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Iran strebt nach Wiederanschluss Aserbaidshans
Friedensverträge mit Russland sollen gekündigt werden
Von Irina Wolkowa, Moskau *
In Irans Parlament liegt seit Ende
letzter Woche ein brisanter Gesetzentwurf:
Durch Kündigung alter Friedensverträge
mit Russland soll der Weg für einen Wiederanschluss Aserbaidshans
frei werden.
Schon 1813 mit dem Frieden von
Gulistan hatte das damalige Persien
Georgien an Russland abtreten
müssen. 1828, nach einem zweiten Krieg gegen das Zarenreich,
verlor Teheran mit dem Frieden von Turkmantschai
auch Teile Aserbaidshans
und Armeniens. Jetzt haben iranische Rechtsexperten
im Vertrag von Turkmantschai
jedoch eine Klausel entdeckt, wonach das Abkommen
nur auf 100 Jahre geschlossen wurde und folglich
ungültig ist. Wie die regierungsnahe
iranische Nachrichtenagentur Fars berichtet,
will das Parlament in
Teheran die offizielle Kündigung
anstrengen und den Weg für
einen Wiederanschluss Aserbaidshans
ebnen.
Experten sind sich zwar weitgehend
einig, dass dies ein völkerrechtlich
aussichtsloses Unterfangen
ist. Bei Aserbaidshans Beitritt
zur UNO 1991 haben Russland und
Iran den neuen Staat in seinen
heutigen Grenzen anerkannt, sagte
die russische Iran-Expertin Karina
Geworkjan in einem Interview
mit der Nachrichtenagentur IA
regnum. Teherans Bemühungen
um Kündigung der historischen
Friedensverträge würden das russisch-
iranische Verhältnis erheblich
belasten und die Spannungen
im Südostkaukasus anheizen.
Teherans Unterstützung für
radikale schiitische Fundamentalisten
in Aserbaidshan und die
Hilfe für Armenien im Streit um
die Region Berg-Karabach sind
Baku schon lange ein Dorn im Auge.
Dazu kommt das Gerangel um
Öl- und Gaslagerstätten in der Kaspi-
See: Deren Anrainer sind sich
bis heute über den definitiven
Grenzverlauf nicht einig. Vor allem
aber: Die Mehrheit der Aseris – bis
zu 30 Millionen Menschen – lebt im
Nordwesten Irans, tief im Untergrund
kämpft auch dort eine Rettungsfront
für die Wiedervereinigung
mit den Landsleuten im Norden.
Über Details konferierten deren
Führer im März in Baku mit
den Granden der Regierungspartei
»Yeni Azerbaijan« (Neues Aserbaidshan).
Die hatte 2012 einen
von Nationalisten ins Parlament
eingebrachten Gesetzentwurf zur
Umbenennung des Staates von
»Republik Aserbaidshan« in »Republik
Nordaserbaidshan« unterstützt,
um Ansprüche auf das zu
Iran gehörende Südaserbaidshan
deutlich zu machen. Darin wurde
auch der Vertrag von Turkmantschai
für nichtig erklärt. Aserbaidshan
sei damals nicht gefragt
worden. Damit, so glauben Experten,
habe Baku Teheran die Steilvorlage
für den eigenen Revisionsvorschlag
geliefert.
* Aus: neues deutschland, 16. April 2013
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