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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

März 2006

Mittwoch, 1. März, bis Sonntag, 5. März
  • Der irakische Regierungschef Ibrahim Dschaafari hat am 2. März islamische Prediger aufgefordert, in ihren Freitagsgebeten Anschlägen und religiösen Ausschreitungen eine Absage zu erteilen.
  • Bei einem Überfall auf zwei Ziegeleien in Nahrawan, zehn Kilometer östlich der Hauptstadt Bagdad, sind am 2. März 18 schiitische Arbeiter ermordet worden. Die dafür verantwortliche Gruppe habe dort auch ein Umspannwerk angegriffen, hieß es, dabei habe es neun Tote gegeben.
  • Bei mehreren Anschlägen wurden in Irak am 2. März mindestens 34 Menschen getötet. In einem überwiegend von Schiiten bewohnten Bagdader Stadtteil explodierte eine Bombe auf dem Gemüsemarkt. Acht Menschen wurden getötet. Bei der Explosion einer Bombe in einem Kleinbus kamen im Stadtteil Sadr fünf Menschen ums Leben. In der Nähe von Samarra überfielen Aufständische einen Kontrollpunkt und erschossen sechs Soldaten und vier Polizisten. Neue Anschläge wurden auch aus anderen Teilen von Bagdad und aus Mosul gemeldet.
  • Ministerpräsident Ibrahim al-Dschaafari sagte am 2. März Gespräche mit den Vorsitzenden der im Parlament vertretenen Parteien ab. Al-Dschaafari reagierte mit der Absage offenbar auf einen Vorstoß dreier Parteien, die eine zweite Amtszeit des schiitischen Politikers verhindern wollen. Laut Verfassung erhält der Kandidat der größten Fraktion im Parlament den Auftrag zur Regierungsbildung. Dies ist die schiitische Allianz, die al-Dschaafari Mitte Februar für eine zweite Amtszeit nominierte. Vertreter der Sunniten, der Kurden und der schiitisch-säkularen Partei des früheren Ministerpräsidenten Ajad Allawi verständigten sich aber am Abend des 1. März auf eine Ablösung al-Dschaafaris. Nur so könnten die Bemühungen um eine Regierung der nationalen Einheit gerettet werden. Hintergrund ist die Unterstützung al-Dschaafaris durch den radikalen Kleriker Muktada as-Sadr, dessen Miliz für zahlreiche Vergeltungsanschlage auf Sunniten im Anschluss an die Zerstörung der schiitischen Kuppelmoschee von Samarra verantwortlich gemacht wird.
  • In Bagdad wurde am 3. März ein Fahrverbot bis zum Nachmittag ausgesprochen. Dadurch sollten weitere Selbstmordanschläge unterbunden werden.
  • Nach George Bush hat sich nun auch der britische Premierminister Tony Blair bei seiner Entscheidung für eine Beteiligung am Irak-Krieg auf Gott berufen. Wegen der Frage, ob britische Truppen 2003 in den Irak geschickt werden, habe er gebetet, sagte der Labour-Politiker am 4. März im Fernsehsender ITV. Das Urteil, ob die Entscheidung richtig oder falsch gewesen sei, werde letztlich auch von Gott gefällt. Blair sagte, er habe damals mit seinem Gewissen gerungen. Die einzige Art und Weise, mit einer solchen Entscheidung umzugehen, sei jedoch, sich auf sein Gewissen zu verlassen. "Am Ende wird es ein Urteil darüber geben. Und ich denke, wenn man an solche Dinge glaubt, wird man sich darüber klar, dass es von anderen Leuten gefällt wird." Auf die Nachfrage, was er damit meine, antwortete der als sehr gläubig geltende Premierminister: "Wenn man an Gott glaubt, dann wird es auch von Gott gefällt."
  • Bis zum Frühjahr kommenden Jahres sollen Berichten der Zeitungen Sunday Telegraph und Sunday Mirror (5. März) zufolge sämtliche britischen und US-Besatzungssoldaten aus dem Irak abgezogen werden. Das britische Verteidigungsministerium dementierte umgehend.
    Das US-Militär im Irak hat Medienberichte über einen geplanten Abzug aller britischen und US-amerikanischen Soldaten bis zum Frühjahr 2007 ebenfalls dementiert. Es gebe keinen Zeitplan für einen Abzug, sagte Oberstleutnant Barry Johnson am 5. März in Bagdad.
  • Bei neuen Anschlägen in Bagdad wurden am Wochenende (4./5. März) mindestens 16 Menschen getötet.
  • In der Stadt Kut nördlich von Bagdad kam es am Wochenende zu Protesten gegen die zunehmende Treibstoffknappheit. Wütende Einwohner bewarfen seit drei Tagen geschlossene Tankstellen mit Steinen. Sie blockierten Straßen mit brennenden Autoreifen. Dem Provinzgouverneur warfen die Demonstranten in Sprechchören vor, ein "Agent der Amerikaner" zu sein. Auf dem Schwarzmarkt von Kut wird Benzin inzwischen zum Sechsfachen des offiziellen Preises verkauft.
  • Im Irak werden die Menschenrechte nach UN-Angaben massiv verletzt. Es gebe Berichte über exzessive Gewalt, willkürliche Inhaftierungen in illegalen Gefangenenlagern sowie über das spurlose Verschwinden von Menschen, sagte der UN-Gesandte Aschraf Dschehangir Kazi am 5. März vor Journalisten in Bagdad. Viele der angeprangerten Taten gingen offenbar auf das Konto der Aufständischen. Allerdings sei es den Vereinten Nationen wegen der prekären Sicherheitslage im Lande bislang nicht gelungen, die einschlägigen Berichte zu verifizieren. Kazi zufolge ist es vor allem unmöglich, präzise Angaben über die Zahl der getöteten Zivilpersonen bei den Anschlägen der letzten Jahre zu erhalten. Unterschiedliche Regierungsstellen verbreiteten hier widersprüchliche Informationen. Die Zahl der Todesopfer dürfte jedoch mehrere 10.000 betragen. Gerade bei den Bombenanschlägen und Mörserattacken handele es sich um eine gravierende Verletzung von Menschenrechten.
    Nach Einschätzung des früheren UN-Gesandten John Pace haben die Menschenrechtsverletzungen im Irak heute das gleiche Ausmaß wie unter der Herrschaft des gestürzten Staatschefs Saddam Hussein. Betroffen sei jedoch ein weit größerer Teil der Bevölkerung als früher, sagte Pace am vergangenen Donnerstag (2. März) der Nachrichtenagentur AP in Sydney. Der Diplomat war bis Februar Direktor des Menschenrechtsbüros bei der UN-Vertretung im Irak. Auch Kazi erklärte, dass sich die Menschenrechtslage seit dem Sturz des alten Regimes kaum verbessert habe. Dies gebe großen Anlass zur Besorgnis.
Montag, 6. März, bis Sonntag, 12. März
  • Die US-geführten Truppen im Irak haben nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) seit ihrem Einmarsch im März 2003 zehntausende Menschen "willkürlich" festgehalten. Fast drei Jahre nach der Invasion der multinationalen Truppen sei die Menschenrechtslage im Irak "finster", hieß es in einem ai-Bericht. Ein Großteil der Häftlinge sei ohne Anklage ins Gefängnis gekommen. Zudem hätten weder die multinationalen Truppen noch die Iraker Vorsorgemaßnahmen getroffen, Gefangene vor Folter oder anderen Menschenrechtsverletzungen zu schützen.
    Ende November hielten die USA und ihre Verbündeten laut Bericht im Irak immer noch mehr als 14.000 Menschen fest. Der Bericht mit dem Titel "Jenseits von Abu Ghraib: Haft und Folter im Irak" beruht auf Gesprächen mit ehemaligen Häftlingen, deren Anwälten und Angehörigen sowie mit Vertretern der multinationalen Truppen und irakischen Beamten. Er prangert die Verletzung internationaler Menschenrechtsstandards durch die US-geführten Truppen an. Diese hielten tausende Menschen ohne Gerichtsverfahren inhaftiert, einige hundert von ihnen zeitlich unbegrenzt, kritisierte der Bericht. Den Häftlingen im Irak werde das Grundrecht genommen, ihre Verhaftung anzufechten. In den ersten zwei Monaten der Inhaftierung dürften die Gefangenen weder ihre Anwälte noch Familien sehen. Einige Gefangene wurden dem Bericht zufolge nach monatelanger Haft ohne Erklärung, Entschuldigung oder Entschädigung entlassen.
    Ende November vergangenen Jahres hielten die multinationalen Truppen dem Bericht zufolge im Irak mehr als 14.000 Menschen gefangen. Zu diesem Zeitpunkt saßen 4.710 Häftlinge im Bagdader Gefängnis Abu Ghraib ein, 138 in Camp Cropper in Bagdad, 7.365 in Camp Bucca in der Nähe von Basra und 1.176 in Fort Suse nahe der nordirakischen Stadt Suleimanijah. Weitere 650 Menschen seien in anderen Militäreinrichtungen im Irak festgehalten worden.
    Der ai-Bericht führte gesondert die Menschenrechtsverletzungen auf, für die die multinationalen Truppen "direkt verantwortlich" waren, und bezeichnete die Bilanz als "widerwärtig". Gleichzeitig häuften sich Berichte von Folter und Gewalt bis hin zu Todesfällen in Gewahrsam irakischer Sicherheitskräfte, erklärte der Mitautor des Berichts, Carsten Jürgensen.
    Die Menschenrechtsorganisation forderte "dringende, konkrete Schritte" der multinationalen Truppen und des Irak, um Häftlinge vor Folter und Misshandlung zu bewahren.
  • Bei einer Bombenexplosion in der irakischen Stadt Baakuba sind am 6. März nach Polizeiangaben sechs Menschen getötet worden, 23 weitere wurden verletzt Die Detonation ereignete sich nach übereinstimmenden Angaben von Polizei und Krankenhausmitarbeitern auf einem Gemüsemarkt in der Nähe einer Polizeiwache im Stadtzentrum. Baakuba liegt rund 60 Kilometer nordöstlich von Bagdad.
    Zuvor waren im weiter nördlich gelegenen Hawidscha vier Iraker erschossen worden, ein sunnitischer Scheich und drei Schiiten.
    Die US-Armee gab am 6. März den Tod eines Soldaten bekannt, der bereits am 5. März in der sunnitischen Rebellenregion El Anbar im Kampf getötet worden war.
  • In Bagdad explodierten am 6. März mindestens sechs Sprengsätze und töteten insgesamt sechs Menschen, in der 30 Kilometer weiter südlich gelegenen Ortschaft Mahmudiya wurde bei einem Anschlag auf eine Polizeipatrouille eine Passantin getötet. Im nordirakischen Kirkuk wurden drei Angehörige der turkmenischen Minderheit aus einem vorbeifahrenden Auto heraus erschossen.
  • Bei einem Einsatz nahe Tadschi, nördlich von Bagdad, konnte die US-Armee am 7. März eigenen Angaben zufolge einen entführten hochrangigen Mitarbeiter der irakischen Regierung befreien. Der Mann war vergangene Woche verschleppt worden.
  • Der größte Teil der rund 8.000 im Irak stationierten britischen Soldaten soll bis zum Sommer 2008 abgezogen werden. Wie die Zeitung "The Daily Telegraph" unter Berufung auf den ranghöchsten britischen Offizier in der irakischen Hauptstadt Bagdad berichtet, soll der Abzug in vier Stufen erfolgen und noch im Frühjahr, spätestens jedoch im Sommer dieses Jahres beginnen. Die Abzugspläne gründeten auf der Zuversicht, dass die irakischen Sicherheitskräfte bald ohne fremde Unterstützung arbeiten könnten. (dpa, 7. März)
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat den Iran beschuldigt, Agenten in das Nachbarland Irak einzuschleusen. Bei den Männern handele es sich um Angehörige der Iranischen Revolutionsgarden, sagte Rumsfeld am 7. März in Washington. Der Iran bedrohe mit seinem Verhalten die Sicherheit der Iraker und werde dies zu einem späteren Zeitpunkt einmal als Fehler betrachten. "Ist es eine Bedrohung? Ist es möglich, dass mehr Iraker getötet werden. Sicherlich", sagte Rumsfeld.
  • In der irakischen Hauptstadt Bagdad sind am 8. März etwa 50 Angestellte eines privaten Sicherheitsunternehmens entführt worden. Die Geiselnehmer seien als Polizisten verkleidet in das Hauptquartier der Firma El Rawafed im Osten Bagdads eingedrungen und hätten die Angestellten mit vorgehaltener Waffe zum Mitkommen gezwungen, teilte das Innenministerium mit. Es sei unklar, wohin die Geiseln gebracht wurden. Das Unternehmen bietet die Dienste privater Sicherheitsleute an.
  • US-Soldaten haben im Irak einen grausigen Fund gemacht: In einem Kleinbus in Bagdad entdeckten sie die Leichname von 18 jungen Männern. Der Wagen sei im Westen der Hauptstadt abgestellt worden, teilte das irakische Innenministerium am 8. März mit. Die 18 Männerleichen seien im überwiegend von Sunniten bewohnten Bagdader Stadtteil Amarijah gefunden worden, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Die US-Armee hatte nach eigenen Angaben die irakische Polizei über den Fund informiert. Diese brachte die Leichen in das Bagdader Jarmuk-Krankenhaus.
  • Bei neuen Anschlägen in verschiedenen Landesteilen starben am 8. März acht Iraker:
    Im Norden Bagdads starben bei einer Bombenexplosion zwei Polizisten; zwei weitere sowie sechs Zivilisten wurden bei dem Anriff verletzt. Im Viertel El Amarijah wurde ein früherer Offizier der irakischen Armee erschossen.
    In Falludschah 50 Kilometer westlich von Bagdad tötete eine Autobombe nach Polizeiangaben zwei Menschen.
    In Baakuba 60 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt starben bei zwei Anschlägen zwei Militärs sowie ein Polizist.
  • Das berüchtigte Militärgefängnis Abu Ghraib in Bagdad wird in den kommenden Monaten geschlossen. Wie ein Sprecher der US-Armee am 9. März mitteilte, sollen die etwa 4.530 Insassen in den kommenden zwei bis drei Monaten in andere Gefängnisse im Irak verlegt werden. Abu Ghraib war 2003 in die Schlagzeilen geraten, nachdem Fotos von Misshandlungen von Häftlingen durch US-Soldaten öffentlich geworden waren. Ein Großteil der Häftlinge aus Abu Ghraib soll den Angaben zufolge in das Gefängnis Camp Cropper am Flughafen von Bagdad verlegt werden, sobald die Baumaßnahmen dort beendet seien. Einen genauen Termin für die Schließung von Abu Ghraib gebe es noch nicht.
  • Am 9. März wurden im Irak 13 mutmaßliche Aufständische hingerichtet. Die 13 Männer seien wegen "terroristischer Akte, die zahlreiche unschuldige Bürger das Leben gekostet" hätten, verurteilt worden, teilten die Behörden mit. Angaben über die Nationalität der Hingerichteten wurden nicht gemacht. Die Mehrzahl der "terroristischen Akte" sollen den Angaben zufolge in der nördlichen Provinz Ninive verübt worden sein. Am 1. September hatte der Irak erstmals seit Wiedereinführung der Todesstrafe im Juni 2004 drei Mitglieder der islamistischen Organisation Ansar el Sunna hingerichtet.
  • Ein britischer Soldat, der wegen der Misshandlung irakischer Zivilisten festgenommen worden war, ist nach einem Verhör wieder aus der Haft entlassen worden. Das bestätigte das Verteidigungsministerium in London am 9. März. Es war die vierte Festnahme nach der Veröffentlichung eines Videos mit prügelnden britischen Soldaten im Irak. Ein Sprecher des Ministeriums sagte, die Untersuchung zu den Vorwürfen der Misshandlung mache Fortschritte. Die Militärpolizei brauche aber Zeit, um Einzelheiten zu klären und weitere Soldaten zu identifizieren. Das Video war im vergangenen Monat von mehreren arabischen Sendern ausgestrahlt worden und hatte im Irak große Empörung ausgelöst.
  • Knapp sechs Wochen nach der Entführung der beiden Deutschen im Irak hat die Bundesregierung angeblich neue Hinweise auf ein Lebenszeichen der Geiseln. Das Auswärtige Amt habe den Angehörigen der verschleppten deutschen Ingenieure René Bräunlich und Thomas Nitzschke am vergangenen Wochenende mitgeteilt, dass die Entführten mit großer Sicherheit noch am Leben seien, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" in ihrer Ausgabe vom 9. März. "Es gibt keinerlei Grund, daran zu zweifeln, dass sie noch am Leben sind", zitierte das Blatt einen Sicherheitsexperten.
  • In einem Vorort der Hauptstadt Bagdad kamen am 9. März bei einem Sprengstoffanschlag zehn Zivilisten ums Leben. Augenzeugen sagten, bei den Opfern handele es sich vor allem um Bauarbeiter und Studenten.
  • Die US-Armee berichtete am 9. März, zwei ihrer Soldaten seien in den letzten zwei Tagen bei Gefechten mit Aufständischen in der Provinz Anbar getötet worden.
  • Die Opposition im Bundestag hat sich auf einen Auftrag für den Untersuchungsausschuss zu den Geheimdienstaktivitäten im Irak und im Anti-Terror-Kampf geeinigt. Der Auftrag sei "sehr konkret" und umfasse fast 30 Punkte, sagte Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele am 10. März der Nachrichtenagentur AFP in Berlin. Untersucht werden solle der Komplex der CIA-Gefangenenflüge via Europa. Zweiter Komplex sei die Verschleppung des Deutsch-Libanesen Khaled el Masri durch den US-Geheimdienst CIA. Drittens würden die Aktivitäten des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Bagdad untersucht. Bei der Vernehmung von Terrorverdächtigen durch deutsche Beamte im Ausland solle hingegen vor allem über mögliche Konsequenzen gesprochen werden. Alles solle unter der Überschrift "Politische Verantwortung" stehen.
  • Der im November im Irak entführte US-Bürger Tom Fox ist tot aufgefunden worden. Die Leiche des 54-jährigen Friedensaktivisten sei aufgefunden und identifiziert worden, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums in Washington am 10. März. Fox war mit drei weiteren Aktivisten einer christlichen Friedensgruppe im Irak entführt worden. Über das Schicksal der drei anderen herrscht Unklarheit. Zuletzt tauchten sie auf einem Videoband auf, dass am 7. März vom arabischen Fernsehsender El Dschasira ausgestrahlt wurde. Fox war auf dem Band nicht zu sehen. Eine Gruppe namens "Brigaden des Schwerts der Gerechtigkeit" hatte sich zu der Entführung bekannt und mit der Ermordung der Geiseln gedroht, falls nicht alle inhaftierten Iraker aus den Gefängnissen des Landes freigelassen würden.
  • Der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und BND-Präsident Ernst Uhrlau wegen der BND-Aktivitäten im Irak scharf kritisiert. Die beiden hätten "schwere Fehler begangen, weil sie von Anfang an den militärischen Nutzen der Informationen, die vom BND an die USA weitergeleitet wurden, heruntergespielt haben", sagte der CSU-Politiker der "Welt" (11. März). "Steinmeier und Uhrlau sollten endlich dazu stehen, dass es aus der Bündnisverpflichtung heraus militärische Hilfe gegeben hat, auch ohne dass Soldaten geschickt wurden."
  • Nach der Einigung der Oppositionsparteien über den Auftrag des BND-Untersuchungsausschusses hat SPD-Fraktionschef Peter Struck Grenzen für die Arbeit des Gremiums aufgezeigt. Die große Koalition werde keine Einsicht in den "Kernbereich des Regierungshandelns bei Geheimdiensten" gewähren. Das sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (11. März). Natürlich werde im Ausschuss alles offen gelegt, was vertretbar sei. Zugleich müsse aber sichergestellt werden, dass der BND als Auslandsdienst weiter funktionsfähig bleibe. Struck warnte, es bestehe die große Gefahr, dass der BND und damit die Bundesregierung nicht mehr von den Diensten andere Länder unterrichtet würden, wenn diese damit rechnen müssten, dass ihre Quellen öffentlich durchleuchtet werden.
  • Am 11. März teilte die Polizei mit, dass in Bagdad ein entführter US-Bürger tot aufgefunden wurde. Nach US-Angaben handelte es sich um den 54-jährigen Tom Fox, der im November verschleppt worden war. Er arbeitete für eine christliche Friedensorganisation im Irak. (Siehe:
  • Am 12. März starben nach offiziellen Angaben mindestens 40 Menschen bei einer Serie von Autobombenanschlägen in Bagdad. Knapp 140 Menschen wurden in dem überwiegend von Schiiten bewohnten Viertel Sadr-City verletzt. Insgesamt starben am am 12. März bei Anschlägen mindestens 80 Menschen. Schon in der Nacht zum 12. März hatte es in der Hauptstadt verschiedene Angriffe gegeben. Vertreter von einem der größten Krankenhäuser Bagdads berichteten von etwa 20 Toten. Die meisten von ihnen seien erschossen worden.
  • Am 12. März wurde der Prozess gegen den früheren Machthaber Saddam Hussein und sieben Mitangeklagte fortgesetzt. Drei frühere Politiker von Saddams Baath-Partei wiesen Vorwürfe zurück, sie seien an der Ermordung von Schiiten beteiligt gewesen. Saddam selbst war im Gerichtssaal in Bagdad nicht anwesend, da seine Aussage erst später vorgesehen ist.
  • Mit scharfer Kritik an den im Irak stationierten US-Truppen hat ein britischer Elitesoldat in einem Zeitungsinterview seinen Austritt aus der Armee begründet. Er habe nicht länger "der amerikanischen Außenpolitik im Irak dienen" wollen, sagte der 28-jährige Ben Griffin der britischen Zeitung "Sunday Times" (12. März). Das Mitglied eines Anti-Terror-Kommandos der Elite-Armeeeinheit SAS hatte sich im März vergangenen Jahres geweigert, erneut im Irak eingesetzt zu werden. Das Vorgehen der US-Truppen im Irak bezeichnete er als "drakonisch, aber komplett ineffektiv". Die US-Soldaten dort könnten in zwei Gruppen eingeteilt werden: "die, die für einen Kreuzzug da waren, mit dem Ziel, Iraker zu töten, und die anderen, die nur im Irak waren, weil die Armee ihre Studiengebühren zahlen wird," zitierte die Zeitung den Ex-Soldaten weiter.
Montag, 13. März, bis Sonntag, 19. März
  • Großbritannien will einem Medienbericht zufolge rund 800 seiner Soldaten aus dem Irak abziehen. Wie der britische Fernsehsender BBC am 13. März berichtete, würde sich die britische Truppenstärke in dem Golfstaat damit um rund zehn Prozent reduzieren. Dem Sender zufolge will Verteidigungsminister John Reid die Pläne gegen 16.30 Uhr MEZ im Parlament darlegen. Das Verteidigungsministerium wollte sich zunächst weder zu dem BBC-Bericht, noch zum Inhalt der Erklärung Reids äußern.
  • Die britische Wirtschaft hat nach einer neuen Studie seit dem Sturz von Saddam Hussein im Irak mehr als 1,5 Milliarden Euro verdient. Zu den großen Nutznießern des militärischen Einsatzes gehören nach dem Bericht der privaten Forschungsgruppe Corporate Watch vor allem Sicherheitsfirmen, Bauunternehmen, PR-Firmen sowie Ölgesellschaften. In der Studie, die am 13. März von der Londoner Tageszeitung "The Independent" veröffentlicht wurde, werden insgesamt 61 Unternehmen aufgeführt.
    Der Mindestgewinn, den die Firmen in den vergangenen Jahren aus dem Irak-Geschäft ziehen konnten, wird von der Organisation auf rund 1,1 Millionen Pfund (1,59 Milliarden Euro) geschätzt. Dies sei jedoch nur die "Spitze des Eisbergs". Nach den Berechnungen von Corporate Watch könnte der Gewinn bis zu acht Milliarden Euro betragen. Nach ihren Angaben sind im Irak allein für britische Sicherheitsfirmen mehr als 20.000 Beschäftigte im Einsatz.
    Nach inoffiziellen Schätzungen kostete der britische Militäreinsatz im Irak bisher umgerechnet mehr als sieben Milliarden Euro. Doch die muss der Steuerzahler aufbringen.
  • Die USA kündigten die Veröffentlichung von zehntausenden Dokumenten der Regierung Saddam Husseins an. US-Präsident George W. Bush hatte sich am Abend des 13. März an die Öffentlichkeit gewandt, um seine Irak-Politik zu verteidigen. Er warf Iran vor, die Unruhen in Irak zu schüren.
  • Das irakische Innenministerium hat am 14. März Berichte über Todesschwadronen bei den Sicherheitskräften bestätigt. Ein hoher Ministerialbeamter sagte der Zeitung Al-Mashreq, 22 Beamte aus dem Innen- und drei aus dem Verteidigungsministeriums seien in den Fall verwickelt. Sie hätten auf eigene Faust Zivilisten "aus Rache" entführt und getötet.
    Sunniten hatten Minister Bajan Bakr Solagh, der zur Schiiten-Partei Sciri gehört, vorgeworfen, er lasse sunnitische Geistliche ermorden.
  • Die Polizei teilte am 14. März mit, binnen 24 Stunden seien mindestens 75 Menschen erschossen gefunden worden, die meisten gefesselt. In einem Kleinbus lagen 15 Leichen, auf einem Feld teilweise verscharrt 17 weitere.
  • Die Journalistengewerkschaft in Bagdad teilte am 14. März mit, Mohsen Chodeir, Chefredakteur der Zeitschrift Alif Ba, sei getötet worden.
  • Das Innenministerium verhängte zum konstituierenden Treffen des Parlaments am 16. März ein Fahrverbot.
  • Im Prozess gegen den irakischen Ex-Präsidenten Saddam Hussein ist dieser am 15. März erstmals in den Zeugenstand gerufen worden. Der Vorsitzende Richter Rauf Abdel Rahman unterbrach ihn aber nach kurzer Zeit und schloss die Öffentlichkeit von der Sitzung aus, weil Saddam Hussein politische Reden führe. Dieser bezeichnete sich weiter als Präsident und rief die Iraker auf, die Kämpfe zwischen den Volksgruppen zu beenden. "Sie waren Staatschef. Jetzt sind sie Angeklagter", sagte Rahman. Weil Saddam Hussein sich weigerte aufzuhören, wies er die Journalisten aus dem Saal. Saddam war erstmals in den Zeugenstand gerufen worden, um vom Richter und den Staatsanwälten befragt zu werden.
  • Der Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg wies am 15. März eine Klage des irakischen Ex-Präsidenten gegen 21 europäische Staaten ab. Saddam hatte gegen die europäischen Bündnispartner der USA in Irak mit der Begründung Klage eingereicht, dass seine Festnahme durch die Koalitionstruppen und der laufende Prozess gegen ihn gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstießen. Er verwies unter anderem darauf, dass er zum Tode verurteilt werden könnte, obwohl die Europäische Menschenrechtskonvention die Todesstrafe ausdrücklich verbiete. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erklärte sich für nicht zuständig.
  • Bei einem Angriff von US-Truppen auf ein Wohnhaus nördlich von Bagdad sind am 15. März bis zu elf Menschen getötet worden. Nach Angaben von Augenzeugen handelte es sich bei den Opfern vor allem um Frauen und Kinder. Nach Angaben der US-Streitkräfte richtete sich der Angriff gegen einen Aufständischen.
  • Laut einem Bericht des US-Verteidigungsministeriums vom 15. März haben Aufständische in Irak innerhalb einer Woche 533 Anschläge auf US-Truppen und die irakischen Sicherheitskräfte verübt.
  • Das vor drei Monaten gewählte irakische Parlament ist am 16. März zur konstituierenden Sitzung zusammengekommen, vertagte sich aber nach einer halben Stunde. Das Parlament konnte sich nicht auf einen Sprecher einigen, obwohl es die Verfassung vorschreibt. Die Sitzung wurde unterbrochen - bis eine Regierung steht, nach Politiker-Angaben frühestens in einigen Wochen. Umstritten ist vor allem Ministerpräsident Ibrahim al-Dschaafari, den die Vereinigte Allianz Iraks als größte Fraktion erneut nominiert hat. Sunniten und Kurden lehnen den Führer der islamischen Daawa-Partei ab, selbst in der eigenen Wahlallianz ist er umstritten. Ihm wird vorgeworfen, die konfessionelle Spaltung vorangetrieben zu haben.
  • Die nur etwa 30-minütige Sitzung im Convention Center in Bagdad wurde von der Gewalt im Land überschattet. Die Behörden teilten mit, in Bagdad seien weitere 25 Leichen gefunden worden. Aus Angst vor Anschlägen hatten die Behörden viele Angestellte aufgefordert, am 16. März einen Tag Urlaub zu nehmen und zu Hause zu bleiben. Die Geschäfte blieben teilweise geschlossen, es galt ein Fahrverbot.
  • Seit dem Sturz des irakischen Präsidenten Saddam Hussein wurden mehr als zwei Milliarden Dollar seines Vermögens sichergestellt; sie hätten auf 2100 Bankkonten in rund 40 Ländern gelegen, sagte ein Berater des US-Finanzministeriums am 16. März. Der irakische Entwicklungsfonds habe den Großteil des Geldes bekommen.
  • Irakische und US-Truppen haben am 16. März den größten Luftwaffeneinsatz im Irak seit dem offiziellen Kriegsende vor drei Jahren gestartet. An der "Operation Schwärmer" gegen Rebellen nördlich von Bagdad seien mehr als 50 Kampfflugzeuge und über 1.500 irakische und US-Soldaten beteiligt, teilte die US-Armee mit. In der Gegend um Samarra sollen sich Aufständische der El-Kaida-Organisation verstecken. Der massive Luft- und Bodeneinsatz um Samarra richte sich gegen Anhänger des Anführers der El Kaida im Irak, Abu Mussab el Sarkawi, sagte ein hochrangiger irakischer Militär. Die US-Armee teilte mit, es seien bereits mehrere Waffen- und Sprengstofflager ausgehoben worden. Die Aktion werde noch mehrere Tage andauern.
    Bei der Großoffensive irakischer und US-Truppen gegen Aufständische im Irak sind mindestens 41 Verdächtige festgenommen worden. Dies teilte ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums am Abend des 16. März in Washington mit.
  • Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat angesichts des größten Luftwaffeneinsatzes im Irak seit dem Kriegsende an die Folgen für die Zivilbevölkerung erinnert. "Viel zu oft zahlen Zivilisten mit ihrem Leben, wenn US-Bomben im Irak fallen", erklärte der Militärexperte der Organisation, Marc Garlasco, in New York. Er verwies darauf, dass die USA schon mehrfach aufgrund unzureichender Geheimdienstinformation vergeblich versucht hätten, gezielt mutmaßliche Aufständische zu töten. Auch hätten sie in dicht besiedelten Regionen Streubomben eingesetzt.
  • Trotz der Unruhen im Irak bereut der britische Premier Tony Blair seine Entscheidung zur Teilnahme am Irak-Krieg vor drei Jahren nicht. Der Militäreinsatz sei gerechtfertigt gewesen, weil die moslemische Welt die selben universellen Werte verdiene wie der Westen, sagte Blair am 16. März in London vor Journalisten. Eine Entscheidung gegen den Irak-Krieg wäre das Eingeständnis "eines Mangels an Vertrauen in unsere Werte" gewesen, fuhr Blair fort. Angesichts von zwölf Millionen Wahlteilnehmern im Irak und sechs Millionen Wählern in Afghanistan könne die westliche Welt stolz auf sich sein.
  • Am 17. März wurde bekannt, dass das US-Militär wegen des Todes von 15 irakischen Zivilisten strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet habe. Wie ein Militärvertreter mitteilte, geht es um einen Vorfall vom 19. November vergangenen Jahres nahe der Stadt Haditha. Es werde geprüft, ob daran beteiligte Marineinfanteristen "angemessen" vorgegangen seien. Aufständische hatten am Straßenrand einen Sprengsatz gezündet, als ein US-Konvoi die Stelle passierte. Anschließend wurden die US-Soldaten den Angaben zufolge unter Beschuss genommen. Bei dem Schusswechsel seien acht Aufständische und 15 Zivilisten getötet worden.
  • Amerikanische und irakische Truppen haben bei ihrer Militäroffensive in Nordirak laut irakischen Angaben Dutzende mutmaßlicher Extremisten gefangen genommen. Der Vizegouverneur der Provinz Salaheddin, Abdullah al-Dschebara, sagte in Tikrit, die Soldaten hätten bisher 50 Verdächtige festgenommen, von denen 20 aber inzwischen wieder freigelassen worden seien. Die Operation "Schwärmer" sei "erfolgreich" und werde von den meisten Einwohnern der Region begrüßt. In irakischen Sicherheitskreisen hieß es am 17. März, unter den Verdächtigen sei auch ein gesuchter Terrorist aus Samarra. Zwischen den Städten Samarra und Al-Dur sollen sich in den vergangenen Wochen 200 arabische Extremisten verschanzt haben. In Tikrit wurde jedoch spekuliert, die Terroristen hätten vorab von den Angriffsplänen der Amerikaner erfahren und sich rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Über zivile Opfer bei der am 16. März begonnenen Operation wurde nichts bekannt.
  • Anders als am 16. März sprachen US-Militärvertreter am 17. März nicht mehr vom größten Luftangriff seit dem Einmarsch in Irak. Eine ähnliche Operation Ende April 2003 sei noch umfangreicher gewesen.
    Ein Sprecher des irakischen Verteidigungsministeriums kritisierte das große Medieninteresse an der Offensive. Die Medien hätten überreagiert.
    Der führende sunnitische Politiker Saleh Mutlak bemängelte, dass die Offensive überhaupt stattfand. "Dieser große Einsatz mit Flugzeugen signalisiert dem Parlament und den Irakern, dass die Lösung militärisch und nicht politisch ist."
  • Die USA haben große Zweifel an der ernsthaften Bereitschaft des Iran zu Gesprächen über die Lage im Irak geäußert. Das am 16. März erklärte Einverständnis sei womöglich nur der Versuch, vom Streit über das iranische Atomprogramm abzulenken, sagte US-Sicherheitsberater Stephen Hadley am 17. März in Washington. Er betonte, etwaige Gespräche mit Teheran dürften nicht als Signal gesehen werden, dass die USA ihre Haltung gegenüber dem Iran änderten. "An unserer Besorgnis über das iranische Regime hat sich nichts geändert."
  • Demos gegen Irakkrieg - zum dritten Jahrestag
    Tausende Kriegsgegner haben am 18. März bei Protestkundgebungen auf der ganzen Welt an den Beginn des Irak-Kriegs vor drei Jahren erinnert und einen Abzug der Koalitionstruppen gefordert. Auch in den USA. Die folgenden Angaben, insbesondere über Teilnehmerzahlen, sind den Nachrichtenagenturen entnommen. Die Angaben der Organisatoren weichen in der Regel stark von diesen Zahlen ab. So sprachen die Organisatoren der Londoner Demonstration z.B. von 100.000 Demonstranten.
    In London versammelten sich nach Polizeiangaben rund 15.000 Demonstranten und marschierten zu einer Kundgebung am Trafalgar Square. Einige schwenkten Plakate, auf denen US-Präsident George W. Bush als "Weltweiter Terrorist Nummer 1" gebrandmarkt wurde. "Wir sind gegen diesen Krieg, aus religiösen und humanitären Gründen", sagte einer der Demonstranten in London, der 25 Jahre alte Imran Saghir. "Niemand hat es verdient, bombardiert zu werden".
    In Rom gingen zehntausende Menschen auf die Straße. Demonstranten hielten Pappschilder, auf denen "Stoppt den Krieg" und "Nicht in unserem Namen" stand. Zu dem Protest drei Wochen vor der Parlamentswahl in Italien hatten die führenden Linksparteien aufgerufen.
    In Stockholm demonstrierten rund 1.000 Menschen; einige hielten eine US-Flagge hoch, auf der die Sterne durch Dollar-Zeichen ersetzt waren. Immer mehr Menschen sei klar, "dass der Irak-Krieg ein neues Vietnam wird", erklärte einer der Organisatoren, Skold Peter Matthis. "Wir brauchen keine Abu-Ghraib-Demokratie und auch keine Guantanamo-Bay-Freiheit", rief der Redner Eftikar Hashem Alhusainy.
    In Deutschland gab es der Bonner Friedenskooperative zufolge Protestveranstaltungen in mehr als 20 Städten. An der grössten Demonstration in Deutschland beteiligten sich im Berliner Bezirk Kreuzberg nach Polizeiangaben rund 700 Kriegsgegner. In München versammelten sich etwa 250 Menschen auf dem Marienplatz. In Frankfurt am Main zählte die Polizei ebenfalls rund 250 Demonstranten. Auf Bannern und Transparenten forderten sie den Abzug der US-geführten Truppen aus dem Irak und Afghanistan und warnten vor einem Krieg gegen den Iran. Ein US-Luftkrieg unter dem Vorwand der Ausschaltung möglicher Atomwaffenforschung würde einen Flächenbrand in der gesamten Region auslösen, hiess es in einer Mitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag und der Kooperation für den Frieden.
    In Tokio zogen etwa 2.000 Menschen durch die Innenstadt, in der australischen Metropole Sydney demonstrierten rund 500. Vor der US-Botschaft in Athen forderten 600 Menschen ein Ende des Irak-Kriegs.
    In der Türkei, die als einziges mehrheitlich muslimisches Land der NATO angehört, waren Antikriegskundgebungen in mehreren Städten geplant. In Istanbul marschierten laut Polizei 3.000 Demonstranten durch die Strassen. "Mörder USA" war auf einem Plakat zu lesen. In Ankara wurde eine Gruppe Kriegsgegner von Sicherheitskräften vor der amerikanischen Botschaft gestoppt, wie die Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Mehrere Teilnehmer durften ein Transparent am Tor aufhängen. Die Weigerung des türkischen Parlaments 2003, den USA die Eröffnung einer Front im Norden des Iraks zu erlauben, hatte die Beziehungen zu den USA belastet. Die Unterstützung für den von USA geführten ging seitdem immer weiter zurück.
    In mehreren Städten in Pakistan gingen einige hundert Menschen auf die Strasse und riefen Slogans wie "Nieder mit Amerika". In Seoul wurden bis zu 3.000 Demonstranten erwartet, vor der US-Botschaft in Kuala Lumpur war am 19. März eine Protestkundgebung geplant. Weitere Kundgebungen sollte es in Kopenhagen, Wien, Rom und Athen geben.
    Zum dritten Jahrestag der Irak-Invasion haben auch in den USA zahlreiche Menschen gegen den Krieg demonstriert und einen Abzug der Truppen gefordert. "Genug Heuchelei, genug Lügen, unsere Soldaten müssen jetzt nach Hause kommen", sagte Wael Musfar von der Arabisch-Muslimisch-Amerikanischen Vereinigung auf einer Kundgebung auf dem New Yorker Times Square. "Stoppt die amerikanische Kriegsmaschine", riefen einige Teilnehmer. In Boston gingen mehrere hundert Menschen auf die Strasse, in New Hampshire versammelten sich rund 300 Friedensaktivisten zu einem Protestmarsch. Er fühle sich betrogen, weil "ich mein Leben für eine Lüge riskiert habe", erklärte der 26 Jahre alte ehemalige Marineinfanterist Joseph Turcott, der bei Kriegsbeginn im Irak stationiert war. Die Kriegsgegner erhielten immer mehr Zulauf, sagte eine der Demonstrantinnen in Boston, Susan McLucas: "Der Krieg wird immer unpopulärer".
    (Quelle: AP, AFP, dpa, www.20min.ch)
  • US-Präsident George W. Bush hat seine Landsleute zum dritten Jahrestag des Irakkriegs zur Einheit und Entschlossenheit im Kampf gegen den Terrorismus aufgerufen. Angesichts von Gewalt und Chaos im Irak sei die Versuchung für einige groß, dem Zweistromland den Rücken zu kehren, gestand Bush ein. "Ein Rückzug bringt aber keinen Frieden und keine Sicherheit", sagte er am 18. März.
  • Die irakische Stadt Kerbela ist am 19. März von einer starken Explosion erschüttert worden. Rauch stieg vom Ort der Explosion nahe dem Mausoleum des Imams Hussein auf, wie ein AFP-Reporter berichtete. Einem Fernsehbericht zufolge hatten Unbekannte eine Rakete abgefeuert. Verletzt worden sei niemand. In Kerbela haben sich am Wochenende hunderttausende schiitische Pilger versammelt, um am Montag das Ende der 40-tägigen Trauerzeit zu begehen, mit der sie in den vergangenen Wochen des Märtyrertods von Imam Hussein im Jahr 680 gedacht hatten.
  • Der frühere irakische Ministerpräsident Ijad Allawi sieht sein Land im Bürgerkrieg. "Leider befinden wir uns im Bürgerkrieg", sagte Allawi dem Fernsehsender BBC am 19. März. Jeden Tag gebe es "durchschnittlich 50 bis 60" Tote. "Wenn dies kein Bürgerkrieg ist, dann weiß nur Gott, was ein Bürgerkrieg ist", fügte Allawi hinzu. Er habe seit langem auf die Gefahr eines politischen Vakuums im Irak aufmerksam gemacht, sagte Allawi. Auch habe er davor gewarnt, die irakischen Sicherheitskräfte aufzulösen. Selbst wenn sich die politischen Gruppierungen auf eine Regierung der nationalen Einheit zubewegten, so sei dies keine "umittelbare Lösung". Nicht nur drohe der irakische Staat auseinanderzubrechen. In der ganzen Region werde sich das "Sektierertum" ausbreiten. Selbst Europa und die Vereinigten Staaten würden nicht von der Gewalt in Folge dieser "sektiererischen Probleme" verschont.
  • Die US-Armee hat nach irakischen Angaben in der mehrheitlich von Sunniten bewohnten Stadt Duluija sieben Iraker getötet. "Sieben Personen, darunter eine Frau, sind bei dem Einsatz getötet worden", sagte der Chef der irakischen Polizei in der Stadt 70 Kilometer nördlich von Bagdad, General Mohammed Chalaf am 19. März. Augenzeugen zufolge hatten Rebellen eine US-Patrouille angegriffen, woraufhin diese zurückschoss. Die US-Armee nahm laut Chalaf acht Menschen fest. Ein Flugzeug bombardierte anschließend das Haus eines der Festgenommenen. Auf Flugblättern wurde die Bevölkerung aufgefordert, Terrroristen keinen Unterschlupf zu gewähren.
  • Rumsfelds historische Analogien
    Ein rascher Abzug der US-Truppen aus dem Irak käme nach den Worten von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld einer Rückgabe Deutschlands an die Nazis nach dem Zweiten Weltkrieg gleich. "Wenn wir heute dem Nachkriegs-Irak den Rücken zuwenden würden, wäre dies eine moderne Entsprechung zu einer Rückgabe Nachkriegs-Deutschlands an die Nazis", sagte Rumsfeld der "Washington Post" (Ausgabe vom 19. März) angesichts der internationalen Proteste zum dritten Jahrestag der Invasion der USA und ihrer Verbündeten in den Irak. "Es wäre eine ebenso große Schande, als wenn wir die befreiten Nationen Osteuropas aufforderten, unter Sowjet-Herrschaft zurückzukehren." (AFP, 19. März)
  • Die "New York Times" (19. März) hat neue Misshandlungsvorwürfe gegen US-Soldaten im Irak erhoben. In einem Geheimgefängnis am Flughafen von Bagdad seien Gefangene geschlagen und bespuckt worden. Außerdem hätte man sie als lebende Zielscheiben bei Schießübungen mit Farbkugeln missbraucht. Die Zeitung beruft sich auf interne Pentagon-Papiere und zahlreiche Interviews mit Beamten.
  • US-Präsident George W. Bush hat die irakischen Politiker aufgefordert, die Regierungsbildung voranzubringen. "Ich ermutige die irakischen Verantwortlichen weiter hart daran zu arbeiten, eine Regierung auf die Beine zu stellen", sagte Bush am 19. März nach seiner Rückkehr vom Präsidentensitz Camp David ins Weiße Haus in Washington. Die neue Regierung müsse "den Willen des Volkes widerspiegeln". Er finde den demokratischen Prozess nach den Wahlen im Irak Mitte Dezember "ermutigend". Am Vorabend des dritten Jahrestags der Irak-Invasion verteidigte Bush den Krieg erneut. Seine Regierung habe eine Strategie "zum Sieg im Irak". Der Sieg werde den Irak sicherer machen und Frieden für die kommenden Generationen bringen.
  • Der US-Botschafter im Irak hat ein düsteres Bild der Lage in dem Land gezeichnet. Zalmay Khalilzad sagte dem US-Fernsehsender ABC am 20. März, der Irak "blutet". Drei Jahre nach der US-geführten Invasion kämpften Extremisten darum, in das herrschende Machtvakuum vorzustoßen. Der Irak sei derzeit in einer "schwierigen Situation" und in einer Phase der "Verwundbarkeit", sagte Khalilzad angesichts des schleppenden Prozeses der Regierungsbildung. Dennoch sei er zuversichtlich, dass in den kommenden Wochen eine Regierung gebildet werde. Ein Bürgerkrieg herrsche im Irak trotz der Spannungen und der Versuche, die Bevölkerung zu spalten, bislang nicht.
Montag, 20. März, bis Sonntag, 26. März
  • Die Verhandlungen über die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit im Irak sind nach Angaben aus Verhandlungskreisen für eine Woche ausgesetzt worden. Am 19. März sei die Schaffung eines nationalen Sicherheitsrates grundsätzlich beschlossen worden, sagte der kurdische Verhandlungsteilnehmer Mahmud Osman am 20. März in der kurdischen Stadt Suleimanijah. Anschließend sei eine einwöchige Verhandlungspause angesetzt worden. Grund für die Verzögerung sind offenbar die Feierlichkeiten des kurdischen Neujahrfestes Newros sowie das Ende der von den Schiiten begangenen 40-tägigen Trauerzeit in Erinnerung an den Märtyrertod von Imam Hussein im Jahr 680.
  • Die US-Streitkräfte im Irak haben 350 Gefangene freigelassen. Die Häftlinge seien am 18. März auf Grund der Entscheidung einer mit der Prüfung der Gefangenenakten beauftragten Kommission freigelassen worden, teilte die US-Armee am 20. März mit. Das Gremium setzt sich aus Vertretern der multinationalen Streitmacht sowie der irakischen Ministerien für Justiz, für Inneres und für Menschenrechte zusammen. Derzeit werden noch etwa 14.000 Iraker von den US-Streitkräften im Irak festgehalten, davon 8.000 in Camp Bucca bei Basra. Das wegen Folterfällen berühmt-berüchtigte Gefängnis Abu Ghraib bei Bagdad, wo noch 4.500 Menschen einsitzen, soll bald geschlossen werden.
  • Bei Anti-Kriegsprotesten zum dritten Jahrestag der US-geführten Invasion in den Irak sind am 20. März vor dem Verteidigungsministerium in Washington am Montag 51 Demonstranten festgenommen worden. Die Festgenommenen hätten verbotswidrig den Sperrbereich um das Ministerium betreten, sagte ein Pentagonsprecher. Insgesamt seien etwa hundert Demonstranten auf den Parkplatz des Pentagons gelassen worden. Sie seien darauf hingewiesen worden, dass sie die Sperrzone nicht betreten dürfen.
  • Am 20. März kamen in Irak bei Anschlägen wieder mindestens 13 Menschen ums Leben.
    US-Truppen setzten am 20. März ihre am 16. März begonnene Offensive "Schwärmer" gegen Aufständische fort. Nach Armeeangaben wurden weitere Waffenverstecke ausfindig gemacht und Verdächtige festgenommen.
  • Am 20. März hat sich der britische Außenminister Jack Straw besorgt zur Lage in Irak geäußert. Die Sicherheitslage sei ernst, sagte er am Rande eines EU-Außenministertreffens in Brüssel. "Niemand bezweifelt, dass ganz sicher mehr Menschen gestorben sind als vor drei Jahren vorhergesagt wurde." Straw gehörte vor drei Jahren zu den Befürwortern der Invasion zum Sturz von Saddam Hussein.
  • In einer Grundsatzrede in Cleveland erläuterte US-OPräsident George W. Bush die Irak-Strategie seines Landes. Diese Strategie bestehe aus "politischen, sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Bestrebungen" und entzöge dadurch den Terroristen ihre Grundlage. (Hier geht es zur Rede des Präsidenten: "Die Sicherheit unseres Landes ist unmittelbar mit der Freiheit der Iraker verbunden".)
  • US-Soldaten im Irak haben nach einem Bericht des US-Nachrichtenmagazins "Time" vor vier Monaten in einem Racheakt 15 irakische Zivilisten getötet. US-Marines hätten am 19. November im westirakischen Hadhita 15 unbewaffnete Iraker, darunter sieben Frauen und drei Kinder, umgebracht, nachdem ihr Transportfahrzeug von einer Bombe getroffen und dabei der Obergefreite Miguel Terrazas getötet worden war (siehe unsere Chronik vom 19. Nov. 2005), hieß es in dem am 20. März veröffentlichten Bericht. Die US-Armee untersuche zur Zeit den Vorfall. Das "Time"-Magazin berief sich in seinem Bericht auf Interviews mit Augenzeugen und örtlichen Beamten. Die Darstellung widerspricht demnach einer Erklärung, die die US-Marineinfanterie einen Tag nach dem Vorfall veröffentlichte. Laut dieser waren Terrazas sowie 15 irakische Zivilisten bei einem Schusswechsel zwischen Soldaten und bewaffneten Angreifern ums Leben gekommen. Die Marines hätten dabei acht Aufständnische getötet.
  • Bei einem Angriff auf ein Polizeirevier in der irakischen Stadt Bakuba sind am 21. März 17 Polizisten ums Leben gekommen. Sieben weitere Polizisten wurden verletzt, hieß es nach Angaben aus Sicherheitskreisen. Unbekannte hätten die Polizeistation in der Stadt nordöstlich von Bagdad angegriffen, um dort Inhaftierte zu befreien.
  • Der geistliche Führer des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, hat die USA zum Abzug aus dem Irak aufgefordert. Die US-Regierung sollte "dieses Land verlassen und aufhören, die Stämme zu provozieren sowie Unsicherheit zu schaffen", sagte Chamenei am 21. März laut dem Staatsfernsehen vor Pilgern in der nordöstlichen Stadt Maschhad. Ziel sei, dass das irakische Volk sich selbst regiere. Bei eventuellen Gesprächen mit den USA werde es nur um die Lage im Irak gehen, betonte Chamenei.
  • Wegen Misshandlung von Gefangenen im berüchtigten Abu-Ghraib-Gefängniss im Irak muss einem Hundeführer der US-Armee mit einer Haftstrafe rechnen. Ein US-Militärgericht in Fort Meade bei Washington sprach den 24-jährigen Unteroffizier Michael Smith am 21. März schuldig, wie die Armee mitteilte. Das Strafmaß solle später festgelegt werden. Smith könnte zu einer Haftstrafe und der unehrenhaften Entlassung aus der Armee verurteilt werden.
  • Von den beiden vor knapp zwei Monaten im Irak entführten deutschen Ingenieuren gibt es angeblich neue Lebenszeichen. Einem ARD-Bericht zufolge geht die Bundesregierung fest davon aus, dass die Leipziger René Bräunlich und Thomas Nitzschke weiter in der Hand der Geiselnehmer sind. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) versicherten am 21. März, man bemühe sich weiter intensiv, die Geiseln unversehrt freizubekommen.
  • Ein halbes Jahr vor Beginn des Irak-Kriegs soll der damalige irakische Außenminister Nadschi Sabri nach Informationen eines US-Senders den CIA mit Informationen über die Waffenarsenale seines Landes versorgt haben. Sabri habe während der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York im September 2002 für kurze Zeit im Dienst der CIA gestanden und dafür 100.000 Dollar bekommen, berichtete NBC News am 21. März. Sabri, der fließend Englisch spricht und heute als Journalismuslehrer in Katar arbeitet, habe seine Informationen an die CIA bei einem Treffen mit einen "Mittelsmann" in einem New Yorker Hotelzimmer geliefert, hieß es in dem Fernsehbericht. Sabri sowie die CIA wollten den Bericht nicht kommentieren. Die von Sabri gelieferten Informationen seien sehr viel exakter gewesen als seine Ausführungen vor der UN-Vollversammlung und die Informationen der CIA über die angeblichen Massenvernichtungswaffen im Irak, berichtete der Sender weiter. Der irakische Außenminister habe der CIA berichtet, dass der damalige irakische Präsident Saddam Hussein über kein nennenswertes Programm biologischer Waffen verfüge. Saddam Hussein strebe zwar nach der Atombombe, brauche dafür aber noch sehr viel mehr Zeit als die von der CIA geschätzten wenigen Monate. Er habe aber noch Giftgas aus dem Golfkrieg übrig. Damit hatte Sabri nach Angaben des Senders allerdings genausowenig Recht wie die CIA. Das angebliche Giftgas wurde nach dem Einmarsch der US-Truppen nie gefunden.
  • Bei einem Rebellenangriff auf eine Polizeistation im Osten des Iraks starben am 21. März mindestens 28 Menschen. Bei dem Gefecht in Mokdadija etwa hundert Kilometer nordöstlich von Bagdad wurden nach Angaben von Sicherheitskräften 18 Polizisten und zehn Aufständische getötet. Die Angreifer befreiten 32 mutmaßliche Terroristen, die in dem Gebäude inhaftiert waren. Sie zogen sich erst zurück, als irakische und US-Soldaten als Verstärkung anrückten.
  • US-Präsident George W. Bush hat es abgelehnt, sich auf einen kompletten Abzug der US-Truppen aus dem Irak bis zum Ablauf seiner Amtszeit Anfang 2009 festzulegen. Bush sagte am 21. März bei einer Pressekonferenz in Washington auf eine entsprechende Frage, er wolle weiterhin keinen Zeitplan für den US-Truppeneinsatz im Irak bekanntgeben. Seine Entscheidungen über die Truppeneinsatz im Irak hingen von den Einschätzung der US-Militärkommandeure vor Ort ab. Er betonte aber auch, dass künftige irakische Regierungen und Präsidenten darüber zu entscheiden hätten, ob die US-Streitkräfte im Land bleiben sollten.
  • Der frühere irakische Außenminister Nadschi Sabri hat einen Bericht des US-Senders NBC-News dementiert, nach dem er in der Schlussphase der Herrschaft von Präsident Saddam Hussein mit dem US-Geheimdienst CIA zusammengearbeitet haben soll. Der Bericht sei "verlogen, nichtig und vollständig erfunden", sagte Sabri am 22. März in einem Telefonat mit der Nachrichtenagentur AFP in Amman. NBC sei ein Sender, der wiederholt "Lügen der amerikanischen Regierung" verbreitet habe, um den "kolonialistischen Plan zur Besetzung des Irak zu unterstützen".
  • Das Außenministerium in Washington hat alle US- Bürger vor Sicherheitsrisiken in Italien gewarnt. Es bestehe eine anhaltende Gefährdung durch Terroranschläge, Demonstrationen und andere gewaltsame Aktionen gegen US-Bürger und US-Einrichtungen, heißt es in einer Erklärung am 22. März. Wegen seiner Teilnahme am Irak-Krieg werde Italien vom Terrornetzwerk El Kaida sowie islamischen Extremisten bedroht.
  • Die US-Armee hat bei ihrer Offensive im Nordirak nach eigenen Angaben vier Mitglieder der Terrorgruppe El Kaida von Abu Mussab al-Sarkawi getötet. Ein weiterer "Terrorist" sei bei dem Gefecht südlich von Samarra gefangen genommen worden, teilte das US- Militärkommando am 22. März in Bagdad mit. Bisher haben die amerikanischen und irakischen Truppen bei ihrer Großoffensive kaum mehr mutmaßliche Terroristen und Aufständische festgenommen als in einer "normalen" Woche im Irak.
  • Mit einem Militäreinsatz haben Soldaten der US-geführten Truppen im Irak drei westliche Ausländer aus der Gewalt von Geiselnehmern gerettet. Ein multinationales Armeekommando befreite den Briten Norman Kember sowie die beiden Kanadier Jim Loney und Harmeet Sooden und brachte sie in Sicherheit, wie der britische Außenminister Jack Straw am 23. März mitteilte. Die drei Mitarbeiter einer christlichen Hilfsorganisation waren im November gemeinsam mit ihrem Kollegen Tom Fox verschleppt worden. Fox wurde vor zwei Wochen ermordet aufgefunden. Der Armeeeinsatz zur Rettung der drei war nach Angaben des Ministers seit Wochen vorbereitet worden. Britische und irakische Soldaten hätten sich an der Befreiung beteiligt. Die BBC berichtete aus Bagdad, es habe keinen Deal mit den Entführern gegeben.
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf das Hauptquartier einer irakischen Anti-Terror-Einheit in Bagdad kamen am 23. März 23 Menschen ums Leben. Mindestens 35 weitere Menschen wurden nach Angaben der Sicherheitskräfte verletzt, als der Attentäter einen mit Sprengstoff beladenen Kleintransporter im Eingangsbereich des Gebäudes zur Explosion brachte. Unter den Toten seien zehn Polizisten. Nach Angaben eines Augenzeugen waren zum Zeitpunkt des Anschlags zahlreiche Zivilisten in dem Gebäude, um Verwaltungsangelegenheiten zu erledigen. Auch zahlreiche Frauen seien unter den Opfern.
  • Bei der Explosion eines Sprengsatzes vor einer Moschee nördlich von Bagdad wurden am 24. März fünf Gläubige getötet. In Süd-Bagdad erschossen Unbekannte vier Zivilisten in einer Bäckerei. Als die Polizei eintraf, detonierte ein Sprengsatz. Ein Beamter starb.
  • Am 24. März wurden nach Krankenhausangaben in Hai el Chadra im westlichen Teil Bagdads neun Leichen von Zivilisten entdeckt. Sie waren von Kugeln durchsiebt.
  • US-Außenministerin Condoleezza Rice hat Russland aufgerufen, sich im Atomstreit mit Iran zu bewegen. Auf einer Pressekonferenz in Washington sagte die Ministerin am 24. März, ihr russischer Kollege Sergej Lawrow habe ihr in einem Telefonat die Mitarbeit seines Landes an einem Text zugesichert, in dem Teheran aufgefordert werde, auf die Entwicklung von Atomwaffen zu verzichten. Zuvor hatte Rice darüber geklagt, dass sich die Beratungen im UN-Sicherheitsrat über den deutsch-britisch-französischen Resolutionsentwurf zum Iran seit zwei Wochen hinzögen. Von Moskau und Peking gab es nach Angaben von UN-Diplomaten bislang Widerstand gegen den Verweis auf Strafmaßnahmen gegen den Iran in der Resolution. Strittig war außerdem, welche Frist dem Iran bis zur Erfüllung der Forderungen eingeräumt werden solle.
  • Ein Bericht des Pentagon über die angebliche Zusammenarbeit der russischen Aufklärung mit Saddam Hussein während des Irak-Krieges sorgt für Irritationen. Die brisanten Vorwürfe finden sich in einer Studie, deren zensierte Fassung am 24. März in Washington vorgestellt wurde. In dem Bericht, den die US-Militärführung in Auftrag gegeben hatte, heißt es, russische Geheimdienste hätten während des Kriegs im März und April 2003 Informationen über US-Militärpläne erhalten. Diese Informationen über Truppenbewegungen und Angriffspläne, die aus Quellen "innerhalb des amerikanischen Oberkommandos Mitte" stammten, habe der russische Botschafter in Bagdad an die irakische Regierung weitergeleitet. Die Autoren der Studie berufen sich auf später von den USA erbeutete irakische Dokumente. Zu den Aktivitäten des deutschen BND in Bagdad werden keine Angaben gemacht. Russland wies die Vorwürfe zurück. "Dies ist absoluter Unfug", sagte die Sprecherin der russischen UN-Vertretung, Maria Sacharowa, der Washington Post.
  • Die islamischen Staaten haben Irak am 25. März eindringlich zur Bildung einer Regierung der nationalen Einheit aufgerufen. "Die Lage in Irak verschlechtert sich zunehmend", sagte der Generalsekretär der Organisation der Islamischen Konferenz, Ekmeleddin Ihsanoglu. "Angesichts dieser unerfreulichen Entwicklung ist es nicht länger möglich zu schweigen", erklärte er.
    Der irakische Präsident Dschalal Talabani hofft, dass bis Ende März eine neue Regierung zu Stande kommt. Übergangspremier Ibrahim al-Dschafari, dessen erneute Nominierung durch die Schiitenparteien zum Stillstand bei den Verhandlungen geführt hat, rechnet nicht vor Ende April damit.
  • Bei Anschlägen im Irak sind am 25. März mindestens sechs Menschen ums Leben gekommen. Vier Zivilisten starben nach Angaben des Innenministeriums, als eine Bombe in Bagdad neben einem Autobus hochging. Zuvor hätten Angreifer eine Straßensperre der Polizei im gleichen Stadtteil beschossen, sagte ein Sprecher. Dabei wurden zwei Menschen verletzt. Zwei Zivilisten starben bei einem Bombenanschlag in Baladrus nördlich von Bagdad. Nahe einer sunnitischen Moschee in Saidijah südlich der irakischen Hauptstadt wurde eine Leiche gefunden, die Spuren von Folter aufwies.
  • In der Nähe der nordöstlich von Bagdad gelegenen Stadt Bakuba wurden am 26. März 30 Leichen gefunden, viele waren enthauptet. Anwohner hätten die größtenteils enthaupteten Leichen an einer Straße nahe der Ortschaft Molla Eid südwestlich von Bakuba entdeckt, teilte das irakische Militär mit. Es handele sich ausschließlich um männliche Opfer. Weitere Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt.
  • Nach mehr als viereinhalb Jahren Dauerprotest gegen den Irak-Krieg vor dem Westminster-Parlament in London ist der 56-jährige Brite Brian Haw am 26. März festgenommen worden. Die Londoner Polizei warf ihm Widerstand gegen die Staatsgewalt vor, weil er Polizisten daran zu hindern versuchte, das Spruchband einer anderen Demonstrantin herunterzureißen. Mit einer gesetzlichen Neuregelung hatte das britische Parlament 2004 versucht, Haw seine Dauer-Demonstration direkt gegenüber vom Parlamentsgebäude zu verbieten. Aber der Londoner High Court hatte entschieden, dass die Neuregelung nicht rückwirkend gelten könne.
  • Bei einer "Razzia" der US-Armee in einer Moschee in Bagdad sind nach irakischen Angaben 17 (später hieß es: 16) Schiiten getötet worden. US-Soldaten seien am 26. März in dem Gotteshaus in Ur in Nord-Bagdad unter Feuer gekommen und hätten zurückgeschossen, hieß es im irakischen Verteidigungsministerium. Unter den Toten seien Wächter der Moschee ebenso wie Besucher. Der staatliche Nachrichtensender Irakija zeigte Bilder von blutüberstromten Leichen. Ein Führungsmitglied der Dawa-Partei, Dschawad el Maliki, machte die US-Armee für das Blutbad verantwortlich und forderte eine Untersuchung. Offenbar hätten die US-Soldaten einen gesuchten Mann verfolgt, der aus der Moschee geflohen sei. "Das ist aber keine Rechtfertigung für diesen Angriff und Tod dieser Menschen", sagte Maliki. "Das war ein feindlicher Angriff mit dem Ziel, einen Bürgerkrieg zu provozieren." Der US-Armee lagen zunächst nach eigenen Angaben keine Informationen zu dem Zwischenfall vor.
Montag, 27. März, bis Freitag, 31. März
  • Am 27. März machten sich die irakischen Streitkräfte und die US-Armee gegenseitig für den Angriff verantwortlich, bei dem am Tag zuvor in Bagdad 16 Schiiten getötet worden waren. Die US-Armee teilte mit, "irakische Anti-Terror-Einheiten" hätten den Angriff auf die Schiiten im Nordwesten Bagdads am 26. März ausgeführt. Bei dem Angriff wurden nach US-Angaben 18 Menschen festgenommen. Zudem sei ein Waffenlager mit 32 Schnellfeuergewehren, neun Granaten und zwei Raketenwerfen ausgehoben worden. Darüber hinaus sei eine irakische Geisel befreit worden. Die US-Armee habe lediglich als Berater für den Einsatz gedient. Vertreter der irakischen Regierung und Augenzeugen sagten jedoch, der Einsatz sei von US-Einheiten ausgeführt worden.
    Der Gouverneur von Bagdad, Hussein al-Tahan, teilte am 27. März mit, es sei beschlossen worden, sämtliche Zusammenarbeit mit den US-Truppen zu stoppen, bis eine unabhängige Kommission gegründet worden sei, die die Vorgänge in der schittischen Moschee untersuche.
    Ein Sprecher des Schiiten-Führers Muktada al-Sadre behauptete, es seien mehr als 20 Gläubige in der Mustafa-Moschee getötet worden.
  • Bei einem Selbstmordanschlag in einem Rekrutierungszentrum der irakischen Armee in der nordirakischen Provinz Mossul sind am 27. März mindestens 40 Menschen getötet und 20 weitere verletzt worden. Bei den Toten handele es sich überwiegend um Rekruten, verlautete aus Sicherheitskreisen in Bagdad. Der Anschlag auf die Rekruten wurde auf dem Militärstützpunkt Tamarat verübt, der sich 60 Kilometer westlich von Mossul bei Tall Afar befindet.
  • Auf einem Platz im Westen Bagdads, wo sonst Gebrauchtwagen gehandelt werden, wurden die Leichen von neun Erwürgten gefunden. Damit wurden innerhalb einer Woche im Irak die Leichen von mindestens 130 Menschen gefunden, die planmäßig ermordet worden waren. (AFP, 27. März)
  • In Bagdad sind 16 Angestellte eines irakischen Import-Export-Unternehmens entführt worden. Bewaffnete hätten am Morgen die Firma El Said im Stadtteil El Mansur gestürmt und die Angestellten verschleppt, verlautete am 27. März aus dem irakischen Innenministerium.
  • Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat mit Nachdruck den in einem Bericht des US-Verteidigungsministeriums enthaltenen Vorwurf zurückgewiesen, Moskau habe den irakischen Staatschef Saddam Hussein zu Beginn des Kriegs 2003 über US-Angriffspläne informiert. Die Veröffentlichung dieses Berichts müsse "politisch motiviert" sein, sagte Lawrow am 27. März in Moskau. Über die "offiziellen Kanäle" sei Moskau nicht informiert worden, fügte der Minister hinzu. Vielmehr sei der Inhalt des Pentagon-Berichts über Medien an die Öffentlichtkeit gelangt. Russlands Geheimdienst hatte die Anschuldigungen bereits zuvor als "Hirngespinste" bezeichnet. (Siehe hierzu unsere Chronik vom 24. März)
    Die US-Regierung hat von Russland eine Erklärung zu einem Bericht des Pentagons gefordert, wonach Moskau den irakischen Staatschef Saddam Hussein zu Beginn des Kriegs 2003 über US-Angriffspläne informiert habe. Der stellvertretende US-Außenminister und Europa-Beauftragte Dan Fried habe den russischen Botschafter in Washington informiert, dass die US-Regierung Ermittlungen in dieser Frage wünsche, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums am 27. März.
  • Im Irak sind nach Einschätzung von US-General John Abizaid iranische Geheimdienstagenten tätig. Zudem hätten Sprengsätze aus dem Iran "den Weg über die Grenze" in den Irak gefunden, sagte der Chef des US-Zentralkommandos am 28. März in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP in Amman. Er wolle aber nicht so weit gehen und behaupten, dass sich die iranische Regierung aktiv an den "regierungsfeindlichen Umtrieben" im Nachbarland beteilige.
  • Die am 7. Januar 2006 in Bagdad gekidnappte US-Journalistin Jill Carroll ist frei. Das berichteten die Medien am 30. März. Nähere Angaben über die Gründe und Umstände ihrer Befreiung gab es aber nicht.


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