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In der Sahelzone droht Hungerkatastrophe

Afrika: Neun Millionen Menschen akut gefährdet *

Das Hungerdrama in Somalia und Kenia ist noch nicht ausgestanden, da kommen aus einem anderen Teil Afrikas beunruhigende Nachrichten: Im Westen der Sahelzone leiden Millionen Menschen unter einer schweren Dürre. Um Leben zu retten, ist schnelles Handeln nötig.

Nach der verheerenden Dürrekatastrophe am Horn von Afrika im vergangenen Jahr bahnt sich auf dem Kontinent ein neues Hungerdrama an. Im Westen der Sahelzone könnten nach Angaben der Vereinten Nationen bald über neun Millionen Menschen akut vom Hungertod bedroht sein. Allein in den am schlimmsten betroffenen Ländern Mauretanien und Niger litten bereits sechs Millionen Menschen unter Nahrungsmittelknappheit, auch in Mali und Tschad sei die Lage bedrohlich, sagte Ralf Südhoff, Leiter des Berliner Büros des Welternährungsprogramms (WFP), gegenüber dpa.

»Hinzu kommen düstere Anzeichen in Senegal, Gambia, Burkina Faso, Kamerun und auch dem nördlichen Nigeria«, fügte Südhoff hinzu. Grund sei, dass die Region bereits von der dritten Dürre innerhalb von zehn Jahren heimgesucht wird. Früher seien die Regenfälle in relativ regelmäßigen Abständen etwa alle sieben bis acht Jahre ausgeblieben. Aber zum Beispiel in Niger sei die letzte Dürre erst zwei Jahre her. »Die Menschen haben keine Chance, sich von den vorherigen Krisen zu erholen, und jede Krise trifft sie noch heftiger als die vorige.«

Die Hilfsorganisation Care schätzt die Zahl der von der Hungerkrise betroffenen Menschen in der Sahelzone auf mehr als zehn Millionen. Einige Familien nähmen bereits jetzt nur noch einmal am Tag verwässerten Hirsebrei zu sich, berichtet Johannes Schoors, Care-Länderdirektor in Niger. In normalen Jahren beginne die sogenannte Hungerperiode im April oder Mai, in diesem Jahr aber sei sie schon jetzt im Gange, teilte Care Deutschland/Luxemburg am Freitag in Bonn mit. Die am schwersten betroffenen Menschen lebten in abgelegenen Landesteilen.

Das WFP rief dringend zu Spenden auf, um die Katastrophe noch abzuwenden. Um zumindest einen Teil der bereits betroffenen Menschen in Mali, Mauretanien und Niger unterstützen zu können, benötige die Organisation zusätzliche 150 Millionen Dollar für die Nothilfe.

Es sei wichtig, dass die internationale Gemeinschaft schnell handele, sagte Südhoff. Bereits seit Herbst warnen die zuständigen Hilfsorganisationen vor einer drohenden Krise im Sahel, jedoch habe es darauf bisher kaum Reaktionen gegeben: »Wenn wir aber erneut abwarten, wie 2011 am Horn, werden noch viel mehr Menschen bald hungern und dauerhaft ihre Existenz verlieren.«

Der Generaldirektor der Welternährungsorganisation, José Graziano da Silvaa, hatte vergangene Woche gefordert, der UN-Sicherheitsrat solle sich mit Konflikten etwa in Afrika befassen, die oft Ursache für Hungerkrisen seien. Es gebe eigentlich genügend Nahrung auf der Welt. In ärmeren Ländern könnten sie viele Menschen aber nicht bezahlen.

* Aus: neues deutschland, 28. Januar 2012


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