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Finanzkrise erreicht Afrika

Fatale Abhängigkeit von Rohstoffexporten / Banken kaum betroffen

Von Thomas Nitz *

Während die Finanzkrise die afrikanische Realwirtschaft trifft, leidet die Finanzbranche des Kontinents eher unter hausgemachten Problemen.

Es ist noch keine zwei Wochen her, dass Ugandas Handelsminister Nelson Gagawala Wambuzi die weltweite Finanzkrise als Chance für Afrika bewertete, endlich den »rechtmäßigen Platz in der Welt« einzunehmen. Inzwischen wird zurückhaltender formuliert. Die Auswirkungen auf die Realwirtschaft des Kontinents werden spürbar, denn die lahmende Weltkonjunktur drückt auf die Rohstoffpreise. Auf deren anhaltenden Anstieg basierte aber die Wachstumsprognose für die afrikanischen Volkswirtschaften für 2008 von durchschnittlich 6 Prozent.

Afrikas Finanzsektor zeigt sich von der Krise relativ unbeeindruckt, denn er ist kaum in die Weltwirtschaft integriert. Der Devisenhandel unterliegt strengen Kontrollen und Beschränkungen. So dürfen die Banken nur einen geringen Teil ihres Vermögens außerhalb des Kontinents anlegen. Dahinter steckt die Angst der Regierungen, das dringend benötigte Kapital könnte auf Konten im Ausland fließen. Umgekehrt haben afrikanische Banken kaum ausländische Anteilseigner und die an den Börsen notierten Unternehmen sind kaum Ziel von Spekulationen.

Der eingeschränkte Devisenhandel, der vielen Marktliberalen als Wachstumsbremse gilt, erweist sich nun als Vorteil. Während die Banken rund um den Globus mit in den Strudel des kollabierenden US-Hypothekenmarktes hineingerissen werden, bleibt das afrikanische Finanzwesen relativ stabil. Nach Ansicht des kenianischen Politikwissenschaftlers Evans Mandukus dürften viele Afrikaner nun ihr Geld zu lokalen Banken tragen und in staatliche Wertpapiere investieren, statt es in die Krisenzonen Europa und USA zu schaffen.

Wirtschaftsexperte Jared Wafula ist davon überzeugt, dass aufgrund des Vertrauensverlustes gegenüber europäischen und amerikanischen Banken finanzstarke Unternehmen mehr denn je in den wachsenden afrikanischen Markt investieren werden. Dagegen rechnet die US-Investmentbank Morgan Stanley mit einem Rückgang der Kapitalflüsse in die Entwicklungsländer um 25 Prozent, da in schwierigen Zeiten viele Anleger nach Sicherheit suchen und das Risiko von Investitionen in die Dritte Welt scheuen.

Falls der Westen tatsächlich als Geldgeber ausfallen sollte, dürfte sich das steigende Engagement der boomenden asiatischen Volkswirtschaften beruhigend auf Afrika auswirken. Das Interesse Chinas, Indiens und zunehmend auch der Golfstaaten an einem größeren Einfluss in den rohstoffreichen Ländern Afrikas ist ungebremst.

Direkt von der Finanzkrise betroffen ist hingegen Südafrika. Wegen hoher Zinsen war der Kapstaat lange Zeit beliebtes Ziel ausländischer Investoren. Angesichts der allgemeinen Panik zogen viele Anleger in kürzester Zeit ihr Geld ab. Der Leitindex der Börse von Johannesburg fiel auf seinen niedrigsten Wert seit zwei Jahren. Der Rand velor in nicht einmal zwei Wochen um 30 Prozent an Wert.

Rekordgewinne hingegen verzeichnet ausgerechnet die Börse von Simbabwe. Die Hyperinflation von offiziell 231 Millionen Prozent macht aus jeder Investition in den Krisenstaat ein Schnäppchen. Der Industrial Index stieg allein vergangene Woche fast täglich um mehr als 200 Prozent. Der Anteil ausländischer Anleger beträgt in Simbabwe gerade mal 2 Prozent.

In Nigeria sind die Aktienkurse seit März dagegen um 30 Prozent gefallen. Ähnlich hohe Verluste gab es in Kenia. Allerdings dürfte die Finanzmarktkrise daran weniger schuld sein als die mangelnde Liquidität der Banken in Nigeria und die Ausschreitungen vor und während der Wahlen in Kenia.

* Aus: Neues Deutschland, 1. November 2008


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