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UNO warnt vor Ausweitung der Hungersnot

Weitere Gelder nötig, um Menschenleben am Horn von Afrika zu retten / Hilfsappell auch an Fluggesellschaften *

Die Vereinten Nationen haben vor einem raschen Ausweiten der Hungersnot in Somalia auf weitere Regionen des Landes gewarnt.

Sollte es nicht gelingen, die Krise schnellstmöglich unter Kontrolle zu bringen, »könnte sie sich auf fünf oder sechs weitere Regionen ausbreiten«, sagte die Leiterin der humanitären Einsätze der UNO, Valerie Amos, am Montag in New York. Die UNO hatte vor rund zwei Wochen bereits für zwei südliche Regionen Somalias, Bakool und Lower Shabelle, eine offizielle Hungersnot erklärt.

Die internationale Gemeinschaft habe für die Hungernden am Horn von Afrika bereits eine Milliarde Dollar zugesagt, nötig seien aber weitere 1,4 Milliarden Dollar, »um Leben zu retten«, erklärte Amos. Zehntausende Menschen seien bereits gestorben und Hunderttausende weitere seien vom Hunger bedroht. Dies habe Konsequenzen für die gesamte Region. Vor allem Kindern und Frauen ergehe es schlecht, da ihnen die weiten Fußmärsche die Kräfte raubten. Betroffen von der Dürre sind neben Somalia auch Äthiopien, Kenia, Dschibuti, Uganda und Sudan.

Die Hungersnot am Horn von Afrika ist nach Einschätzung der Afrikanischen Entwicklungsbank auch eine Folge des anhaltenden Bürgerkriegs in Somalia. »Der Mittelpunkt der Krise liegt in den Teilen Somalias, die nicht funktionieren«, sagte Bankchef Donald Kaberuka am Montag der Nachrichtenagentur AFP in Washington. Er bemängelte »kollektives Versagen, den Bürgerkrieg in Somalia zu beenden« und rief die Weltgemeinschaft zu schneller Hilfe für die friedlichen Teile des Landes auf.

Auch die zur Friedenssicherung in Somalia eingesetzte AMISOM-Truppe der Afrikanischen Union brauche weitere Unterstützung. »AMISOM fehlt es an Personal, sie ist unzureichend ausgestattet und hat nicht genügend logistische Unterstützung«, betonte der frühere ruandische Finanzminister.

Ein großer Teil Somalias ist seit einem Staatsstreich im Jahr 1991 der Kontrolle der Regierung entzogen. Die beiden Regionen Bakool und Lower Shabelle im Süden des Landes, für welche die Vereinten Nationen vor rund zwei Wochen offiziell eine Hungersnot erklärt hatten, werden von der radikal-islamischen Shabab-Miliz kontrolliert. Sie hat Verbindungen zum Terrornetzwerk Al Qaida.

Bei einem Bombenanschlag auf die Friedenstruppe AMISOM in der somalischen Hauptstadt Mogadischu sind am Montagabend mindestens zwei Soldaten getötet worden. Drei weitere wurden nach Angaben eines AMISOM-Sprechers verletzt, als mehrere Selbstmordattentäter der Shabab-Miliz in das Lager eindrangen.

Die Angreifer, die somalische Militäruniformen trugen, hätten versucht, weiter in das Camp vorzudringen und dort ihre Bomben zu zünden, sagte der Sprecher am Dienstag. Sie seien jedoch von Mitgliedern der Friedenstruppe aufgehalten und getötet worden, bevor sie ihr Ziel erreichten. Dabei sei der Sprengstoff explodiert und habe die Soldaten in den Tod gerissen.

Unterdessen geht der Flüchtlingsstrom verzweifelter Hungernder nach Mogadischu und in die Nachbarländer unvermindert weiter. Allein im größten Flüchtlingslager der Welt im kenianischen Dadaab kämen UN-Angaben zufolge weiterhin täglich bis zu 1500 Somalier an, die tagelang zu Fuß unterwegs waren, um der schlimmsten Dürre seit 60 Jahren zu entkommen.

Unterdessen haben die Vereinten Nationen an internationale Fluggesellschaften appelliert, Transporthilfe für die hungernden Menschen in Somalia zu leisten. Bisher hätten bereits die Lufthansa, British Airways, Virgin und der Logistikkonzern UPS mit Flügen ausgeholfen, sagte die Sprecherin des Kinderhilfswerks UNICEF, Marixie Mercado, am Dienstag in Genf. »Das ist genau die Art von Unterstützung, die wir brauchen können.« Daher müsse diese HIlfe unbedingt fortgesetzt und auch von anderen Fluggesellschaften übernommen werden.

Laut Mercado kostet etwa ein Jumbo, der 100 Tonnen Lebensmittel geladen habe, umgerechnet etwa 246 000 Euro, wenn er von Europa zum Horn nach Afrika fliegt. UNICEF wolle aber 5000 Tonnen in die Region schicken. Derzeit gebe es mehr als 2,3 Millionen unterernährte Kinder am Horn von Afrika.

* Aus: Neues Deutschland, 3. August 2011


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