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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

Mai 2006

Montag, 1. Mai, bis Sonntag, 7. Mai
  • Drei Jahre nach einer später als voreilig kritisierten Rede von US-Präsident George W. Bush zum Ende der Mission im Irak befindet sich das kriegszerstörte Land nach Ansicht Washingtons endlich auf dem Weg zu mehr Stabilität und Demokratie. Mit der Wahl einer neuen Regierung der nationalen Einheit nach monatelangen Streitigkeiten habe der Irak eine wichtige Hürde genommen, sagte Bush am 1. Mai im Garten des Weißen Hauses. In dem Streben nach einem Sieg im Krieg gegen den Terror werde seine Regierung eng mit der neuen Führung im Irak zusammenarbeiten. "Wir sind auf dem Weg, unsere Mission zu vollenden und den Sieg zu erringen", betonte Bushs Sprecher Scott McClellan.
  • Nach dem jüngsten UNICEF-Bericht "Ernährungszeugnis" ("A Report Card on Nutrition"), der am 2. Mai der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, konzentrieren sich die Probleme der Unterernährung und des Mangels an lebenswichtigen Vitaminen und Mineralstoffen auf Kinder in Südasien und Afrika. In Bangladesch und Nepal seien 48 Prozent der Kinder unter fünf krankhaft untergewichtig, in Indien 47 Prozent. China dagegen habe es geschafft, den Anteil seiner unterernährten Kleinen von 19 Prozent in 1990 auf 8 Prozent in 2002 zu senken. Verschlechtert habe sich die Lage im Nahen Osten und Nordafrika, ganz besonders im Irak, Sudan und Jemen.
  • Bei der Explosion einer Bombe auf einem Großmarkt in Bagdad sind am 2. Mai mindestens zwei Iraker getötet worden. Fünf weitere wurden nach Polizeiangaben verletzt. Der Sprengsatz war in einem geparkten Kleinbus versteckt.
    Mehrere weitere Zivilpersonen in Bagdad wurden Opfer von Bombenanschlägen, die offenbar auf US-Soldaten oder irakische Sicherheitskräfte zielten. Ein Sprengsatz im Stadtviertel Dora verletzte drei irakische Soldaten.
    Nördlich von Bagdad entführten Bewaffnete drei Iraker, mindestens zwei Einwohner der irakischen Hauptstadt fielen Schüssen von vorüberfahrenden Angreifern zum Opfer.
    Auch am 2. Mai wurden wieder mehrere gefesselte Leichen gefunden.
  • Parlamentspräsident Mahmud Dawud Al Maschhadani rief im staatlichen Fernsehsender Irakija zu einem Ende der Gewalt und einer Zusammenarbeit aller Volksgruppen auf. "Es vergeht keine Stunde, ohne dass Iraker vom gewaltsamen Tod unserer Kinder und geliebten Menschen erschüttert werden", sagte der Sunnit Al Maschhadani am 2. Mai. Dem ein Ende zu setzen müsse für die neue Regierung an erster Stelle stehen.
  • Zwölf mutmaßliche Aufständische wurden im April vom zentralen irakischen Strafgericht wegen Mitgliedschaft in Terrorgruppen und ähnlicher Vorwürfe verurteilt, wie die US-Streitkräfte am 2. Mai mitteilten. Zwei der Männer seien der Verwicklung in Aktionen der Al Kaida schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
  • Angesichts der ungewissen Aussichten einer UN-Resolution zu Sanktionen gegen den Iran suchen die USA im Atomstreit nach anderen Wegen, Druck auf Teheran auszuüben. Sein Land sei dazu bereit, außerhalb eines UN-Mandats mit anderen Ländern eine Koalition für Sanktionen gegen Teheran zu bilden, sagte UN-Botschafter John Bolton im Repräsentantenhaus in Washington am 2. Mai.
  • Russland will sich womöglich um den Auftrag zum Bau von zwei weiteren Atomreaktoren im Iran bewerben. "Wir sind bereit, die Bedingungen zu prüfen, um uns um die Aufträge zu bewerben, die ausgeschrieben werden könnten", sagte der Chef der staatlichen russischen Firma Atomstrojexport, Wladimir Pawlow, am 2. Mai nach Angaben der Nachrichtenagentur ITAR-TASS. Sein Land verfüge über die Technik dazu. Der Iran will voraussichtlich in Kürze die Wettbewerbe für die beiden neuen Atomkraftwerke ausschreiben.
  • Deutsche Geiseln frei
    Nach 99 Tagen Geiselhaft im Irak sind die beiden deutschen Geiseln René Bräunlich und Thomas Nitzschke wieder in Freiheit: Die Ingenieure aus Sachsen kamen am 2. Mai im Irak unversehrt in sichere deutsche Obhut, wie Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Chile erklärte. Die beiden sollen schon am 3. Mai nach Deutschland zurückkehren. Der 32-jährige Bräunlich und der 28-jährige Nitzschke aus Leipzig waren am 24. Januar in der nordirakischen Stadt Beidschi von bewaffneten Männern verschleppt worden. Sie sollten im Auftrag des Anlagenbauers Cryotec aus Bennewitz bei Wurzen eine technische Anlage in einer Raffinerie errichten und an die Iraker übergeben. Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich "sehr erleichtert und erfreut". Im niedersächsischen Fallingbostel sagte sie, den Geiseln gehe es nach ihren Informationen den Umständen entsprechend gut. Ganz ausdrücklich wolle sie dem Krisenstab für seine Arbeit danken, aber auch den Bundesbürgern vor allem in Leipzig, weil diese die beiden Männer nicht vergessen hätten.
    Nach Informationen des Leipziger Oberbürgermeisters Burkhard Jung (SPD) befanden sich die beiden Männer am 2. Mai in Teheran. Jung sagte am Abend in Leipzig, er habe kurz nach 18 Uhr mit dem Sicherheitsstab im Auswärtigen Amt telefoniert.
    Nach ersten Informationen Steinmeiers sind beide Männer unversehrt und befinden sich in einem vergleichsweise stabilen Zustand. "Wir haben die Angehörigen der beiden Männer über den glücklichen Ausgang der Geiselnahme unterrichtet. Nach bangen und quälenden Wochen des Wartens, der Ungewissheit und der Angst hat die Entführung der beiden Leipziger nun das von uns allen so sehnsüchtig erhoffte Ende gefunden." Steinmeier bedankte sich bei allen, die zur Freilassung der beiden Leipziger beigetragen hätten, hauptsächlich beim Krisenstab des Auswärtigen Amtes sowie "bei unseren amerikanischen, europäischen und regionalen Partnern".
    Einzelheiten über den letzten Aufenthaltsort, die Umstände der Freilassung und die Frage, ob Lösegeld gezahlt wurde, wurden zunächst nicht bekannt.
  • Die Erklärung des deutschen Außenministers Steinmeier zur Geiselbefreiung im Wortlaut:
    "Ich freue mich sehr, Ihnen mitzuteilen, dass die beiden entführten Leipziger Thomas Nitzschke und René Bräunlich seit heute wieder in Freiheit sind. Nach mehr als drei Monaten unter menschenunwürdigen Bedingungen befinden sie sich jetzt in sicherer deutscher Obhut im Irak und werden - nach heutigem Stand der Planungen ­ schon morgen nach Deutschland zurückkehren.

    Nach ersten Informationen sind beide Männer unversehrt und befinden sich in einem den Umständen entsprechend stabilen Zustand. Sie werden gegenwärtig vor Ort betreut. Ich habe vor wenigen Minuten mit René Bräunlich und Thomas Nitzschke telefoniert und ihnen gesagt, wie glücklich wir sind, sie wieder in Freiheit zu wissen.

    Wir haben die Angehörigen der beiden Männer über den glücklichen Ausgang der Geiselnahme unterrichtet. Nach bangen und quälenden Wochen des Wartens, der Ungewissheit und der Angst hat die Entführung der beiden Leipziger nun das von uns allen so sehnsüchtig erhoffte gute Ende gefunden.

    Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen bedanken, die zur Freilassung der beiden Leipziger beigetragen haben: Bei den Mitarbeitern des Krisenstabes im Auswärtigen Amt, in der Botschaft Bagdad und unseren Botschaften in der Region, beim Bundesnachrichtendienst und Bundeskriminalamt, bei unseren amerikanischen, europäischen und regionalen Partnern, bei den Familien und Freunden von René Bräunlich und Thomas Nitzschke, die niemals den Mut verloren haben und sich in beispielhafter Weise an den Anstrengungen zur Freilassung der beiden Männer beteiligt haben, bei all jenen, die Woche für Woche in Leipzig beeindruckend ihre Solidarität mit den beiden Entführten unter Beweis gestellt haben.

    Bei aller Erleichterung über die Freilassung von René Bräunlich und Thomas Nitzschke sind wir in diesen Stunden mit unseren Gedanken aber auch bei jenen, die im Irak noch immer in Geiselhaft sind. Wir fordern ihre Entführer auf, sie schnellstmöglich und unversehrt freizulassen."
  • Von Strapazen gezeichnet, aber glücklich und in Freiheit: Hundert Tage nach ihrer Entführung kehrten die beiden Ingenieure René Bräunlich und Thomas Nitzschke am 3. Mai nach Deutschland zurück. Mit brüchiger Stimme sagte Nitzschke nach der Landung in Berlin-Tegel, beide seien froh, noch am Leben zu sein. Das sei nicht selbstverständlich. "Mir fehlen einfach die Worte," räumte Bräunlich in einer kurzen Danksagung ein. Die Bundesregierung ging von einem kriminellen Hintergrund der Tat aus. Details über die Freilassung und ein eventuelles Lösegeld wurden nicht genannt. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), unterstrich, nur mit internationaler Hilfe - auch aus dem Irak - sei die Lösung der Geiselaffäre möglich geworden.
  • Mit einem Selbstmordanschlag auf Polizistenanwärter und der Ermordung von drei Soldaten haben die Aufständischen im Irak den sunnitischen Arabern eine neue Warnung gesandt, sich nicht bei den Sicherheitskräften der Regierung zu bewerben. Mindestens 15 Menschen starben am 3. Mai, als ein Attentäter sich vor dem Hauptquartier der Polizei in Falludscha in die Luft sprengte. Es gab 30 Verletzte, wie die Polizei mitteilte. Bei den Toten handelte es sich um zwei Polizisten und 13 Rekruten, die vor der Wache anstanden, um sich zu bewerben. Beide Anschläge ereigneten sich in der sunnitisch dominierten Provinz Anbar westlich von Bagdad.
    In der irakischen Hauptstadt Bagdad sind 3. Mai die Leichen von insgesamt 48 ermordeten Zivilisten gefunden worden. Das berichtete der Nachrichtensender Al-Arabija. Allein in der Schiiten-Vorstadt Sadr-City seien 14 tote Jugendliche entdeckt worden, die bestialisch zu Tode gefoltert worden seien.
    Im Norden Bagdads detonierte eine Bombe auf einem Markt, laut Polizei wurden 16 Zivilpersonen verletzt.
    Unbekannte erschossen einen hohen Beamten des Elektrizitätsministeriums.
    Im 60 Kilometer nordöstlich gelegenen Bakuba erschossen mutmaßliche Aufständische einen Polizisten und verletzten einen weiteren.
    Ein Kind wurde bei einer Bombenexplosion in der Nähe einer Grundschule für Mädchen in Tikrit verletzt.
  • Am 3. Mai kam das irakische Parlament zu seiner erst dritten Sitzung seit der Wahl im Dezember zusammen. Parlamentspräsident Mahmud al Maschhadani, ein Sunnit, rief die Abgeordneten zur Überwindung der konfessionellen Spaltung auf.
  • Im vergangenen Jahr sind mindestens 63 Journalisten und fünf ihrer Mitarbeiter bei der Ausübung ihres Berufs ums Leben gekommen. Es handelt sich um die höchste Todeszahl der letzten zehn Jahre, wie die Organisation Reporter ohne Grenzen zum Internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai in Paris mitteilte. In einem 150-seitigen Bericht werden insbesondere China, Kuba und die meisten Länder des Nahen Ostens wegen der Behinderung von Journalisten angeprangert. Eine in New York ansässige Organisation legte eine ähnliche Liste vor. Das gefährlichste Land war laut Reporter ohne Grenzen weiterhin der Irak, wo 2005 insgesamt 24 Journalisten ums Leben kamen. Doch auch in Ländern wie Bangladesch, den Philippinen, Nigeria oder Mexiko gehöre Gewalt zu den täglichen Erfahrungen der Medienvertreter. Seit Beginn des Jahres 2006 seien weltweit bereits 16 Reporter und sechs ihrer Mitarbeiter getötet worden. Mehr als 120 Journalisten sowie 56 so genannte Cyber-Dissidenten befänden sich in Haft.
  • Nach der Freilassung der beiden deutschen Geiseln im Irak hat der Leiter des Krisenstabs, Reinhard Silberberg, jegliche Lösegeldzahlung bestritten. "Die Bundesregierung lässt sich nicht erpressen", sagte der Außen-Staatssekretär der "Leipziger Volkszeitung" (4. Mai). "Es ist unser klarer Grundsatz, dass die Bundesregierung Lösegeldzahlungen ablehnt."
  • Bei einem US-Luftangriff auf die irakische Stadt Ramadi sind nach Krankenhausangaben mindestens 13 Zivilisten getötet worden. Bei der Bombardierung sei ein Haus im Zentrum der Stadt 110 Kilometer westlich von Bagdad getroffen worden, sagten Ärzte am 4. Mai. Die US-Armee bestätigte den Angriff, machte aber zunächst keine Angaben zu möglichen Opfern.
  • Ein Selbstmordattentäter hat am 4. Mai im Osten Bagdads zehn Menschen mit in den Tod gerissen. Nach Angaben der Polizei zündete er seinen Sprengstoffgürtel neben dem Gebäude eines Familiengerichts, in dessen Umkreis zahlreiche Geschäfte liegen. 33 weitere Menschen wurden verletzt. In einem anderen Viertel ermordeten Unbekannte einen hochrangigen Beamten des Verteidigungsministeriums. In West-Bagdad wurde ein Fahrer des Ministeriums für Menschenrechte ermordet.
    Bei einer Reihe weiterer Anschläge kamen mindestens 12 Menschen ums Leben.
  • Die jüngsten Warnungen der Bundesregierung vor einem Engagement deutscher Firmenangehöriger im Irak sind nach Ansicht privater Sicherheitsfirmen ein Fehler. Sie seien "nicht besonders geschäftsfördernd", sagte Maxim Worcester, Deutschland-Chef der weltgrößten privaten Sicherheitsberatungsfirma Control Risks, am 4. Mai. "Sehr viele Unternehmen, die hingehen könnten, gehen nicht, weil diese lauten Töne aus Berlin kommen." Niederländische oder japanische Unternehmen engagierten sich viel stärker im Irak. "Man kann nicht alles an lokale Kräfte delegieren und trotzdem erfolgreich sein", sagte Worcester mit Blick auf den geringen Einsatz deutscher Fachleute vor Ort. Private Beratungsfirmen wie Control Risks verdienen ihr Geld damit, dass sie Unternehmen bei ihrem Engagement in Krisengebieten unterstützen. Sie bieten Kurse und Geiselnahme-Trainings im Vorfeld an und organisieren den Schutz der Mitarbeiter vor Ort. Für den Schutz von Kunden im Irak hat Control Risks derzeit nach eigenen Angaben rund 400 Mitarbeiter im Einsatz.
    Außenstaatssekretär Gernot Erler (SPD) hatte der "Berliner Zeitung" am 3. Mai gesagt, deutsche Firmen sollten für ihre Geschäftsbeziehungen zum Irak künftig keine deutschen Mitarbeiter mehr in das Land schicken. Statt dessen sollten diese Firmen mit Ortskräften arbeiten.
  • Der US-Senat hat am 4. Mai ein von Präsident George W. Bush beantragtes Ausgabenprogramm gebilligt und dabei noch kräftig draufgesattelt. Statt der von Bush verlangten 92,2 Milliarden Dollar (etwa 73,2 Milliarden Euro) liegt das Gesamtvolumen nun bei 109 Milliarden Dollar. Bush hatte das Geld zur Deckung der Kosten des militärischen Engagements der USA im Irak und in Afghanistan sowie für den Wiederaufbau der durch die Hurrikane im vergagnenen Jahr zerstörten Landesteile beantragt. Der Senat fügte jedoch Bundesmittel für weitere örtliche Projekte hinzu.
  • Drei US-Soldaten sind am 5. Mai bei einer Bombenexplosion im Irak getötet worden. Nach Angaben der US-Armee detonierte der Sprengsatz, als das Fahrzeug der Soldaten vorbeifuhr. Der Anschlag ereignete sich in der Provinz Babylon südlich von Bagdad.
  • Tausende Menschen haben am Rande des Europäischen Sozialforums am 6. Mai in Athen friedlich gegen den Irak-Krieg und einen drohenden bewaffneten Konflikt mit dem Iran demonstriert. Rund 15.000 Menschen verschiedener Nationalitäten versammelten sich nach Angaben der Organisatoren und riefen "Widerstehen wir einem globalen Guantanamo" sowie "Lasst die Finger vom Iran" und "Bush, Blair Terroristen".
  • Die Bundesregierung soll mehr als zehn Millionen Dollar (rund acht Millionen Euro) Lösegeld für die Freilassung der beiden Leipziger Ingenieure René Bräunlich und Thomas Nitzschke bezahlt haben. Das berichtete das ARD-Hauptstadtstudio am 6. Mai unter Berufung auf Sicherheitskreise. Dabei sei unklar, wie viel Geld bei den Entführern angekommen sei und wie viel die Vermittler für sich behalten hätten. Die Summe entspricht nach Experten-Meinungen dem im Irak derzeit üblichen Lösegeld für ausländische Geiseln. Es wird auf fünf Millionen Dollar pro Person geschätzt. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes wollte gegenüber der ARD keine Stellung dazu nehmen und verwies auf den Grundsatz der Bundesregierung, dass sie nicht erpressbar sei und kein Lösegeld zahle.
  • Die aus irakischer Geiselhaft freigelassenen René Bräunlich und Thomas Nitzschke sind wieder bei ihren Familien. Das sagte Bräunlichs Lebensgefährtin Sindy Brost am 6. Mai der dpa.
  • Beim Absturz eines britischen Militärhubschraubers in ein Wohngebiet im Irak und anschließenden schweren Zusammenstößen zwischen Soldaten und Bewohnern sind am 6. Mai mehrere Menschen ums Leben gekommen. Mehrere Soldaten starben nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums, als der Helikopter in der südirakischen Stadt Basra abstürzte. Als britische Soldaten die Menge von der Absturzstelle zurückdrängten, eröffneten bewaffnete Iraker das Feuer auf die Soldaten. Nach den Zusammenstößen wurde in Basra eine nächtliche Ausgangssperre verhängt. Die Soldaten erwiderten die Schüsse der bewaffneten Iraker, wie ein AFP-Reporter berichtete. Dabei starben nach Angaben der Polizei von Basra vier Menschen, unter ihnen zwei Kinder. Mindestens 19 Menschen wurden verletzt. Bei dem Absturz des Hubschraubers starben nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums mehrere Soldaten. Der neue Verteidigungsminister Des Browne erklärte, er sei "tief betroffen" über den Tod der Soldaten. Die Ursache des Absturzes sei "unklar". Die Polizei in Basra hatte zuvor mitgeteilt, dass der Hubschrauber von einer Rakete getroffen worden und dann in das Wohngebiet gestürzt sei. Ein AFP-Reporter sah mindestens zwei Leichen in dem Hubschrauber. (Siehe hierzu unseren Beitrag: "Briten in Basra unter Beschuss".)
  • US-Präsident George W. Bush hat den Irak-Krieg erneut verteidigt und zugleich Verständnis für die ablehnende Haltung der Deutschen in dieser Frage geäußert. "Saddam Hussein war ein sehr gefährlicher Mann. Ihn von der Macht zu entfernen war der richtige Schritt", sagte Bush in einem Gespräch mit Sabine Christiansen am 7. Mai. Für die Weigerung Deutschlands, am Irak-Krieg teilzunehmen, zeigte er in der "Bild am Sonntag" Verständnis: "Ich habe langsam erkannt, dass es in der Natur der deutschen Bevölkerung ist, dass sie Krieg verabscheuen." (Bams vom 7. Mai) Der Irak sei auf dem richtigen Weg hin zu einer Demokratie nach westlichem Vorbild, sagte Bush in der ARD-Sendung "Sabine Christiansen". Diese Entwicklung brauche allerdings Zeit. "Der einzige Weg den Irak zu verlieren, ist, wenn wir die Nerven verlieren. Also wenn wir uns zurückziehen bevor die Arbeit gemacht ist", sagte Bush. "Solange ich Präsident bin, wird es das nicht geben." Der Irak werde zu einem Land, dass keinen Terroristen mehr Zuflucht biete. Er widerspreche der Aussage, dass es dort jetzt mehr Terroristen gebe als früher. "Langsam aber sicher besiegen wir sie. Terroristen besiegt man langfristig am besten, indem man ihrer Ideologie eine Freiheitsideologie entgegensetzt." Die Deutschen von heute würden "einfach keinen Krieg" mögen, sagte Bush der "BamS". Dafür habe er Verständnis. "Es gibt eine Generation von Menschen, deren Leben wegen eines schrecklichen Krieges völlig aus den Fugen geriet." Zudem sei ihm bei seiner Entscheidung für den Irak-Krieg bewusst gewesen, "dass nicht jeder mit mir übereinstimmen würde". Bush betonte, er sei "dankbar für die Unterstützung der Bundesregierung - der heutigen und der vorherigen - bei der Hilfe für die Iraker, ihr Leben wieder aufzubauen". Bei "Sabine Christiansen" fügte er hinzu, dass sein Verhältnis zum ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) trotz der Differenzen beim Irak-Krieg "ein sehr gutes" war.
  • Bei einem Autobombenanschlag sind am 7. Mai in der irakischen Schiitenstadt Kerbela mindestens 15 Menschen getötet worden. Mindestens zehn Menschen seien verletzt worden, als die Bombe in der Innenstadt nahe einem Restaurant und einem Verwaltungsgebäude detonierte, sagte ein Arzt des örtlichen Krankenhauses.
  • Bei der Explosion zweier Autobomben in der Hauptstadt Bagdad wurden am 7. Mai mindestens neun Menschen getötet und 20 weitere verletzt.
  • In Bagdad wurden am Wochenende (6./7. Mai) die Leichen von 43 erschossenen Männern gefunden. Alle Opfer seien an den Händen gefesselt und durch einen Kopfschuss getötet worden, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Die Leichen seien innerhalb von 24 Stunden in zwei Vierteln der irakischen Hauptstadt aufgefunden worden. Zu den Hintergründen lagen keine gesicherten Informationen vor. Die Behörden vermuten einen Zusammenhang mit den Religionsunruhen zwischen sunnitischen und schiitischen Moslems.
  • Bei einem Gefecht mit Aufständischen in der Nähe von Tal Afar wurde am 7. Mai ein US-Soldat getötet, wie die Streitkräfte mitteilten. Seit Beginn des Irak-Kriegs im März 2003 kamen damit nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AP mindestens 2.420 amerikanische Soldaten ums Leben.
  • Nahe Mussajjib rund 60 Kilometer südlich von Bagdad griffen Aufständische am Abend des 7. Mai eine Pipeline an, in der Öl von einer Raffinerie im Bagdader Stadtteil Dora zu einem Kraftwerk in Mussajjib transportiert wird. Das Kraftwerk sei geschlossen worden, sagte ein Polizeisprecher.
Montag, 8. Mai, bis Sonntag, 14. Mai
  • Auf Empfehlung einer überwiegend irakisch besetzten Kommission hat die US-Armee im Irak 299 Gefangene freigelassen. Wie die Armee am 8. Mai mitteilte, hätten die Mitglieder der Kommission - Vertreter des Menschenrechts-, des Justiz- und des Innenministeriums sowie Offiziere der multinationalen Streitkräfte - die Freilassung von 299 männlichen Häftlingen empfohlen. Daraufhin seien sie am 7. Mai aus den Gefängnissen entlassen worden.
  • Die Bundesregierung hat jegliche Stellungnahme zu den Umständen der Freilassung der Irak-Geiseln René Bräunlich und Thomas Nitzschke abgelehnt. Die Arbeit des Krisenstabes unterliege der Vertraulichkeit, sagte der Vize-Sprecher des Auswärtigen Amtes, Jens Plötner, am 8. Mai in Berlin. Dabei verwies er darauf, dass nicht auszuschließen sei, dass der Krisenstab sich in Zukunft mit ähnlichen Fällen befassen müsse. Daher könnten die Arbeitsmethoden nicht öffentlich gemacht werden. Er lehnte damit eine Stellungnahme zu Medienberichten mit Details zur Geisel-Freilassung ab. Die Regierung müsse in Kauf nehmen, dass solche Berichte auch negativ ausfallen könnten und auf "zum Teil oder gänzlich falschen Darstellungen" beruhten.
  • Bei einer Reihe neuer Anschläge im Irak sind am 8. Mai mindestens 13 Menschen getötet worden. Im Zentrum von Bagdad explodierte am Nachmittag eine Autobombe und riss fünf Menschen in den Tod, wie aus Sicherheitskreisen verlautete. Zehn weitere wurden verletzt. Bei der Explosion einer Granate auf einem Platz in der irakischen Hauptstadt wurden den Angaben zufolge weitere fünf Menschen getötet und acht verletzt. Im Westen der Hauptstadt beschossen Unbekannte einen Bus und töteten dabei den Fahrer, wie die Sichereitsbehörden mitteilten. Vier Angestellte des Bildungsministeriums wurden bei dem Überfall verletzt.
    Ebenfalls in Bagdad entdeckte die Polizei die Leichen von sieben Irakern, die offenbar von Todesschwadronen entführt und ermordet worden waren.
    Auf der Straße zwischen Nadschaf und Kerbela explodierte eine am Straßenrand versteckte Bombe. Augenzeugen berichteten von mehreren Opfern, die Polizei konnte dies zunächst nicht bestätigen.
  • Die australische Regierung kündigte unterdessen die Entsendung von weiteren 470 Soldaten in den Irak an. Die Männer sollten die Truppen ersetzen, deren sechsmonatiger Einsatz in der Provinz Muthana in den kommenden Wochen zu Ende gehe, hieß es. Die australischen Soldaten schützen ein japanisches Wiederaufbauteam in der Region. Wie lang die japanischen Truppen im Irak stationiert sind, ist bislang nicht klar. (AP, 8. Mai)
  • Der Brite Brian Haw muss seinen Dauerprotest gegen den Irak-Krieg am Londoner Parlament beenden. Die Richter des Berufungsgerichts entschieden am 8. Mai, die Protestaktion direkt am Westminster-Parlament sei unzulässig. Das Gericht hob eine gegenteilige erstinstanzliche Entscheidung auf und ließ keine Berufung vor dem House of Lords zu. Haw war Ende März festgenommen worden. Die Londoner Polizei warf ihm Widerstand gegen die Staatsgewalt vor, weil er Polizisten daran zu hindern versuchte, das Spruchband einer anderen Demonstrantin herunterzureißen.
  • Fast 90 US-Soldaten sind wegen der Misshandlung von Kriegsgefangenen im Irak und in Afghanistan bereits von Militärgerichten verurteilt worden. Von 103 Soldaten, die wegen Misshandlungen von Gefangenen vor Gericht standen, seien 89 verurteilt worden, sagte der stellvertreternde Abteilungsleiter im US-Verteidigungsministerium, Charles Stimson, am 8. Mai vor dem US-Ausschuss gegen Folter in Genf. In 19 Fällen seien Haftstrafen von mindestens einem Jahr ausgesprochen worden. 28 Angeklagte seien aus der US-Armee entlassen worden, darunter auch Beteiligte am Folterskandal im Bagdader Gefängnis Abu Ghraib. 170 Fälle seien noch vor Gerichten anhängig.
  • Im Irak haben bewaffnete Männer am 9. Mai zwei Angestellte einer für die US-Armee tätigen Catering-Firma verschleppt. Nach Angaben von Sicherheitsdiensten wurden die beiden Iraker zwischen der nordirakischen Stadt Tikrit und Auja, dem Geburtsort von Saddam Hussein, entführt.
  • In Bagdad ist am 9. Mai einer der führenden sunnitischen Geistlichen der irakischen Hauptstadt erschossen worden. Wer hinter der Bluttat steckt, ist noch nicht bekannt. Das Opfer, Scheich Raad Mohammed al-Deleimi, war einer der bekanntesten Imame Bagdads.
  • Der Iran hat nach 26 Jahren erstmals wieder einen Botschafter im Irak. Hassan Kasemi Komi vertritt den Iran als Botschafter im Nachbarland, wie das iranische Staatsfernsehen am 9. Mai berichtete. Der irakische Staatschef Dschalal Talabani empfing Komi demnach und hoffte nach eigenen Worten darauf, dass sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern entwickeln würden. Komi war seit zwei Jahren iranischer Handelsbeauftragter in der irakischen Hauptstadt Bagdad.
  • Bei einem Autobombenanschlag im Norden des Irak sind am 9. Mai mindestens 17 Menschen ums Leben gekommen. Weitere 35 Menschen wurden verletzt, als der Sprengsatz in der Innenstadt von Tal Afar explodierte. "Wir wissen noch nicht, ob es sich um einen Selbstmordanschlag handelt", teilte die örtliche Polizei mit. Der Sprengsatz war in einem Lieferwagen versteckt, der Mehl für einen Markt in der Innenstadt lieferte. Tal Afar liegt rund 450 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bagdad, in der Nähe der syrischen Grenze.
  • Bei einem Angriff auf einen Bus sind in der irakischen Stadt Bakuba mindestens elf Menschen getötet und drei weitere verletzt worden. Bewaffnete hätten am Morgen des 10. Mai das Feuer auf das Fahrzeug eröffnet, teilte die Polizei mit. Bei den Opfern handelte es sich um Arbeiter auf dem Weg zu einer Fabrik, in der Fernseher und andere elektronische Geräte hergestellt werden.
  • Mehr als tausend Iraker sind im April aus religiösen Motiven in Bagdad getötet worden. Laut einem entsprechenden Bericht der Leichenschauhäuser seien vom 1. bis zum 30. April mindestens 1091 Menschen getötet worden, sagte Präsident Dschalal Talabani am 10. Mai in Bagdad. "Wir sind schockiert und wütend über die Berichte von unidentifizierten Leichen, die gefunden werden, und von Menschen, die aufgrund ihrer Konfession getötet werden", sagte Talabani. Im Irak werden täglich dutzende Leichen von erschossenen oder enthaupteten Menschen gefunden. Seit dem Bombenanschlag auf die Goldene Moschee in Samarra, einem schiitischen Heiligtum, am 22. Februar haben die religiös motivierten Gewalttaten im Irak noch zugenommen.
  • Eine amerikanisch-irakische Kommission hat die Entlassung von mehr als 1.000 Häftlingen aus den Militärgefängnissen angeordnet. Justizminister Abdel Hussein Schandal bezeichnete am 10. Mai die Gefangenen als "Unschuldige, die möglichst schnell freigelassen werden". Der irakischen Zeitung «Al-Sabah» sagte Schandal, 153 Gefangene seien bereits in den vergangenen Tagen aus Camp Bucca in Basra und dem berüchtigten Gefängnis Abu Ghoreib im Westen von Bagdad entlassen worden. Die Freilassung weiterer 900 Häftlinge sei für die kommenden Wochen geplant. Insgesamt sitzen derzeit mehr als 16.000 Iraker in den Haftanstalten der ausländischen Truppen ein. Nur ein Teil von ihnen wurde irakischen Richtern vorgeführt und verurteilt.
  • In der nahe gelegenen Stadt Balad erschossen Unbekannte in der Nacht zum 10. Mai den lokalen Anführer der Badr-Brigaden, Ibrahim al-Chasradschi. Die Badr-Brigaden sind die Miliz der Schiiten-Partei Hoher Rat für die Islamische Revolution im Irak (SCIRI). Die Partei gehört zur größten Fraktion im Parlament.
  • Der Untersuchungsausschuss zu den Geheimdienstaktivitäten im Irak und im Anti-Terror-Kampf wird nach Angaben der SPD vorerst noch keine Zeugen vernehmen. SPD-Obmann Thomas Oppermann sagte am 10. Mai in Berlin, zunächst sollten die Akten angefordert und geprüft werden. Dann erst kämen die Zeugen und am Ende die politisch Verantwortlichen in den Ausschuss. Nach einer Sitzung der Obleute des Gremiums und vor der ersten Arbeitssitzung des Untersuchungsausschusses am 11.Mai sagte Oppermann, die Opposition stelle dazu die entsprechenden Beweisanträge.
    Der Untersuchungsausschuss zu den Geheimdienstaktivitäten im Irak und im Anti-Terror-Kampf kommt am 11. Mai zu seiner ersten Arbeitssitzung zusammen. In nicht-öffentlicher Sitzung in Berlin wollen die Abgeordneten ihre künftige Arbeitsweise und einen Zeitplan festlegen. Das Gremium unter Vorsitz des CDU-Abgeordneten Siegfried Kauder soll vier Komplexe untersuchen: Die umstrittenen CIA-Gefangenenflüge via Europa, die Verschleppung des Deutsch-Libanesen Khaled el Masri durch den US-Geheimdienst, die umstrittenen Aktivitäten des Bundesnachrichtendienstes (BND) im Irak sowie die heftig kritisierte Vernehmung von Terrorverdächtigen durch deutsche Sicherheitsbeamte in ausländischen Gefängnissen.
  • Kanzlerin Angela Merkel hat davor gewarnt, im Rahmen des BND-Untersuchungsausschusses die Arbeit der Nachrichtendienste zu gefährden. Sie hoffe sehr, dass der Ausschuss die Aufklärungsarbeit nicht grundsätzlich in Frage stelle, sagte sie in der Feierstunde zum 50-jährigen Bestehen des BND in Berlin am 11. Mai. Es gebe keine Alternative zu Nachrichtendiensten.
  • Die alliierten Truppen im Irak haben am 11. Mai sieben irakische Geiseln aus den Händen ihrer Entführer befreit. Die Geiselnehmer kamen am frühen Morgen in zwei sunnitische Dörfer nahe Bakuba und verschleppten zehn junge Männer aus ihren Häusern, wie die Polizei erklärte. Andere Bewohner stellten jedoch die Angreifer, irakische und amerikanische Soldaten kamen zu Hilfe. Nach einem heftigen Feuergefecht kamen sieben der Entführten frei, drei wurden aber in einem Auto verschleppt. Fünf der Entführer wurden verletzt und insgesamt 36 festgenommen. Auch drei Dorfbewohner erlitten Verletzungen, wie die Polizei erklärte. Die Identität der Angreifer war nicht bekannt. Sie trugen nachgemachte Uniformen der Streitkräfte und gefälschte Ausweise des Gesundheitsministeriums. Es wurde vermutet, dass sie einer schiitischen Todesschwadron angehörten.
  • Bei einem Bombenanschlag in der irakischen Hauptstadt wurden am 11. Mai mindestens fünf Iraker getötet und zwei verwundet. Wie die Polizei mitteilte, explodierte der am Straßenrand versteckte Sprengsatz im gehobenen Bagdader Stadtteil Mansur. Bei den Opfern handelte es sich um Arbeiter, die gerade eine Straße reinigten.
  • Südwestlich von Bagdad fielen am 11. Mai drei US-Soldaten zwei Bombenanschlägen auf ihre Konvois zum Opfer. Außerdem erlag ein Soldat seinen Verletzungen, die er sich zwei Tage zuvor nahe Mossul zugezogen hatte. Dies sei jedoch nicht während eines Kampfeinsatzes geschehen, erklärten die US-Streitkräfte. Die Zahl der getöteten US-Soldaten seit Beginn des Irak-Krieges im März 2003 stieg damit nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AP auf mindestens 2.429.
  • Ein Mitarbeiter eines prosunnitischen Fernsehsenders wurde erschossen aufgefunden. Die Leiche von Saud Musahim al Hadithi sei bereits in der vergangenen Woche im Bagdader Stadtteil Dora entdeckt worden, erklärte Al Baghdadija am 11. Mai. Der Sender kritisiert in seinen Berichten häufig die irakische Regierung und die Besatzungspolitik.
  • Die einflussreiche schiitische Geistliche Ayatollah Ali al Sistani ordnete am 11. Mai die Schließung aller schiitischen Moscheen in Subajr an. Er wollte damit seine Empörung über die Ermordung eines sunnitischen Imams am Vortag deutlich machen. Die Moscheen sollten drei Tage geschlossen bleiben.
  • Im Kampf gegen die Gewalt zwischen den Religionsgruppen will die irakische Regierung die Sicherheitskräfte der Hauptstadt neu strukturieren. Alle Polizisten und Mitglieder der paramilitärischen Polizei sollen dabei unter ein Kommando gestellt werden, wie Oberst Ali Raschid vom Innenministerium am 11. Mai erklärte. Die Mitarbeiter des Polizeidienstes sollten außerdem neue, einheitliche Uniformen und Dienstwagen erhalten. Bisher sind die Beamten und Soldaten an ihren Uniformen oft nicht auseinander zu halten, einige leisten ihren Dienst auch in ziviler Kleidung.
  • Die Regierungsbildung im Irak ist auch am 11. Mai mangels einer Einigung auf die Besetzung des Ölministeriums nicht abgeschlossen worden. "Wir rechnen damit, dem Parlament in den kommenden Tagen die gesamte neue Regierung zur Billigung vorzustellen", sagte der designierte Regierungschef Nuri el Maliki. Das größte Hindernis sei dabei die Besetzung des Ölministeriums - für das Amt seien noch drei Kandidaten im Rennen, unter ihnen der frühere Ölminister Thamer el Ghadban. Am 9. Mai hatte Maliki gesagt, die neue Regierung werde spätestens am 10. Mai stehen. Präsident Dschalal Talabani hatte Maliki am 22. April - mehr als vier Monate nach der Parlamentswahl - beauftragt, binnen vier Wochen eine Regierung zu bilden.
  • Bei einem Panzerunfall im Irak sind vier US-Soldaten ertrunken. Der Panzer des Typs M1A1 mit den vier Marineinfanteristen sei in der Unruheprovinz El Anbar auf einer Brücke von der Spur abgekommen und in einen Kanal gestürzt, teilte die US-Armee am 12. Mai mit. Bei dem Vorfall hätten "feindliche Handlungen" keine Rolle gespielt. Der Unfall habe sich schon am 11. Mai ereignet. Damit starben an diesem Tag nach US-Angaben insgesamt sieben Soldaten.
  • Trotz amerikanischer Appelle für eine rasche Regierungsbildung im Irak kommt der designierte Ministerpräsident Nuri Al-Maliki bei seinen Koalitionsverhandlungen kaum voran. Als erste zur Vereinigten Irakischen Allianz gehörende schiitische Partei brach am 12. Mai sogar die Fadhila die Gespräche ab und kündigte an, sie werde in die Opposition gehen. Fadhila-Sprecher Sabah al Saedi kritisierte, die Posten in der künftigen Regierung würden unter amerikanischem Druck und nach selbstsüchtigen Wünschen vergeben. "Das wird nicht zur Bildung eines wahrhaft neuen Iraks führen", sagte er der Nachrichtenagentur AP in Bagdad. Die Fadhila-Partei ist mit 15 Abgeordneten ins Parlament gewählt worden. Sie stellt die Regierung in der südlichen Provinz Basra und beansprucht den Posten des Ölministers - neben den Außen-, Innen-, Finanz- und Verteidigungsressorts eines der so genannten fünf Souveränitätsministerien. Die sieben in der Vereinigten Irakischen Allianz zusammengeschlossenen Parteien verfügten mit Fadhila über 130 der 275 Parlamentssitze. Al Saedi warf US-Botschafter Zalmay Khalilzad vor, Druck auf die Koalitionsverhandlungen auszuüben. Khalilzad hat dagegen erklärt, er gebe nur Ratschläge, und die endgültige Entscheidung liege bei den irakischen Parteien.
  • Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat Bedauern über eine Weigerung der USA geäußert, Rot-Kreuz-Mitarbeitern Zugang zu Geheimgefängnissen zu gewähren. Es gebe kein Recht, den Verbleib einer Person geheim zu halten, sagte IKRK-Präsident Joseph Kellenberger am 12. Mai in Genf. Dies gelte unabhängig davon, wie rechtmäßig die Festnahme sei. Kellenberger hatte sich zuvor zu Gesprächen mit der US-Regierung in Washington aufgehalten. Der Genfer Konvention zufolge steht dem IKRK der Besuch von Kriegsgefangenen zu. Die USA haben dem Roten Kreuz zwar Besuche bei Terrorverdächtigen gestattet, die im Irak, in Afghanistan sowie in Guantanamo auf Kuba inhaftiert sind. Forderungen nach einem Zugang zu Gefängnissen an geheim gehaltenen Orten lehnte die US-Regierung jedoch bislang ab.
  • Nördlich von Bagdad ist es zu einem Gefecht zwischen zwei verschiedenen Einheiten der irakischen Streitkräfte gekommen. Vor einem US-Militärkrankenhaus in der Ortschaft Balad hätten sich eine kurdische und eine schiitische Einheit eine Schießerei geliefert, berichtete die irakische Polizei am 12. Mai. Die kurdischen Soldaten wollten den Angaben zufolge mehrere verletzte Kameraden in das Krankenhaus bringen, die bei einem Anschlag verwundet worden waren. Auf der Zufahrt vor dem Krankenhaus hätten sie Schüsse abgefeuert, um den Weg freizumachen, erklärte die Polizei. Dabei sei ein schiitischer Zivilist ums Leben gekommen. Die kurdischen Soldaten hätten daraufhin Kehrt machen wollen, seien aber von einer schiitischen Einheit gestoppt worden. Dabei sei eine Schießerei entbrannt.
  • Bei der Explosion einer am Straßenrand versteckten Bombe ist am 13. Mai ein US-Soldat südlich von Bagdad getötet worden. Sein Fahrzeug, das in einem Militärkonvoi unterwegs war, wurde völlig zerstört, wie die US-Streitkräfte mitteilten. Seit Beginn des Irak-Kriegs im März 2003 kamen dort mindestens 2.437 amerikanische Soldaten ums Leben.
  • Der Sohn des höchsten irakischen Richters und zwei seiner Leibwächter sind einem Mordanschlag zum Opfer gefallen. Wie Behördensprecher am 13. Mai in Bagdad mitteilten, wurden die Leichen von Ahmed Midhat al-Mahmud und seiner Leibwächter in einem sunnitischen Viertel erschossen aufgefunden. Der Vater des 22-jährigen Anwalts, Midhat al-Mahmud, entging im Dezember einem Selbstmordanschlag. Die Familie des Vorsitzenden Richters des Obersten Gerichtshofs gehört der schiitischen Glaubensrichtung des Islams an. In letzter Zeit wurden hunderte von Sunniten und Schiiten von Todesschwadronen und Milizen entführt oder ermordet - offenbar, um den Hass zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen zu schüren.
  • Im Irak sind erneut fünf von Kugeln durchsiebte Leichen gefunden worden, von denen mehrere Folterspuren aufwiesen. In zwei Vierteln der Hauptstadt Bagdad fand die Polizei am 13. Mai zwei Tote, die offensichtlich misshandelt wurden, wie aus Sicherheitskreisen verlautete. In Maaden 25 Kilometer südöstlich von Bagdad wurden zwei weitere Leichen mit zahlreicen Schusswunden und Folterspuren entdeckt. In der den Schiiten heiligen Stadt Nadschaf barg die Polizei den enthaupteten Leichnam eines iranischen Pilgers, der vor mehreren Tagen verschwunden war.
  • Bei einer Reihe von Bombenexplosionen nahe der irakischen Stadt Bakuba ist am 13. Mai ein schiitisches Heiligtum beschädigt worden. Es handelt sich um die Grabmoschee des Imam Abdullah Ali al Hadi, wie die Polizei der Provinz Dijala mitteilte. Der letzte Anschlag auf ein bedeutendes schiitisches Heiligtum, die Goldene Moschee in Samarra, wurde Ende Februar verübt. Seither haben die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten im Irak deutlich zugenommen.
  • Wie das britische Verteidigungsministerium mitteilte, kamen am 13. Mai zwei britische Soldaten bei der Explosion einer Bombe in Basra ums Leben. Ein Soldat wurde verletzt, als der Sprengsatz beim Vorbeifahren einer Patrouille in die Luft ging. Seit der Invasion im Irak im März 2003 wurden dami 111 britische Soldaten getötet.
  • Der Gouverneur von Basra suspendierte den Polizeichef der Stadt, dem er Untätigkeit gegenüber in- und ausländischen "Terroristen" vorwarf. Nach einer Woche der Gewalt in der zweitgrößten Stadt des Irak habe die Polizei keinerlei Ermittlungen eingeleitet. Zudem hätten bestimmte Grenzwächter und Militärvertreter "zweifelhafte Verbindungen" zu von der Justiz gesuchten Personen.
  • Mütter und ihre Familien haben am 13. Mai vor dem Weißen Haus in Washington für Frieden im Irak und im Iran demonstriert. Aus Anlass des Muttertages wollten sie ihren Protest auch die Nacht über bis zum Abend des 14. Mai fortsetzen. Unter den Teilnehmerinnen der Kundgebung war auch die Friedensaktivistin Cindy Sheehan. "Wir fordern an diesem Muttertag, dass unsere Kinder aus dem Irak zurückkehren und nicht in einen weiteren absurden Krieg in den Iran geschickt werden", erklärte sie.
  • Der Iran hat am 14. Mai erst den Besuch von Außenminister Manutschehr Mottaki am 15. Mai in der irakischen Hauptstadt Bagdad angekündigt, ihn dann aber wenige Stunden später auf unbestimmte Zeit verschoben. Gründe für diesen Umschwung wurden nicht genannt. Er hängt aber vermutlich mit den Schwierigkeiten bei der Regierungsbildung im Irak zusammen. Erst vor knapp einer Woche hatten beide Länder, die von 1980 bis 1988 einen blutigen Krieg gegeneinander führten, ihre Beziehungen auf Botschafterebene aufgewertet. Er wäre der erste Besuch des iranischen Außenministers im Irak seit der Wahl von Mahmud Ahmadinedschad zum Präsidenten im vergangenen Jahr.
  • Bei zwei Selbstmordanschlägen in der Nähe eines US-Lagers im Irak sind am 14. Mai mindestens 14 Menschen getötet worden. Selbstmordattentäter jagten zwei Autos in der Nähe des Camp Victory in der Nähe des Flughafens von Bagdad in die Luft, teilte die US-Armee mit. Bei einer Serie von Anschlägen waren zuvor bereits mindestens 19 Menschen im Irak getötet und mehr als 80 verletzt worden.
    Zuvor waren bereits bei der Explosion eines Sprengsatzes in der irakischen Hauptstadt mindestens fünf Menschen getötet worden, als in einem östlichen Stadtteil die Bombe beim Vorbeifahren einer Polizeipatrouille detonierte. Dabei wurden vier weitere Menschen verletzt. Bei einem weiteren Bombenanschlag auf eine Patrouille im Stadtzentrum wurden fünf Polizisten verletzt worden.
    Auch in anderen Teilen des Iraks hielt die Gewalt an. In der nördlichen Stadt Mossul wurden bei Kämpfen mit Aufständischen ein Polizist getötet und drei weitere verletzt. In der Stadt Baidschi wurde ein Zivilist nach Polizeiangaben vor seinem Haus von Unbekannten erschossen.
  • Bei der Explosion einer am Straßenrand versteckten Bombe sind am 14. Mai in Bagdad zwei US-Soldaten getötet worden. Das teilten die amerikanische Streitkräfte mit. Seit Beginn des Irak-Kriegs im März 2003 kamen damit in dem Land nach einer Zählung der AP mindestens 2.439 Angehörige der US-Streitkräfte ums Leben.
Montag, 15. Mai, bis Sonntag, 21. Mai
  • Amerikanische Soldaten töteten übers Wochenende bei einer Offensive im so genannten Dreieck des Todes, einer Hochburg der Aufständischen südlich von Bagdad, mehr als 40 mutmaßliche Extremisten. Das teilten die Streitkräfte am 15. Mai mit.
  • Beim Abschuss eines amerikanischen Militärhubschraubers im Irak sind zwei Soldaten getötet worden. Das teilten die US-Streitkräfte am 15. Mai in einer Erklärung mit. Aufständische hätten den Hubschrauber am Tag zuvor bei Gefechten in Jussifijah abgeschossen, 20 Kilometer südlich von Bagdad.
  • Ein Gruppe von irakischen Kindern hat am 15. Mai britische Soldaten mit Steinen und Flaschen attackiert, als diese eine Polizeistation in der Stadt Amara besuchten. Irakische Augenzeugen berichteten, ein Soldat sei im Gesicht verletzt worden. Die Briten seien nicht gegen die Kinder vorgegangen, sondern hätten nach dem Angriff schnell den Ort verlassen.
  • Bei neuen Angriffen im Irak sind am 15. Mai mindestens neun Menschen getötet und sieben weitere verletzt worden. Bei den Toten handelt es sich um acht Zivilisten und einen irakischen Soldaten, wie aus Sicherheitskreisen verlautete. Vier Lehrer wurden den Angaben zufolge bei Baladrus rund einhundert Kilometer östlich von Bagdad getötet, als Unbekannte das Feuer auf ihren Minibus eröffneten. Bei der Explosion einer Bombe an einer Straße zwischen Baidschi und Tikrit kamen zwei Menschen ums Leben, ein weiterer wurde verletzt. Eine Bombe vor der Polizeistelle in Mahawil 80 Kilometer südlich der irakischen Hauptstadt riss einen Zivilisten in den Tod.
  • Aufständische haben am 15. Mai im Südirak mehr als 30 Granaten auf ein britisches Lager abgefeuert. Vier Soldaten wurden dabei verwundet, einer erlitt eine schwere Beinverletzung, wie das Verteidigungsministerium in London mitteilte. Damit wurden in vergangenen neun Tagen in dem bislang eher ruhigen Gebiet im Süden des Iraks schon sechs britische Soldaten getötet und fünf verletzt.
  • Im Prozess gegen den früheren irakischen Präsidenten Saddam Hussein hat der Vorsitzende Richter am 15. Mai die Anklageschrift verlesen. Wegen des Massakers an Einwohnern des schiitischen Dorfs Dudschail 1982 muss sich Saddam Hussein unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Folter, Mordes und Hinrichtung von Minderjährigen verantworten. Der Ex-Staatschef lehnte es anschließend ab, auf schuldig oder nicht schuldig zu plädieren. Er könne nicht auf Anschuldigungen eingehen, die vom Beginn des Prozesses stammten und nicht die inzwischen gehörten Zeugen berücksichtigten. Auf die Weigerung Saddam Husseins, Stellung zu den Vorwürfen zu beziehen, sagte der Richter: "Ich gehe also davon aus, dass Sie auf nicht schuldig plädieren." "So behandelt man nicht den Präsidenten des Irak", erwiderte der in einen schwarzen Anzug gekleidete Saddam Hussein. Laut der Verfassung dürfte das Gericht "den Präsidenten" nicht anklagen.
  • Im Irak sind bei neuen Angriffen am 16. Mai mindestens acht Iraker und ein US-Soldat ums Leben gekommen. Wie aus Sicherheitskreisen verlautete, erschossen Unbekannte im Süden der Hauptstadt Bagdad sechs Zivilisten, darunter eine Frau. Vier Menschen wurden bei dem Übefall verletzt, der einem Kontrollposten des irakischen Innenministeriums galt. Zwei Polizisten wurden in ihrem Auto erschossen, als sie zu ihrer Arbeit im nördlichen Kirkuk fahren wollten. Wie die US-Armee mitteilte, kam ein US-Soldat bei der Explosion einer Bombe ums Leben, als er zu Fuß im Süden Bagdads patrouillierte.
  • Bewaffnete Männer haben am 16. Mai ein Parkhaus in Bagdad überfallen und zwölf Menschen getötet. Mindestens 38 weitere Menschen wurden verletzt. Die Angreifer erschossen nach Polizeiangaben fünf Wachleute und zündeten danach eine Bombe neben einem abgestellten Tankfahrzeug. Bei der Explosion kamen weitere sieben Menschen ums Leben. Mindestens vier Autos wurden völlig zerstört, weitere 21 beschädigt. Das Motiv für den Überfall war zunächst nicht bekannt.
  • Die US-Streitkräfte gaben am 16. Mai den Tod von weiteren drei US-Soldaten bekannt. Ein Soldat, der in Bagdad zu Fuß auf Patrouille war, wurde nach Militärangaben am Dienstag von einer Bombe getötet. Zwei weitere Soldaten kamen am 15. Mai ums Leben. Ihr Fahrzeug fuhr bei Balad, 80 Kilometer nördlich der Hauptstadt, auf eine Bombe. Die Zahl der Toten unter den US-Streitkräften im Irak seit Beginn des Kriegs im März 2003 stieg damit nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AP auf mindestens 2.448.
  • Bewaffnete haben im Irak einen Diplomaten der Vereinigten Arabischen Emirate entführt. Der Mann habe sich in einem Nebengebäude der Botschaft im Sunnitenviertel El Mansur aufgehalten, als die Täter am Abend des 16. Mai eindrangen und ihn verschleppten, verlautete aus dem Innenministerium in Bagdad. Zuvor verletzten sie die Leibwächter des Diplomaten.
  • Ein US-Abgeordneter hat im Zusammenhang mit dem Tod von 15 Zivilisten im Irak schwere Anschuldigungen gegen die US-Armee erhoben. Nach einem Attentat auf US-Truppen in Haditha im vergangenen November hätten die Soldaten nach dem Tod eines ihrer Kameraden "überreagiert" und "kaltblütig unschuldige Zivilisten" getötet, sagte der ehemalige Armeeoffizier John Murtha am 16. Mai vor Journalisten in Washington. Die Zivilisten seien nicht, wie von der Armee offiziell erklärt, durch eine am Straßenrand detonierte Bombe, sondern durch Schüsse aus nächster Nähe getötet worden, sagte Murtha. (Siehe unsere Chroniken vom 19. November 2005 und vom 20. März 2006.)
  • Gut zwei Wochen nach der Freilassung der beiden deutschen Techniker Thomas Nitzschke und René Bräunlich sind im Irak sechs Ingenieure der staatlichen Nord-Ölgesellschaft freigekommen. Sie waren vor zwei Wochen wie die beiden Deutschen in der Nähe der Industriestadt Baidschi verschleppt worden. Nach Polizeiangaben wurde kein Lösegeld bezahlt. Die Kidnapper hätten ihre Geiseln in einem Keller festgehalten und über die Ölproduktion der staatlichen Firma ausgefragt, hieß es am 17. Mai
  • Das Ringen von schiitischen und sunnitischen Parteien um die Macht im Irak ist offenbar beendet: Beide Seiten kündigten am 17. Mai an, dass der designierte Ministerpräsident Nuri al-Maliki am kommenden Samstag (20. Mai sein Kabinett vorstellen werde. Die Verfassung forderte eine Regierungsbildung bis spätestens Montag (22. Mai). Im Mittelpunkt des Streits der vergangenen Wochen stand die Kontrolle über die Sicherheitskräfte. Die beiden Fraktionen der arabischen Sunniten verlangten das Verteidigungsministerium für sich. Im Gegenzug sollte die Vereinigte Irakische Allianz schiitischer Parteien erneut das Innenministerium erhalten, das die Aufsicht über die Polizei hat.
  • In den drei Jahren seit Beginn des Krieges sind im Irak mindestens 439 Ausländer entführt worden. Das teilte eine Sondereinsatzgruppe der US-Botschaft in Bagdad am 18. Mai mit. Unter den Entführungsopfern waren demnach 165 Mitarbeiter von Privatfirmen, 63 Fahrer, 39 Journalisten, 23 Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und 15 Diplomaten. Der Beruf von 93 Geiseln ist unbekannt. Der Direktor der Arbeitsgruppe Geiseln, Erik Rye, sagte, das Problem sei sehr umfassend, es gebe aber Fortschritte. «Es gab zahlreiche erfolgreiche Befreiungsaktionen und die irakische Justiz beginnt, Kidnapper vor Gericht zu stellen», sagte Rye. Unter den im Irak verschleppten Geiseln waren auch die beiden deutschen Ingenieure René Bräunlich und Thomas Nitzschke sowie die Orientalisten Susanne Osthoff, die erst nach wochenlangen Verhandlungen mit den Entführern freikamen.
  • Der neue italienische Regierungschef Romano Prodi will sein Versprechen aus dem Wahlkampf wahrmachen und hat einen Rückzug der italienischen Truppen aus dem Irak angekündigt. "Der Krieg im Irak war ein schwerer Fehler", sagte Prodi in seiner ersten Rede vor dem Senat am 18. Mai in Rom. Die Regierung werde dem Parlament den Abzug der Soldaten vorschlagen.
  • Zwei Tage vor der erwarteten Vorstellung der neuen irakischen Regierung hat die Gewalt im ganzen Land unvermindert angehalten. Mindestens 23 Menschen, darunter vier US-Soldaten, wurden am 18. Mai bei Anschlägen und Übergriffen getötet. Ein Polizeichef entging nur knapp einem Mordanschlag.
    Die vier US-Soldaten und ihr Dolmetscher kamen ums Leben, als eine am Straßenrand versteckte Bombe ihr Fahrzeug nordwestlich von Bagdad zerstört. Das teilte das US-Militärkommando mit.
    Bewaffnete stoppten am Morgen in Bagdad einen Kleinbus und erschossen alle acht irakischen Insassen, wie die Polizei mitteilte. Bei den Toten handelt es sich um den Fahrer sowie sieben Automechaniker, die auf dem Weg zur Arbeit waren.
    Bei der Explosion einer am Straßenrand versteckten Bombe wurden im Norden der Hauptstadt drei Polizisten und fünf Passanten getötet sowie neun weitere Menschen verletzt.
    In Basra überlebte Polizeichef General Hassan Swadi einen versuchten Mordanschlag, als neben seinem Konvoi ein Sprengsatz detonierte.
    Bei weiteren Kämpfen und Anschlägen wurden landesweit mindestens zehn weitere Menschen getötet. Im Westen des Landes wurden 15 Taekwondo-Athleten entführt, die auf dem Weg zu einem Trainingslager im benachbarten Jordanien waren. Das irakische Olympische Komitee verhandelte nach eigenen Angaben mit den Kidnappern über eine Freilassung der Sportler.
  • Der britische Verteidigungsminister Desmond Browne hat überraschend die im Südirak stationierten britischen Truppen besucht. Das berichtete der regierungsnahe Fernsehsender Al-Irakija am 18. Mai. Derzeit sehen sich die britischen Soldaten im Irak mit zunehmendem Widerstand konfrontiert. Seit Anfang Mai haben die Briten im Südirak sieben Soldaten verloren. Auch hat die Zahl der Attentate in der Ölstadt Basra zugenommen.
  • Eine islamistische Gruppe hat sich am 18. Mai zur Entführung eines zwei Tage zuvor verschleppten Diplomaten der Vereinigten Arabischen Emirate bekannt. Wie der Fernsehsender El Dschasira mit Sitz in Katar berichtete, verlangten die Geiselnehmer von der Gruppe "Banner des Islam", dass Abu Dhabi seine diplomatische Vertretung in Bagdad schließe. Außerdem müsse der irakische Fernsehsender El Fayjah seine Sendungen einstellen. Für den Fall, dass dies innerhalb von 24 Stunden geschehe, stellte die Gruppe eine Freilassung ihrer Geisel in Aussicht.
  • In der neuen irakische Regierung werden die Schlüsselministerien Inneres und Verteidigung zunächst übergangsweise besetzt. Der designierte Ministerpräsident Nuri al-Maliki räumte nach letzten Beratungen am 19. Mai ein, man habe für die beiden Posten keine Einigung erzielen können. Das Kabinett solle jedoch wie geplant am 20. Mai vom Parlament bestätigt werden - gut fünf Monate nach der Parlamentswahl.
  • Bei neuer Gewalt im Irak sind am 19. Mai laut AFP mindestens vierzehn Menschen getötet worden (AP: 17 Tote). Unter ihnen war ein enger Mitarbeiter des Gouverneurs der Sunnitenstadt Ramadi im Westen des Landes, wie es in Krankenhaus- und Sicherheitskreisen hieß. Der Sekretär des Gouverneurs wurde demnach von Bewaffneten ermordet, als er mit dem Auto das Gelände der Stadtverwaltung verließ.
  • Das UN-Komitee gegen Folter hat die USA zur Schließung ihres Gefangenenlagers Guantanamo aufgefordert. Auch auf eine Nutzung von Geheimgefängnissen im Kampf gegen den Terror müssten die USA verzichten, betonte das Komitee in einem am 19. Mai veröffentlichten Bericht. Der Ausschuss rief Washington außerdem auf, Gefangenenmisshandlungen seitens der US-Sicherheitskräfte im Irak und in Afghanistan abzustellen. Die im international scharf kritisierten Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba inhaftierten Personen sollten entweder freigelassen oder vor Gericht gestellt werden, heißt es in dem elfseitigen Abschlussbericht des UN-Komitees über Haftbedingungen in US-Einrichtungen. Weiter müssten die USA sicherstellen, dass niemand in von Washington kontrollierten Geheimgefängnissen festgehalten werde. Die Existenz aller solcher Gefängnisse müsse offen gelegt werden. Auch wer die Einrichtungen kontrolliere und wie die Häftlinge behandelt würden, müsse bekannt gemacht werden.
    Zu Afghanistan und Irak forderte der UN-Ausschuss, die USA müssten Gefangenenmisshandlungen ein Ende setzen und derartige Menschenrechtsverstöße mit aller Härte verfolgen. Ferner sollten die USA in allen Einrichtungen unter ihrer Kontrolle gegen Verhörmethoden vorgehen, die auf eine Misshandlung oder Demütigung der Gefangenen hinausliefen.
  • Das irakische Parlament hat am 20. Mai die neue Regierung unter Ministerpräsident Nuri el Maliki eingesetzt. Nach der Vorstellung des 34 Punkte umfassenden Regierungsprogramms sprachen die Abgeordneten Maliki das Vertrauen aus. Übergangsweise leitet Maliki selbst das Innenressort; die ebenfalls umstrittenen Posten des Ministers für Verteidigung und des Staatssekretärs für Nationale Sicherheit besetzte Maliki vorerst mit seinen Stellvertretern. Die einzelnen Minister des 37-köpfigen Kabinetts wurden per Handzeichen im Amt bestätigt. Die erste Arbeitssitzung der neuen Regierung ist für den 22. Mai geplant. Das Verteidigungsministerium wird provisorisch von Vize-Regierungschef Salam el Subaj geleitet. Das strategisch wichtige Ölministerium ging an den unabhängigen Schiiten und Nuklearforscher Hussein el Schahristani. Der 64-Jährige war unter Saddam Hussein gefoltert worden, weil er sich nicht mit der Entwicklung von Atomwaffen beschäftigen wollte.
    Der umstrittene frühere Innenminister und Schiit Bajan Dschabr Sulagh übernimmt das Finanzministerium. Der Kurde Hoschjar Sebari behält das Außenressort. Nach den Wahlen vom Dezember hatte sich die Regierungsbildung über Monate hingezogen, unter anderem weil sich Schiiten, Sunniten und Kurden nicht über die Besetzung der Schlüsselposten einigen konnten.
  • Mit der Einsetzung einer neuen Regierung im Irak hoffen die USA nach den Worten ihres Botschafters auf eine baldige Reduzierung der US-Truppen in dem Land. US-Botschafter Salmai Chalilsad sagte am 20. Mai, der aktuelle politische Wandel werde Fortschritte in die richtige Richtung ermöglichen. In strategischer Hinsicht "bewegen wir uns in Richtung einer Reduzierung unserer Truppen". Der britische Regierungschef Tony Blair sieht in der Einsetzung der Regierung einen "entscheidenden Wandel". Wenn es möglich sei, die terroristischen Kräfte im Irak und in Afghanistan zu besiegen, sei dies auch weltweit möglich.
  • Unter den 19 Opfern eines Bombenanschlags am 20. Mai in Bagdad waren nach Angaben aus dem Innenministerium viele Arbeiter, die sich auf einem Platz zum Frühstück versammelt hatten. Mindestens 58 Menschen wurden verletzt.
  • In Mussajeb 55 Kilometer südlich von Bagdad wurden am 20. Mai die Leichen von 15 ermordeten Menschen gefunden. Die Opfer seien gefoltert und erschossen worden, wie an ihren sterblichen Überresten zu sehen sei, hieß es im irakischen Verteidigungsministerium.
  • UN-Generalsekretär Kofi Annan hat die Einsetzung der neuen irakischen Regierung begrüßt. Angesichts einiger noch strittiger Posten in der Mannschaft von Ministerpräsident Nuri el Maliki äußerte Annan in einer am 20. Mai veröffentlichten Erklärung die Hoffnung, dass der Prozess der Regierungsbildung bald endgültig abgschlossen werde und eine Regierung auf breiter Basis möglichst bald die zentralen Probleme des Landes wie nationale Befriedung, Wiederherstellung der Sicherheit, Achtung der Menschenrechte, Rechtssicherheit sowie Wiederaufbau und Entwicklung des Irak angehen könne.
  • Am 21. Mai, einen Tag nach der Einsetzung einer neuen Regierung der nationalen Einheit, sind bei neuer Gewalt im Irak mindestens 20 Menschen ums Leben gekommen und mehr als 60 verletzt worden. Bei einem Selbstmordanschlag in einem Restaurant im Bagdader Stadtviertel Karrada starben nach Angaben aus dem Innenministerium 13 Menschen, 18 weitere wurden verletzt. Zunächst war von vier Toten und fünf Verletzten die Rede gewesen. Die Explosion eines Sprengsatzes nahe der Moschee El Samarrai im östlich gelegenen Viertel Dschedida endete für drei Zivilisten tödlich. 22 Menschen wurden verletzt.
    In Tikrit 180 Kilometer nördlich der Hauptstadt wurden laut Polizei zwei Brüder, die für ein Sicherheitsunternehmen arbeiteten, auf einer Straße von Bewaffneten erschossen. Bei weiteren Anschlägen in Bagdad und El Madajen starben zwei Menschen, 20 weitere erlitten Verletzungen. In der für die Schiiten heiligen Stadt Nadschaf 160 Kilometer südlich von Bagdad wurden die Leichen von zwei Frauen entdeckt, denen die Kehle durchschnitten worden war.
  • US-Präsident George W. Bush hat die Einsetzung der neuen irakischen Regierung als "verheerende Niederlage" für das Terrornetzwerk El Kaida und andere Extremisten bezeichnet. Ein freier Irak werde ein "wichtiger Verbündeter im Kampf gegen den Terror" und ein Vorbild für andere Länder in der Region sein, sagte Bush in einer Fernsehansprache aus dem Weißen Haus am 21. Mai. Er habe mit dem neuen irakischen Ministerpräsidenten Nuri el Maliki, Präsident Dschalal Talabani und Parlamentspräsident Mahmud Maschhadani telefoniert, und ihnen die weitere Unterstützung der USA beim Aufbau eines "freien Landes" zugesichert. Mit der Einsetzung der neuen Regierung werde ein neues Kapitel in den Beziehungen zwischen den USA und dem Irak aufgeschlagen.
Montag, 22. Mai, bis Sonntag, 28. Mai
  • Zwei Tage nach der Regierungsbildung im Irak hat der britische Premierminister Tony Blair am 22. Mai als erster ausländischer Regierungschef Bagdad besucht. Der Irak habe jetzt erstmals eine "Regierung der nationalen Einheit, die alle Grenzen und Trennungslinien überwindet", sagte Blair auf einer Pressekonferenz mit dem neuen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki. Blair sagte der neuen irakischen Regierung Unterstützung auf dem weiteren Weg zur Demokratie zu. Auf einen Termin für den Abzug der britischen Soldaten, die gemeinsam mit den Amerikanern den größten Teil der ausländischen Truppen stellen, ließ sich Blair weiterhin nicht festlegen. "Es ist die Gewalt, die uns hier hält", sagte der Premierminister. "Und es ist der Frieden, der uns das Gehen erlaubt." Aus Angst vor Anschlägen war sein Besuch bis zur letzten Minute geheim gehalten worden.
    Die irakischen Truppen sollen von Juni an "stufenweise und rasch" die volle Verantwortung für die Sicherheit von den multinationalen Truppen übernehmen. Dies erklärten der neue irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki und der britische Premierminister Tony Blair. Bis zum Ende des Jahres werde die Zuständigkeit für die Sicherheit in weiten Teilen des Landes in irakischen Händen liegen, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung Blairs und Al-Malikis. Dann würden Koalitionstruppen möglicherweise nur noch in den Provinzen Bagdad und Anbar benötigt, sagte Al-Maliki. Die Zahl der Sicherheitskräfte werde bis dahin von derzeit 264.00 auf 325.000 aufgestockt.
  • Blairs Kurzbesuch war überschattet von einer Serie von Anschlägen, bei denen in Bagdad und Bakuba mindestens 26 Menschen starben.
  • Für die Freilassung von ausländischen Geiseln im Irak sind nach Informationen der "Times" in den vergangenen 21 Monaten umgerechnet 35 Millionen Euro Lösegeld gezahlt worden. Trotz aller Dementis sei in neun Entführungsfällen Geld von westlichen Regierungen an Geiselnehmer geflossen, berichtete die britische Zeitung unter Berufung auf Sicherheitskreise und westliche Diplomaten in Bagdad. Die Bundesregierung äußert sich zu Spekulationen über Lösegeldzahlungen grundsätzlich nicht. Aus Paris und Rom kamen Dementis. Laut Informationen der "Times" wurden von Deutschland, Frankreich und Italien jeweils Summen von umgerechnet 1,9 Millionen bis 7,8 Millionen Euro gezahlt. Die Freilassung der Deutschen Susanne Osthoff im vergangenen Jahr kostete demnach rund 2,3 Millionen Euro. Für die beiden Ingenieure René Bräunlich und Thomas Nitzschke, die nach dreimonatiger Geiselhaft Anfang Mai freikamen, seien 3,9 Millionen Euro geflossen.
  • Im Prozess gegen Ex-Machthaber Saddam Hussein und sieben ehemalige Funktionäre seines Regimes verwies der Vorsitzende Richter Rauf Abdel Rahman am 22. Mai eine Verteidigerin des Saals. Die Anwältin Buschra Khalil hatte sich seiner Aufforderung widersetzt, ruhig zu sein, bis sie gefragt werde, wie der britische Sender BBC berichtete. Zu einem hitzigen Wortgefecht kam es auch zwischen dem Vorsitzenden Richter und Saddam, der sich immer noch für den Präsidenten des Irak hält. Als Entlastungszeuge für seinen Halbbruder und Ex- Geheimdienstchef Barsan al-Tikriti, sagte ein weiterer Halbbruder des Ex-Präsidenten, Sabaawi al-Tikriti, aus. Die Brüder versuchten den Eindruck zu erwecken, Barsan sei ein Funktionär gewesen, der mit Willkür und Folter nichts zu tun gehabt habe. In dem Prozess geht es um das Massaker von Dudschail im Jahr 1982 nach einem Attentatsversuch auf Saddam.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice ist wegen ihrer Rolle bei der Vorbereitung des Irak-Kriegs an einer Universität in Boston mit Protesten konfrontiert worden. Bis zu hundert Studenten und Lehrer kehrten der Ministerin am 22. Mai am Boston College den Rücken zu, während sie mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet wurde. Sie trugen Armbinden mit der Aufschrift "Nicht in meinem Namen". Auf einem großen Transparent, das rasch von einem Polizisten entfernt wurde, war zu lesen: "BC (Boston College) ehrt die Lüge und die Folter". Insgesamt nahmen an der Zeremonie im Stadion der Hochschule etwa 20.000 Menschen teil. Die meisten von ihnen beklatschten die Außenministerin.
    Der Besuch aus Washington hatte schon im Vorfeld heftigen Streit an der dem Jesuitenorden gehörenden Universität ausgelöst. Rund 200 der etwa tausend Dozenten unterzeichneten eine Petition gegen die Visite. Der Anglistik-Professor Steve Almond kündigte. Direkt vor der Ankunft der Ministerin überflog dann eine Maschine mit dem Banner "Ihr Krieg ist eine Schande" drei Mal das Stadion. Der Student James Hamilton, der am selben Tag sein Abschlussdiplom in Empfang nahm, nannte Rice eine "Kriegsverbrecherin". Weil sie "gelogen" habe, hätten unschuldige Menschen sterben müssen.
  • Der jordanische Geheimdienst hat nach eigenen Angaben ein bedeutendes Mitglied des Terror-Netzwerks El Kaida im Irak gefasst. Sein Geständnis werde am 23. Mai im jordanischen Fernsehen ausgestrahlt, sagte ein hochrangiger jordanischer Regierungsvertreter am 22. Mai der Nachrichtenagentur AFP. Der Verdächtige habe für den Jordanier Abu Mussab el Sarkawi gearbeitet. Nach Angaben eines anderen jordanischen Regierungsbeamten wurde der mutmaßliche Terrorist im Zuge einer "ausländischen Mission" gefasst, die zu den "bisher wichtigsten" des jordanischen Geheimdienstes zählte.
  • Am 22. Mai begann mit der Auswahl von sieben Geschworenen in den USA ein mit Spannung erwarteter Militärprozess um die Gefangenenmisshandlungen von Abu Ghoreib. Vor Gericht in Fort Meade (Maryland) steht der US-Unteroffizier Santos Cardona, der unter anderem wegen Körperverletzung und Einschüchterung von Häftlingen mit einem Schäferhund in der irakischen Einrichtung bei Bagdad angeklagt ist. Als Hauptzeuge der Verteidigung ist General Geoffrey Miller vorgeladen, der früher Kommandeur des US-Gefangenenlagers Guantánamo Bay (Kuba) war. Nach Zeugenaussagen in vorausgegangenen Prozessen soll er in Absprache mit Verteidigungsminister Donald Rumsfeld den Einsatz von Hunden bei Verhören in Guantánamo befohlen und dies dann später auch für Abu Ghoreib verfügt haben. Es ist das erste Mal in der Serie von Verfahren um Abu Ghoreib, dass vor Gericht ein Zeuge direkt zu den Strategien des Pentagon befragt wird. Miller ist insgesamt auch der ranghöchste Offizier, der im Zusammenhang mit dem Misshandlungsskandal aussagen muss.
  • US-Präsident George W. Bush hat am 22. Mai eingeräumt, dass sich die Lage im Irak nur schrittweise verbessere. Zugleich nannte er vor Wirtschaftsvertretern in Chicago jedoch die Bildung der neuen irakischen Regierung einen "Wendepunkt im Kampf zwischen Freiheit und Terrorismus".
  • Bei Anschlägen im Irak sind am 23. Mai mindestens fünf Menschen getötet worden. Bei Bakuba, 60 Kilometer nordöstlich von Bagdad, schossen bewaffnete Männer auf einen Kleinbus mit schiitischen Arbeitern. Drei Insassen kamen nach Polizeiangaben ums Leben, sieben wurden verletzt. In der Nähe der nordirakischen Stadt Kirkuk wurde ein Lehrer erschossen, der einer kurdischen Organisation angehörte. In Bagdad fiel ein Zigarettenverkäufer einem Mordanschlag zum Opfer.
  • Im Kampf gegen den internationalen Terrorismus begehen die USA und Großbritannien laut Amnesty International (ai) schwere Menschenrechtsverletzungen. Die USA hielten tausende Gefangene ohne Prozesse in Afghanistan, im Irak und in Guantanamo auf Kuba fest, kritisiert die Menschenrechtsorganisation in ihrem Jahresbericht, der am 23. Mai vorgestellt wurde (siehe: amnesty international Deutschland legt Jahresbericht 2006 vor). Der Bundesregierung wirft ai vor, Flüchtlinge in Kriegs- und Krisengebiete abzuschieben. "Ermutigende Fortschritte" gebe es dagegen bei der strafrechtlichen Ahndung von Völkerrechtsverbrechen.
  • Bei zahlreichen Anschlägen und Gewalttaten sind am 23. Mai im Irak Dutzende Menschen getötet und verletzt worden. Allein bei zwei Autobombenanschlägen in Bagdad starben mindestens zehn Menschen. 20 weitere Menschen wurden dabei verletzt. Bei einem Anschlag auf einen Minibus starb ein Mensch. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen töteten Bewaffnete mitten auf der Straße in Bagdad einen Professor und einen Beamten des Innenministeriums.
    Im Osten Bagdads wurde am Nachmittag in der Nähe eines Marktes im Schiitenviertel Sadr City ein Anschlag verübt. Dabei wurden fünf Menschen getötet und 15 weitere verletzt, wie aus Sicherheitskreisen verlautete. Zunächst war von Dutzenden Toten und Verletzten die Rede gewesen. Erst am Wochenende waren dort bei einem Anschlag 19 Menschen getötet worden. Am Morgen war bereits eine Autobombe im Südosten der Hauptstadt explodiert und hatte fünf Menschen getötet sowie fünf weitere verletzt. Bei einem weiteren Anschlag auf einen Minibus in Bagdad Hauptstadt kam ein Mensch ums Leben.
    In Mossul nördlich von Bagdad beschossen Unbekannte das Auto einer Familie und töteten vier Insassen, wie die Polizei mitteilte. Ein ehemaliger Funktionär der Baath-Partei wurde vor seinem Haus erschossen. Beim Angriff auf einen Kleinbus mit Arbeitern auf dem Weg zur Ernte wurden in der Nähe von Baakuba drei Menschen getötet und sechs weitere verletzt. In der Stadt Baakuba erschossen Bewaffnete aus einem fahrenden Auto heraus einen Blinden, einen Behinderten und einen Alten, die im Schatten einer Mauer saßen, wie die Polizei mitteilte. Eine Erklärung für diesen Angriff hatte sie nicht. Weitere Tote gab es in Baladrus und in Kirkuk.
  • Angesichts von Gewalt und Bedrohung ergriffen nach UN-Angaben binnen zwei Monaten mehr als 85.000 Menschen die Flucht. "Angesichts allgegenwärtiger Gewalt verlassen die Iraker weiter ihre Häuser", hieß es im Zweimonats-Bericht der Vereinten Nationen zur Menschenrechtslage im Irak. Seit dem Attentat vom 22. Februar auf die schiitische Moschee in Samarra hätten 14.307 Familien ihre Häuser verlassen. Viele Familien seien in die Provinz geflüchtet, hieß es unter Berufung auf Zahlen der Internationalen Organisation für Migration (OIM). Die Menschen flüchteten entweder freiwillig oder aber würden von Aufständischen, Milizen oder anderen bewaffneten Gruppen gezwungen. (Vgl. hierzu auch: "Das dauerhafte Exil".)
  • Im Irak werden immer mehr Mordanschläge aus dem fahrenden Auto heraus verübt - allein am 24. Mai wurden so zwölf Menschen getötet. Unter den Opfern waren ein Provinzbeamter im Norden des Landes mit zwei Leibwächtern und ein Polizist aber auch zwei Straßenverkäufer und ein Taxifahrer. In vielen Fällen bleibt unklar, ob es sich um politisch oder religiös motivierte Verbrechen oder um persönliche Racheakte handelt.
    Außerdem wurden am 24. Mai in Bagdad und dem 55 Kilometer südlich gelegenen Dajera die Leichen von acht Personen gefunden, die entführt und gefoltert worden waren.
  • In der Umgebung der irakischen Hauptstadt gingen US-Truppen gegen Aufständische vor. Bei Kämpfen am Thar-Thar-See und bei Jussifijah wurden nach US-Militärangaben vom 24. Mai sieben Rebellen getötet, darunter drei Mitglieder der Terrororganisation Al Kaida im Irak.
  • Der neue irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki traf am 24. Mai mit dem dänischen Regierungschef Anders Fogh Rasmussen zusammen, der zu den entschiedensten Befürwortern der amerikanischen Irak-Politik zählt. Rasmussen und sein Verteidigungsminister Sören Gade trafen am 23. Ma im Irak ein und besuchten zunächst das Kontingent der 530 dänischen Soldaten, die in der Nähe der südirakischen Stadt Basra stationiert sind.
  • Die irakischen Truppen werden nach Worten von Premier Nuri al-Maliki die Sicherheitslage bis Ende 2007 im Griff haben. Das sagte er laut CNN beim Besuch seines dänischen Kollegen Anders Fogh Rasmussen in Bagdad am 24. Mai. US-Präsident George W. Bush hatte erklärt, nur in diesem Fall die Truppen abzuziehen. Al-Maliki hatte schon zuvor betont, dass seine Truppen bis Ende dieses Jahres 16 der 18 Provinzen kontrollieren würden. Die beiden Ausnahmen seien Bagdad und die westliche Unruheprovinz Anbar.
  • Mehr als drei Jahre nach dem Einmarsch in den Irak haben US-Präsident George W. Bush und der britische Premierminister Tony Blair "Fehler" und "Fehltritte" bei ihrem Vorgehen eingeräumt. Bush sagte am 25. Mai in einer gemeinsamen Pressekonferenz in Washington, der Folterskandal von Abu Ghraib sei der "schlimmste Fehler" gewesen, den die USA im Irak begangen hätten. "Dafür haben wir lange Zeit bezahlt."
  • Bei einem Autobombenanschlag in Bagdad sind am Morgen des 26. Mai mindestens zwei Menschen getötet und 28 weitere verletzt worden. Die Bombe ging nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium in einem Busbahnhof im Viertel El Nahda im Stadtzentrum hoch. Zuvor war ein Polizist bei der Explosion eines Sprengsatzes in Kirkuk ums Leben gekommen. Vier weitere Menschen wurden laut Polizei verletzt, als die Bombe am Straßenrand explodierte. Kirkuk liegt rund 250 Kilometer nördlich von Bagdad.
  • Die neue italienische Regierung unter Ministerpräsident Romano Prodi will als eine ihrer ersten Maßnahmen nach der Amtsübernahme die Truppen aus dem Irak abziehen. Angesichts der Haushaltslage des Landes würden zunächst solche Vorhaben umgesetzt, die keine weiteren Ausgaben mit sich brächten, teilte das italienische Kabinett am Freitag in einem Schreiben an die beiden Parlamentskammern mit. Dazu gehöre es, einen Zeitplanes für den Rückzug der italienischen Soldaten aus dem Irak sowie für die Finanzierung von Friedensmissionen in dem von Gewalt zerrissenen vorderasiatischen Land zu erstellen. Prodi beriet sich am 26. Mai mit Außenminister Massimo D'Alema und Verteidigungsminister Arturo Parisi über die Rückzugspläne.
    Italien wird nach Angaben von Außenminister Massimo D'Alema im kommenden Monat seine Truppen im Irak von 2.700 auf 1.600 Mann reduzieren. Es war das erste Mal, dass die neue Mitte-links-Regierungen Zahlen für den von ihr angekündigten Truppenrückzug nannte. D'Alema äußerte sich in einer Fernsehsendung am Abend des 26. Mai, mehrere Stunden nach einem Treffen mit Ministerpräsident Romano Prodi. "Im Juni werden wir unsere Truppen im Irak von 2.700 auf 1.600 reduzieren", sagte er.
  • Der irakische Außenminister Hoschjar Sebari hat nach einem Treffen mit seinem iranischen Kollegen Manuschehr Mottaki am 26. Mai in Bagdad indirekt vor Massenvernichtungswaffen in der Region gewarnt. Sebari erinnerte daran, dass sein Land bereits unter den Massenvernichtungswaffen gelitten habe, die unter Präsident Saddam Hussein zum Einsatz kamen. Sein Land erwarte, dass der Iran die Bemühungen des Irak für Sicherheit und Stabilität unterstütze. "Wir sind derzeit gegen jede Spannung in der Region, denn wir glauben, dass dadurch jeder nur verlieren kann", sagte Sebari auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Mottaki. Generell respektiere der Irak aber das Recht des Iran auf Nukleartechnologie.
  • Vor dem nationalen Feiertag zum Gedenken an die US-Kriegsgefallenen hat Präsident George W. Bush dazu aufgerufen, den Einsatz im Irak zu Ende zu führen. "Der beste Weg, die gefallenen amerikanischen Helden zu ehren, ist es ihren Kampf fortzuführen und unsere Freiheit zu verteidigen", sagte Bush am 27. Mai in seiner wöchentlichen Radioansprache mit Blick auf den am 29. Mai bevorstehenden Memorial Day. Es sei zu erwarten, dass die Rebellen im Irak ihr Morden und ihre Bomenanschläge fortsetzen werden. Allerdings kämpften sie nun gegen eine frei gewählte Regierung. "Sie führen Krieg gegen ihr eigenes Volk."
  • Der iranische Außenminister Manutschehr Mottaki hat am 27. Mai die den Schiiten heiligen Städte Kerbela und Nadschaf im Irak besucht. Dabei traf er mit dem einflussreichen Großayatollah Ali al Sistani zusammen. Auf den Atomstreit mit der internationalen Gemeinschaft ging Mottaki nicht ein. Sein Besuch sei nicht politischer Natur, sagte er. Zugleich würdigte er Al Sistanis Bemühungen um die Einheit des Iraks.
  • Ein US-Militärhubschrauber vom Typ AH-1 Cobra ist am 27. Mai in der irakischen Provinz Anbar abgestürzt. Nach den beiden Besatzungsmitgliedern wurde gesucht, wie die US-Streitkräfte in Bagdad mitteilten. Der Absturz sei wahrscheinlich nicht auf einen feindlichen Beschuss zurückzuführen, hieß es. Der Hubschrauber befand sich den Angaben zufolge zu Wartungszwecken auf einem Testflug.
  • Seit Beginn des Irak-Krieges vor drei Jahren sind nach Angaben des britischen Rundfunksenders BBC mindestens tausend britische Soldaten desertiert. Allein im vergangenen Jahr seien 377 Soldaten desertiert und gälten immer noch als vermisst, in diesem Jahr seien es bereits 189, berichtete der Sender am 28. Mai auf seiner Internetseite. Er berief sich auf den Labour-Abgeordneten John McDonnell, der dem Parlament berichtet habe, die Desertationen hätten sich in den vergangenen drei Jahren verdreifacht.
  • Ein enger Verbündeter der USA im Kampf gegen den Terror im Irak ist am 28. Mai Opfer eines Anschlags geworden. Der sunnitische Stammesführer Scheich Osama al Dschadaan sei im Bagdader Viertel Mansur von zahlreichen Kugeln tödlich getroffen worden, berichtete die Polizei. Auch sein Fahrer und ein Leibwächter seien getötet worden. Al Dschadaan hatte bei der Suche nach Al-Kaida-Kämpfern und ausländischen Extremisten im Westen des Iraks mit den US-Truppen und der irakischen Regierung zusammengearbeitet.
  • Rund eine Woche nach der Bildung einer neuen Regierung hat der Irak unterdessen noch immer keinen Verteidigungs- und Innenminister. Das Parlament trat am 28. Mai nach viertägiger Pause wieder zusammen, konnte sich jedoch abermals nicht auf Kandidaten einigen.
Montag, 29. Mai, bis Mittwoch, 31. Mai
  • Bei mehreren Anschlägen und Überfällen im Irak sind am 29. Mai mehr als fünfzig Menschen getötet worden. Das schwerste Attentat mit 14 Toten ereignete sich am Morgen in der 80 Kilometer nördlich von Bagdad gelegenen Stadt Chales, als ein mit Tagelöhnern besetzter Bus auf einen Sprengsatz fuhr. Nach Polizeiangaben wurden 17 Menschen verletzt. In der Hauptstadt kamen bei mindestens vier Anschlägen innerhalb von wenigen Stunden mehr als 20 Menschen ums Leben. Auch im Süden des Landes wurden weitere Attentate verübt.
    Der Anschlag auf den Bus in Chales in der Provinz Dijala ereignete sich nach Polizeiangaben in den frühen Morgenstunden, als das Fahrzeug gerade den Busbahnhof verließ. Beim schwersten Attentat in Bagdad starben im Sunniten-Viertel Adhamija zwölf Menschen, allesamt Zivilisten, obwohl die Autobombe den Angaben zufolge einer Polizeipatrouille galt. 24 Menschen wurden dabei verletzt.
    Wenig später explodierte ganz in der Nähe eine weitere Bombe und riss fünf Menschen in den Tod. Bei einem Bombenanschlag auf einem Minibus im Schiiten-Viertel Asamijah starben sieben Menschen, neun weitere wurden verletzt. Weitere Tote gab es bei weiteren Anschlägen und Angriffen ebenfalls in Bagdad und in den südirakischen Städten Hilla, Beidschi, Samawa und Kut.
  • Im Prozess gegen den den früheren Staatschef und sieben Mitangeklagte wegen des Massakers an Bewohnern des schiitischen Dorfes Dudschail nach einem missglückten Anschlag auf Saddam Hussein aus dem Jahr 1982 wurden am 29. Mai mehrere Zeugen der Verteidung gehört. Vier Zeugen sagte dabei zugunsten des ehemaligen Vorsitzenden des irakischen Revolutionsgerichtes, Awad el Bandar, aus. Ein Zeuge gab an, er wisse nichts "über die Angelegenheit in Dudschail". Allen acht Angeklagten droht wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit die Todesstrafe; sie plädieren alle auf nicht schuldig. Prozessbeobachter rechnen mit einem Urteilsspruch Ende Juli oder Anfang August.
  • Am 29. Mai sind zwei Mitarbeiter des US-Senders CBS getötet worden. Der Kameramann und der Tontechniker kamen bei der Explosion einer Autobombe ums Leben. Eine Korrespondentin wurde nach Angaben des Senders in New York schwer verletzt. Die drei waren als so genannte "eingebettete" Journalisten mit der US-Armee in Bagdad unterwegs. Als sie aus einem Militärfahrzeug ausstiegen, sei der versteckte Sprengsatz gezündet worden.
  • Bei einem Mörserangriff auf das schwer befestigte irakische Innenministerium sind am 30. Mai zwei Menschen getötet und fünf verletzt worden. Wie die Polizei mitteilte, feuerten die Angreifer die Granaten aus einem Auto heraus ab. Bei der Explosion einer Autobombe wurde in Bagdad zudem ein Polizist getötet.
  • Die am Montag bei einem Bombenanschlag schwer verletzte US-Journalistin Kimberly Dozier wurde inzwischen in das US-Militärkrankenhaus nach Landstuhl gebracht. Der Zustand der Korrespondentin des Senders CBS wurde als stabil beschrieben. Bei dem Anschlag waren ihr Kameramann und der Toningenieur getötet worden. Dozier war mit einer amerikanischen Infanteriedivision im Irak unterwegs. Sie berichtete seit drei Jahren aus dem Land.
  • Die US-Truppen im Irak sind um 1.500 Soldaten verstärkt worden. Wie Pentagon-Sprecher Bryan Whitman am 30. Mai in Washington mitteilte, wurden die zwei Bataillone aus Kuwait in die westirakische Provinz El Anbar entsandt. Sie sollten den Einfluss des internationalen Terrornetzwerks El Kaida in diesem Bereich eindämmen, fügte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums hinzu.
  • Das dänische Parlament hat am 30. Mai das Mandat für den Einsatz der dänischen Streitkräfte im Irak bis zum 30. Juni 2007 verlängert. Zugleich beschlossen die Abgeordneten auf Antrag der Regierung jedoch, das 530 Mann starke Truppenkontingent um 80 Soldaten zu verringern. Diese 80 Mann waren für die Ausbildung irakischer Soldaten abgestellt. Dies sei nun nicht mehr nötig, erklärte die dänische Regierung. Auf Bitten der Vereinten Nationen stellt die dänische Luftwaffe für den Wiederaufbau Iraks ein Transportflugzeug vom Typ Hercules C-130 und eine Mannschaft mit bis zu 70 Personen bereit. Die Maschine soll in der jordanischen Hauptstadt Amman stationiert werden.
  • Nach einem weiteren Anschlag im Irak hat sich die Zahl der Attentatssopfer vom 30. Mai auf 53 erhöht. Neun Menschen wurden getötet, als am Abend vor einer Bäckerei in einem südöstlichen Stadtteil in Bagdad eine Bombe explodierte, wie ein Sprecher der Sicherheitskräfte sagte. Zehn weitere Menschen wurden demnach verletzt. Die Opfer hatten vor der Bäckerei angestanden.
  • Zwei Wochen nach seiner Entführung im Irak ist ein Diplomat aus den Vereinigten Arabischen Emiraten wieder freigelassen worden. Das Außenministerium in Dubai bestätigte am 30. Mai, der ranghohe Diplomat sei am Abend freigekommen. Der Mann war am 16. Mai in Bagdad verschleppt worden (siehe weiter oben: 16. Mai). Eine Gruppe namens "Banner des Islam" verlangte von den Emiraten den Abzug ihres Botschafters aus dem Irak sowie die Schließung des in Dubai ansässigen irakischen Fernsehsenders El Fayjah. Die Emirate zogen tags darauf ihren ranghöchsten Diplomaten aus Bagdad ab.
  • Die deutschen Sicherheitsbehörden haben angeblich drei deutsche Frauen daran gehindert, Selbstmordattentate im Irak und in Pakistan zu begehen. Die zum Islam übergetretenen Frauen aus Berlin und Süddeutschland hätten sich über Kontakte in islamistischen Chatrooms und durch den Einfluss islamistischer Lebensgefährten radikalisiert, berichtet der Berliner "Tagesspiegel" unter Berufung auf einen ranghohen Sicherheitsexperten (30. Mai). Zwei von ihnen wollten demnach ihre Kleinkinder auf ihre Reise in den Nahen Osten mitnehmen. Die Frauen seien in den Chatrooms aufgespürt und in den vergangenen Wochen an der Ausreise gehindert worden, hieß es weiter. Eine von ihnen habe Kontakte zur irakischen Terrorgruppe Ansar al Islam. Vergangenen November hatte sich in der Nähe von Bagdad eine belgische Konvertitin in die Luft gesprengt.
  • Seit Beginn des Irakkriegs wurden bislang 71 Journalisten getötet worden - genauso viele wie während des Vietnamkriegs. Das New Yorker Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) erklärte am 30. Mai, weitere 26 Opfer hätten als Dolmetscher, Fahrer und Assistenten für Medienvertreter gearbeitet. CPJ-Direktorin Ann Cooper sagte, der Tod ausländischer Journalisten errege meist die größte Aufmerksamkeit. Allerdings handele es sich bei drei Viertel der Opfer um irakische Medienvertreter. Sie gingen das größte Risiko ein, egal ob sie für örtliche oder internationale Medien arbeiteten.
  • Der Gewalt im Irak sind am 31. Mai erneut mehrere Menschen zum Opfer gefallen:
    In Mossul im Norden des Landes tötete eine Autobombe mindestens fünf Polizisten und verwundete weitere 14, wie die Polizei mitteilte.
    In Bagdad erschossen Bewaffnete einen schiitischen Muezzin, der auf dem Weg zu einer Moschee war.
    Ein ehemaliger Gouverneur der Provinz Diwanija wurde den Angaben zufolge am Abend des 30. Mai aus einem fahrenden Auto heraus erschossen.
    Bei einem Bombenanschlag in Mukdadija kam der sunnitische Bürgermeister der nördlich von Bagdad gelegenen Stadt ums Leben. Der Sprengsatz war nach Darstellung der Polizei in der Klimaanlage in seinem Büro versteckt.
    An mehreren Stellen der Hauptstadt wurden insgesamt 17 Leichen gefunden. Den meisten Opfern waren die Hände gefesselt und die Augen verbunden.
    Bei einem Granatenangriff in der irakischen Hauptstadt Bagdad sind am Abend des 31. Mai mindestens noch einmal neun Menschen getötet worden. Weitere 20 Menschen wurden verletzt, als drei Mörsergranaten in ein Wohngebiet im südlichen Stadtviertel Dura einschlugen, wie es aus dem irakischen Verteidigungsministerium hieß.
  • Ministerpräsident Nuri al-Maliki traf am 31. Mai im südirakischen Basra ein, wo es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen war. Bei Treffen mit religiösen und politischen Führern wolle er dazu beitragen, die Spannungen in der schiitisch dominierten Stadt zu überwinden.
  • US-Präsident George W. Bush hat sich betroffen über die Massakervorwürfe gegen US-Soldaten im Irak gezeigt. "Ich bin beunruhigt", erklärte Bush am 31. Mai in Washington in seiner ersten öffentlichen Stellungnahme zu den Berichten. Wenn sich die Vorwürfe bestätigen sollten, müssten die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Bush wurde nach Angaben seines Sprechers erst nach Fragen eines Journalisten auf die Militäraktion in Haditha aufmerksam, bei der im November etwa 24 Iraker umgebracht worden sein sollen. Der Sprecher des Weißen Hauses, Tony Snow, erklärte am 30. Mai in Washington, ein "Time"-Reporter habe Fragen gestellt. Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats sagte, die Zeitschrift habe die US-Truppen in Bagdad am 10. Februar auf die Vorgänge in Haditha aufmerksam gemacht. Nach ersten Ermittlungen sei der Präsident informiert worden.


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