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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

1. - 15. Juni 2003

1. bis 8. Juni
  • Flugzeuge der US-geführten Streitkräfte in Irak werden nach Angaben der Alliierten regelmäßig beschossen. Viele Flugzeuge mit humanitären Hilfsgütern würden bei der Landung vor allem in Bagdad, Mossul und Tikrit angegriffen, berichtete der Radiosender der Koalition am 1. Juni. Die Angreifer seien Mitglieder der entmachteten Regierung, die den Wiederaufbau des Landes behindern wollten. Der internationale Flughafen von Bagdad bleibe wegen der großen Gefahr für kommerzielle Flüge so lange geschlossen, bis die Schüsse aufhörten, berichtete der Sender. Die Bürger wurden aufgerufen, Informationen über die Angreifer weiterzugeben.
  • Bei einem Granatenangriff auf ein gepanzertes US-Militärfahrzeug in Bagdad sind am 1. Juni zwei Iraker getötet worden. Zwei US-Soldaten seien verletzt worden, sagte ein US-Offizier. Nach Angaben eines Augenzeugen wurde aus einer Gruppe von Irakern eine Granate auf das US-Fahrzeug geworfen. Die Soldaten hätten daraufhin sofort das Feuer eröffnet. Die beiden getöteten Iraker hätten mit dem Granatenangriff jedoch nichts zu tun gehabt. Der Vorfall ereignete sich vor der Moschee Abu Hanifa im Stadtteil El Asamija.
  • Am 1. Juni wurde bekannt, dass die US-Zivilverwaltung in Irak ihren Plan der Einberufung eines Nationalkongresses aufgegeben habe. Stattdessen solle in den kommenden sechs Wochen ein politischer Rat gebildet werden, der der künftigen irakischen Übergangsregierung vorstehen solle, teilten ranghohe US-Vertreter in Bagdad mit. Das 25- bis 30-köpfige Gremium solle vor allem die Besatzungsmächte in politischen und wirtschaftlichen Fragen beraten. Zudem solle der Rat Berater für sämtliche neuen irakischen Ministerien benennen und eine neue Verfassung ausformulieren, über die schließlich vom Volk abgestimmt werden solle. Der Rat vertrete das irakische Volk gegenüber der Zivilverwaltung der Alliierten, sagte ein US-Vertreter. Der US-Zivilverwalter Paul Bremer hatte am 21. Mai die Verschiebung des geplanten Nationalkongresses auf Juli bekannt gegeben. Der Kongress sollte eine Gruppe von Irakern benennen, die eine neue Verfassung ausarbeiten sollten.
  • Die Iraker sind der Anordnung der USA, ihre Waffen aus Privatbesitz den alliierten Soldaten zu übergeben, zunächst nicht gefolgt. An keinem der von ihnen besuchten eingerichteten Sammelstellen seien bis zum Nachmittag des 1. Juni Waffen abgegeben worden, berichteten Reporter der Nachrichtenagentur AFP. "Da werden wenige kommen, weil es der erste Tag ist", sagte ein US-Soldat im Polizeirevier El Masbah im Zentrum der Hauptstadt Bagdad. Bislang hätten nur vier Iraker an seinem Posten um einen Waffenschein für ihre leichten Waffen gebeten, sagte der Soldat. Abgegeben worden sei bislang nichts.
  • Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) hat den USA vorgeworfen, in Zusammenhang mit dem Irak-Krieg "die Welt getäuscht" zu haben. "Es ging ums Öl, es ging nicht um Massenvernichtungswaffen", sagte die Bundesministerin am Sonntag auf dem SPD-Sonderparteitag in Berlin. Sie reagierte damit auf die Tatsache, dass in Irak bislang keine der Massenvernichtungswaffen gefunden wurden, die sich dort nach US-Angaben angeblich befanden, sowie auf jüngste Äußerungen aus der US-Regierung, wonach dies auch gar nicht der entscheidende Kriegsgrund gewesen sei.
    Die britische Ex-Ministerin und ehemalige Amtskollegin von Wieczorek-Zeul, Clare Short, blies in dasselbe Horn. Am 1. Juni hat sie Premierminister Tony Blair vorgeworfen, die Öffentlichkeit über die Bedrohung durch irakische Massenvernichtungswaffen getäuscht zu haben. Geheimdiensterkenntnisse über irakische ABC-Waffen seien aus einer "politischen Entscheidung" heraus dramatisiert worden, sagte Short der Zeitung "Sunday Telegraph". "Wir wurden irregeführt", betonte die ehemalige Entwicklungshilfeministerin in Blairs Kabinett.
  • Das irakische Handelsministerium hat am 1. Juni erstmals seit Kriegsbeginn wieder Lebensmittel an die Bevölkerung verteilt. Die Aktion findet unter Aufsicht der US-Verwaltung statt. Wie das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen in Bagdad berichtet, sollen die Iraker für umgerechnet 25 Cent zum Beispiel eine Ration Mehl, Öl oder auch Seife und Waschpulver bekommen. Mehr als 16 der 24 Millionen Iraker seien gänzlich auf die staatlichen Lebensmittelrationen angewiesen, heißt es.
  • US-Präsident George W. Bush und sein russischer Kollege Wladimir Putin haben ihren Streit um den Irak- Krieg beigelegt. Nach einem Treffen in St. Petersburg am 1. Juni sagten Beide, die russisch-amerikanische Freundschaft habe unter den Meinungsverschiedenheiten wegen des Irak-Kriegs nicht gelitten. Bush forderte den Iran und Nordkorea erneut auf, ihre Atomwaffenprogramme einzustellen. Er sei sich mit Putin einig, dass diese Programme eine Bedrohung darstellten, sagte Bush.
  • Libyen schließt seine Botschaft in Bagdad. Begründung: Die USA wollen den Diplomatenstatus aller unter dem alten irakischen Regime akkreditierten Diplomaten nicht anerkennen. Das libysche Außenministerium erklärte am 1. Juni, die Diplomaten würden den Irak bald verlassen. Der vor einigen Tagen nach der Festnahme eines palästinensischen Geschäftsträgers in Bagdad bekannt gegebene Beschluss der US-Zivilverwaltung verstößt nach Ansicht Libyens gegen internationales Recht.
  • Iranische Grenztruppen haben am 1. Juni vorübergehend eine Gruppe von US-Soldaten festgenommen. Nach US-Angaben seien die Männer (vier Soldaten, drei Mitarbeiter einer Öl-Bohrfirma und zwei Bootsführer) auf dem Kanal Schatt el Arab versehentlich auf iranisches Hoheitsgebiet geraten. Nach einem nächtlichen Verhör seien die US-Ameriokaner am 2. Juni wieder freigelassen worden; die Bootsführer blieben in Gewahrsam.
  • Am 2. Juni wurde bekannt, dass zwei Ausschüsse des US-Senats wahrscheinlich noch im Montag Juni Anhörungen abhalten wollen, in denen geklärt werden soll, ob die Regierung Bush die Gefahr durch irakische Massenvernichtungswaffen vor dem Krieg übertrieben hat. Von einigen Kongressabgeordneten werde die Glaubwürdigkeit von Präsident Bush, Außenminister Powell, Verteidigungsminister Rumsfeld und CIA-Direktor George Tenet in Zweifel gezogen.
  • Am 2. Juni haben rund 1.500 irakische Offiziere in Bagdad gegen die Auflösung ihrer Einheiten durch die amerikanische Besatzungsverwaltung demonstriert. Sioe forderten die Auszahlung ihrer Gehälter für die Monate April und Mai.
  • Nach eigenen Angaben nahm die US-Armee in der nordirakischen Stadt Kirkuk einen ehemaligen Leibwächter von Saddam Husseins Sohn Udai fest.
  • In Großbritannien wird die Kritik an Tony Blairs Rolle bei der Vorbereitung des Irakkriegs immer lauter. Sowohl im eigenen Lager als auch bei den oppositionellen Konservativen und Sozialliberalen wird dem Premier vorgeworfen, vor Krioegsbeginn den Eindruck einer unmittelbaren Bedrohung erweckt zu haben. Blairs Vertrauenskrise sei "schlimmer als Watergate", sagte der Labour-Abgeordnete Malcolm Savidge. Und Ex-Außenminister Robin Cook sprach von "offenkundig falschen" Angaben Blairs. Er verlangte eine unabhämngige Untersuchung der Vorwürfe. Mehrere Dutzend Labour-Abgeordnete hatten bereits eine Petition unterzeichnet. Ins Kreuzfeuer der Kritik geriet vor allem das Londoner Waffen-Dossier vom September 2002, in dem Blair und sein Außenminister Jack Straw die irakische Führung beschuldigten, über Massenvernichtungswaffen zu verfügen, die "binnen 45 Minuten einsatzbereit" sein sollten. Der ehemalige Verteidigungs-Staatssekretär Peter Kilfoyle meinte, "potenziell" müsse sich Blair vorwerfen lassen, "das Parlament irre geführt zu haben".
  • Am 3. Juni erschossen Unbekannte nahe der Ortschaft Balad, 90 km nördlich von Bagdad, einen patrouillierenden US-Soldaten. In der Stadt Ramadi wurde nach Angaben des Senders Al Dschasira eine US-Soldatin getötet.
  • Zum Abschluss des G-8-Gipfels in Evian erklärte Bundeskanzler Schröder, die Irakkrise sei endgültig beigelegt. Es sei klar geworden, "dass man die Vergangenheit nicfht verschweigt und nicht verdrängt, aber hinter sich lässt", sagte er am 3. Juni. In der gemeinsamen Erklärung vereinbarten die Staatschefs ein gemeinsames Vorgehen beim Wiederaufbau Iraks.
  • Die Internationale Atomenergie-Organisation IAEO meldete am 4. Juni die Entsendung eines Expertenteams in den Irak. Es solle die größte Atomanlage des Landes, Tuwaitha, untersuchen, aus der bei den Plünderungen Uran verschwunden sein soll.
  • In Bagdad suchten am 4. Juni US-Soldaten mit Schaufeln und Baggern nach dem unauffindbaren Präsidenten Saddam Hussein. Das Haus, in dem gesucht wurde, war Anfang April bombardiert worden, weil er sich nach Meinung der USA darin befunden haben soll.
  • Am 4. Juni hat die US-Armee mehr als 1.500 Soldaten in die irakischen Städte Falludscha und Habanija geschickt, um nach antiamerikanischen Kräften zu fahnden. Die beiden Städte gelten als Hochburgen der von der Besatzungsmacht verbotenen Baath-Partei.
  • Eine am 4. Juni in Washington veröffentlichte Sutdie des uanbhängigen PEW Research Centers für öffentliche Meinung kommt zum Ergebnis, dass das Ansehen der USA in der Welt im Gefolge des Irakkriegs weiter schwer gelitten habe. Vor allem in der arabischen Welt ist ein positives Bild der USA kaum noch messbar. Auch wächst offenbar weltweit die Angst vor den USA.
  • Der britische Premierminister Tony Blair hat sich vor dem Parlamemt vehement gegen die Vorwürfe im Zusammenhang mit seiner Irak-Politik zur Wehr gesetzt. Berichte über einen angeblich geschönten Geheimdienstbericht über Iraks Massenvernichtungswaffen seien "ganz und gar unwahr", sagte Blair am 4. Juni vor dem Londoner Unterhaus. Er wies Forderungen nach einer unabhängigen Untersuchung zurück, kündigte aber Ermittlungen durch den Parlamentsausschuss der Geheim- und Sicherheitsdienste (ISC) an. Unabhängig davon kündigte der Außenausschuss des Parlaments eine öffentliche Untersuchung an.
  • Die führenden deutschen Friedensforschungsinstitute haben den Irak-Krieg und die Sicherheitspolitik der US-Regierung scharf kritisiert. Der "Angriffskrieg gegen Irak" stelle einen "eklatanten Bruch des internationalen Rechts" dar, heißt es in dem am 4. Juni in Berlin vorgestellten "Friedensgutachten 2003". Das Vorgehen von US-Präsident George W. Bush habe die "Weltöffentlichkeit aufgebracht und die internationalen Beziehungen nachhaltig erschüttert", warnte Mit-Autorin Corinna Hauswedell vom Internationalen Konversionszentrum Bonn (BICC). "Ein Grundpfeiler des Völkerrechts, das in der UN-Charta festgelegte Gewaltverbot, wurde schwer beschädigt."
  • Der Leiter der UNO-Waffeninspekteure, Hans Blix, hat in seinem Abschlussbericht an den Sicherheitsrat am 5. Juni dargelegt, dass sein Team keine Beweise für die Existenz von Massenvernichtungswaffen während seines Einsatzes im Irak gefunden habe. Außer dem bereits erwähnten Al-Samoud-2-Raketensystem seien während der gesamten Zeit der Inspektionen keine Anzeichen für eine Fortführung oder Wiederaufnahme von Programmen für Massenvernichtungswaffen bzw. maßgebliche Mengen verbotener Waffen oder Teile gefunden worden. Weder aus der Zeit vor noch nach 1991. "Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass diese Gegenstände nicht existieren. Sie könnten existieren", so Blix. "Es gibt noch lange Listen mit ungeprüften Gegenständen, doch es ist nicht gerechtfertigt den Schluss zu ziehen, dass etwas existiert, nur weil es nicht geprüft ist." Blix wird seinen diesen Monat auslaufenden Vertrag nicht verlängern. Der Chef der UN-Waffenkontrollmission in Irak (UNMOVIC) hat gleichzeitig die Glaubwürdigkeit von Waffeninspektionen durch die britischen und US-Streitkräfte bezweifelt. "Ich möchte nicht die Integrität oder die Professionalität der Inspektoren der Koalition in Frage stellen, aber jeder, der für eine Besatzungsarmee arbeitet, kann nicht dieselbe Glaubwürdigkeit haben wie ein unabhängiger Inspekteur", sagte Blix. Bislang sei nicht viel gefunden worden. Weiter sagte Blix , die Waffenexperten der Vereinten Nationen seien zur Fortsetzung ihrer Arbeit im Irak bereit. Er empfahl dem Sicherheitsrat, die "einzigartigen Erfahrungen" der UN-Experten weiterhin zu nutzen.
    Die USA lehnen dagegen die Rückkehr von UN-Inspekteuren in den Irak ab. Die Koalition der Besatzungsmächte habe "die Verantwortung für die Suche und Auffindung von Massenvernichtungswaffen übernommen", sagte Washingtons UN- Botschafter John Negroponte.
  • US-Präsident George W. Bush hat bei einer Rede vor US-Truppen in Katar Erkenntnisse über die Existenz irakischer Massenvernichtungswaffen versprochen. "Wir suchen noch", sagte Bush am 5. Juni. "Und die Wahrheit wird ans Licht kommen." Sicher sei zumindest, dass das Land terroristischen Gruppen nicht mehr als Waffenarsenal dienen werde. Zwei mobile Labors, mit denen biologische Waffen hätten hergestellt werden können, seien gefunden worden. Saddam Hussein "hat Jahrzehnte damit verbracht, mörderische Waffen zu verbergen", betonte Bush.
  • Bei Angriffen auf US-Einheiten in Irak sind am 5. Juni mindestens ein US-Soldat getötet und sieben weitere verletzt worden. In der Stadt Falludschah kam ein US-Soldat ums Leben und fünf wurden verletzt, als ein Unbekannter eine Granate in die Gruppe von Soldaten schleuderte, wie das US-Zentralkommando in Katar mitteilte. Die Verletzten seien in ein örtliches Krankenhaus gebracht worden. Sie gehörten zur 101. Luftlande-Division der US-Armee. An einem Kontrollposten vor einer Bagdader Bank wurden zwei US-Soldaten durch Schüsse verletzt, wie ein Sprecher der US-Streitkräfte mitteilte. Zwei Unbekannte hätten aus einer Menge heraus auf die Soldaten geschossen.
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld verteidigte die Arbeit der US-Geheimdienste im Vorfeld des Irak-Kriegs. Die Informationen der Dienste über Massenvernichtungswaffen seien "von guter Qualität" gewesen, sagte Rumsfeld am 5. Juni bei einer Anhörung vor dem Kongress. Auch seien die inzwischen in der Presse hinterfragten Ausführungen von US-Außenminister Colin Powell Anfang Februar vor dem UN-Sicherheitsrat "exakt" gewesen. Powell hatte sich damals auf US-Geheimdienstinformationen bezogen.
  • Angesichts der bislang ergebnislos verlaufenen Suche nach Massenvernichtungswaffen in Irak hat der dienstälteste US-Senator die Ehrlichkeit von Präsident George W. Bush in Frage gestellt. Bush müsse sich den Forderungen nach Bildung eines Kongress-Ausschusses zur Klärung möglicher Manipulationen der US-Geheimdienste im Vorfeld des Kriegs anschließen, forderte der 85-jährige demokratische Senator Robert Byrd am 5. Juni in Washington. "Schließlich ist es seine Aufrichtigkeit, die in Frage gestellt wird, und seine Integrität, die zur Debatte steht." Angesichts dessen sei er "erstaunt", dass Bush nicht längst eine Untersuchung gefordert habe: "Er hat keine Fragen gestellt, keine Wissbegierde an den Tag gelegt und keinen Ärger geäußert über die Tatsache, dass er möglicherweise hinters Licht geführt wurde." Byrd übte außerdem harsche Kritik an den inszenierten Auftritten des Präsidenten. "Ich frage mich nach den Motiven eines sonst an den Schreibtisch gefesselten Präsidenten, der nur zum Zwecke einer Ansprache das Gewand des Kriegers überstreift." Der eher konservative Südstaaten-Demokrat Byrd vertritt seit 1959 den Bundesstaat West Virginia im Senat. Er war ein Befürworter des Vietnam-Kriegs und gehörte in jungen Jahren sogar dem rassistischen Ku-Klux-Clan an.
  • Parallel zur US-Zivilverwaltung in Bagdad haben die Behörden in den kurdisch kontrollierten Gebieten Nordiraks verschärfte Maßnahmen gegen den Waffenhandel eingeleitet. In der Stadt Erbil seien innerhalb einer Woche fünf Waffenmärkte geschlossen worden, sagte ein Sicherheitsbeamter der Demokratischen Partei Kurdistans (DPK), unter deren Kontolle die Stadt steht, am 5. Juni der Nachrichtenagentur AFP. Mehrere Waffenhändler hätten Erklärungen unterschreiben müssen, in denen sie sich zu einer Beendigung der Waffengeschäfte verpflichteten.
  • Die polnisch geführte Division der Stabilisierungstruppe in Zentral- und Südirak ist nach Angaben aus Warschau komplett. 15 Staaten hätten ihre Teilnahme zugesagt, erklärte das Verteidigungsministerium am 6. Juni nach einem Geheimtreffen der Truppensteller in Warschau. Die Liste sei aber für weitere Teilnehmer offen. Polen soll in Irak das Kommando über einen 80.000 Quadratkilometer großen Sektor zwischen Bagdad und Basra übernehmen. 2.200 der rund 7.000 Soldaten kommen aus Polen. Darüber hinaus sagte unter anderem die Ukraine weitere 1.800 Soldaten zu, Bulgarien 500 und die Slowakei 85.
  • Die Hilfe für irakische Kinder muss nach Ansicht des UN-Kinderhilfswerks UNICEF in den Mittelpunkt des Wiederaufbaus des Landes gestellt werden. Schätzungen zufolge seien allein seit Beginn des Irak-Krieges Mitte März rund 120.000 Kinder zur Welt gekommen, von denen keines gegen die gefährlichsten Kinderkrankheiten wie Diphtherie, Tuberkulose, Tetanus, Hepatitis und Polio geimpft wurde, erklärte UNICEF am 6. Juni. Auch knapp zwei Monate nach dem Ende der Kämpfe sind laut UNICEF hunderttausende irakische Kinder durch verseuchtes Wasser, Nahrungsmangel und zahllose Landminen und Blindgänger bedroht.
  • Am 6. Juni haben amerikanische Soldaten gemeinsam mit irakischen Polizisten elf Männer in der Stadt Hilla festgenommen. Zur Begründung hieß es, die Männer gehörten zu den Unterstützern eines Mannes, der sich selbst eigenmächtig zum Bürgermeister in Surf el Sachar erklärt habe.
  • UN-Chefwaffeninspekteur Hans Blix hat bezweifelt, dass irakische Massenvernichtungswaffen der Hauptgrund für den Irak-Krieg waren. Neben den "Sorgen um die Bio- und Chemiewaffen" hätten auf Seiten der USA und Großbritanniens noch "viele andere Motivationen" bestanden, sagte Blix in einem am 6. Juni ausgestrahlten Interview mit dem britischen Rundfunksender BBC. "Da stellt man sich Fragen über die wirkliche Bedeutung der Waffen", fügte der schwedische Diplomat hinzu. Zugleich zeigte er sich enttäuscht über die Informationen der britischen und US-Geheimdienste, die seine Mission vor dem Krieg erhalten habe. In keinem der Fälle hätten seine Inspekteure eine Spur der gesuchten Waffen gefunden, betonte Blix.
  • Nach kontroversen Diskussionen ist ein Team der Wiener Atomenergiebehörde (IAEO) im Irak eingetroffen. Auf Anweisung der US-Besatzer dürfen sie auf dem Gelände der Atomanlage von El-Tuweitha keine Untersuchungen über Strahlenerkrankungen durchführen, meldete am 7. Juni die Aargauer Zeitung (Schweiz).
  • Mehrere irakische Angreifer haben am 7. Juni in der Nähe von Saddam Husseins Heimatstadt Tikrit einen US-Soldaten getötet. Vier weitere Amerikaner wurden verletzt. Laut US-Zentralkommando setzten die Angreifer eine Panzerfaust und kleinere Schusswaffen ein.
  • Die US-Streitkräfte in Irak haben nach eigenen Angaben am 7. Juni den früheren stellvertretenden irakischen Polizeichef festgenommen. General Mohammed Habib el Maschadani werde vorgeworfen, den Wiederaufbau von Saddam Husseins verbotener Baath-Partei innerhalb der Polizei betrieben zu haben. Dadurch habe er die Polizeireform der US-geführten Allierten in Irak sabotiert, sagte ein Militärsprecher.
  • Die britische Regierung hat sich erstmals von einem ihrer umstrittenen Dossiers zum Regime des ehemaligen irakischen Präsidenten Saddam Hussein distanziert. Innenminister David Blunkett sagte am 8. Juni: "Es wäre besser, wenn wir das Dossier nicht veröffentlicht hätten." Das vor dem Irak-Krieg publizierte Dossier basierte nach ursprünglichen Regierungsangaben auf Geheimdienstinformationen. Schon bald aber musste London zugeben, dass der Bericht teilweise aus einer veralteten Arbeit eines Studenten abgeschrieben worden war.
  • US-Außenminister Powell zeigt weniger Selbstkritik, sondern geht zum Gegenangriff auf die Medien über: Am 8. Juni wies er Vorwürfe energisch zurück, die USA hätten falsche Geheimdienstinformationen über das irakische Chemie- und Biowaffenprogramm gehabt. Er warf den Medien vor, sie hätten ungerechtfertigt über angeblich falsche Informationen berichtet. Powell rief zugleich zur Geduld auf. Die Iraker seien Meister darin, ihre Geheimnisse zu verstecken. Bisher seien aber bereits mobile Biolabors entdeckt worden, und mehr werde folgen.
  • Die gestürzte Regierung von Saddam Hussein hat einem irakischen Geheimdienstgeneral zufolge zwar Labors zur Forschung an Bio- und Chemiewaffen betrieben, aber keine Kampfstoffe entwickelt. "Es war alles nur Theorie", wurde der namentlich nicht genannte General am 8. Juni von der britischen Zeitung "Sunday Times" zitiert. Ziel sei gewesen, die Anlagen auf dem neuesten Stand zu halten, damit etwa nach einer Aufhebung der UN-Sanktionen schnell Massenvernichtungswaffen hätten produziert werden können. Die Labors seien in Kellerräumen rund um die Hauptstadt Bagdad versteckt, sagte der General, der für die Beschaffung von Materialien für das 1996 aufgenommene Forschungsprogramm zuständig gewesen sein soll.
  • US-Soldaten haben in der irakischen Stadt Falludscha einen mutmaßlichen Angreifer erschossen. Die US-Patrouille sei nahe einer Moschee in der westlich von Bagdad gelegenen Stadt unter automatisches und Panzerabwehrfeuer gekommen, teilte die US-Armee am 8. Juni mit. Die Soldaten hätten die Schüsse erwidert und einen Mann erschossen. Ein weiterer Angreifer sei geflohen. US-Soldaten seien nicht verletzt worden.
  • Erneut ist ein US-Soldat bei einem Angriff auf einen Kontrollposten in Irak getötet worden. Drei Iraker hätten sich am Abend des 8. Juni mit einem Auto einem US-Kontrollpunkt bei der Stadt El Kaim an der syrischen Grenze genähert und um medizinische Hilfe gebeten, erklärten die US-geführten Streitkräfte am Tag darauf. Zwei der Insassen seien ausgestiegen und hätten aus Pistolen das Feuer eröffnet. Einer der Angreifer sei von den Soldaten erschossen, sein Komplize festgenommen worden.
  • In Irak hat sich die Zahl der an Durchfall erkrankten Kinder in den vergangenen zwölf Monaten mehr als verdoppelt. Im Vergleich zum Mai 2002 liege die Zahl der erkrankten Kinder derzeit um das Zweieinhalbfache höher, sagte am 8. Juni der Sprecher des UN-Kinderhilfswerks (UNICEF) in Bagdad, Geoffrey Keele. Zwar gelte diese Krankheit unter normalen Bedingungen als harmlos; für die geschwächten irakischen Kinder sei sie aber tödlich. Bereits vor dem Krieg seien 70 Prozent der Todesfälle bei Kindern von Durchfall und Cholera verursacht worden. Auch Cholera sei derzeit auf dem Vormarsch, sagte Keele weiter. In der südlichen Stadt Basra gebe es 66 bestätigte Fälle. Vor allem Kinder unter fünf Jahren seien davon betroffen. Drei Kinder seien an der Darmkrankheit bereits gestorben. UNICEF versuche, die Krankheiten vor den Hitzemonaten Juli und August einzudämmen.
9. bis 15. Juni
  • Zwei hochrangige Mitglieder des Terrornetzwerks El Kaida haben einem Zeitungsbericht zufolge jegliche Zusammenarbeit der Organisation mit der gestürzten irakischen Regierung abgestritten. El-Kaida-Chef Osama bin Laden selbst habe sich gegen eine solche Zusammenarbeit gestellt, berichtete die "New York Times" am 9. Juni unter Berufung auf Befragungen des inhaftierten El-Kaida-Chefrekrutierers Abu Zubaydah und des ebenfalls festgenommenen Operationschefs Khalid Sheikh Mohammed. Bin Laden habe es abgelehnt, in ein Abhängigkeitsverhältnis zu dem damaligen irakischen Präsidenten Saddam Hussein zu geraten, hätten die beiden El-Kaida-Funktionäre in Verhören durch den US-Geheimdienst CIA ausgesagt.
  • Am 11. Juni gab ein Sprecher der Bundesregierung bekannt, dass der Einsatz der Spürpanzereinheit der Bundeswehr in Kuwait bendet sei. Die sechs Panzer vom Typ "Fuchs" und 60 Mann Besatzung würden bis Mitte Juli abgezogen. Die Einheit, die zwischenzeitlich auf 200 Soldaten aufgestockt worden war, steht seit Frühjahr 2002 in Kuwait - im Rahmen des Mandats des Bundestags zur Teilnahme an der Operation "Enduring Freedom". (Fazit aus Sicht des Chronisten: Außer Spesen nichts gewesen.)
  • Am 11. Juni ist bei einem Anschlag in Bagdad ein amerikanischer Soldat getötet worden. Nach US-Angaben sind die Truppen im Südwesten der irakischen Hauptstadt an einer Abgabestelle für illegale Waffen mit Granaten beschossen worden. Dabei wurde der Soldat getötet, ein weiterer schwer verletzt. Die Angreifer seien geflohen.
  • Am Abend des 11. Juni sind in der Umgebung der Ortschaft Balad, rund 60 km nördlich von Bagdad, 400 Iraker festgenommen worden. Ein Sprecher des US-Zentralkommandos teilte mit, die Gefangenen würden von Ermittlern verhört, die auf Grundlage von Geheimdienstinformationen nach bestimmten Verdächtigen suchten. Wer ungefährlich erscheine, werde entlassen, sagte Leutnant Ryan Fitzgerald. Die Grossfahndung hatte bereits am 10. Juni begonnen. Die Region nördlich von Bagdad gehört zum so genannten Sunniten-Dreieck, dem Kernland von Saddam Husseins Baath-Partei.
  • Der US-Geheimdienst CIA hat einen Sonderbeauftragten für die Suche nach den vermuteten irakischen Massenvernichtungswaffen benannt. Wie der Geheimdienst am Abend des 11. Juni (Ortszeit) an seinem Sitz in Langley bei Washington mitteilte, soll der 63-jährige David Kay, ein früherer UN-Waffeninspektor, seinen Dienstsitz in Irak haben und dort die Suche nach den Waffen überwachen. Dafür steht ihm ein vom US-Verteidigungsministerium eingesetztes Team aus 1.400 Inspekteuren zur Verfügung.
  • Zum ersten Mal seit dem Ende des Golfkriegs haben US-Kampfflugzeuge am 12. Juni wieder ein Ziel in Irak bombardiert. Die Jets hätten ein "Ausbildungslager für Terroristen" 150 Kilometer nördlich von Bagdad angegriffen, teilte das US-Zentralkommando mit. Gleichzeitig setzten die US-Streitkräfte eine Militäraktion gegen mutmassliche Urheber von Anschlägen fort und töteten nach eigenen Angaben zehn bis 15 Iraker. Die Iraker wurden bei einer Razzia in der Stadt Duluijah 70 Kilometer nördlich von Bagdad getötet, wie Feldwebel Forest Geary mitteilte. Vier Amerikaner seien verwundet worden, als mehrere tausend US-Soldaten unterstützt von Kampfjets und Hubschraubern die Gegend durchkämmten. - Im Westen Iraks wurde ein US-Kampfhubschrauber abgeschossen, die Besatzung überlebte unverletzt.
    Ein US-Kampfflugzeug des Typs F-16 ist am 12. Juni in Irak aus zunächst ungeklärten Gründen abgestürzt. Wie das US-Zentralkommando mitteilte, konnte sich der Pilot mit dem Schleudersitz retten. Das Flugzeug sei am Morgen südwestlich von Bagdad abgestürzt. Die Gründe für den Absturz würden noch untersucht, hieß es weiter.
  • Spanien will die Truppen der geplanten polnische Besatzungszone in Irak mit 1.100 Soldaten unterstützen. Dies kündigte der polnische Verteidigungsminister Jerzy Szmajdzinski am 12. Juni am Rande eines Treffens der NATO-Ressortchefs in Brüssel an. Die multinationale Truppe mit insgesamt 8.000 Soldaten soll vom polnischen General Andrzej Tyszkiewicz befehligt werden, zusammen mit einem Stellvertreter aus Spanien und der Ukraine.
  • Bei den ersten irakischen Öl-Auktionen nach dem Ende des Krieges haben europäische Konzerne die Mehrheit des zum Export anstehenden Rohstoffs ersteigert. Die französische Gruppe Total gab am 12. Juni bekannt, sie erhalte allein zwei Millionen der insgesamt 9,5 Millionen zum Verkauf stehenden Barrel (Fässer mit jeweils knapp 159 Litern). In Industriekreisen hieß es, insgesamt hätten die Europäer den Zuschlag für 5,5 Millionen Barrel erhalten und die Amerikaner die übrigen vier Millionen.
  • In der nordirakischen Stadt Mossul haben sich am 12. Juni Polizisten und Soldaten der früheren Armee gewaltsame Auseinandersetzungen geliefert. Die Lage sei bei Protesten von Ex-Soldaten eskaliert, die eine Auszahlung ihres Soldes forderten, sagten Augenzeugen der Nachrichtenagentur AFP. Nähere Angaben zu möglichen Verletzten und sonstigen Schäden gab es zunächst nicht.
    Hunderte irakischer Arbeiter haben am 12. Juni mit einer Demonstration vor dem Sitz der US-Zivilverwaltung die Wiederaufnahme ihrer Beschäftigung verlangt. Nach dem Einmarsch der US-amerikanischen Truppen in Bagdad seien mehr als zwei Millionen irakischer Arbeiter ohne Beschäftigung, sagte ein Sprecher der Demonstranten. Auf Spruchbändern verlangten die Protestierer "Wir wollen Arbeit". Sie forderten Arbeitsplätze oder die Zahlung eines Arbeitslosengeldes von umgerechnet mindestens 50 US-Dollar im Monat.
  • Der US-Senat befasst sich nächste Woche hinter verschlossenen Türen mit der Frage, ob die US-Regierung die Geheimdienste in ihrer Beurteilung der Irak-Gefahr beeinflusst hat. Das teilte der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, Pat Roberts, am 12. Juni in Washington mit. Eine öffentliche Untersuchung lehnte der Senat dagegen ab. Mitarbeiter der Geheimdienste haben in der US-Presse anonym den Vorwurf erhoben, die Regierung habe ihre Vorgaben frisiert, um die mögliche Gefahr zu dramatisieren.
  • US-Außenminister Colin Powell wies erneut Kritik an amerikanischen Geheimdienstinformationen zurück, die mit ausschlaggebend für den Krieg gegen den Irak gewesen waren. Mit der Zeit würden Beweise für die Existenz irakischer Massenvernichtungswaffen gefunden und präsentiert werden, sagte er am 12. Juni.
  • Schon vor dem Irak-Krieg habe eine geheime US-Eliteeinheit das Land vergeblich nach Massenvernichtungswaffen durchkämmt, berichtete die "Washington Post" am 13. Juni. Die Task Force 20 hätte aber "keine funktionierenden nichtkonventionellen Rüstungsgüter, Langstreckenraketen oder Raketenteile, Lager chemischer oder biologischer Rüstungsgüter oder Technologie für die Kernanreicherung einer Atomwaffe" gefunden. Unter Berufung auf anonyme Quellen aus dem Umkreis der Task Force 20 berichtet das Blatt, die Einheit habe zu Beginn ihrer Mission "zahlreiche vielversprechende Berichte" nach Washington abgesetzt. Diese Berichte hätten US-Präsident George W. Bush und seine Berater optimistisch gestimmt, dass letztendlich Massenvernichtungswaffen gefunden würden.
  • Die Kämpfe im Norden Bagdads gingen auch am 13. Juni weiter. Eine US-Patrouille ist nach US-amerikanischen Angaben in der nördlich von Bagdad gelegenen Stadt Balad angegriffen worden. Die Panzerbesatzungen hätten zurückgefeuert und vier Irakis getötet, gab das US-Zentralkommando bekannt. Anschließend seien die restlichen 23 Angreifer mit Unterstützung von Kampfhubschraubern verfolgt und getötet worden. An dem Einsatz gegen das als "Ausbildungslager von Terroristen" bezeichnete Gelände rund 150 nordwestlich von Bagdad waren nach Angaben der US-Armee Eliteeinheiten beteiligt. "Es ist eine große Operation. Sie wird fortgesetzt", sagte ein Armeesprecher. Ein US-Soldat sei verletzt worden. Der Einsatz richte sich gegen Anhänger der Baath-Partei, paramilitärische Gruppen und "andere subversive Elemente". Der gegenwärtig laufende US-Einsatz ist mit rund 4.000 Soldaten die größte Operation seit dem Ende der Hauptkampfhandlungen im März. Seitdem haben Irakis immer wieder US-Truppen angegriffen. Rund 40 US-Soldaten wurden dabei getötet. US-General Richard Myers sagte, Berichte des Geheimdienstes deuteten auf ausländische Kämpfer in dem Lager. "Es ist ein harter Kampf", sagte Myers auf einer Pressekonferenz in Washington. "Sie sind gut ausgebildet oder gut ausgerüstet und auf den Kampf gut vorbereitet."
  • Bundesinnenminister Otto Schily hat bei einem Besuch in den USA humanitäre Hilfe Deutschlands beim Wiederaufbau des Irak angeboten. In seinen Gesprächen mit dem US-Minister für Heimatschutz, Tom Ridge, habe er die Entsendung des Technischen Hilfswerks in den Irak vorgeschlagen, sagte Schily am 13. Juni in Washington. Das THW könne bei der Wiederherstellung der Wasserversorgung helfen. Ridge habe das Angebot begrüßt, über Einzelheiten sei aber noch nicht gesprochen worden.
  • Die USA haben erstmals seit 13 Jahren neue Fluglizenzen für die Route nach Bagdad erteilt. Northwest Airlines, World Airlines und die Frachtfluggesellschaft Kalitta Air dürfen den internationalen Flughafen von Bagdad anfliegen. Das teilte das Verkehrsministerium am 13. Juni in Washington mit. Der Flughafen soll in Kürze für den kommerziellen Verkehr geöffnet werden. Auch United Airlines, American Airlines and Delta Air Lines dürfen demnächst wieder in den Irak fliegen.
  • Rund 1.500 Menschen haben am 13. Juni nach den Freitagsgebeten in der irakischen Hauptstadt Bagdad gegen das Eindringen von US-Soldaten in eine Moschee protestiert. "Missachtet keine Moscheen", stand auf einem Spruchband, das Demonstranten in die Höhe hielten. Ein Teilnehmer sagte, US-Soldaten seien kurz nach Mitternacht in die Abu Hodeifa bin el Jaman-Moschee im Südosten der Stadt eingedrungen und hätten umgerechnet knapp achtzig Euro gestohlen. Ein anderer Demonstrant sagte, die Soldaten seien unter dem Vorwand in die Moschee gegangen, dass sie dort nach Waffen suchten. "Aber in Wahrheit haben sie versucht, uns zu provozieren." Angeführt wurde der Protest von den Vorbetern dreier großer Moscheen.
  • Die in London erscheinende arabische Zeitung "Al-Quds Al-Arabi" hat am 14. Juni einen angeblichen Brief von Saddam Hussein veröffentlicht, in dem der entmachtete irakische Staatschef Ausländer vor Angriffen warnt. In dem handschriftlich verfassten Brief fordert der Verfasser alle Ausländer auf, Irak bis zum 17. Juni zu verlassen. Er warnt vor Anschlägen auf Ziele im Ausland, sollte der Aufforderung zur Ausreise nicht Folge geleistet werden. Auch Flugzeuge sollen Anschlagsziele sein. Möglicherweise sei in Wirklichkeit als Ultimatum der 17. Juli gedacht, der 35. Jahrestag der Machtübernahme der irakischen Baath-Partei, sagte der Chefredakteur des in London erscheinenden Blattes, Abdel Bari Atwan. Der Brief ist auf den 12. Juni datiert. "Wir sagen der ganzen Welt: Holt eure Bürger aus Irak", heißt es in dem Schreiben. "Wir sind im Befreiungskrieg. Wenn ihr nicht hört, nehmt ihr die Verantwortung für deren Leben auf euch. Schickt keine Flugzeuge, Busse oder Schiffe nach Irak. Das sind Ziele für uns. Wir werden den Feind daran hindern, sie zur Festigung seiner Besatzung zu nutzen."
  • Der spanische Ministerpräsident José Maria Aznar hat sich überzeugt gezeigt, dass in Irak noch die angeblichen Massenvernichtungswaffen entdeckt werden, derentwegen die USA und Großbritannien in den Krieg gezogen waren. Es seien bereits "Elemente der verbotenen Programme" aufgetaucht, etwa mobile Waffenlabore, sagte Aznar der "Bild am Sonntag" (Erscheinungsdatum: 15. Juni; Vorabbericht: 14. Juni). "Tag für Tag" gebe es mehr Informationen über die Programme. "Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis die Wahrheit ans Licht kommt", sagte der spanische Regierungschef. Aznar zeigte sich zuversichtlich, dass der Sturz von Saddam Hussein auch in anderen Staaten der Region zu demokratischen Regierungen führt. "Ein durch und durch demokratischer Irak kann anderen Völkern des Mittleren Ostens als Vorbild dienen", sagte Aznar.
  • Das Hauptquartier der US-Streitkräfte in Irak ist nach Informationen des Fernsehsenders El Dschasira das Ziel eines Granatenanschlags geworden. In dem Gebäude in der Stadt El Ramadi hundert Kilometer westlich von Bagdad sei ein Feuer ausgebrochen, berichtete der in Katar ansässige Sender am 15. Juni. Krankenwagen seien vorgefahren. Über mögliche Opfer liegen noch keine Angaben vor. Das US-Hauptquartier ist in einem Gebäude des früheren irakischen Militärgeheimdiensts untergebracht.
  • Die US-Streitkräfte in Irak nahmen indes den ehemaligen Befehlshaber der irakischen Luftwaffe fest. Wie das US-Zentralkommando am 15. Juni mitteilte, befindet sich Hamid Radscha Schalah el Tikriti in US-Gewahrsam. Er zählte zu den 55 meistgesuchten Mitgliedern der einstigen irakischen Führung und stand auf der US-Fahndungsliste an Stelle 17. Nach Angaben von US-Zivilverwalter Paul Bremer wurde inzwischen mehr als die Hälfte der Gesuchten festgenommen.
  • Mit verstärkten Militäreinsätzen versucht die US-Armee in Irak den aufkeimenden Untergrundkampf gegen ihre Präsenz in dem besetzten Land zu ersticken. Mehr als 1.300 US-Soldaten rückten am 15. Juni nach Armeeangaben in die Widerstandshochburg Falludschah ein, um nach militanten Anhängern des gestürzten Staatschefs Saddam Hussein zu suchen. Im Norden des Landes starteten US-Truppen zeitgleich eine Offensive gegen "all jene, die amerikanische Soldaten angreifen", wie ein Armeesprecher sagte.
    Zugleich wurde ein Ultimatum weitgehend ignoriert, wonach Iraker ihre schweren Schusswaffen abgeben müssen. Nach Ablauf der zweiwöchigen Amnestiefrist zur straffreien Abgabe schwerer Schusswaffen zählten US-Truppen lediglich 123 abgelieferte Pistolen, 76 Gewehre, 435 Schnellfeuergewehre, 46 Maschinengewehre, 162 Panzerfäuste, elf Luftabwehrraketen und 381 Granaten sowie Sprengstoffvorrichtungen, wie der US-Generalstab bekannt gab. Die Gesamtzahl der in Irak im Umlauf befindlichen Waffen wird auf fünf Millionen geschätzt.
  • Die US-Streitkräfte gaben am 15. Juni eine Bilanz der sechstägigen "Operation Peninsula Strike" ("Halbinsel-Schlag") bekannt, die sich gegen irreguläre irakische Kämpfer in den Sunnitengebieten im Norden und im Zentrum des Landes gerichtet hatte. Im Verlauf des bereits am 12. Juni beendeten Einsatzes seien 400 Gefangene gemacht worden, von denen 60 noch inhaftiert sind. Nach Angaben von irakischen Augenzeugen und US-Vertretern wurden mindestens 113 Menschen getötet, unter ihnen mindestens ein Ausländer. Die US-Armee sprach von 31 getöteten irakischen Kämpfern; zu eigenen Verlusten machte sie keine Angaben.
  • Rund 10.000 Menschen haben in der südirakischen Stadt Basra für das Recht auf lokale Selbstverwaltung protestiert. Die Demonstranten marschierten am 15. Juni bis vor das Hauptquartier der britischen Besatzungstruppen, wie ein AFP-Reporter berichtete. Ein britisches Militärauto wrude mit Steinen beworfen. Die Menge skandierte Parolen wie "Nein zur Tyrannei" und "Verlasst unser Land". In Verhandlungen mit Vertretern der Demonstranten versprachen britische Offiziere, bis zum 17. Juni auf die Forderung nach Bildung einer lokalen Selbstverwaltung in der größten südirakischen Stadt zu antworten.
  • Am 15. Juni beschossen Unbekannte nahe der Ortschaft El Muschahida einen irakischen Bus mit einer Panzerfaust, als er gerade einen Konvoi aus US-Militärfahrzeugen der 4. Infanteriedivision passierte, teilte das US-Zentralkommando am Montag mit. Die Soldaten hätten das Feuer erwidert, über mögliche Opfer unter den Businsassen oder den Angreifer machten die Streitkräfte keine Angaben.
    Am selben Tag geriet ein zweiter US-Konvoi in der Nähe von Dedscheel, gut 25 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bagdad, in einen Hinterhalt. Wie viele Fahrzeuge bei dem Angriff getroffen wurden, teilte das US-Militär zunächst nicht mit. Nach ersten Meldungen wurden aber vier US-Soldaten bei der Attacke verletzt, zwei von ihnen befänden sich in einem kritischen Zustand.


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