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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

15. bis 30. November 2004

Montag, 15. November, bis Sonntag, 21. November
  • Die Bundeswehr startet Mitte November mit der von Deutschland zugesagten Hilfe bei der Ausbildung irakischer Soldaten am Golf. Dazu wird am 15. Nov. ein 35 Mann starkes Ausbildungskommando nach Abu Dhabi in die Vereinigten Arabischen Emirate verlegt. Die Soldaten starten vom Flughafen Frankfurt/Main aus und werden dort von Oberst Herzog vom Bundesverteidigungsministerium verabschiedet. Offiziellen Angaben zufolge soll die Ausbildung der irakischen Einheiten in gut einem Monat beendet sein.
  • Bei stundenlangen Feuergefechten mit Aufständischen sind am 15. Nov. nahe Bagdad sieben irakische Sicherheitskräfte getötet worden. Fünf weitere wurden verletzt, wie die Polizei mitteilte. Bewaffnete griffen demnach am frühen Morgen fast gleichzeitig eine Polizeistation und einen Stützpunkt der Nationalgarde in Suwaira an, rund 40 Kilometer südlich von Bagdad. Zuvor hatten Nationalgardisten das Feuer auf ein mit Sprengstoff beladenes Auto eröffnet, das auf ihren Stützpunkt zufuhr, und den Fahrer getötet.
  • Mit Luftangriffen auf mutmaßliche Rebellenverstecke hat die US-Armee am Morgen des 15. Nov. ihre Offensive in Falludscha fortgesetzt. Die US-Armee und die irakischen Streitkräfte hätten zwar den größten Teil der Stadt eingenommen, die Operationen gingen jedoch weiter, erklärte das US-Militär. Im Süden von Falludscha sei ein unterirdischer Bunker zerstört worden. In dem angeschlossenen Tunnelsystem seien Waffen, Kojen und ein Lastwagen gefunden worden.
  • Ein Konvoi mit Krankenwagen und Hilfsgütern ist am 15. Nov. von den US-Streitkräften oder irakischen Behörden vor der umkämpften Stadt Falludscha abgewiesen worden, wie das Rote Kreuz mitteilte. Die Fahrzeuge des Roten Halbmonds hätten das Krankenhaus am Stadtrand erreicht, sagte der Sprecher des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in Bagdad, Ahmed Raui. Weiter hätten die vier Krankenwagen und vier Lastwagen aber nicht vordringen dürfen. Der irakische Rote Halbmond erklärte in Bagdad, US-Truppen und die irakische Regierung hätten den Hilfskonvoi an der Weiterfahrt über den Euphrat weiter in nach Falludscha gehindert. Außerdem seien die Mitarbeiter aufgefordert worden, das Klinikgelände zu verlassen. Das Rote Kreuz und der Rote Halbmond haben seit mehr als einer Woche keinen Zugang zu der umkämpften Rebellenhochburg.
  • Im US-Militärkrankenhaus in Landstuhl werden derzeit 419 im Irak verwundete US-Soldaten behandelt. 223 davon seien bei Gefechten verletzt worden, sagte der stellvertretende Kommandeur, Todd Hess, am 15. Nov. in Landstuhl. 196 der Verwundeten sollen in die USA verlegt werde, die übrigen bleiben vorerst in Landstuhl. Vier der verwundeten Soldaten berichteten am Montag von schweren Kämpfen in Falludscha, bei denen sie verwundet worden seien. Sie seien in verschiedenen Einheiten im Einsatz gewesen und dabei durch Gewehrkugeln beziehungsweise durch Schrapnells verletzt worden.
    In Landstuhl ist das größte US-Hospital außerhalb der Vereinigten Staaten. In unmittelbarer Nähe liegt die Airbase Ramstein. Sie ist Luftdrehkreuz für Einsätze im Nahen Osten und in Afrika.
  • Bei der Explosion einer Mörsergranate im Süden Bagdads sind am 15. Nov. zwei Erwachsene und vier Kinder getötet worden. Nach Angaben von Augenzeugen explodierte die Granate in einem belebten Wohnviertel.
  • Mehrere US-Sender haben am 15. Nov. Filmmaterial ausgestrahlt, das einen US-Soldaten bei der Erschießung eines verwundeten und unbewaffneten Mannes in einer Moschee in Falludscha zeigt. CBS News zeigte ein Standbild, auf dem der Soldat über dem verletzten Aufständischen steht und seine Waffe auf ihn richtet. Dazu wurden Ausschnitte aus einem Gespräch zwischen US-Marineinfanteristen gesendet, bei denen einer mit den Worten zu hören ist: "Jetzt ist er tot." Der Mann wurde mit einem Kopfschuss getötet. (Ein Gerichtsverfahren gegen den Soldaten wurde nicht eingeleitet; siehe unsere Chronik vom 4. Mai 2005.)
  • Die von der Regierung in Budapest angestrebte Verlängerung des Mandats der ungarischen Truppen im Irak ist im Parlament gescheitert. Bei dem Votum am 15. Nov. erhielt die Regierung nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit, wie die Nachrichtenagentur MTI berichtete. Demnach stimmten 191 Parlamentarier für eine Verlängerung des Einsatzes bis Ende März und 159 dagegen. Damit wird Ungarn seine rund 300 Soldaten zum 31. Dezember aus dem Irak abziehen müssen. Die ungarische Bevölkerung ist mehrheitlich gegen den Einsatz im Irak.
    Nach der gescheiterten Verlängerung des Irak-Einsatzes erwägt die sozialliberale Regierungskoalition in Budapest nun eine Rückkehr der Truppen in das Land unter NATO-Kommando. Ein kleineres Kontingent als bisher könnte sich im kommenden Jahr an der von der NATO geplanten Ausbildung irakischer Soldaten beteiligen, kündigte Regierungschef Ferenc Gyurcsany am 16. Nov. im öffentlichen Rundfunk an.
  • US-Truppen haben offenbar den Vizepräsident des irakischen Übergangsparlaments, Nassir Ajef, festgenommen. Ajef wurde in den Morgenstunden des 16. Nov. in seinem Haus in Bagdad aufgegriffen, wie ein Sprecher seiner Islamischen Partei am Dienstag dem Fernsehsender El Dschasira sagte. Gründe für die Festnahme nannte der Sprecher nicht. Er forderte den Chef der Übergangsregierung, Ijad Allawi, und den Präsidenten des Nationalrats, Fuad Maasum, zum Protest auf. Ajef genieße Immunität und müsse wieder freigelassen werden. Der Sprecher äußerte die Vermutung, dass die Festnahme in Zusammenhang mit der kritischen Position der Partei hinsichtlich der US-geführten Offensive in Falludscha stehe. Ajef stand an der Spitze einer Delegation, die mit den Rebellenführern in der Widerstandshochburg verhandeln wollte, um die Großoffensive zu vermeiden.
  • Die US-Armee hat bei ihrer Offensive in der westirakischen Rebellenhochburg Falludscha nach eigenen Angaben bereits mehr als 1.050 Gefangene gemacht. Darunter soll auch der Anführer der von Ex-Präsident Saddam Hussein nach dessen Sturz gegründeten Miliz "Armee Mohammeds" sein, hieß es am 16. Nov.
  • US-geführte Truppen haben am 16. Nov. im nordirakischen Mossul eine Militäraktion gegen in der Stadt verschanzte Aufständische gestartet. Zwei Bataillone mit insgesamt 1200 US-Soldaten seien dabei, das Stadtgebiet von West nach Ost zu durchkämmen, teilte eine US-Offizierin mit. Der Schwerpunkt liege dabei auf der Kontrolle von Polizeiwachen, um diese für örtliche Sicherheitskräfte wieder nutzbar zu machen. Alle fünf nach Mossul führenden Brücken wurden für den zivilen Verkehr gesperrt und die nächtliche Ausgangssperre auf die Tagesstunden erweitert. Nach US-Angaben nahm auch ein Bataillon irakischer Sicherheitskräfte an der Aktion teil.
  • Die US-Armee geht dem Fall eines Marineinfanteristen nach, der in einer Moschee in Falludscha einen verletzten und wehrlosen Gefangenen getötet haben soll. Die Erste Division der US-Marines will herausfinden, ob der Soldat in Notwehr handelte oder gegen Militärgesetze beziehungsweise internationales Kriegsrecht verstieß.
    Die Armee reagierte damit auf einen Bericht des Fernsehsenders CBS, demzufolge ein US-Soldat in einer Moschee im Süden Falludschas einen verletzten und offenbar unbewaffneten Mann tötete. Ein NBC-Reporter berichtete, die Marines hätten die Moschee am 12. Nov. gestürmt. In dem Gebäude hätten sie zehn Aufständische getötet und fünf verletzt. Die Verletzten hätten sie zurückgelassen. Am 13. Nov. drangen dann andere Marines in die Moschee ein. Als einer von ihnen bemerkte, dass einer der Gefangenen noch atmete, reagierte er mit den Worten: "Verdammt, er stellt sich tot. Er tut so, als ob er verdammt tot ist." Daraufhin habe der Soldat dem Mann in den Kopf geschossen.
    Der mit der Untersuchung des Vorfalls befasste US-Militärrichter Bob Miller sagte NBC am 16. Nov., die Soldaten dürften dann Gewalt anwenden, wenn sie "mit feindlichen Akten" konfrontiert seien. Jeder Verwundete, der nicht bedrohlich sei, werde als nicht feindlich betrachtet.
  • US-Truppen haben sich am 16. Nov. in der umkämpften irakischen Stadt Ramadi weitere Gefechte mit Aufständischen geliefert. Im zentralen Stadtviertel Maared kämpften US-Soldaten mit Unterstützung von Flugzeugen und Kampfhubschraubern gegen verschanzte Rebellen, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete.
  • Nach Berichten über die Tötung eines wehrlosen Gefangenen in Falludscha hat UN-Menschenrechtskommissarin Louise Arbour die Untersuchung aller Menschenrechtsverletzungen bei den Kämpfen im Irak gefordert. "Die Verantwortlichen für Verstöße müssen belangt werden, seien es Angehörige der multinationalen Truppen oder Aufständische", hieß es in einer am 16. Nov. in Genf veröffentlichten Erklärung Arbours. Solche Verstöße seien etwa die vorsätzliche Tötung von Zivilisten, wahllose und unverhältnismäßige Angriffe, die Tötung von Verwundeten sowie der Einsatz von menschlichen Schutzschilden.
  • Fast einen Monat nach ihrer Entführung im Irak ist die örtliche Landeschefin der Hilfsorganisation CARE, Margaret Hassan, vermutlich ermordet worden. Die im Oktober verschleppte Britin sei "höchstwahrscheinlich" von ihren Entführern getötet worden, teilte die Familie am 16. Nov. in einer Erklärung mit. "Unsere Herzen sind gebrochen", hieß es darin. Der Fernsehsender El Dschasira erhielt nach eigenen Angaben ein Video, das offenbar die Hinrichtung Hassans zeigt. "Wir müssen jetzt akzeptieren, dass Margaret wahrscheinlich tot ist, und endlich ist ihr Leiden beendet", erklärten Hassans vier Brüder und Schwestern. Zu den Umständen der Tötung der gebürtigen Irin machten sie keine Angaben. Hassan, die mit einem Iraker verheiratet war und seit mehr als 30 Jahren im Land lebte, sei eine Freundin der arabischen Welt und habe unermüdlich für die irakische Bevölkerung gearbeitet, betonten ihre Geschwister. "Sie hat ihr ganzes Leben den Armen und Verletzlichen gewidmet und denen geholfen, die niemanden sonst hatten." Für den Mord könne es keine Vergebung geben, hieß es in der Erklärung weiter. "Diejenigen, die für diese abscheuliche Tat verantwortlich sind, und diejenigen, die sie unterstützen, haben keine Rechtfertigung dafür."
  • Die bisherige Nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice wird neue Außenministerin der USA. US-Präsident George W. Bush stellte seine enge Vertraute am 16. Nov. bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Weißen Haus als Nachfolgerin des zurückgetretenen Colin Powell offiziell vor. "Ich fühle mich geehrt, dass sie zugestimmt hat, in meinem Kabinett zu dienen", sagte Bush. Wie erwartet ernannte er den bisherigen Stellvertreter von Rice, Stephen Hadley, zum neuen Nationalen Sicherheitsberater. Powell hatte am 15. Nov. seinen Rücktritt angekündigt. Bush würdigte den 67-Jährigen als "einen der wichtigsten und am meisten bewunderten Diplomaten der US-Geschichte".
  • Nach Berichten über die Tötung eines wehrlosen Gefangenen in Falludscha hat das Internationale Komitee vom Roten Kreuzzur Einhaltung der Genfer Konventionen gemahnt. Die Konventionen verböten "klar jeden Angriff auf eine Person, die nicht oder nicht mehr an den Kampfhandlungen teilnimmt, sei es ein Verletzter, ein Gefangener oder ein Zivilist", erklärte eine IKRK-Sprecherin am 16. Nov. "Jeder Kranke oder Verletzte muss in Sicherheit gebracht und behandelt werden." Im aktuellen Fall in Falludscha müsse ein Kriegsgericht entscheiden, ob der Verletzte noch an den Kampfhandlungen teilgenommen habe oder nicht. Die Sprecherin beklagte zudem, dass das IKRK und der irakische Rote Halbmond bisher nicht nach Falludscha gelassen wurden, um sich um die Zivilisten in der Stadt zu kümmern.
  • US-Marineinfanteristen haben bei einer gemeinsamen Durchsuchungsaktion mit der Polizei im Süden Bagdads eine irakische Geisel befreit. Nach Angaben des US-Militärs vom 17. Nov. entdeckten sie den Fahrer bei der Suche nach Rebellen in einem leer stehenden Haus in der Nähe von Mahmudijah etwa 25 Kilometer südlich der irakischen Hauptstadt. Seine Entführer hätten ihn der Zusammenarbeit mit den multinationalen Streitkräften im Irak beschuldigt. Der Mann sei ärztlich versorgt und dann freigelassen worden.
  • Die Lage im Irak ist nach Einschätzung des französischen Präsidenten Jacques Chirac für die Zunahme des Terrorismus mitverantwortlich. "Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass der Terrorismus zugenommen hat und dass einer der Gründe dafür die Lage im Irak ist", sagte Chirac nach Angaben des Senders in einem Interview des BBC-Fernsehens, das am Abend des 17. Nov. ausgestrahlt wurde. "In einem gewissen Maße" sei die Entmachtung des irakischen Präsidenten Saddam Hussein "eine positive Sache" gewesen, erläuterte Chirac. Zugleich habe sie jedoch "Reaktionen hervorgerufen", etwa die "Mobilisierung einiger Länder" und von Anhängern des Islam. Dies habe dazu geführt, "dass die Welt gefährlicher geworden ist".
  • Bei einem Anschlag auf einen US-Panzer im Irak sind am 17. Nov. mehrere Menschen ums Leben gekommen. Ein Mann raste mit einem mit Sprengstoff bestückten Auto in den Panzer hinein, wie Augenzeugen aus Beidschi, 250 Kilometer nördlich von Bagdad, berichteten. Bei dem Anschlag sowie bei Kämpfen zwischen US-Truppen und Rebellen kamen mindestens zehn Menschen ums Leben, mindestens 20 wurden verletzt.
  • Die mutmaßliche Ermordung der vor fast vier Wochen verschleppten CARE-Leiterin Margaret Hassan ist weltweit mit Abscheu und Empörung aufgenommen worden. In Bagdad kamen die Angehörigen am 17, Nov. in Hassans Haus zusammen, um gemeinsam zu trauern. In dem irischen Ort Kenmare, in dem Hassans Schwester Geraldine Riney lebt, wurde in einem Sondergottesdienst der der Britin gedacht. Am Dienstag war beim katarischen Sender El Dschasira ein Video eingegangen, auf dem zu sehen war, wie eine Frau erschossen wurde. Nach Auskunft des britischen Außenministers Jack Straw handelt es sich dabei wahrscheinlich um Hassan.
  • Bei einer Explosion und Kämpfen in der irakischen Stadt Baidschi nördlich von Bagdad sind am 17. Nov. 14 Menschen getötet worden. Sechs der Toten seien Kinder, weitere sechs der Opfer Frauen, teilte ein Polizeivertreter mit. 26 weitere Menschen seien verletzt worden. Wie das US-Militär weiter mitteilte, wurden in der Stadt zudem drei US-Soldaten verletzt, als eine Bombe neben ihrem Konvoi explodierte.
  • Die NATO-Verbündeten haben am 17. Nov. einem detaillierten Plan zur Entsendung von 300 Militärausbildern nach Irak zugestimmt. Damit wird ein Programm der Allianz zur Ausbildung irakischer Heeresoffiziere ausgeweitet. Militärexperten der 26 Bündnis-Mitglieder hatten bereits in der vergangenen Woche dem Plan zugestimmt. Nach der Billigung durch die NATO-Botschafter können die Staats- und Regierungschefs das Projekt noch in diesem Jahr in Gang setzen. Bisher hat die NATO 70 Militärberater in Irak.
    In der NATO mehren sich die kritischen Stimmen gegen die kategorische Weigerung vor allem Deutschlands und Frankreichs, sich an der Ausbildungsmission der Allianz im Irak zu beteiligen. Der Vorsitzende des NATO-Militärausschusses, der deutsche General Harald Kujat, sagte am 17. Nov. in Brüssel, es wäre "extrem wünschenswert", wenn alle in die NATO-Strukturen eingebundenen Offiziere an der Mission teilnehmen könnten. "Wir haben nicht so viele Experten, die rotieren könnten." Darauf hatte bereits der NATO-Oberbefehlshaber für Europa, US-General James Jones, aufmerksam gemacht. Er wies Anfang der Woche darauf hin, dass sich 16 der 26 Bündnisstaaten an der Mission beteiligen wollen, mit der pro Jahr rund 1.000 irakische Soldaten in einem Ausbildungszentrum bei Bagdad trainiert werden sollen. Die Entscheidung anderer Staaten, sich daran nicht zu beteiligen, könnte die NATO bei der geplanten Rotation der Ausbildungsoffiziere in Bedrängnis bringen. - Deutschland und Frankreich sowie Belgien und auch Spanien wollen sich lediglich außerhalb des Iraks an der Ausbildung von Sicherheitskräften beteiligen.
  • Im Westirak sind nach Augenzeugenberichten mehr als 60 Polizisten entführt worden. Seine Kollegen seien am 14. Nov. von bewaffneten und maskierten Männern nahe der irakisch-jordanischen Grenze verschleppt worden, sagte ein Polizeibeamter am 17. Nov. der Nachrichtenagentur AFP in Kerbela. Nur er und ein weiterer Polizist der etwa 65-köpfigen Truppe hätten fliehen können. Die Beamten seien auf dem Rückweg von einem Lehrgang in Jordanien gewesen, als sie am Morgen des 14. Nov. in ihrem Hotel in Trebil überfallen worden seien, berichtete der Beamte Leith Naama el Kaabi. Die Angreifer hätten den Beamten Säcke über die Köpfe gestülpt, ihnen die Hände gefesselt und sie verschleppt.
  • Der britische Außenminister Jack Straw hat am 17. Nov. Berichte zurückgewiesen, wonach im Irak seit der Invasion im März 2003 etwa 100.000 Zivilisten ums Leben gekommen sind. Straw erklärte in einer Mitteilung, mit derartigen Zahlen müsse vorsichtig umgegangen werden. Ein medizinisches Fachjournal hatte im vergangenen Monat die Zahl der toten Zivilisten im Irak auf 100.000 geschätzt. (Siehe unseren Bericht "US-Wissenschaftler: 100.000 Tote infolge Krieg und Besatzung".)
  • Im Irak dauert die Gewalt auch nach der weitgehenden Eroberung Falludschas an. In der Stadt Bedschi griff ein Selbstmordattentäter einen US-Konvoi an und sprengte sich mit seinem Fahrzeug in die Luft. Nach Angaben der britischen BBC wurden bei dem Zwischenfall 250 Kilometer nördlich von Bagdad 14 Iraker getötet. 25 Menschen seien verwundet worden, hieß es in der von dpa in der Nacht auf den 18. Nov. verbreiteten Meldung.
  • Aus dem Süden von Falludscha berichten Augenzeugen von Straßenkämpfen zwischen Soldaten und Aufständischen. Vielerorts lägen Leichen in den Straßen. (dpa, 18.11.04)
  • Die Eroberung der Widerstandshochburg Falludscha durch amerikanische und irakische Truppen hat die zentralen Probleme Iraks nicht gelöst: Militärexperten kommen laut AP in einem skeptischen Fazit der erbitterten und verlustreichen Kämpfe zu dem Schluss, das der Widerstandswille der Aufständischen nicht gebrochen wurde und die erhoffte Dividende - eine bessere Sicherheitslage für die im Januar geplanten Wahlen - ausgeblieben ist. Wie es in der AP-Meldung weiter heißt, seien die Risse unter den ethnischen Gruppen in Irak von der Schlacht um das 65 Kilometer westlich von Bagdad gelegene Falludscha vielmehr vertieft worden, analysierten amerikanische und irakische Militärexperten in privaten Meinungsäußerungen. Antiamerikanische Gefühle und die seit 18 Monaten andauernde sunnitische Rebellion seien weiter angefacht worden. (AP, 18. Nov.)
  • Die meisten ausländischen Kämpfer haben nach Angaben der US-Armee die irakische Widerstandshochburg Falludscha bereits vor Beginn der Großoffensive auf die Stadt verlassen. Viele der ausländischen Rebellen hätten Falludscha zudem in den ersten Tagen des Militäreinsatzes verlassen, sagte der Vize-Kommandeur des für den Irak zuständigen Zentralkommandos, Lance Smith, am 18. Nov. in Washington. Manche Kämpfer "vom Typ Selbstmörder" seien geblieben, viele seien jedoch in ihre Heimat zurückgekehrt oder nach Bagdad, Ramadi und Mossul weitergezogen. Von den etwa tausend Festgenommenen in Falludscha seien weniger als zwei Prozent Ausländer.
  • Wenige Tage nach der Einnahme der irakischen Widerstandshochburg Falludscha haben die US-Truppen in der Stadt offenbar das einstige Hauptquartier des mutmaßlichen Terrorführers Abu Mussab al Sarkawi entdeckt. Der Nachrichtensender CNN zeigte am 18. Nov. Filmaufnahmen des Gebäudekomplexes, das von US-Soldaten inspiziert wurde. In dem Gebäude fanden die Soldaten Dokumente, alte Computer, Fotos, und Koran-Bücher. Ferner entdeckten sie mehrere Säcke mit Chemikalien zur Herstellung von Sprengstoff. Die Soldaten stießen auf dem Gelände auch auf mehrere Leichen.
  • US-Soldaten haben einen örtlichen Stammesführer aus der irakischen Widerstandshochburg Falludscha festgenommen. Scheich Usama Ibrahim el Farhan el Issaui und seine vier Söhne seien westlich der Stadt in ihrem Haus in Gewahrsam genommen worden, teilte die Familie des Clanchefs am 18. Nov. in Ramadi mit. Das Haus sei anschließend durchsucht worden. Issaui ist den Angaben zufolge Anführer des Albu-Aiss-Stammes in Falludscha.
  • Die irakische Polizei hat einen hochrangigen Mitarbeiter des radikalen Schiitenführers Moktada Sadr festgenommen. Scheich Haschem Abu Raghif sei bereits am 17. Nov. in seinem Haus von irakischen Polizisten festgenommen worden, sagte ein Sprecher von Sadr am 18. Nov. in Nadschaf.
  • Bei einem Selbstmordattentat in Bagdad sind am 19. Nov. mindestens vier Menschen ums Leben gekommen. Der Attentäter sprengte sich in einem Auto in der Palästina-Straße in der Nähe eines Polizeipostens in die Luft. Er riss laut Behördenangaben einen Polizisten und zwei Zivilisten mit in den Tod. Mindestens 13 Menschen wurden verletzt.
  • Beim Sturm auf eine Moschee in Bagdad töteten irakische Soldaten nach Krankenhaus-Angaben zwei Menschen; neun weitere wurden verletzt. Wie ein AFP-Korrespondent berichtete, stürmten die Soldaten am 19. Nov. am Ende des Freitagsgebets die Abu-Hanifa-Moschee im Nordwesten Bagdads, warfen Knallgranaten und eröffneten das Feuer. Nach Angaben von Gläubigen wurde der Imam der Moschee festgenommen. Die US-Armee traf wenig später zur Unterstützung ein. Während die Frauen die Moschee verlassen durften, wurden die Männer mehr als eine Stunde im Gebäude festgehalten, bevor sie es nacheinander verlassen durften.
  • Im so genannten sunnitischen Dreieck im Irak hat sich die Sicherheitslage in den vergangenen sechs Wochen massiv verschlechtert und stellt dort die Abhaltung der für Januar geplanten Parlamentswahl in Frage. Das sagte der Koordinator der US-Wiederaufbauhilfe für Irak, William Taylor, am 19. Nov. in einer Videopressekonferenz mit Journalisten im Washingtoner Verteidigungsministerium. "In den sunnitischen Gebieten und dann bis hinauf nach Mossul ist es schlechter als vorher, und wir haben größere Schwierigkeiten mit der Sicherheit", sagte er. "Wir haben die Sorge, dass es in einigen Gebieten - noch einmal: nicht allen - es jetzt schwer sein wird, Wahlen abzuhalten." Taylor bezog sich dabei auf die US-Offensive zur Eroberung der Widerstandshochburg Falludscha und den Kämpfen in Mossul.
  • Die USA haben äußerst verärgert darauf reagiert, dass Deutschland keine Offiziere mit integrierten NATO-Einheiten in den Irak entsenden will. "Dies sind NATO-Offiziere unter NATO-Kommando, und sie sollten die Befehle ihrer NATO-Kommandeure befolgen", sagte am 19. Nov. ein hochrangiges Regierungsmitglied in Washington, das anonym bleiben wollte. Seines Wissens handle es sich bei der Weigerung, der sich auch Belgien, Frankreich, Luxemburg und Spanien anschlossen, um einen beispiellosen Vorgang. (AFP)
  • Die US-Armee hat erneut Ziele im Süden der Rebellenhochburg Falludscha bombardiert. Das berichtet der Nachrichtensender Al Arabija am 19. Nov.
  • In Kirkuk wurden am 19. Nov. sechs Iraker festgenommen, die einen US-Stützpunkt mit Raketen beschossen haben sollen.
  • Der Fahrer der beiden im August im Irak entführten französischen Journalisten ist am 20. Nov. in Frankreich eingetroffen. Der Syrer Mohammed el Dschundi sei zusammen mit seiner irakischen Frau und seinen drei Kindern im Alter zwischen 14 und 18 Jahren aus der jordanischen Hauptstadt Amman an einem nicht näher benannten Ort angekommen, verlautete aus gut informierten Kreisen. Zwei Schwestern El Dschundis leben in Frankreich. Der Syrer war von den US-Truppen bei deren Offensive in der Rebellenhochburg Falludscha gefunden worden. Er war am 20. August zusammen mit den beiden Journalisten Christian Chesnot und Georges Malbrunot verschleppt worden. Chesnot und Malbrunot sind weiterhin in den Händen ihrer Entführer, nach den Worten des französischen Außenministers Michel Barnier derzeit aber außer Gefahr.
  • Bei heftigen Kämpfen im Westen von Bagdad sind am 20. Nov. mindestens drei irakische Soldaten getötet worden. Sie starben bei der Explosion von zwei Bomben, die von Aufständischen im Stadtteil Amirijah gezündet wurden, wie ein Polizeisprecher mitteilte.
    Im Nordwesten von Bagdad, wo irakische und amerikanische Soldaten am 19. Nov. im Stadtteil Asamijah die wichtigste sunnitische Moschee gestürmt hatten, wurde am 20. Nov. eine Polizeiwache mit Raketen und automatischen Waffen angegriffen.
  • Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hat am 20. Nov. die Einigung der wichtigsten Gläubigerländer der Welt auf einen Erlass von 80 Prozent der Schulden des Irak bestätigt. Eichel präzisierte in Berlin, das Grundsatzabkommen sehe eine Entschuldung in drei Etappen vor. 30 Prozent würden sofort erlassen, 30 Prozent im Zusammenhang mit einem Programm des Internationalen Währungsfonds (IWF) und 20 Prozent gekoppelt an Ergebnisse dieses Programms. Zuvor hatte ein Vertreter eines der beim G-20-Treffen in Berlin versammelten G-7-Staaten den Schuldenerlass bekannt gegeben. Demnach soll der Pariser Club der Gläubigerstaaten, der in der französischen Hauptstadt über einen weit reichenden Schuldenerlass für den Irak berät, im Laufe des Tages eine offizielle Erklärung abgeben. Iraks Schulden belaufen sich auf rund 120 Milliarden Dollar (rund 92 Milliarden Euro).
  • Eine vor drei Wochen im Irak entführte Polin ist wieder in Freiheit. Das teilte der polnische Ministerpräsident Marek Belka am 20. Nov. in Warschau mit. Teresa Borcz-Halifa war Ende Oktober im Irak verschleppt worden. Ihre Entführer hatten den Abzug der polnischen Soldaten gefordert.
  • In der irakischen Hauptstadt Bagdad sind am 20. Nov. eine leitende Beamtin des Bauministeriums und drei ihrer Kollegen erschossen worden. Bewaffnete hätten am Morgen das Feuer auf den Wagen im Nordosten Bagdads eröffnet, sagte ein Ministeriumssprecher der Nachrichtenagentur AFP. Die Frau, die auf dem Weg zur Arbeit gewesen sei, sei sofort tot gewesen. Auch die drei Kollegen, die mit ihr im Auto unterwegs gewesen seien, seien tödlich getroffen worden.
  • In der irakischen Stadt Mossul sind am 20. Nov. die Leichen von neun irakischen Soldaten entdeckt worden. Nach Angaben der US-Armee war den Männern in den Hinterkopf geschossen worden. Angaben, wonach sieben von ihnen außerdem geköpft worden seien, wurden später zurückgezogen. Diese "ersten Berichte" hätten sich als falsch erwiesen, hieß es.
  • Bei Kämpfen zwischen Aufständischen und US-Soldaten im Irak sind am 20. Nov. nach Krankenhausangaben fünf Iraker verletzt worden. Die Kämpfe brachen in der Stadt Kaim unweit der syrischen Grenze aus, nachdem eine Bombe in der Nähe eines US-Konvois explodiert war.
  • Im Westen Bagdads wurden bei der Explosion einer Autobombe am 20. Nov. fünf US-Soldaten verletzt. Nach Angaben der US-Armee wurden bei der Detonation auch zwei Panzerwagen beschädigt. Im Viertel Abu Ghraib am westlichen Stadtrand ereigneten sich am Abend vier Explosionen. Berichte über Verletzte lagen nach Militärangaben nicht vor. Ein irakischer Polizeisprecher erklärte, das Hauptquartier der irakischen Nationalgarde in Abu Ghraib sei mit Raketen angegriffen worden.
  • Die Einigung über eine Entschuldung Iraks ist noch nicht unter Dach und Fach. Wie am 21. Nov. beim G-20-Treffen der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer in Berlin verlautete, hat Russland noch kein grünes Licht für einen schrittweisen Abbau der irakischen Schulden gegeben. Ein Dipolmat sagte, es gebe mit Ausnahme Russlands mit dem Großteil der staatlichen Gläubigerländer im Pariser Club bereits eine Übereinkunft. Derzeit liefen Gespräche auf höchster Ebene zwischen den Vertretern Washingtons und Moskaus, um noch einen Durchbruch zu erzielen.
    Stunden später: Russland hat nach US-Angaben einem 80-prozentigen Abbau der Schulden Iraks bei den Gläubigerländern des Pariser Clubs zugestimmt. "Uns wurde eben mitgeteilt, dass die Russen der Einigung zu Iraks Schulden zugestimmt haben", sagte ein Vertreter der US-Delegation beim G-20-Treffen in Berlin.
  • Seit Beginn der Großoffensive in der irakischen Rebellenhochburg Falludscha haben irakische und US-Truppen mehr als 1.400 Menschen festgenommen. Wie ein US-Sprecher am 21. Nov. in Bagdad mitteilte, wurden mehr als 400 Verhaftete inzwischen schon wieder frei gelassen. Nach Augenzeugenberichten gehen die Gefechte in der sunnitischen Stadt weiter. Besonders umkämpft sei das Golan-Viertel im Nordwesten, wo die Aufständischen ihr Hauptquartier haben sollen.
  • Der vor zwölf Tagen entführte Verwandte des irakischen Regierungschefs Ijad Allawi ist wieder frei. Ghasi Allawi sei am 21. Nov. freigelassen worden, sagte ein Vertreter der Partei des Regierungschefs der Nachrichtenagentur AFP in Bagdad.
  • US-Soldaten haben in der irakischen Stadt Ramadi auf ein mit zehn Zivilpersonen besetztes Fahrzeug geschossen. Dabei kamen nach Armeeangaben vom 21. Nov. drei Menschen ums Leben (dpa: sechs), fünf weitere wurden verletzt. Der Wagen habe am 20. Nov. an einem Kontrollposten nicht angehalten und Warnschüsse ignoriert, hieß es. Der Zwischenfall werde untersucht.
  • Ebenfalls in Ramadi wurden am 21. Nov. nach Krankenhausangaben sechs irakische Nationalgardisten getötet (AP sprach von acht Getöteten) und 20 weitere verletzt. Alle hätten Schusswunden erlitten, erklärte der Leiter des Allgemeinen Krankenhauses. Nähere Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt.
  • Auf dem Weg zur Neuordnung des Irak sind am Wochenende bedeutsame Weichenstellungen vorgenommen worden. Die unabhängige Wahlkommission legte den 30. Januar kommenden Jahres als Termin für die ersten freien Mehrparteienwahlen seit einem halben Jahrhundert fest.
  • Die US-Armee hat bei ihrer Einnahme der irakischen Widerstandshochburg Falludscha "fast 20 Folterstätten" entdeckt. "Es scheint so, als ob wir Häuser gefunden haben", wo Menschen gefoltert wurden, sagte US-Major Jim West am 21. Nov. vor Journalisten in der Nähe von Falludscha. Die Zahl der Folterstätten liege bei "fast 20". Oberst Daniel Wilson sagte: "Die hatten eine kranke, entartete Kultur der Gewalt in dieser Stadt."
  • Ein Konvoi der irakischen Nationalgarde und der Polizei ist am 21. Nov. südlich von Bagdad in einen Hinterhalt geraten. Aufständische zündeten eine Bombe und beschossen die Kolonne mit Granaten, wie die US-Armee erklärte. Einer der Wagen stieß daraufhin mit einem Zivilfahrzeug zusammen, beide gerieten in Brand. Mehrere Nationalgardisten seien bei dem Überfall verletzt worden. Der Zwischenfall ereignete sich in Latifija, 30 Kilometer südlich von Bagdad.
  • Nach Ansicht des republikanischen US-Senators John McCain sind im Irak bis zu 50.000 US-Soldaten zusätzlich nötig, um den Widerstand der Aufständischen zu brechen. "Wir brauchen immer noch mehr Truppen. Wir brauchen immer noch mehr Leute da", sagte McCain am 21. Nov. im Fernsehsender NBC. Das sei "eine enorme Anstrengung", gab er zu.
  • Die Meldung: US-Soldaten haben am 21. Nov. auf einer Patrouille in Falludscha einen militanten Iraker getötet, der sich zunächst tot gestellt und dann das Feuer auf sie eröffnet hatte. Das teilten die US-Streitkräfte mit. Die Patrouille habe den Auftrag gehabt, versprengte Gruppen der Aufständischen in der eroberten Widerstandsburg aufzuspüren. (AP)
    Der Zusammenhang: Die US-Streitkräfte ermitteln weiterhin in einem Zwischenfall, bei dem ein Marineinfanterist am 13. November in einer Moschee in Falludscha einen auf dem Boden liegenden verwundeten Aufständischen erschoss. Die Szene wurde von einem NBC-Kamerateam gefilmt und erregte weltweites Aufsehen. Auf dem Band sind Warnrufe von Soldaten zu hören, der Mann stelle sich tot. (AP)
    Kommentar des Chronisten: So kann das Erschießen wehrloser Personen gerechtfertigt werden.
Montag, 22. November, bis Sonntag, 28. November
  • In der nordirakischen Stadt Mossul ist am 22. Nov. ein sunnitischer Geistlicher ermordet worden. Scheik Faidh Mohamed Amin al Faidhi, Mitglied der einflussreichen Vereinigung Muslimischer Geistlicher, wurde vor seinem Haus niedergeschossen, wie ein Krankenhaussprecher sagte. Trotz einer Notoperation erlag er seinen schweren Verletzungen.
  • Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie hat den Irak-Schuldenerlass scharf kritisiert und Klagen einzelner Bauunternehmen nicht ausgeschlossen. Die "exorbitant hohe Erlassquote" von 80 Prozent, auf die sich sich die Gläubigerländer des Pariser Clubs am Wochenende geeinigt hatten, sei vor allem politisch motiviert, erklärte Hauptgeschäftsführer Michael Knipper am 22. Nov. in Berlin. Die deutsche Bauindustrie bleibe nun auf mehr als 1,3 Milliarden Euro Schulden sitzen.
  • Portugal will seine im Irak stationierten Truppen nach den für den 30. Januar geplanten Wahlen definitiv abziehen. Sein Land werde den Irak dann in anderer Form unterstützen, sagte Ministerpräsident Pedro Santana Lopes am 22. Nov. in Lissabon. Zuvor waren 72 portugiesische Militärpolizisten zur Ablösung eines im Irak stationierten Kontingents abgereist. Sie sollen in der südirakischen Stadt Nassirijah zusammen mit 55 portugiesischen Nationalgardisten unter italienischem Oberkommando für Sicherheit sorgen.
  • US-Truppen haben am 22. Nov. nahe der nordirakischen Stadt Mossul ein großes Waffenlager ausgehoben. Nach Armeeangaben zählten dazu unter anderem ein Flugabwehrgeschütz, 25 Boden-Luft-Raketen, Munition, 4.600 Handgranaten, 144 Granatwerfer, 10 Raketen und große Mengen Sprengstoff. Das Waffenlager sei 45 Kilometer südlich von Mossul im Dorf Schafaat entdeckt worden. Der Fundort sei gesichert worden, möglicherweise würden dort noch weitere Waffen entdeckt, erklärte die Armee.
  • Bei einer Schießerei in der Nähe des Innenministeriums in Bagdad sind am 22. Nov. ein Wachmann und eine Passantin getötet worden. Ein weiterer Wachmann sei verletzt worden, erklärte ein Sprecher des Ministeriums. Am Tatort seien zwei Ausländer gesehen worden, bei denen es sich laut Augenzeugen um Briten gehandelt haben soll. Die Ausländer seien nicht festgenommen worden, es habe sich nicht um einen Terroranschlag gehandelt. Zuvor hatte es Berichte gegeben, wonach zwei Briten nach einem Streit mit den Wachen des Innenministeriums festgenommen worden seien. Die britische Botschaft erklärte, der Zwischenfall werde untersucht.
  • Die iranische Regierung hat dem Nachbarland Irak eine Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen angeboten. Der Iran sei zu einem "bilateralen Mechanismus der Sicherheitszusammenarbeit" bereit, sagte Außenminister Kamal Charrasi am 22. Nov. nach Angaben eines Teilnehmers bei einem Treffen mit irakischen Vertretern auf der Irak-Konferenz im ägyptischen Scharm el Scheich. Teherans Bedingung sei aber, dass die USA von der Kooperation ausgeschlossen würden.
  • Ein ranghohes früheres Mitglied der Baath-Partei im Irak ist am 22. Nov. in Basra erschossen worden. Nach Angaben eines Polizeisprechers war der Täter als Polizist verkleidet. Er eröffnete das Feuer auf Mohammed al Hakim, als dieser die Apotheke verließ, die er leitete. Al Hakim war früher auch Dekan der pharmazeutischen Fakultät der Universität Basra. Bei einem weiteren Überfall in Basra wurde eine Polizeipatrouille von Schüssen von einem Dach herab getroffen. Ein Polizist starb, ein weiterer wurde den Angaben zufolge verletzt.
  • In einem Linienflugzeug im Irak ist am 22. Nov. ein Sprengsatz entdeckt worden. Das teilte die US-Botschaft am Abend in Bagdad mit. Die Erklärung ließ jedoch offen, um welche Fluglinie es sich handelte und ob die Bombe nach dem Start der Maschine vom Internationalen Flughafen der irakischen Hauptstadt gefunden wurde oder vor der Landung. Dazu hieß es lediglich, am Flughafen von Bagdad seien "zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen" ergriffen worden. US-Bürgern rät die Botschaft erneut von Flügen in Linienmaschinen ab, die den Irak anfliegen.
  • Am 22. und 23. Nov. Fand eine internationale Irak-Konferenz im ägyptischen Badeort Scharm al-Scheich statt. Am ersten Tag hatte die schlechte Sicherheitslage die Diskussion der Nachbarstaaten des Iraks dominiert. Mehrere Nachbarstaaten stellten dem irakischen Außenminister Hoschiar Sebari außerdem kritische Fragen zum Zeitpunkt des amerikanischen Truppenabzugs. Am zweiten Tag berieten die Außenminister der G-8-Staaten über die Situation.
    In der jordanischen Hauptstadt Amman soll im Dezember eine Konferenz der Nachbarstaaten Iraks abgehalten werden. Das gab ein arabischer Diplomat am 23. Nov. am Rande der internationalen Irak-Konferenz im ägyptischen Badeort Scharm el Scheich bekannt. Für das bereits angekündigte Treffen hatte es bislang keinen Termin gegeben. Ägypten will Jordanien bei der Ausrichtung der Konferenz unterstützen. Zuvor soll am 30. November im Iran ein Treffen der Innenminister der Nachbarstaaten Iraks stattfinden.
    Mit einem Bekenntnis zu Demokratie und Stabilität im Irak ist am 23. Nov. die internationale Irak-Konferenz in Scharm el Scheich in Ägypten zu Ende gegangen. In ihrer Abschlusserklärung billigten die Delegierten der UNO eine führende Rolle bei der politischen Entwicklung des Irak zu. UN-Generalsekretär Kofi Annan rief zur Versöhnung auf. "Der Wahltermin nähert sich und wir müssen alles tun, um die verschiedenen irakischen Gruppen dazu zu bringen, an der nationalen Versöhnung mitzuwirken", sagte Annan. Mehrere Außenminister arabischer Staaten erhoben Bedenken gegen den frühen Wahltermin am 30. Januar.
  • Irakische Extremisten haben am 23. Nov. einen US-Konvoi angegriffen. In der Nähe von Samarra explodierte eine am Straßenrand gelegte Bombe. Die amerikanischen Soldaten eröffneten daraufhin das Feuer. Ein Mann wurde getötet, wie ein Krankenhausmitarbeiter sagte.
  • Zum zweiten Mal innerhalb von 24 Stunden ist im Irak ein sunnitischer Geistlicher ermordet worden. Maskierte Männer eröffneten am 23. Nov. das Feuer auf Scheik Ghalib Ali al Suhairi, als dieser nach dem Morgengebet eine Moschee in Mukdadija verließ, wie die Polizei mitteilte. Al Suhairi war Mitglied der einflussreichen Vereinigung Muslimischer Geistlicher, die mit einem Boykott der im Januar geplanten Wahlen droht. Zunächst war unklar, ob es eine Verbindung zu dem Mordanschlag in Mossul gab
  • Amerikanische Soldaten haben ihre Angriffe auf die irakische Aufständischen-Hochburg Falludscha auch am 23. Nov. fortgesetzt. Die US- Luftwaffe flog erneut Angriffe auf Ziele in der Stadt, hieß es nach Angaben von Augenzeugen.
  • Aus Kerbela wurde am 23. Nov. ein Sprengstoffanschlag auf eine Ölpipeline gemeldet, berichtet die irakische Polizei. Polizeikräfte vor Ort versuchten, den Brand an der Pipeline etwa 45 Kilometer westlich von Kerbela zu löschen.
  • In Bakuba demonstrierten am 23. Nov. hunderte Iraker gegen die US-Angriffe auf Falludscha.
  • Die anhaltenden Kämpfe im Irak haben die Lage der Kinder dramatisch verschlechtert. Die Zahl der unterernährten Kinder hat sich seit Kriegsbeginn nahezu verdoppelt und die Arbeit internationaler Organisationen ist fast unmöglich geworden, wie das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) am 23. Nov. mitteilte. UNICEF selbst könne kaum noch zur Linderung der Not beitragen. "Die humanitäre Arbeit im Irak wird von der Tatsache lahm gelegt, dass die Organisationen zu direkten Zielen wurden und nur noch von den Nachbarländern aus operieren können", heißt es in einem UNICEF-Bericht. Hunderttausende Kinder litten unter Durchfall und Mangelernährung, teilte UNICEF-Direktorin Carol Bellamy mit. "Der Krieg wird von Erwachsenen geführt, die Leidtragenden sind die Kinder." Die Kinder seien von der Unterernährung am schlimmsten betroffen. Seit Kriegsbeginn im März 2003 ist die Zahl der Betroffenen von vier auf 7,7 Prozent gestiegen, wie das norwegische Fafo-Institut herausfand. Die katastrophale Ernährungssituation werde von mangelndem Trinkwasser und schlechten sanitären Anlagen begleitet, sagte Bellamy.
  • Die US-geführten Truppen im Irak haben südlich von Bagdad einen neuen Großangriff gegen Hochburgen irakischer Rebellen gestartet. Insgesamt seien an der Operation "Plymouth Rock" rund 5000 Soldaten beteiligt, unter ihnen auch Briten und Iraker, teilte das US-Militär am 23. Nov. in der irakischen Hauptstadt mit. In dem Ort Dschabella hätten US-Marineinfanteristen gemeinsam mit irakischen Polizeieinheiten nach Aufständischen gesucht. Es handele sich um den "Beginn eines neuen Feldzugs" in der Region. Wegen der Vorbereitung der für den 30. Januar geplanten Wahlen seien die Truppen "entschlossen, diejenigen zu fangen oder zu töten, die den Wahlprozess stören wollen".
  • Bei einem Anschlag auf ein Registrierungsbüro für die irakischen Wahlen sind in der nördlichen Ölstadt Kirkuk zwei Menschen getötet worden. Ein Nationalgardist, der das Büro bewachte, sowie ein Zivilist seien tödlich getroffen worden, als Unbekannte aus einem vorbeifahrenden Auto heraus das Feuer eröffneten, teilten Polizeibeamte und Ärzte am 23. Nov. mit. Ein weiterer Nationalgardist sei schwer verletzt worden.
  • Der jordanische Extremistenführer Abu Mussab el Sarkawi hat den islamischen Gelehrten vorgeworfen, die Aufständischen im Irak und in Afghanistan verraten zu haben. In einer am 24. Nov. im Internet verbreiteten mündlichen Botschaft heißt es, die Ulemas hätten die Mudschaheddin an den "Feind ausgeliefert". Diese seien bei ihrem Kampf gegen die USA allein auf sich gestellt geblieben. Ob die von mehreren islamischen Internetseiten verbreitete Botschaft tatsächlich von Sarkawi stammt, blieb zunächst unklar.
  • Der kurdische Vize-Gouverneur der irakischen Provinz Ninive ist am 24. Nov. nur knapp einem Attentat entgangen. Unbekannte hätten in Mossul das Feuer auf seinen Wagen eröffnet und einen seiner Leibwächter erschossen, sagte Chosru Kuran der Nachrichtenagentur AFP. Zwei weitere seiner Leibwächter seien bei dem Angriff verletzt worden. Die Wagenkolonne war auf dem Weg in die Gouveneursbehörde.
  • Vertreter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) haben dem früheren irakischen Staatschef Saddam Hussein erneut einen Besuch abgestattet. Eine IKRK-Delegation habe den nahe Bagdad in US-Haft sitzenden Saddam Hussein kürzlich aufgesucht, sagte IKRK-Sprecher Mwein Kais am 24. Nov. in Amman. Dabei sei mit US-Vertretern der Gesundheitszustand des Häftlings besprochen worden. Das IKRK habe das Recht des Gefangenen auf angemessene medizinische Behandlung gemäß den Genfer Konventionen über den Umgang mit Kriegsgefangenen betont. Es war der fünfte Besuch des IKRK seit der Gefangennahme von Saddam Hussein im Dezember vergangenen Jahres.
  • Im Streit zwischen den USA und einigen europäischen Verbündeten um den NATO-Einsatz im Irak hat die US- Regierung ihre Kritik verschärft. Nach NATO-Oberbefehlshaber James Jones kritisierte auch Verteidigungsminister Donald Rumsfeld die Weigerung einiger NATO-Mitgliedsländer, sich an der Ausbildung der Sicherheitskräfte im Irak zu beteiligen. Rumsfeld nannte kein Land beim Namen. Außer Deutschland wollen unter anderem Spanien und Belgien kein Personal zur Verfügung stellen, obwohl der NATO-Rat die Ausbildungsoperation zuvor einstimmig gebilligt hatte. (dpa, 24.11.2004)
  • Zu den am 30. Januar im Irak geplanten Wahlen sind 180 Parteien zugelassen. Das sagte der Sprecher der Unabhängigen Wahlkommission, Farid Ajar, am 24. Nov. in Bagdad. Jetzt geht es nach Angaben von Ajar darum, Koalitionen zu bilden. Er hoffe, dass sich dadurch die Zahl der Gruppierungen um die Hälfte verringern lässt.
  • Abermals ist ein US-Soldat wegen Verdacht auf Mord an einer irakischen Zivilperson verhaftet worden. Stabsunteroffizierin Shane Werst soll einen Mann ums Leben gebracht haben, als sie für die Kampftruppe der 3. Brigade aus Fort Carson in Irak im Einsatz war, wie ein Sprecher der Kaserne Fort Hood in Texas am 24. Nov. mitteilte. Bereits zwei weitere Mitglieder aus derselben Einheit sind wegen Mordes angeklagt. Sie sollen für den Tod eines Mannes verantwortlich sein, der nach einem Sprung von einer Brücke in den Tigris im Januar ertrunken war.
  • Bei einem Überfall irakischer Rebellen in Bagdad ist ein Mitarbeiter der US-Botschaft erschossen worden. Der Amerikaner war am 24. Nov. außerhalb des Sperrgebiets der Grünen Zone in einem Auto unterwegs, wie Botschaftssprecher Pete Mitchell am 25. Nov. mitteilte.
  • Nach dem Ende der Großoffensive der US-geführten Streitkräfte gegen die irakische Stadt Falludscha sind die Hilfslieferungen für die notleidende Bevölkerung angelaufen. Am 25. Nov. versorgten Helfer des Roten Halbmondes fünf Familien (fünf!) in einem zerstörten Viertel im Norden der Stadt mit Lebensmitteln und Wasser, wie ein AFP-Reporter berichtete. Patrouillierende US-Soldaten hatten sie in ihren Häusern entdeckt.
  • Im Zentralirak sind britische Truppen in der Nacht zum 25. Nov. gegen mutmaßliche Aufständische vorgegangen. Nach Angaben britischer Armeesprecher durchsuchten sie südlich von Bagdad die Häuser ehemaliger hoher Funktionäre des Regimes von Saddam Hussein. Dabei hätten sie Waffen, Geld und Videobänder beschlagnahmt. Mehrere Verdächtige würden noch vernommen. Der Fernsehsender BBC sprach von einer der größten britischen Operationen seit dem Ende des Irak- Kriegs.
  • Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, UNICEF, hat China, Indien, Russland und die USA eindringlich aufgefordert, dem Vertrag zum Verbot von Anti-Personen-Minen beizutreten. Anlass ist der am Sonntag in Nairobi beginnende Weltgipfel "Für eine minenfreie Welt". Gleichzeitig appellierte UNICEF am 25. Nov. in Köln an die internationale Gemeinschaft, mehr Mittel zur Aufklärung der Bevölkerung in minenverseuchten Gebieten und für medizinische Hilfe bereit zu stellen. Nach UNICEF-Angaben werden trotz der weltweiten Ächtung von Landminen jedes Jahr zwischen 15.000 und 20.000 Menschen bei Minenexplosionen verletzt oder getötet; jedes fünfte Opfer ist ein Kind. "Auch viele Jahre nach dem Ende von Konflikten sind Landminen eine permanente Bedrohung für die Zivilbevölkerung in zahlreichen Entwicklungsländern", hieß es. Die am stärksten verminten Länder seien heute Afghanistan, Angola, Kambodscha und der Irak.
  • Im Nordirak ist nach Regierungsangaben aus Bagdad ein ranghohes Mitglied der Organisation des Extremistenführers Abu Mussab el Sarkawi festgenommen worden. Abu Said, einer der Anführer des Sarkawi-Netzwerks, sei in der Stadt Mossul gefasst worden, teilte der irakische Nationale Sicherheitsberater Kassem Daud am 25. Nov. mit.
  • US-Präsident George W. Bush hat zum Thanksgiving-Fest mehr als ein Dutzend US-Soldaten im Einsatz mit einem Anruf überrascht. Bei den Angehörigen von Heer, Marine, Marineinfanterie und Luftwaffe, die derzeit in Afghanistan, Irak, Katar und Djibouti stationiert seien, habe sich Bush mit Glückwünschen zum Feiertag gemeldet, teilte das Weiße Haus am 25. Nov. mit. Der US-Präsident verbrachte das Fest im Kreis seiner Familie auf seiner Ranch im texanischen Crawford. Im vergangenen Jahr war Bush am Thanksgiving-Tag zu einem Überraschungsbesuch nach Bagdad geflogen, wo er in einem Flugzeughangar einer Einheit von US-Soldaten einen nicht ganz echten Truthahn servierte.
  • Bei den Kämpfen in der irakischen Widerstandshochburg Falludscha sind nach Angaben des Nationalen Sicherheitsberaters Kassem Daud mehr als 2.000 Menschen getötet worden. Über 1.600 Menschen seien inhaftiert worden, sagte Daud am 25. Nov. vor Journalisten in Bagdad. Bei den Toten gebe es ein Problem mit der Identifizierung, da der Großteil von ihnen keinen Personalausweis bei sich getragen habe. Wie viele der Opfer Aufständische und wie viele Zivilisten waren, sagte Daud nicht. Die US-geführten Truppen hatten am 8. November eine Großoffensive gegen die in Falludscha verschanzten Aufständischen gestartet.
  • Irakische Nationalgardisten und US-Soldaten haben in der irakischen Rebellenhochburg Falludscha eine Folterkammer gefunden. Sie soll sich in einer Moschee befunden haben. Das gab der Sicherheitsberater der irakischen Übergangsregierung, Kassim Daud, am 25. Nov. in Bagdad bekannt. Des Weiteren sei ein Chemie-Labor entdeckt worden, das Spuren von Antrax enthielt. Auch andere Gifte sollen dort hergestellt worden sein. Ob das Labor zu Saddams Zeiten oder in jüngster Zeit von den Rebellen benutzt wurde, steht nicht fest.
    Der frühere UN-Chefwaffeninspekteur Hans Blix hat bezweifelt, dass in einem in Falludscha entdeckten Labor Chemiewaffen hergestellt worden sein könnten. "Lassen sie uns erstmal sehen, was das für Chemikalien waren", sagte Blix in der britischen Oxford-Universität. "Viele dieser Geschichten lösen sich in Luft auf, wenn sie näher betrachtet werden." Blix betonte, es käme einer Überraschung gleich, wenn tatsächlich gefährlich chemische Substanzen gefunden würden. (AFP, 26. Nov.)
  • Die Rebellen in der irakischen Widerstandshochburg Falludscha haben nach eigenen Angaben eine neue Offensive gegen die US-Armee gestartet. "Nach einer Phase der Neurorganisation haben die Mudschahedin ihre Angriffe wiederaufgenommen", hieß es in einer am 26. Nov. im Internet veröffentlichten Erklärung des "Rates der Mudschahedin" (Dschihad-Kämpfer). Ziel sei es, "den Mythos von der Unbesiegbarkeit der Koalitionstruppen zu zerschmettern". Die Rebellen richteten besonders scharfe Drohungen an irakische Soldaten, die an der Seite der ausländischen Truppen kämpfen. Den "Kollaborateuren, die Irak verkauft haben", werde eine "unvergessliche Lektion" erteilt.
  • Aufständische in der irakischen Stadt Falludscha haben zwei US-Soldaten erschossen und einen weiteren verletzt. Wie ein Militärsprecher am 26. Nov. mitteilte, gerieten die Marineinfanteristen am Tag zuvor in einen Hinterhalt. Beim Betreten eines Hauses seien sie von Rebellen, die sich dort verschanzt hätten, unter Beschuss genommen worden. Die Soldaten hätten das Feuer erwidert und drei Aufständische getötet.
  • Zwei irakische Müllmänner sind bei der Explosion eines Sprengsatzes ums Leben gekommen. Wie ein Polizeioffizier am 26. Nov. in der Ortschaft nahe Kirkuk mitteilte, explodierte der Sprengsatz auf einem Abfallsammelplatz in der Nähe eines Kontrollpunktes.
    Ein kurdischer Taxifahrer starb in Kirkuk, als er bei einem Angriff von Aufständischen auf eine irakisch-amerikanische Militärpatrouille ins Kreuzfeuer geriet. In Kirkuk forderte die US-Armee die Bevölkerung in Flugblättern auf, "terroristische Aktivitäten" zu melden.
  • Schwer bewaffnete Angreifer haben im Nordirak eine Polizeiwache überfallen. Ein Polizist wurde getötet, drei weitere erlitten Verletzungen, wie die Polizei am 26. Nov. mitteilte. Die Täter hätten Maschinengewehre und Panzerabwehrraketen eingesetzt. Ziel des Angriffs war eine Polizeiwache in Raschad, rund 50 Kilometer südwestlich von Kirkuk.
  • Bei einem Anschlag in Bagdad sind vier Mitarbeiter einer britischen Sicherheitsfirma* getötet worden. Das Attentat ereignete sich am 25. Nov. in der so genannten Grünen Zone der irakischen Hauptstadt, wie ein Sprecher des Unternehmens Global Risks Strategies am 26. Nov. in Dubai mitteilte. Weitere Mitarbeiter seien bei dem Anschlag verletzt worden. Zur Nationalität der Opfer machte der Sprecher zunächst keine Angaben.
    * Die meisten Agenturen sprechen von "Sicherheitsfirmen", wenn privatkapitalistisch geführte Söldnertruppen gemeint sind. Im Irak sollen rund 20.000 solcher "Sicherheitskräfte" Dienst tun - meist im Auftrag der Besatzungsmächte.
  • US-geführte Truppen haben am 26. Nov. eigenen Angaben zufolge die Stadt Latifija südlich von Bagdad eingenommen. Wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete, stießen die Soldaten nur auf geringen Widerstand. Bewaffnete Rebellen waren in der Stadt nicht zu sehen. US-Scharfschützen bezogen Stellung auf Dächern. Der Verkehr auf der von Rebellen zwei Mal zerstörten und von der US-Armee wieder in Stand gesetzten Straße von Bagdad in das zentralirakische Kerbela floss wieder. Ein Offizier der US-Marines sagte, die am 23. Nov. gestartete Operation "Plymouth Rock" gegen die Rebellen im Süden von Bagdad gehe weiter. Mehrere mutmaßliche Aufständische seien festgenommen worden.
  • 17 irakische Parteien (AP, AFP spricht von 10, dpa von 15) haben am 26. Nov. die Verschiebung der für den 30. Januar geplanten Wahl gefordert und dies mit der mangelnden Sicherheit im Lande begründet. Für einen Aufschub von mindestens sechs Monaten sprachen sich vor allem Organisationen der sunnitischen Minderheit, Kurden und säkulare Gruppen aus. Zu den Unterzeichnern der Erklärung gehört auch die Partei des von den USA eingesetzten Übergangsregierungschefs Ijad Allawi. Die schiitische Mehrheit unterstützt dagegen die Einhaltung des Termins. Mohel Hardan al Duleimi von der Arabischen Sozialistischen Bewegung sagte, die meisten Menschen hätten Angst zu wählen. Die Wahlkommission der Regierung habe es außerdem versäumt, die Öffentlichkeit ausreichend zu informieren. Mohsen Abdul Hamid, Chef der Irakischen Islamischen Partei, erläuterte, eine Verschiebung sei wegen der Bedrohung der nationalen Einheit notwendig, da möglicherweise die Sunniten von dem Urnengang ausgeschlossen blieben. Sunnitische Geistliche der Vereinigung muslimischer Gelehrter haben Sunniten aufgerufen, die Wahl wegen des US-Angriffes auf Falludscha zu boykottieren.
  • Die USA haben eine Verschiebung der Wahlen im Irak abgelehnt. "Wir gehen davon aus, dass die Sicherheit für die Wahlen am 30. Januar angemessen sein wird", sagte der US-Botschafter im Irak, John Negroponte, am 27. Nov. bei einem Besuch in Falludscha der Nachrichtenagentur AFP. An dem geplanten Ablauf der politischen Neugestaltung müsse festgehalten werden.
    Die irakische Wahlkommission hat die von mehreren Parteien geforderte Verschiebung der für Januar geplanten Wahlen ausgeschlossen. "Eine Verschiebung der Wahlen steht nicht zur Debatte", sagte der Kommissionsvorsitzende Abdel Hussein el Hindawi nach einer Sitzung des Gremiums am 27. Nov. der Nachrichtenagentur AFP in Bagdad.
  • Aufständische haben am 27. Nov. das Rathaus und zwei Polizeistationen in der Stadt Al Chalis für kurze Zeit in ihre Gewalt gebracht. Nach einen zweistündigen Feuergefecht konnten die irakischen Sicherheitskräfte mit Unterstützung von US-Soldaten die Angreifer vertreiben, sagte ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung. "Nun ist die Lage ruhig", sagte Saad Ahmed Abbas. Bei dem Gefecht sei ein Polizist verwundet worden, auf seiten der Rebellen habe es zwei Tote gegeben. Al Chalis liegt 60 Kilometer nördlich von Bagdad.
  • Bei drei Explosionen in Bagdad sind am 27. Nov. drei Menschen getötet und rund ein Dutzend weitere verletzt worden. Auf der Al-Raschid-Straße in der Innenstadt kamen zwei Passanten ums Leben, als ein in einem Handkarren verborgener Sprengsatz detonierte. Nach Polizeiangaben fuhren zum Zeitpunkt des Anschlags zwei US-Geländewagen durch die Straße. Bei den Verletzten handele es sich überwiegend um Wachposten der nahe gelegenen Zentralbank.
    Im Süden Bagdads kam ein Passant bei der Explosion einer weiteren Bombe ums Leben. Ein Polizist sei verletzt worden, verlautete aus Krankenhauskreisen. Augenzeugen zufolge ereignete sich die Explosion, als ein US-Militärkonvoi vorbeifuhr.
    Ein US-Militärfahrzeug wurde bei einer Explosion auf der Straße zum Flughafen von Bagdad beschädigt. Ein irakischer Polizeisprecher erklärte, vor allem der hintere Teil des gepanzerten Busses sei betroffen. Über mögliche Verletzte lagen zunächst keine Informationen vor. US-Truppen riegelten den Streckenabschnitt ab.
    Bei einem Anschlag auf eine Militärpatrouille nördlich von Bagdad kam am 27. Nov. ein US-Soldat ums Leben. Nach Armeeangaben ereignete sich der Anschlag in der Nähe von Duluija, 70 Kilometer nördlich der irakischen Hauptstadt. Bei dem Anschlag wurde auch ein Panzer beschädigt.
  • Nordöstlich von Bagdad wurde ein tödlicher Anschlag auf einen Funktionär der irakischen Kommunistischen Partei verübt. Ein KP-Sprecher erklärte am 27. Nov., der Funktionär Munir Dschabar habe sich am Abend zuvor in der Stadt Buhris auf dem Heimweg befunden, als Angreifer das Feuer auf ihn eröffnet hätten. Dschabar war Leiter eines Komitees, das die Kontakte zu anderen politischen Parteien in der Provinz Diala koordiniert. Die KP ist auch in der Übergangsregierung von Ministerpräsident Ajad Allawi vertreten und stellt mit Mufid al Dschasaeri den Kulturminister. Erst vor zwei Wochen wurde ein KP-Funktionär zusammen mit zwei Leibwächtern in Bagdad niedergeschossen.
  • EU-Kommissionspräsident José Manuel Durăo Barroso hat die Mitgliedstaaten aufgefordert, sich für die Stabilisierung des Irak einzusetzen. "Die Europäer sind aufgerufen, zu einem stabilen und demokratischen Irak beizutragen - sei es militärisch, politisch oder wirtschaftlich", sagte Barroso der "Bild am Sonntag" (Ausgabe vom 28. Nov.). "Alles andere wäre eine Ermutigung für den internationalen Terrorismus."
  • Die Gruppe des Extremistenführers Abu Mussab el Sarkawi hat nach eigenen Angaben 17 Mitglieder einer US-irakischen Sicherheitseinheit in Mossul getötet. Die Gruppe erklärte am 28. Nov. auf einer islamistischen Websit, eine "Brigade" habe am 25. Nov. eine US-Armeepatrouille und ihre irakischen Verbündeten angegriffen. Dabei seien ein US-Soldat getötet und fünf weitere verletzt worden, hieß es in dem Text weiter, dessen Authentizität zunächst unklar war. Den Angaben zufolge tötete die Gruppe am selben Tag sieben irakische Nationalgardisten. Am 26. Nov. hätten die Extremisten dann drei Offiziere der US-irakischen Einheit entführt und umgebracht. Weitere irakische Nationalgardisten seien getötet worden, als sie zu ihrer Arbeit in einem Lager im Nordwesten von Mossul fahren wollten.
  • Zwei US-Marineinfanteristen kamen am 28. Nov. südlich von Bagdad in der Provinz Babylon ums Leben, wie ein Militärsprecher sagte. In der "Dreieck des Todes" genannten Region gehen US-geführte Truppen seit Ende November verstärkt gegen Rebellen vor. Sie werden von britischen und irakischen Soldaten unterstützt.
Montag, 29. November, bis Dienstag, 30. November
  • Indonesische Islamisten haben eigenen Angaben zufolge 300 Freiwillige rekrutiert, die an der Seite irakischer Rebellen in der Widerstandshochburg Falludscha kämpfen wollen. "Wir werden sie nach Falludscha schicken, um den Irakern gegen die US-Armee zu helfen", sagte ein Sprecher der Front der Verteidiger des Islam (FPI) am 29. Nov. der Nachrichtenagentur AFP. Die Organisation, die für die Einführung der Scharia, des islamischen Rechts, in Indonesien eintritt, machte durch von ihr veranstaltete Razzien gegen Bordelle und Bars mit Alkoholausschank von sich reden.
  • Bei einem Selbstmordanschlag und bei Gefechten im Irak sind am 29. Nov. laut dpa nach inoffiziellen Angaben mindestens 25 Iraker getötet worden. Laut Augenzeugen fuhr ein Selbstmordattentäter mit einem mit Sprengstoff beladenen Wagen in eine Polizeistation nahe der Stadt Ramadi. 13 irakische Polizisten wurden dabei getötet, sechs weitere verletzt.
    Unterdessen starben bei einem fehlgeschlagenem Angriff auf US-Truppen nahe der früheren Rebellenhochburg Falludscha 12 Iraker. Nach Angaben von Augenzeugen hatten die Angreifer eine US-Stellung unter Beschuss genommen. Die amerikanischen Soldaten hätten sofort reagiert und auf die Iraker gefeuert.
  • Bei einem Autobombenanschlag in der westirakischen Stadt Baghdadi sind am 29. Nov. vier Mitglieder der Nationalgarde getötet und weitere drei verletzt worden. Das Auto explodierte in der Nähe einer Straßensperre der Nationalgarde, wie die örtliche Polizei mitteilte. Baghdadi liegt rund 200 Kilometer westlich der Hauptstadt Bagdad in der sunnitischen Provinz El Anbar, wo Aufständische gegen die US-geführten Truppen und die mit ihnen verbündete irakische Nationalgarde kämpfen.
  • Bei einem Bombenanschlag in Bagdad sind am 29. Nov. zwei US-Soldaten getötet worden. Nach Angaben der US-Armee wurde ein US-Konvoi bei einer Patrouillenfahrt im Nordwesten der irakischen Hauptstadt von der Bombe getroffen.
  • Aus Sicht der irakischen Übergangsregierung hat sich die Lage im Irak seit dem Großangriff der US-geführten Truppen auf die Widerstandshochburg Falludscha Anfang November entspannt. Die Zahl "krimineller Handlungen" habe seitdem "abgenommen und nimmt weiter ab", sagte Ministerpräsident Ijad Allawi am 29. Nov. im staatlichen Fernsehsender El Irakia. "In verschiedenen Regionen des Landes" habe sich die Lage beruhigt, und die Iraker kehrten zum Alltag zurück, sagte Allawi im Gespräch mit anrufenden Zuschauern.
  • Bei einem Bombenanschlag in der Nähe von Bagdad ist in der Nacht zum 30. Nov. ein US-Soldat getötet worden. Nach Angaben der US-Armee wurde der Soldat bei einer Patrouillenfahrt im Norden der Hauptstadt von dem explodierenden Sprengsatz tödlich verletzt.
  • Der Republikanische Anwälteverein (RAV) hat US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und weitere Mitglieder der US-Regierung wegen Kriegsverbrechen und Folter im irakischen Gefängnis Abu Ghraib bei der Bundesanwaltschaft angezeigt. Wie die Anwaltsvereinigung am 30. Nov. in Berlin mitteilte, wurde die Anzeige im Namen von fünf Irakern gestellt, die Opfer von Misshandlungen und Folter in US-Gewahrsam geworden seien. Sie richtet sich neben Rumsfeld gegen den ehemaligen CIA-Direktor George Tenet, General Ricardo Sanchez sowie sieben weitere Verantwortliche der US-Regierung und des US-Militärs. (Hier geht es zu Auszügen aus der Anklageschrift.)
  • Bei der Explosion einer Autobombe sind am 30. Nov. im Irak erneut vier Menschen getötet worden. Wie die US-Streitkräfte mitteilten, detonierte der Sprengsatz nahe einer US-Patrouille in der nordirakischen Stadt Beidschi. Bei den Toten handele sich um irakische Zivilisten. Den Angaben zufolge wurden 19 weitere Personen verletzt, darunter zwei amerikanische Soldaten.
    Ein weiterer US-Soldat wurde laut amerikanischen Militärangaben südlich von Beidschi bei einem Granatenangriff auf einen Panzer verletzt. Die Stadt liegt an einer wichtigen Verbindungsstraße von Bagdad in den Norden Iraks.
  • Der November ist mit 136 Toten der bislang blutigste Monat für die US-Soldaten nach Kriegsende im Irak gewesen. Das geht aus einer vom US-Militär veröffentlichten Statistik hervor. Es war das zweite Mal, dass die monatliche Todesrate über 100 lag. Zu Beginn der sunnitischen Aufstände in der westirakischen Stadt Falludscha im April starben 133 US-Soldaten. Nach Angaben des Pentagons sind seit Beginn des Irakkriegs insgesamt 1251 US-Soldaten in dem Land ums Leben gekommen, 981 davon durch feindliche Aktionen.
  • Ein ehemaliger Mitarbeiter des dänischen Militärgeheimdienstes (DDIS) ist am 30. Nov. wegen der Weitergabe geheimer Dokumente über das irakische Waffenprogramm unter Saddam Hussein zu sechs Monaten Haft verurteilt worden. Das Gericht in Kopenhagen befand den Exmajor Frank Grevil schuldig, die Dokumente an die Zeitung "Berlingske Tidende" weitergegeben zu haben. Die Staatsanwaltschaft hatte ein Jahr Haft gefordert. Grevil kündigte gegen das Urteil Berufung an. Grevil, der an der Erstellung des Geheimdienstberichts über die angebliche Existenz irakischer Massenvernichtungswaffen mitgewirkt hat, räumte die Weitergabe von Teilen des Berichts ein. In Zusammenhang mit der Veröffentlichung trat im April Verteidigungsminister Svend Aage Jensby zurück. Der Geheimdienstbericht vom März 2003 kam entgegen der offiziellen Regierungsversion zu dem Schluss, dass es keine gesicherten Informationen gebe, wonach der Irak an der Herstellung von Massenvernichtungswaffen arbeite.
  • Das Pentagon hat die Klage des Republikanischen Anwältevereins (RAV) gegen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und andere US-Regierungsmitglieder wegen Kriegsverbrechen und Folter im Abu-Ghraib-Gefängnis zurückgewiesen. Bisher seien acht Untersuchungen zu den Vorgängen in der irakischen Haftanstalt eingeleitet worden, sagte eine Ministeriumssprecherin am 30. Nov. Die Resultate zeigten, dass die Misshandlungen "nicht das Resultat der amerikanischen Politik waren".


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