend von Schiiten besuchten Markt in Bagdad ist auch in Kirkuk eine Bombe auf einem Markt explodiert. Laut Polizei wurden 17 Menschen verletzt, darunter mehrere Kinder. Die Autobombe detonierte am 23. Jan. in einem Viertel, in dem arabische und turkmenische Schiiten leben.
  • US-Präsident George W. Bush sieht in den letzten beiden Jahren seiner Amtszeit kein Ende des amerikanischen Engagements im Irak ab. Dieses sei notwendig, weil bei einem Scheitern im Irak kommende Generationen von Amerikanern dafür bezahlen müssten. So lautet eine der Kernbotschaften seiner Rede zur Lage der Nation, die Bush am 23. Jan. vor dem Kongress in Washington hielt. Trotz eines Rekordtiefs seiner Popularität in den USA strebt Bush weiterhin einen "Sieg" im Irak an. (Hier geht es zur Rede des US-Präsidenten: "Lassen Sie uns entschlossen die Ereignisse in einen Sieg verwandeln".)
  • Der amerikanische Präsident George W. Bush ist mit seiner Rede zur Lage der Nation auf scharfe Kritik im Kongress gestoßen. Kaum war der Applaus unter der Kuppel des Kapitols verhallt, kündigten die Oppositionsführer der Demokraten, Nancy Pelosi und Harry Reid, ihren Widerstand gegen die Irak-Politik des Präsidenten an. Mindestens acht Senatoren aus Bushs Republikanischer Partei wollen eine entsprechende Entschließung unterstützen, wie am 24. Jan. in Washington verlautete.
  • Frankreich hat mit scharfer Kritik auf die jüngsten Äußerungen von US-Präsident George W. Bush zum weiteren Vorgehen im Irak reagiert. Bush denke, "dass es eine militärische Lösung für das irakische Problem gibt", sagte Außenminister Philippe Douste-Blazy am 24. Jan. im Nachrichtensender LCI. "Bisher ist dies gescheitert; es gibt einen Bürgerkrieg." Die Franzosen glaubten "beinahe genau das Gegenteil", fügte Douste-Blazy hinzu: "Wir denken, dass ein politischer Prozess erforderlich ist." Auf die Frage nach einem Rückzug der US-Truppen im Irak sagte der französische Außenminister, es sei an den Amerikanern, einen Zeitplan festzulegen. "Offensichtlich" könne es keinen zivilen Frieden geben, solange das Land nicht volle Souveränität genieße.
  • Der außenpolitische Ausschuss des US-Senats hat sich gegen die von Präsident George W. Bush verkündete neue Irak-Strategie ausgesprochen. Bushs Pläne, die unter anderem die Entsendung von zusätzlich 21.500 US-Soldaten vorsehen, stünden "im Gegensatz zum nationalen Interesse der Vereinigten Staaten", heißt es in einer am 24. Jan. in Washington verabschiedeten Entschließung. Die Resolution, die auf einem von demokratischen und republikanischen Senatoren eingebrachten Entwurf basierte, wurde mit zwölf zu neun Stimmen angenommen. Dabei gab auch der republikanische Senator Charles Hagel seine Zustimmung zu dem Text.
  • Die US-Regierung verfügt nach eigenen Angaben über Beweise für die Arbeit iranischer Geheimdienstagenten im Irak. "Es gibt solide Beweise dafür, dass iranische Agenten (...) mit Personen und Gruppen im Irak zusammenarbeiten", sagte laut AFP vom 25. Jan. der Sprecher des US-Außenministeriums, Sean McCormack. Er verwies auf die Festnahme von fünf Iranern am 11. Januar in einem iranischen Verbindungsbüro im nordirakischen Erbil. Die Festgenommenen seien keine Diplomaten, sagte McCormack. Die Männer seien noch immer in Gewahrsam. Der US-Außenamtssprecher wollte keine Angaben dazu machen, ob die US-Behörden Beweise auch dafür hätten, dass der Iran Sprengsätze an die irakischen Aufständischen liefere. "Etwas muss nicht notwendigerweise im Iran gebaut sein, um eine Bedrohung der US- oder britischen Truppen durch das iranische Regime darzustellen. (...) Man kann das Know-how liefern. Man kann andere Leute im Irak ausbilden, um das zu tun." Er vermute, dass der Iran seine Spuren verwische. So werde auf den im Irak eingesetzten Sprengsätzen kein "Made in Iran"-Hinweis angebracht sein. McCormack kündigte die Veröffentlichung von mehr Informationen zu den US-Informationen über die Aktivitäten Teherans im Nachbarland an. "Ich erwarte, dass wir in der nahen Zukunft ein bisschen mehr öffentlich machen - in dem Ausmaß, in dem wir mit Geheimdienstinformationen umgehen", sagte der Ministeriumssprecher.
  • Die irakische Regierung will die anhaltende Gewalt in Bagdad mit einer neuen Großoffensive in den Griff bekommen. Für die Aufständischen werde es keinen sicheren Ort mehr geben, sagte Ministerpräsident Nuri al-Maliki am 25. Jan. vor dem Parlament. Der Einsatz mit Unterstützung der 21.500 Soldaten, die die USA zusätzlich in den Irak schicken wollen, werde sich gleichermaßen gegen sunnitische wie schiitische Extremisten richten.
    Im Zentrum von Bagdad dauerten die heftigen Straßenkämpfe zwischen amerikanischen und irakischen Soldaten auf der einen und sunnitischen Aufständischen auf der anderen Seite weiter an. Scharfschützen verschanzten sich auf Dächern von Hochhäusern und lieferten sich Schießereien mit an Fenstern postierten Rebellen. Die US-Streitkräfte setzten auch Kampfhubschrauber vom Typ Apache ein. Über dem Stadtteil an der Haifa-Straße am Westufer des Tigris stiegen dunkle Rauchwolken auf. Die US-Streitkräfte meldeten den Tod eines Soldaten; ob dieser mit den Kämpfen an der Haifa-Straße in Zusammenhang stand, war jedoch zunächst nicht bekannt.
    Der irakische Regierungssprecher Ali al Dabbag sagte, Ziel der Offensive sei es, die Haifa-Straße "von Terroristen und Gesetzlosen zu säubern". Nach Angaben des irakischen Verteidigungsministeriums wurden 30 Aufständische getötet und 27 gefangen genommen. Ein US-Militärsprecher teilte mit, bei der Militäraktion mit der Bezeichnung "Tomahawk Strike II" seien auch schwere Waffen beschlagnahmt worden.
  • Beim blutigsten Bombenanschlag am 25. Jan. riss ein Selbstmordattentäter im Zentrum von Bagdad mindestens 25 Menschen mit den Tod. 50 weitere wurden dabei in dem überwiegend von Schiiten bewohnten Viertel Karradah verletzt, wie die Polizei mitteilte.
    Wenige Stunden zuvor kamen bei der Explosion einer an einem Motorrad festgeschnallten Bombe mindestens vier Menschen ums Leben.
    18 Besucher eines offenen Marktes im Bezirk Schorja wurden nach Polizeiangaben verletzt.
    Bei Anschlägen auf einen weiteren Markt im Westen der Hauptstadt wurden drei Menschen getötet und elf verletzt.
  • US-Soldaten dürfen künftig iranische Agenten im Irak töten. Wie die Zeitung "Washington Post" am 26. Jan. berichtete, gilt für die US-Truppen fortan der Befehl "kill or capture" (töten oder gefangen nehmen). Die von US-Präsident George W. Bush im vergangenen Jahr autorisierte Anweisung betreffe iranische Geheimdienstmitarbeiter und Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden. Zivilisten und Diplomaten fielen nicht unter die "neue aggressive Strategie", die Teherans Einfluss im Nahen Osten schwächen und zur Aufgabe seines Atomprogramms zwingen solle, hieß es in dem Bericht.
  • Der US-Senat hat am 26. Jan. einstimmig den Generalleutnant David Petraeus als neuen Stabschef im Irak bestätigt. Der 54-Jährige wird damit Nachfolger von George Casey, den Präsident George W. Bush wie andere führende Generäle in der Golfregion im Zuge seiner neuen Irak-Strategie auswechselte. Petraeus war federführend am Ausbildungsprogramm für irakische Sicherheitskräfte beteiligt.
  • Widerstand im US-Kongress gegen die von Präsident George W. Bush geplante Truppenverstärkung im Irak ermutigt nach Ansicht von Verteidigungsminister Robert Gates den Gegner. In seiner ersten Pressekonferenz im Amt erklärte Gates am 26. Jan. zugleich, das Pentagon prüfe eine beschleunigte Entsendung der fünf für den Einsatz vorgesehenen Heeresbrigaden. Nach der bisherigen Planung soll ihre Entsendung nach Bagdad im Mai abgeschlossen sein. Insgesamt sollen nach Bushs Plänen 21.500 zusätzliche US-Soldaten im Irak für mehr Sicherheit sorgen. Das Vorhaben ist im Kongress, in dem seit diesem Monat die Demokraten die Mehrheit haben, umstritten. Der Senat plant in der kommenden Woche eine Debatte über eine nicht bindende Resolution gegen die geplante Entsendung. Gates erklärte, es sei klar, dass eine solche Resolution, die dem zuständigen General die nötigen Mittel für einen Erfolg abspreche, "den Feind und unsere Gegner ermutigt". Gates bezog sich damit auf Generalleutnant David Petraeus.
  • Ein Bombenanschlag auf einen Tiermarkt im Zentrum von Bagdad hat am 26. Jan. mindestens 14 Menschen das Leben gekostet. 62 weitere wurden verletzt, wie die Polizei mitteilte. Der Sprengsatz sei in einem Karton mit Tauben versteckt gewesen. Der Täter habe den Eierkarton abgestellt und sich etwas zu trinken geholt, dann sei die Bombe explodiert. Auf dem Markt Suk al Ghasl verkaufen Bauern und Händler ihre Tiere, darunter Hunde, Katzen, Schafe, Ziegen oder exotische Tiere wie Schlangen und Affen.
  • Die US-Streitkräfte meldeten am 26. Jan. den Tod eines weiteren Soldaten. Der Amerikaner sei bei Kämpfen in der Unruheprovinz Anbar westlich von Bagdad getötet worden, hieß es. Damit stieg die Zahl der seit Beginn des Irak-Kriegs im März 2003 getöteten US-Soldaten laut einer Zählung der Nachrichtenagentur AP auf mindestens 3.070.
  • Die neue Präsidentin des US-Parlaments, Nancy Pelosi, hat am 26. Jan. überraschend gemeinsam mit Abgeordneten die irakische Hauptstadt Bagdad besucht. Dabei sei die Demokratin auch mit dem irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki zusammengetroffen, teilte ihr Büro in Washington mit. Außerdem habe sie Gespräche mit verschiedenen weiteren ranghohen Regierungsvertretern geführt. Pelosi lehnt den Irak-Krieg ab.
  • Wegen Vergehen im Verhörzentrum des irakischen Gefängnisses Abu Ghraib wird der bislang ranghöchste Offizier in den USA vor ein Kriegsgericht gestellt. Oberstleutnant Steven Jordan muss sich vom kommenden Dienstag an (30. Jan.) wegen acht Vergehen verantworten, darunter Grausamkeit und Misshandlung von Gefangenen, wie die US-Militärführung am 26. Jan. mitteilte. Die mögliche Höchststrafe beträgt 22 Jahre. Der 50jährige Jordan war im Herbst 2003 Leiter des Verhörzentrums, wo sich Gefangene nackt ausziehen mussten, sexuell gedemütigt und geschlagen wurden.
  • Susan Sarandon hat die Kandidaten für die US-Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr (2008) aufgefordert, eine Kampagne zur Beendung der Besetzung des Iraks zu unterstützen. Die Kriegsgegnerin war von der kürzlichen Rede zur Lage der Nation des Präsidenten George W. Bush und seinem Aufruf, "seinen Truppen eine Chance zu geben", alles andere als beeindruckt. Sie unterstützt stattdessen Pläne, dass die US-Streitkräfte innerhalb eines halben Jahres aus dem Irak abgezogen werden. Sarandon: "Er (Bush) hat mir nichts Neues erzählt, aber wir möchten alle zukünftigen Kandidaten bitten, jeden, der kandidieren will, das in ihre Kampagnen aufzunehmen." Am Wochenende (27./28. Januar 07) nimmt sie mit Sean Penn und ihrem Partner Tim Robbins an einer Demonstration in Washington gegen den Irakkrieg teil. (yahoo.Nachrichten, 26. Jan.)
  • Zehntausende Menschen haben in Washington für einen Truppen-Abzug aus dem Irak und gegen die Politik von US-Präsident George W. Bush demonstriert. Die aus dem ganzen Land angereisten Demonstranten versammelten sich am Fuße des Kapitols und forderten in ihren Parolen den US-Kongress auf, für ein Ende des Krieges zu stimmen. "Schickt die Truppen nach Hause zurück - jetzt!", hieß es auf vielen Plakaten. Die Demonstranten forderten den Kongress zur Verabschiedung einer verbindlichen Resolution auf, mit der die Gelder für den Irak-Krieg gestoppt werden sollen. Zu den mehr als ein Dutzend Rednern der Kundgebung zählten Hollywood-Stars wie Susan Sarandon und Tim Robbins, Kriegsveteranen, Friedensaktivisten, religiöse Führer sowie Bürgerrechtler wie der Afroamerikaner Jesse Jackson. "Während wir uns hier versammeln, sterben unsere amerikanischen Mitbürger", rief der Schauspieler Sean Penn der Menge zu. Die Schauspielerin Jane Fonda, die in den 70er Jahren wegen ihres Engagements gegen den Vietnam-Krieg in Misskredit geraten war, beteiligte sich zum ersten Mal seit 34 Jahren wieder an einer Friedensdemonstration. "Schweigen ist keine Option mehr", sagte die 69-Jährige.
    Anders als bei bisherigen Massendemonstrationen gegen den Irak-Krieg richteten sich die Slogans nicht so sehr gegen den Präsidenten, sondern an den US-Kongress, in dem neuerdings die Demokraten die Mehrheit haben. Den Präsidenten kümmere es nicht, was die US-Bürger dächten, sagte der Sprecher der Organisatoren, Hany Khalil. Hingegen habe der Kongress die Macht, den Irak-Krieg zu beenden.
    Nach einer im Magazin "Newsweek" veröffentlichten Umfrage sind nur 30 Prozent der Bürger mit der Arbeit des Präsidenten noch zufrieden; 58 Prozent wünschen sich hingegen ein sofortiges Ende seiner Amtszeit.
  • Im Irak sind am 27. Jan. durch Anschläge 23 Menschen ums Leben gekommen und außerdem die Leichen von 40 Ermordeten gefunden worden. Wie die Sicherheitskräfte am Abend mitteilten, wurden alleine bei einem Doppelanschlag in Bagdad 15 Menschen getötet und 55 verletzt. Damit erhöht sich die Zahl der Menschen, die innerhalb einer Woche bei Anschlägen und anderen Gewalttaten in der irakischen Hauptstadt getötet wurden, auf mindestens 180.
  • Das US-Militär korrigierte am 27. Jan. eigene Angaben zum Tod von vier US-Soldaten im Irak (siehe oben: 21. Jan.) und wies auf eine "Sicherheitslücke" beim Schutz der US-Truppen hin. Tatsächlich seien die vier Männer nicht bei einem Überfall in der Schiiten-Stadt Kerbela ums Leben gekommen, sondern entführt und später erschossen worden, erklärte die Armee. Der Sprecher der multinationalen Truppe in Bagdad, Oberstleutnant Scott Bleichwehl, sagte, die Präzision des Angriffs und die verwendete Ausrüstung legten nahe, dass der Überfall sehr gut geplant gewesen sei. Nach Armeeangaben konnten die Angreifer am 20. Januar mehrere irakische Kontrollposten passieren, weil sie sich mit ähnlichen Waffen und Uniformen wie die US-Armee ausgestattet hatten. Der Konvoi aus fünf Fahrzeugen habe keinen Verdacht erregt. Etwa ein dutzend Bewaffnete hätten dann in Kerbela eine Lagebesprechung irakischer und US-Soldaten mit Automatikwaffen und Granaten angegriffen. Dabei sei ein US-Soldat vor Ort getötet worden. Vier weitere seien von den Angreifern verschleppt worden. Der Konvoi habe mit den Geiseln im Auto erneut einen irakischen Kontrollposten passiert. Die Sicherheitsleute hätten allerdings Verdacht geschöpft und seien den Fahrzeugen gefolgt. Sie hätten später drei der Verschleppten tot aufgefunden. Der vierte habe einen Kopfschuss gehabt und sei kurz darauf verstorben. Ursprünglich hatte die Armee lediglich mitgeteilt, fünf US-Soldaten seien während des Angriffs mutmaßlicher schiitischer Milizen getötet worden.
  • Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat angesichts von kurdischer Bestrebungen, die nordirakische Stadt Kirkuk in die autonomen Kurdengebiete einzugliedern, vor einem "großen Bürgerkrieg" gewarnt. Kirkuk mit seinen reichen Ölvorkommen müsse einen Sonderstatus erhalten, sagte Erdogan in einem am 27. Jan. mit dem privaten Fernsehsender Kanal 7 geführten Interview. "Sie (die Stadt) gehört allen Irakern und eine Aneignung durch eine Volksgruppe ist abwegig", sagte der Regierungschef. Erdogan zeigte sich "tief besorgt" über die Möglichkeit eines Bürgerkriegs in der Stadt mit ihrem bunten Volksgruppengemisch. Die irakische Regierung forderte er auf, von dem Vorhaben eines Referendums über das Schicksal Kirkuks wieder Abstand zu nehmen.
  • Bei Anschlägen im Irak sind sieben US-Soldaten getötet worden. Wie die US-Armee am 27. Jan. in Bagdad mitteilte, bezieht sich diese Bilanz auf den 26. und 27. Jan. US-Soldaten seien an verschiedenen Stellen des Landes durch Bombenexplosionen angegriffen worden; dabei seien sieben von ihnen ums Leben gekommen, hieß es.
  • Die USA haben irritiert auf die Kritik des japanischen Verteidigungsministers am Irak-Krieg reagiert. Fumio Kyuma hatte am 24. Jan. erklärt, die Entscheidung der USA, den Irak wegen der dort vermuteten Massenvernichtungswaffen anzugreifen, sei ein Fehler gewesen. Über diplomatische Kanäle hätten die USA Japan zu verstehen gegeben, dass sie die Kritik sehr ernst nähmen, hieß es am 28. Jan. in japanischen Medienberichten. Japan ist der engste Verbündete der USA in Asien. Kyuma hat inzwischen auf Druck von Ministerpräsident Shinzo Abe versucht, sich von seinen Äußerungen zu distanzieren. Am 7. Jan. äußerte er sich allerdings kritisch über das Vorgehen der USA auf Okinawa, wo die US-Streitkräfte einen Stützpunkt verlegen wollen.
  • Bei neuen Gewalttaten im Irak sind am 28. Jan. bis zum Nachmittag mindestens zwölf Menschen getötet worden. In Bagdad erschossen Unbekannte einen Mitarbeiter des irakischen Industrieministers und drei seiner Begleiter, wie Sicherheitskräfte mitteilten. Der Berater von Minister Fausi Hariri sei zusammen mit seiner Tochter sowie dem Fahrer und einem Leibwächter in einen Hinterhalt geraten. Bewaffnete hätten im Viertel Jarmuk im Westen der irakischen Hauptstadt auf den Fahrzeugkonvoi von Adel Abdel Mohsen geschossen.
  • Ein Granatangriff auf eine Mädchenschule im Westen Bagdads hat am 28. Jan. vier Schülerinnen das Leben gekostet. Mehrere Projektile explodierten am späten Vormittag auf dem Schulhof im Stadtteil Adil. Fensterscheiben gingen zu Bruch, Glassplitter trafen die Kinder.
  • Während des schiitischen Aschura-Festes mit zahlreichen Pilgerprozessionen sind im Irak durch eine Offensive von US-Militärs und irakischen Sicherheitskräften am 28. Jan. etwa 300 Menschen ums Leben gekommen. Der Militäreinsatz gegen schiitische Milizionäre fand nach Angaben der Stadtverwaltung in der Nähe der südirakischen Pilgerstadt Nadschaf statt. Bei der Militäroffensive im Südirak seien 13 Verdächtige festgenommen worden, sagte der Sprecher des Gouverneurs, Ahmed Duaibel. Das Schicksal des mutmaßlichen Anführers der "Soldaten des Himmels" genannten Miliz, Ahmed Ibn el Hassan, sei nicht bekannt. Möglicherweise befinde er sich mit einem Teil seiner Anhänger auf der Flucht. Nach dem Milizenchef werde gefahndet. Bei Durchsuchungen seien zahlreiche zum Teil schwere Waffen sichergestellt worden. Die Lage sei nun ruhig, sagte der Gouverneur.
    Die Offensive begann am 28. Jan. in der Stadt Sarka, 20 Kilometer nördlich von Nadschaf. Irakische Soldaten gingen dabei unterstützt von US-Kampfflugzeugen und Hubschraubern gegen insgesamt etwa 500 schiitische Milizionäre vor. Beim Absturz eines US-Hubschraubers kamen nach US-Angaben zwei Insassen ums Leben. Drei irakische Polizisten wurden bei den Kämpfen getötet, 30 weitere verletzt. Ende Dezember hatte die US-Armee die Zuständigkeit für die Sicherheit in der Provinz Nadschaf an die Iraker übergeben.
    In Nadschaf wurden zudem fünf Menschen festgenommen, die verdächtigt wurden, ein Attentat geplant zu haben. Die Verdächtigen seien im Norden der Stadt gestellt worden, teilte der Gouverneur der Stadt Kerbala, Aki el Chasaali, mit. Sie hätten Sprengstoffgürtel getragen. Die Sicherheitsmaßnahmen in der Stadt seien nach einem Anschlag vor zehn Tagen, bei dem fünf US-Soldaten getötet wurden, verschärft.
  • Im Osten Bagdads nahe der Universität El Mustansirijah explodierte Die Bewerberin um die demokratische Präsidentschaftskandidatur, Hillary Clinton, hat US-Präsident George W. Bush aufgefordert, den Konflikt im Irak bis zum Ende seiner Amtszeit in zwei Jahren zu lösen. Bush habe angekündigt, er werde den Konflikt seinem Nachfolger im Weißen Haus überlassen, sagte Clinton am 28. Jan. bei einem Auftritt in Davenport im US-Bundesstaat Iowa, um dann fortzufahren: "Ich denke, das ist der Gipfel an Unverantwortlichkeit; und das ärgert mich." Erneut verteidigte sich die Senatorin von New York und Frau des ehemaligen Präsidentin Bill Clinton, weil sie ursprünglich für den Krieg im Irak gestimmt hatte. Sie habe damals nicht für einen "Präventivkrieg" gestimmt; der Präsident habe vielmehr "die Vollmacht missbraucht, die wir ihm gegeben haben".
Montag, 29. Januar, bis Mittwoch, 31. Januar
  • US-Präsident George W. Bush hat die iranische Regierung vor einer Einmischung in die Irak-Krise gewarnt. "Wenn der Iran seine militärischen Aktionen im Irak zum Schaden unserer Truppen und/oder unschuldiger Iraker eskalieren lässt, dann werden wir darauf hart antworten", sagte Bush in einem am 29. Jan. auszugsweise veröffentlichten Interview mit dem US-Radiosender NPR. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass Bush die US-Truppen im Irak zur Festnahme oder Tötung iranischer Einsatzkräfte im Irak ermächtigt hat. Die USA werfen Teheran vor, die Gewalt im Irak zu schüren.
  • Bei einer Protestaktion von Gegnern des Irak-Kriegs sind am 29. Jan. im US-Kongress neun Menschen festgenommen worden. Ihnen wurden Verstöße gegen das Versammlungsrecht vorgeworfen, wie die Polizei in Washington mitteilte. Insgesamt hatten sich mehrere Dutzend Demonstranten in den Gebäude des Repräsentantenhauses versammelt, um die Namen irakischer und amerikanischer Kriegsopfer zu verlesen. Zuvor waren in einem Senatsgebäude bereits etwa 100 Kriegsgegner zusammengekommen. Sie hielten Kinderschuhe hoch, um auf die minderjährigen Kriegsopfer im Irak aufmerksam zu machen.
  • Bei mehreren Anschlägen auf Schiiten sind im Irak mehr als zwanzig Menschen getötet worden. Ein Selbstmordattentäter tötete in einer Moschee in Dur Madali nordöstlich von Bagdad zwölf Menschen und verletzte weitere 40. Er hatte sich zu den Gläubigen gesellt, die das Aschura-Fest feierten. In der Nähe einer religiösen Stätte in Chanekin, 170 Kilometer nordöstlich von Bagdad, wurden durch eine Bombe elf schiitische Kurden getötet, 39 Menschen wurden verletzt. In der nordirkaischen Erdölstadt Kirkuk wurden durch Bomben elf Menschen verletzt.
    Die Schiiten gedenken am Aschura-Fest mit Trauerumzügen des Todes von Hussein, dem Enkel des islamischen Propheten Mohammed. Hussein und seine Anhänger wurden im Jahr 680 in der Schlacht bei Kerbela im Irak von den Truppen des sunnitischen Kalifen Yasid getötet.
    An den Feierlichkeiten in der Stadt Kerbela beteiligten sich bis zum 29. Jan. nach Angaben des Gouverneurs der gleichnamigen Provinz etwa 1,5 Millionen Pilger. In Kerbela befindet sich das Mausoleum von Imam Hussein. In der aufgeheizten Stimmung im Irak ist das Aschura-Fest ein besonders kritischer Zeitpunkt. Um die heiligen Stätten wurden starke Sicherheitskräfte zusammengezogen. (AFP, 30. Jan.)
  • Nach der Offensive in der irakischen Pilgerstadt Nadschaf hat die Regierung in Bagdad zum wiederholten Male ihre Angaben zur Zahl der dort Getöteten korrigiert. Bei der Offensive, die am 28. Jan. begonnen hatte und am 29. Jan. endete, seien 263 Menschen ums Leben gekommen. Das meldete der staatliche Fernsehsender Al-Irakija am 30. Jan. unter Berufung auf das Verteidigungsministerium. 210 weitere Menschen hätten Verletzungen erlitten. Außerdem habe die Polizei 392 Verdächtige festgenommen.
    Die von staatlicher Seite verbreiteten Informationen über die Gruppe im Raum Nadschaf, die nach Regierungsangaben mit Hilfe der US-Luftwaffe "vollständig zerschlagen wurde", sind bislang lückenhaft. Angeblich soll es sich um eine Sekte schiitischer Fanatiker handeln, die einen Angriff auf die in Nadschaf beheimatete Spitze des schiitischen Klerus geplant haben soll.
  • Bei einer Anschlagserie am letzten Tag des schiitischen Aschura-Festes (am 30. Jan.) sind im Irak mindestens 45 Menschen getötet worden. Allein in der Nähe von Baakuba kamen bei einem Selbstmordanschlag 23 Menschen ums Leben; 57 Gläubige wurden verletzt, als der Attentäter in einer schiitischen Moschee einen Sprengsatz zündete.
  • Der vermutlich künftige oberste Kommandeur im Irak, Admiral William Fallon, hat eine völlig neue Strategie für die Lösung des dortigen Konflikts gefordert. In einer Anhörung vor dem Streitkräfteausschuss des Senats sagte Fallon am 30. Jan., es seien "neue und andersartige Maßnahmen" erforderlich, um die Sicherheitslage zu verstärken und politische Versöhnung zu fördern. "Was wir gemacht haben, hat nicht funktioniert", kritisierte der Admiral die bisherige Irak-Politik von US-Präsident George W. Bush. Fallon soll als oberster Kommandeur im Nahen Osten John Abizaid nachfolgen. Er sei sicher, dass die Lage im Irak in den Griff zu bekommen sei, erklärte er, "aber die Zeit ist kurz". Notwendig seien nicht nur ein militärischer Einsatz, sondern auch politische und wirtschaftliche Maßnahmen.
  • Im Rechtsstreit um den dänischen Kriegseinsatz im Irak hat Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen eine Zeugenaussage abgelehnt. "Ich habe nicht die Absicht, das zu tun", sagte Rasmussen am 30. Jan. in Kopenhagen. Eine Gruppe mit dem Namen "Verfassungskomitee 2003" will Rasmussens Regierung vor Gericht nachweisen, dass sie mit dem Einsatz dänischer Soldaten bei dem US-geführten Einmarsch in den Irak 2003 gegen die Verfassung verstoßen hatte. Ein Gericht in der dänischen Hauptstadt begann am 29. Jan. mit Anhörungen, um in der Folge über eine Klageerhebung gegen Rasmussen als Vertreter der Regierung zu entscheiden.
  • Wegen der religiösen Unruhen und der zunehmenden Kriminalität steigt die Zahl der Binnenflüchtlinge im Irak jeden Tag um durchschnittlich etwa tausend Menschen. Seit dem Anschlag auf das schiitische Mausoleum von Samarra im Februar 2006 hätten etwa 360.000 Menschen ihre Häuser und Wohnungen verlassen und seien in andere irakische Regionen gezogen, heißt es in einer Studie der Internationalen Organisation für Migration (IOM), die am 30. Jan. in Washington vorgestellt wurde. Angesichts der blutigen Auseinandersetzungen zwischen Schiiten und Sunniten flüchteten sich die Menschen aus den "gemischten Zonen", um in "homogeneren" religiösen Gebieten zu leben, sagte Dana Graber, die für die Studie verantwortlich ist.
  • Der Chef des russischen Sicherheitsrates, Igor Iwanow, hat einen Zeitplan für den Rückzug der ausländischen Truppen aus dem Irak gefordert. Die Situation dort sei "unerträglich", sagte er am 30. Jan. vor Journalisten in Moskau. "Gespräche mit den legitimierten Repräsentanten des irakischen Volkes müssen geführt werden, um Maßnahmen für die Zukunft zu beschließen, der einen Zeitplan für den Rückzug der Besatzungstruppen miteinschließt." Der Irak, die internationale Gemeinschaft und die Nachbarländer sollten an diesem Plan arbeiten, sagte er.
  • Irakische Sicherheitskräfte haben am 30. Jan. nördlich von Bagdad ein Führungsmitglied der Terrororganisation Al Kaida im Irak festgenommen. Regierungssprecher Ali al Dabbagh sagte dem staatlichen Fernsehsender Irakija, bei dem Toten handele es sich um den Chef der Gruppe in der Provinz Salahuddin. Zwei seiner Anhänger seien bei dem Einsatz in Beidschi, 250 Kilometer nördlich von Bagdad, ums Leben gekommen. Nach Angaben des Sprechers wurden 59 weitere Verdächtige festgenommen.
  • Die irakische Regierung bleibt bei zentralen politischen Reformvorhaben hinter den Erwartungen der USA zurück. Das geht aus einer Liste mit konkreten Vorhaben hervor, die US-Außenministerin Condoleezza Rice den führenden Senatoren des Streitkräfte-Ausschusses, dem Demokraten Carl Levin als Vorsitzenden und dem Republikaner John McCain, auf deren Anfrage am 30. Jan. vorlegte. Aus der Liste von Rice scheint hervorzugehen, dass die Regierung des schiitischen Ministerpräsidenten Nuri Al-Maliki keines der von September 2006 bis März 2007 gesteckten Reformziele vollständig umsetzen wird. Dazu gehören die Organisation von Regionalwahlen, ein Gesetz zur Verteilung des Ölreichtums und das Zurücknehmen von Maßnahmen, die Sunniten den Zugang zum öffentlichen Dienst verwehren.
    Levin und McCain bemängelten in einer schriftlichen Reaktion, dass in der Liste Details fehlten und ein von der US-Politik vorgegebenes Ziel ignoriert werde: Dass die Iraker bis November 2007 die Kontrolle über alle Provinzen übernehmen sollen. "Was der Brief von Außenministerin Rice mehr als deutlich macht ist, dass die Regierung nicht die Absicht hat, bedeutsame Konsequenzen für das andauernde Versagen der Iraker zu ziehen, ihre Verpflichtungen zu erfüllen", schrieben sie. "Was bereits gesagt wurde trifft immer noch zu: Wenn Amerika weitere Soldaten entsendet und die irakischen Führer einfach nur weitere Versprechungen machen, ist das kein Erfolgsrezept für den Irak."
    Rice schrieb den Senatoren, Präsident George W. Bush habe Al-Maliki und anderen irakischen Führern klar gemacht, dass das amerikanische Engagement nicht unbefristet sei. "Es ist wichtig, dass die irakische Regierung, mit unserer Hilfe aber unter ihrer Führung, nachprüfbare und erreichbare Ziele benennt."
  • Der US-Senator und Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten, Barack Obama, hat einen Rückzug der US-Kampftruppen aus dem Irak zwischen Mai dieses Jahres und März 2008 gefordert. Keine noch so große Zahl von US-Soldaten könne die "dem Bürgerkrieg zugrunde liegenden politischen Streitigkeiten" lösen, erklärte Obama am 30. Jan. US-Präsident George W. Bush habe im Irak eine gescheiterte "Politik der Eskalation" geführt. Er schlage daher einen stufenweisen Rückzug vor, um Druck auf die Iraker aufzubauen, eine politische Einigung zu finden und die Gewalt einzuschränken. Eine entsprechende Resolution Obamas soll in der kommenden Woche im Senat diskutiert werden.
  • Bei Kämpfen in der irakischen Provinz Anbar westlich von Bagdad sind drei US-Soldaten getötet worden. Wie die US-Streitkräfte am 31. Jan. mitteilten, erlagen sie am 30. Jan. den Verletzungen, die sie zuvor erlitten hatten. Anbar gilt als Hochburg von Aufständischen.
  • Die US-Regierung verdächtigt laut einem Medienbericht Teheran, hinter einem tödlichen Angriff auf US-Soldaten in der irakischen Stadt Kerbela im Januar zu stecken. Das Pentagon ermittele derzeit, ob die Angreifer, die mit ähnlichen Uniformen und Waffen wie die US-Armee ausgestattet waren, Iraner waren oder vom Iran ausgebildet wurden, wie der US-Nachrichtensender CNN am 31. Jan. unter Berufung auf US-Regierungskreise berichtete. Bei dem Anschlag am 20. Jan. (siehe unsere Chronik vom 21. Jan.) waren fünf US-Soldaten getötet worden.
  • Der Irak hat vorerst alle Flüge von und nach Syrien eingestellt und einen Grenzübergang mit dem Iran geschlossen, wie ein Parlamentsabgeordneter am 31. Jan. mitteilte. Die Maßnahmen stünden in Zusammenhang mit den Vorbereitungen für einen neuen Sicherheitsplan der Regierung, sagte Hassan al Sunneid, der dem Verteidigungsausschuss des Parlaments in Bagdad angehört.
  • Der Irak will mit seinen Nachbarstaaten bei einer Konferenz über Wege zur Verbesserung der Sicherheit des Landes beraten. Nach Angaben des irakischen Außenministeriums vom 31. Jan. wurden Einladungen für ein Treffen im März in Bagdad an den Iran, Jordanien, Kuwait, Saudi-Arabien, Syrien, die Türkei sowie Ägypten, Bahrain, die Arabische Liga und die Organisation der Islamischen Konferenz (OCI) gesandt. Die Konflikte zwischen Sunniten und Schiiten drohen, auch auf die Nachbarstaaten überzugreifen.
  • Iraks Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat die USA und den Iran indirekt kritisiert. Er forderte sie in einem CNN-Interview vom 31. Jan. auf, ihre Differenzen nicht auf dem Rücken seines Landes auszutragen. Der Irak sei nicht das Kampffeld für einen Stellvertreterkrieg und habe nichts mit den Auseinandersetzungen zwischen Washington und Teheran zu tun, so al-Maliki. Er forderte alle Länder auf, die Souveränität seines Landes zu respektieren.


Zurück zur "Chronik eines angekündigten Krieges"

Zur Irak-Seite (Gesamtverzeichnis)

Zurück zur Homepage