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Chronik Afghanistan

Februar 2010


Montag, 1. Februar, bis Sonntag, 7. Februar
  • Im Nordwesten Pakistans haben Angreifer erneut einen Tanklastwagen mit Lieferungen für die NATO-Truppen in Afghanistan zerstört und die beiden Insassen verletzt. Wie die Behörden der Nordwestprovinz am 1. Feb. mitteilten, eröffneten rund zehn bewaffnete Aufständische das Feuer auf den Tanklaster, der Benzin für die Truppen in Afghanistan geladen hatte. Rund 78.000 Liter Treibstoff seien verbrannt, die beiden Insassen des Lasters wurden verletzt. Der Angriff ereignete sich demnach in einem Vorort von Peshawar nahe des unsicheren Khyber-Passes nach Afghanistan.
  • Bei einem Gefecht im Süden Afghanistans haben afghanische und Nato-Soldaten sieben Aufständische getötet. Wie die afghanische Armee am 1. Feb. weiter mitteilte, waren die Soldaten in der Provinz Helmand angegriffen worden und erwiderten das Feuer. Eigene Verluste habe es nicht gegeben. Nach dem Gefecht seien sieben Leichen von Aufständischen geborgen worden. Diesen Artikel weiter lesen
  • Afghanische Polizisten wehrten im Süden des Landes einen Selbstmordanschlag auf eine Polizeiwache ab. Die Beamten hätten die zwei Angreifer mit Schüssen in die Flucht geschlagen, teilte ein Sprecher der Provinzregierung von Sabul am 1. Feb.mit. Der erste Angreifer sei bei dem Schusswechsel erschossen worden, der zweite konnte entkommen. Nach ihm wurde eine Fahndung eingeleitet.
  • Die Polizeiausbildung in Afghanistan verläuft nach Angaben der NATO weiter schleppend. Wie Bündnis-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am 1. Feb. in Brüssel sagte, fehlen für dieses Jahr noch mehr als hundert Trainings-Teams. Nach Angaben eines NATO-Mitarbeiters wären dafür 2000 bis 2400 westliche Polizei-Ausbilder nötig. Rasmussen sprach von einem "großen Mangel". Die Bundesregierung hatte vergangene Woche verstärkte Anstrengungen für die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte zugesagt.
  • Bei Anschlägen in Afghanistan sind am 1. Feb. vier NATO-Soldaten getötet worden. Zwei britische Soldaten kamen bei einer Bombenexplosion während einer Patrouille im Süden des Landes ums Leben. Im Westen wurde ein spanischer Soldat von einer Bombe in den Tod gerissen, sechs weitere Soldaten wurden verletzt, als sie einen UN-Hilfskonvoi schützen wollten. Ein US-Soldat wurde ebenfalls im Süden von einem Sprengsatz getötet, wie das NATO-Kommando in Kabul mitteilte.
    Der 1. Feb. war damit der tödlichste Tag für die internationalen Truppen in Afghanistan seit zwei Wochen.
  • In den Bemühungen um internationale Unterstützung für eine Verständigung mit den radikalislamischen Taliban reist Afghanistans Präsident Hamid Karsai am 2. Feb. nach Saudi-Arabien. Karsai soll nach Angaben aus Kabul am 3. Feb. König Abdallah treffen. Vergangene Woche hatte Karsai das Angebot an die Mitläufer unter den Aufständischen erneuert, sie im Gegenzug für ein Ende der Gewalt finanziell zu unterstützen und wieder in die Gesellschaft einzubinden. Saudi-Arabien war neben Pakistan und den Vereinigten Arabischen Staaten das einzige Land, das die Herrschaft der Taliban in Afghanistan bis 2003 anerkannt hatte. Inzwischen wandten sich die selbst ernannten Gotteskrieger aber gegen die saudiarabische Königsfamilie.
  • Im Süden Afghanistans ist ein mit Staatschef Hamid Karsai befreundeter Stammesführer getötet worden. Bewaffnete Motorradfahrer hätten den 35-jährigen Stammesführer Mohammed am 2. Feb. in der Unruheprovinz Kandahar erschossen, sagte Ahmed Wali Karsai, ein jüngerer Bruder des Präsidenten, der Nachrichtenagentur AFP. "Er war ein sehr enger Freund von mir und ein sehr enger Freund des Präsidenten", fügte er hinzu. Auch Mohammeds Fahrer sei bei dem Anschlag getötet worden, sein Bruder verletzt.
  • Der Bundeswehrverband hat sich skeptisch zu den Plänen der Bundesregierung geäußert, gemäßigte Taliban durch ein Aussteigerprogramm für ein friedliches Afghanistan zu gewinnen. Verbandschef Ulrich Kirsch erklärte in einem Gespräch mit der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Ausgabe vom 2. Feb.), es sei zwar grundsätzlich richtig, das Gespräch mit gemäßigten Kämpfern zu suchen. «Wenn allerdings solch klare Absagen kommen, wie wir das in den letzten Tagen aus Kreisen der Taliban erlebt haben, dann sehe ich größte Schwierigkeiten.» Problematisch sei auch die Organisation des geplanten Programms von 50 Millionen Euro. «Es gibt schließlich keinen Taliban-Vorsitzenden mit Vorzimmer und Referentenstab», erklärte Kirsch. Er halte es daher für den richtigen Weg, die afghanische Regierung und speziell Präsident Harmid Karsai in die Pflicht zu nehmen. Der Verbandschef warnte in der Afghanistan-Politik zugleich vor einem Wettbewerb der Abzugstermine und vor immer neuen Nachforderungen durch die NATO an die internationale Schutzgemeinschaft.
  • Die aktive Bekämpfung der Taliban in Afghanistan ist nach Ansicht des Bundesinnenministeriums keine Aufgabe der Polizei. «Die Bundesregierung entzieht sich nicht ihrer Verantwortung für das geschundene Land», erklärte der parlamentarische Staatssekretär Ole Schröder am 2. Feb. in Berlin. Aber die Taliban-Bekämpfung sei «keine Aufgabe, an der sich deutsche Polizisten operativ beteiligen». Schröder sagte bei der Eröffnung des Europäischen Polizeikongresses vor rund 1.600 Experten aus mehr als 60 Ländern, die afghanische Regierung müsse die Verantwortung für die Sicherheit im eigenen Land übernehmen. Materielle Not und Korruption erwiesen sich als Hindernis bei der Polizeiausbildung. Trotzdem werde die Zahl der deutschen Ausbilder von 123 auf 200 aufgestockt. Als «realistisches Ziel» nannte Schröder, in den kommenden drei Jahren 15.000 Polizisten zusätzlich auszubilden.
  • Bei einem Bombenanschlag im Süden Afghanistans sind zwei US-Soldaten getötet worden. Das Attentat sei am 2. Feb. verübt worden, teilte die NATO-Truppe ISAF am 3. Feb. in Kabul mit. Damit stieg die Zahl der Todesopfer bei den ausländischen Truppen seit Jahresbeginn nach einer Zählung der unabhängigen Website icasualties.org auf 51. Sprengstoffattentate sind die Ursache für rund 90 Prozent der Todesfälle bei den internationalen Truppen am Hindukusch.
  • Bei einer Zeremonie zur Eröffnung einer Mädchenschule im Nordwesten Pakistans hat ein Bombenanschlag sechs Menschen das Leben gekostet, darunter drei US-Soldaten und zwei Schülerinnen. 70 weitere Menschen wurden verletzt, auch unter ihnen waren nach Polizeiangaben viele Schülerinnen. Die Detonation riss einen Krater in die Straße in der Nähe der Schule, wie der örtliche Polizeisprecher am 3. Feb. sagte. Der Sprengsatz in der Region Lower Dir sei ferngezündet worden, sagte der örtliche Polizeichef.
    Im Rahmen ihrer Offensive gegen Aufständische im Swat-Tal führen die pakistanischen Streitkräfte auch Aktionen in Lower Dir durch. Die Region liegt an der Grenze zu Afghanistan und zum Swat-Tal.
  • Die globale Wirtschaftskrise hat keinen Einfluss auf die weltweiten Verteidigungsausgaben gehabt. Die Ausgaben stiegen zwischen 2006 und 2008 von 1,3 Billionen Dollar (930 Milliarden Euro) auf 1,55 Billionen Dollar (1,11 Billionen Euro), wie das Internationale Institut für Strategische Studien (IISS) in London mitteilte. Dem am 3. Feb. vorgelegten Bericht zufolge dürfte sich dieser Trend auch 2009 fortgesetzt haben.
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat am 3. Feb. den saudiarabischen König Abdullah um Vermittlung im Konflikt mit den Taliban gebeten. Er hofft, dass der saudiarabische Einfluss hilft, die Taliban in den politischen Prozess in Afghanistan einzubinden. Karsais Sprecher Wahid Omar sagte vor dem Treffen, Karsai werde den König bitten, eine Vermittlung zu starten, damit Friedensgespräche beginnen könnten. Nähere Einzelheiten nannte er nicht.
    Der saudiarabische Außenminister Prinz Saud al-Faisal hatte in der vergangenen Woche erklärt, dass Königreich könne sich erst in den Friedensprozess in Afghanistan einschalten, wenn die Taliban alle Beziehungen zu Osama bin Laden und dessen Terrornetzwerk Al Kaida abgebrochen hätten. Bin Laden stammt aus einer wohlhabenden saudiarabischen Familie, wandte sich aber Anfang der 90er Jahre aus Protest gegen die Stationierung von US-Truppen gegen die Regierung. 1994 wurde ihm die Staatsbürgerschaft entzogen.
  • Soldaten haben im Süden Afghanistans nach offiziellen Angaben 32 Taliban-Kämpfer getötet. Bei dem gemeinsamen Einsatz der afghanischen Armee mit den NATO-Truppen in der Provinz Helmand kamen zudem drei Soldaten ums Leben, wie ein Sprecher der Provinzregierung am 4. Feb. mitteilte. Die Sicherheitskräfte waren im Bezirk Nad Ali westlich der Provinzhauptstadt Laschkar Gar gegen die Taliban vorgegangen.
    Die afghanischen und internationalen Truppen bereiten im Süden Afghanistans derzeit eine Großoffensive gegen die Taliban vor. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Kabul soll der Einsatz in Helmand von afghanischen Sicherheitskräften angeführt werden. Ziel sei es, die von den Taliban kontrollierten Gebiete zurückzugewinnen. Es wurde damit gerechnet, dass sie Offensive bereits in wenigen Tagen in der Region Mardscha beginnen könnte.
  • Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele hat das Ausbildungskonzept der deutschen Polizei in Afghanistan kritisiert. Die achtwöchige Schulung der angehenden afghanischen Polizisten durch deutsche Kräfte sei «völlig unzureichend», sagte Ströbele am 4. Feb. in Berlin. Er bezog sich dabei auf Eindrücke aus einer viertägigen Reise an den Hindukusch. Auch erschwere die Tatsache, dass 70 Prozent der afghanischen Polizisten Analphabeten seien, die Ausbildung. Ein Drittel der frisch ausgebildeten afghanischen Polizisten arbeite zudem später gar nicht für den Staat, sagte Ströbele. Sie würden von privaten Sicherheitsdiensten abgeworben oder liefen gar zu den Aufständigen über, weil diese besser bezahlten.
  • Die US-Regierung hat ihre NATO-Verbündeten dazu aufgefordert, tausende zusätzliche Ausbilder für den Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte an den Hindukusch zu schicken. Genau wie die USA sollten auch andere Staaten so schnell wie möglich weitere Truppenausbilder entsenden, sagte Pentagon-Sprecher Geoff Morrell am 4. Feb. vor dem Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Istanbul. "Wir müssen dieses Zeitfenster nutzen", damit Afghanistan selbst die Verantwortung für seine Verteidigung und Sicherheit übernehmen könne.
  • Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat die US-Forderung nach noch mehr Ausbildern für Afghanistan zurückgewiesen. Guttenberg sagte am 4. Feb. bei seinem Eintreffen zum NATO-Rat in Istanbul, die Bundesregierung habe bereits angeboten, die Zahl der Ausbilder für die afghanische Armee und Polizei von derzeit rund 280 auf 1400 mehr als zu vervierfachen. "Das ist ein Angebot, das sich sehen lassen kann", betonte der CSU-Minister.
  • Ein Selbstmordattentäter hat im Süden Afghanistans mindestens sechs Menschen mit in den Tod gerissen, darunter ein Kind. 18 weitere Menschen wurden verletzt, wie die Polizei mitteilte. Der Attentäter zündete seinen Sprengsatz am 4. Feb. in der Nähe eines Hotels in Kandahar, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz. Das Ziel des Anschlags war laut Polizei zunächst unklar. Möglicherweise sei der Sprengsatz vorzeitig detoniert, hieß es.
  • Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg wird am Nachmittag des 5. Feb.zur Eröffnung der 46. Sicherheitskonferenz in München erwartet. Diese beginnt mit einer Diskussion über die Sicherheitsaspekte der Energieversorgung. Erstmals wird mit Yang Jiechi ein chinesischer Außenminister erwartet. Insgesamt nehmen Politiker und Militärs aus 40 Ländern teil.
  • Die NATO hat sich auf ein umfassendes Sparpaket geeinigt, um Einsätze wie den in Afghanistan nicht zu gefährden. Das kündigte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen beim Verteidigungsministertreffen in Istanbul an. "Die Minister haben ein Maßnahmenpaket geschnürt um sicherzustellen, dass unsere Soldaten die nötige Unterstützung im Einsatz bekommen", sagte Rasmussen am 5. Feb. Nach Angaben einer NATO-Mitarbeiterin einigten sich die 28 Bündnisstaaten auf einen Vier-Punkte-Plan, der unter anderem zusätzliche Finanzmittel für 2010 sowie eine Streichliste nicht unbedingt strategisch nötiger Projekte vorsieht. Details sollen bis März feststehen. Diplomaten zufolge fehlen im laufenden Jahr mindestens 700 Millionen Euro, unter anderem für Afghanistan.
  • Bei einem Bombenanschlag während eines gut besuchten Hundekampfs im Süden Afghanistans sind mindestens zwei Menschen getötet und 26 weitere verletzt worden. In Laschkar Gah, der Hauptstadt der Provinz Helmand, sei am 5. Feb. eine Bombe an einem geparkten Motorrad ferngezündet worden, teilte die Polizei mit. Zu diesem Zeitpunkt habe eine Menschenmenge einem Hundekampf zugeschaut. Der Chef der Gesundheitsbehörde von Helmand, Anajatullah Ghafari, sagte, in das größte Krankenhaus der Provinz seien zwei Todesopfer und 26 Verletzte gebracht worden. Die Opferzahl könne aber noch weiter steigen.
  • Frankreich beugt sich dem Druck der NATO und der USA und entsendet 80 zusätzliche Militärausbilder nach Afghanistan. Das kündigte der französische Verteidigungsminister Hervé Morin am 5. Feb. beim NATO-Rat im türkischen Istanbul an. Die USA hatten von den Verbündeten rund 4000 weitere Trainer für die afghanische Polizei und die Armee gefordert. Die Militärallianz will bis Ende 2011 insgesamt gut 300.000 afghanische Polizisten und Soldaten ausbilden. Die Trainingsoffensive ist Teil des neuen strategischen Konzepts, mit dem die NATO schrittweise ihren Rückzug aus Afghanistan vorbereiten will.
  • Die Linke sieht trotz zahlreicher politischer Bekundungen keinen Strategiewechsel in Afghanistan. Ungeachtet der Beschlüsse der Internationalen Afghanistan-Konferenz von London stehe die sogenannte Aufstandsbekämpfung immer noch im Mittelpunkt des ISAF-Einsatzes, sagte die Linke-Bundestagsabgeordnete Christine Buchholz am 5. Feb. in Berlin. Sie bezog sich dabei auf zahlreiche Gespräche während ihres jüngsten Besuches in Afghanistan. Buchholz sagte, nach wie vor werde ein «falscher Ansatz» für das deutsche Engagement in Afghanistan gewählt. Selbst die jetzt geplante Verdoppelung der deutschen zivilen Hilfen sei immer noch an einen stärkeren Militäreinsatz gebunden. Statt aber noch mehr Soldaten an den Hindukusch zu schicken, müsse die Entwicklungshilfe massiv aufgestockt und für dezentrale Projekte verwendet werden. Schließlich gehe es darum, Fortschritte für die Afghanen «nicht nur in Kabul», sondern in der Fläche erlebbar zu machen. Auch die geplante stärkere deutsche Hilfe für die Polizeiausbildung ist nach den Worten der Linken-Abgeordneten «ein Witz». Die Aufstockung um 80 Ausbilder sei «nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein», sagte Buchholz. Hinzu komme, dass die Polizei in Afghanistan «Teil des militärischen Konzeptes» sei, auch das müsse in Deutschland «ehrlich» diskutiert werden.
  • Deutsche Soldaten haben sich am 5. Feb. in der Nähe des Bundeswehrlagers in Kundus in Nordafghanistan Feuergefechte mit Aufständischen geliefert. Wie das Einsatzführungskommando in Potsdam mitteilte, wurden die Soldaten um 11.18 Uhr Ortszeit (07.48 MEZ) rund neun Kilometer westlich des Bundeswehr-Stützpunktes beschossen. Die Deutschen erwiderten rund 30 Minuten lang das Feuer, bis die Aufständischen auswichen und sich unter eine Menschenmenge mischten, die sich in der Nähe befand. Dabei wurde kein deutscher Soldat verletzt, jedoch vermutlich ein Aufständischer, wie die Bundeswehr weiter mitteilte.
  • Der deutsche Botschafter in Afghanistan ist nach Informationen des "Spiegel" offenbar nur knapp einem Selbstmordanschlag entgangen. Die Wagenkolonne von Botschafter Werner Hans Lauk sei am 13. Oktober 2009 in Kabul auf dem Weg zum Flughafen der afghanischen Hauptstadt von einem Auto bedrängt worden, berichtete das Nachrichtenmagazin am 6. Feb. vorab unter Berufung auf einen vertraulichen Einsatzbericht des Personenschutzkommandos Lauks. Dieser Bericht sei nach dem Vorfall an das Bundespolizeipräsidium in Potsdam geschickt worden.
  • Afghanische Grenzpolizisten haben im Süden des Landes versehentlich sieben Dorfbewohner erschossen. Sie hätten die Gruppe, die vor Morgengrauen Holz sammelte, für Aufständische gehalten und aus rund 400 Metern Entfernung das Feuer eröffnet, sagte Abdul Rasik, der Kommandeur der Grenzpolizei im Süden Afghanistans, am 6. Feb. Ermittlungen zu dem Vorfall, der sich am 5. Feb. in der Provinz Kandahar unweit der pakistanischen Grenze ereignete, seien eingeleitet worden. Die sechs Beteiligten Polizisten wurden festgenommen.
  • In der benachbarten Provinz Helmand erschossen afghanische und NATO-Truppen bei Gefechten drei Aufständische. Die Soldaten wurden zuvor am 5. Feb. im Bezirk Musa Kaleh von einer Gruppe Extremisten beschossen, wie die NATO am 6. Feb. mitteilte.
  • Im Nordwesten Pakistans haben Aufständische eine Mädchengrundschule in die Luft gesprengt. Nach Angaben der Polizei und der örtlichen Regierung wurden bei dem Anschlag in dem Dorf Huwaid nahe der Stadt Bannu fünf der sieben Klassenräume komplett zerstört, verletzt wurde jedoch niemand. Der Bildungsminister der Provinz, Sardar Hussain Babak, machte die Taliban für den Anschlag verantwortlich. (AFP, 6. Feb.)
  • Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnt die Bundesregierung vor einer Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes deutscher Polizisten. Hierfür fehle es an Personal, sagte der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg der Nachrichtenagentur ddp. Bereits die geplante Aufstockung der deutschen Polizeiausbilder in Afghanistan auf 200 Mann sei nur mit einer «großen Kraftanstrengung» möglich. Freiberg fügte hinzu: «Wir beteiligen uns gerne am Aufbau der Polizei in Afghanistan. Aber man kann nicht Hunderte von Polizisten dorthinschicken.» Zudem dürfe es keine Aktionen gemeinsam mit der afghanischen Polizei außerhalb gesicherter Camps geben, fügte Freiberg hinzu. Dies gelte auch für angeblich befriedete Gebiete. Der GdP-Chef warnte: «Wir wären damit Teil eines Bürgerkriegs.» Dies lehne die Gewerkschaft der Polizei vehement ab.
  • NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat Russland zu einem stärkeren Engagement in Afghanistan aufgerufen. "Ich glaube, es gibt einen Spielraum für ein weitergehendes russisches Engagement", sagte Rasmussen am 7. Feb. auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Er habe der Regierung in Moskau mehrere Vorschläge unterbreitet, wie sich Russland am Afghanistan-Einsatz beteiligen könnte. Dazu zähle unter anderem, den afghanischen Einheiten Hubschrauber zur Verfügung zu stellen und die Ausbildung von Soldaten und Polizeikräften zu übernehmen.
  • Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat die Neuausrichtung des internationalen Afghanistan-Einsatzes als richtigen Weg bezeichnet. Es sei aber auch nötig, dass die Politik den Menschen den Sinn und Zweck dieses Einsatzes mehr erkläre, sagte Guttenberg auf der Münchner Sicherheitskonferenz. (Hier geht es zur Rede Guttenbergs.)
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat ein Ende der Militäreinsätze mit zivilen Opfern gefordert. «Ein Ende der Operationen in den afghanischen Dörfern ist das, was das afghanische Volk am meisten wünscht», sagte Karsai am 7. Feb. auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Unter dem neuen Kommandeur der internationalen Schutztruppe ISAF, US-General Stanley McChrystal, sei die Zahl der zivilen Opfer bereits reduziert worden, sagte Karsai. Aber der Krieg gegen den Terrorismus müsse nicht in den Dörfern, sondern in den Rückzugsgebieten der Taliban sowie gegen die Finanzströme der El Kaida geführt werden.
  • Der Bischof der Evangelischen Kirche Kurhessen-Waldeck (EKKW), Martin Hein, lehnt die Entsendung weiterer Bundeswehrsoldaten nach Afghanistan ab. Ein sofortiger Abzug der Bundeswehr und der anderen Truppen sei jedoch ebenfalls keine Lösung, teilte Hein am 7. Feb. in Kassel mit. Außerdem sei es «aufrichtig», die Situation in Afghanistan als «Krieg» zu bezeichnen. Den habe in Deutschland keiner gewollt, die Lage stelle sich nun aber anders dar. Ein Grund hierfür sei ein lange Zeit fehlendes Gesamtkonzept der NATO für Afghanistan. Es gelte nun, gemeinsam alles daran zu setzen, den Weg für stabile zivile Strukturen in Afghanistan zu schaffen, sagte Hein. Deshalb halte er zuvorderst eine Stärkung des zivilen Aufbaus in Afghanistan für richtig. Der Bevölkerung sollten sichere Lebensumstände, Zugang zur Bildung ermöglicht und die Perspektive auf zumindest bescheidenes Wohlergehen eröffnet werden. Sicherheitspolitische Aspekte allein führten immer zu einer militärischen Option, was abzulehnen sei, sagte der Bischof. Es gebe jedoch auch durchaus eine Begründung dafür, zivile Maßnahmen begrenzt auch mit militärischen Mitteln zu begleiten. Im Afghanistan-Konflikt stehe jedoch offenbar aktuell die militärische Option im Vordergrund.
  • Die Internationale Schutztruppe ISAF hat deutschen Zeitungsberichten widersprochen, wonach die USA die Bundeswehr in Nordafghanistan weitgehend «entmachten» wollten. «Ganz im Gegenteil», sagte der Chef des Stabes der ISAF, der Bundeswehrgeneral Bruno Kasdorf, am 7. Feb. der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Das deutsche Kommando im Norden wird verstärkt.» ISAF-Kommandeur Stanley «McChrystal denkt gar nicht daran, die Bundeswehr im Norden zu entmachen». Kasdorf betonte, die US-Soldaten würden im Norden des Landes unter deutschem Befehl operieren. «Diese Kräfte werden dem Regionalkommando Nord unterstellt, das von Deutschen geführt wird.» Kasdorf sagte weiter: «Richtig ist, dass wir überall im Lande eine neue Phase beginnen wollen. Dafür ist es auch im Norden erforderlich, dass die Kräfte verstärkt werden.» Das geschehe einerseits durch die Deutschen selber, die ihr Kontingent von derzeit rund 4500 Soldaten um bis zu 850 Mann verstärken wollen. Außerdem würden «insgesamt etwa 4500» US-Soldaten nach Nordafghanistan geschickt. «Die Deutschen werden nach wie vor das stärkste Kontingent im Norden stellen, auch wenn die USA nahe aufschließen.» Bei den US-Soldaten, die in den deutschen Kommandobereich entsandt werden, handele es sich vor allem um Ausbilder für die afghanischen Sicherheitskräfte, sagte der General. Außerdem würden etwa «Lufttransportkräfte» in die Region entsandt, die im Norden fehlten.
  • Die US-Streitkräfte in Afghanistan haben den stellvertretenden Polizeichef der nordöstlichen Provinz Kapisa wegen mutmaßlicher Korruption und Verbindungen zu Aufständischen festgenommen. Wie die NATO-Truppe ISAF und ein Vertreter der örtlichen Regierung am 7. Feb. mitteilten, wurde Atahullah Wahaab am 5. Feb. in seinem Haus von US-Streitkräften aufgespürt und gemeinsam mit afghanischen Sicherheitskräften festgenommen.
  • Im Norden Afghanistans sind nach Angaben der schwedischen Streitkräfte bei einem Angriff zwei Soldaten und ein afghanischer Übersetzer getötet worden. Die Soldaten seien westlich von Masar-i-Scharif beschossen worden, hieß es am 7. Feb. Ein dritter schwedischer Soldat sei bei dem Angriff verwundet worden. Schweden hat 455 Soldaten nach Afghanistan gesandt. Sie sind Teil der NATO-geführten internationen Streitkräfte.
Montag, 8. Februar, bis Sonntag, 14. Februar
  • Die SPD im Bundestag will der geplanten Entsendung zusätzlicher Soldaten nach Afghanistan nur unter eng umrissenen Bedingungen zustimmen. Zu den Voraussetzungen gehört, dass die Bundeswehr schon nächstes Jahr befriedete Gebiete an afghanische Sicherheitskräfte übergibt, der Abzug erster Einheiten beginnt und die Regierung in dem Bundestagsmandat ausdrücklich einem Ende des Einsatzes zwischen 2013 und 2015 anstrebt. Dies sagte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier am 8. Feb. in Berlin.
  • Deutsche Experten haben 2009 in Afghanistan 3594 einheimische Polizisten ausgebildet. Im laufenden Jahr soll mindestens dieselbe Zahl afghanischer Polizisten aus- und fortgebildet werden, wie nach Angaben des Parlamentspressedienstes vom 8. Feb. aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht. Insgesamt wurden demnach zwischen 2002 und 2009 rund 30.000 afghanische Polizisten durch deutsche Polizeiausbilder in den Bereichen allgemeine polizeiliche Grundfertigkeiten sowie kriminal- und grenzpolizeiliches Fachwissen aus- und weitergebildet.
  • In dem seit 2001 anhaltenden Krieg in Afghanistan sind jetzt genau so viele britische Soldaten getötet worden wie im Falkland-Konflikt 1982: 255. Zwei britische Soldaten kamen am 7. Feb. bei einer Explosion in der Provinz Helmand ums Leben, wie die Streitkräfte am 8. Feb. mitteilten.
  • Angesichts der bevorstehenden Militäroffensive in der südafghanischen Provinz Helmand fliehen Hunderte Zivilisten aus der dortigen Taliban-Hochburg Mardschah. Der Sprecher der Provinzregierung, Daoud Ahmadi, sagte am 8. Feb., bislang seien rund 90 Familien, etwa 500 Menschen, aus dem Distrikt Mardschah in die Provinzhauptstadt Laschkar Gah gekommen. Weitere 200 Familien aus anderen Distrikten hätten in Laschkar Gah Zuflucht gesucht. Man habe Nahrungsmittel und Unterkunft für bis zu 15 000 Flüchtlinge vorbereitet. Taliban-Sprecher Kari Jussif Ahmadi sagte, die Aufständischen würden Mardschah verteidigen und hätten rund um die gleichnamige Distrikthauptstadt Sprengsätze platziert.
  • Die NATO bereitet in Afghanistan eine groß angelegte Militäroffensive zusammen mit tausenden einheimischen Soldaten vor. Der geplante Angriff auf die Taliban-Hochburg Mardschah in der Provinz Helmand ist eine Art Testfall für die allmähliche Übertragung von Sicherheitsverantwortung auf die afghanischen Streitkräfte, wie die Nachrichtenagentur AP am 8. Feb. von US-Offizieren erfuhr. Wie viele Soldaten an dem Einsatz teilnehmen werden, wird zwar geheimgehalten. Das bislang für gemeinsame Operationen übliche Verhältnis von einem afghanischen auf zehn US-Soldaten werde aber deutlich übertroffen, verlautete aus US-Militärkreisen. Die Operation trägt den Titel «Moschtarak», einem Wort aus der afghanischen Sprache Dari, das «gemeinsam» bedeutet.
  • Das Bundeskabinett hat die Ausweitung des Afghanistan-Mandats auf bis zu 5.350 Soldaten gebilligt. Das erfuhr die Nachrichtenagentur DAPD am 9. Feb. aus Regierungskreisen. Der Bundestag muss dem Mandat noch zustimmen. Außenminister Guido Westerwelle will dazu am 10. Feb. eine Regierungserklärung vor dem Parlament abgeben. Bislang liegt die Mandatsobergrenze für die Bundeswehr bei 4.500. Nun sollen 500 zusätzliche Soldaten entsandt werden; 350 werden als Reserve für besondere Situationen bereitstehen, etwa für die Absicherung der Parlamentswahl im September. Im Zuge von Umschichtungen sollen allein 1.400 deutsche Soldaten für die Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte abgestellt werden - statt 280 wie bisher. (Hier geht es zum Antrag der Bundesregierung.)
  • Kurz vor der ersten großen Offensive in Südafghanistan nach der Aufstockung der US-Truppen haben NATO und afghanische Regierungsvertreter die Taliban zur Niederlegung ihrer Waffen aufgefordert. Die Bevölkerung wurde am 9. Feb. vor Kampfhandlungen gewarnt. Der Zivilbeauftragte der NATO, der frühere britische Botschafter Mark Sedwill, erklärte, die Behörden seien auf einen Ansturm von Flüchtlingen vorbereitet, die vielleicht aus dem Gebiet um die Stadt Mardschah fliehen wollten. Das ist die größte von den Taliban beherrschte Stadt im Süden des Landes.
  • Die Nato-Truppen in Afghanistan benutzen geheime Todeslisten im Kampf gegen die Taliban, um deren Kommandeure auf hoher und mittlerer Ebene aufzuspüren, gefangen zu nehmen oder zu töten. Bei diesen Operationen ist neben amerikanischen Spezialeinheiten das Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr beteiligt. Das berichtet das Hamburger Magazin stern in seiner neuen, am 10. Feb. erscheinenden Ausgabe. Im Einsatzführungskommando in Potsdam wird darüber entschieden, wen die Deutschen auf so genannte JPEL-Listen (Joint Priority Effects List/Gemeinsame Wirkunsvorrangliste) setzen. Die endgültige Geneh-migung erteilt dann das Isaf-Hauptquartier in Kabul. Laut stern werden Personen auf diesen Listen in den Kategorien "c" und "c/k" geführt - "c" steht für "capture" (ergreifen), "k" für kill (töten). Dokumente und Aussagen von Beteiligten belegen dem Magazin zufolge die Existenz dieser Listen und ihre Verwendung in Afghanistan. Die Bundeswehr trägt angeblich nur Zielpersonen in die Liste ein, die gefangen genommen werden sollen - doch die Informationen sind auch Nato-Partnern zugänglich, deren Spezialeinheiten gezielt töten. Dem stern zufolge benutzen amerikanische Special Operations Forces (SOF) den deutschen Stützpunkt in Mazar-e-Sharif für ihre Einsatz.
  • Bei der illegalen Opiumproduktion in Afghanistan ist nach einem deutlichen Rückgang in den vergangenen beiden Jahren keine weitere Veränderung zu erwarten. Schlechtes Wetter werde zwar vermutlich zu einem Rückgang der Schlafmohn-Ernte führen, erklärte am 10. Feb. das UN-Büro zu Drogen und Verbrechen (UNODC) in Wien. Gleichzeitig sei aber mit einer Vergrößerung des Anbaugebiets zu rechnen. Auf Afghanistan entfallen rund 90 Prozent der weltweiten Opiumproduktion. Die Opiumproduktion in Afghanistan werde 2010 voraussichtlich stabil bleiben, heißt es in dem UNODC-Bericht. Die Zahl der Provinzen, in denen Schlafmohn angebaut werde, steige vermutlich von 17 auf 20.
    Die Opium-Produktion in Afghanistan erreichte 2007 ihren Höhepunkt, ging dann aber aber zwei Jahre hintereinander zurück, von 193.000 Hektar auf 123.000 Hektar 2009. Nach UNODC-Angaben wurden 2007 in Afghanistan 8.200 Tonnen Opium produziert, im vergangenen Jahr waren es 6.900 Tonnen. Die Überproduktion hat dazu geführt, dass der Preis für Trocken-Opium im illegalen Handel im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozent gefallen ist.
  • Angesichts der anhaltenden Angriffe auf die Bundeswehr in Afghanistan stuft die Bundesregierung den Einsatz dort künftig als bewaffneten Konflikt ein. Außenminister Guido Westerwelle sagte am 10. Feb. im Bundestag: «Ob es uns gefällt oder nicht - so ist die Lage.» Er präsentierte im Bundestag das neue Mandat, wonach die Zahl der Soldaten von 4.500 auf 5.350 steigt. Der Einsatzschwerpunkt wird aber auf die Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte verlagert. Damit soll eine Abzugsperspektive bis 2014 geschaffen werden. (Westerwelles Regiuerungserklräung und die ganze Debatte im Bundestag ist hier nachzulesen!)
  • Vor der angekündigten Großoffensive gegen die radikalislamischen Taliban im Süden Afghanistans nehmen die Aufständischen die anrückenden Soldaten ins Visier: Am nordöstlichen Stadtrand von Mardscha in der Unruheprovinz Helmand wurden US-Marineinfanteristen von Rebellen beschossen, wie ein AFP-Fotograf am 10. Feb. beobachtete. Die Rebellen griffen die anrückenden US-Truppen unmittelbar nach der Landung ihrer Hubschrauber mit Scharfschützengewehren an, ihr mit Sandsäcken geschütztes Lager wurde mit Panzerabwehrraketen attackiert. Die US-Soldaten forderten Kampfhubschrauber vom Typ Cobra an, um die Stellungen der Aufständischen zu bombardieren.
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf eine Polizeipatrouille in Pakistan sind am 10. Feb. zehn Menschen getötet worden. Ziel des Angriff war eine Polizeieinheit von Stammeskämpfern in der Region Khyber nahe der Grenze zu Afghanistan, wie die Behörden mitteilten. 15 weitere Personen wurden bei dem Angriff verwundet. Als Urheber wurden die pakistanischen Taliban vermutet.
  • Die pakistanische Regierung hat den Tod von Taliban-Chef Hakimullah Mehsud bestätigt. «Ja, er ist tot», erklärte der pakistanische Innenminister Rehman Malik am 10. Feb. auf Anfrage der Nachrichtenagentur AP in einem Antwortschreiben. Aus US-Geheimdienstkreisen hatte es bereits in der vergangenen Woche geheißen, man gehe davon aus, dass der pakistanische Taliban-Chef tot sei. Er starb vermutlich an den Folgen einer Verletzung, die er bei einem US-Luftangriff nahe der Grenze zu Afghanistan erlitten haben soll.
  • Die Opposition sieht auch nach der Befragung von Bundeswehr-Oberst Georg Klein im Bundestags-Untersuchungsausschuss noch erheblichen Klärungsbedarf zu dem verheerenden Luftangriff in Afghanistan. Es stelle sich die Frage, welche Rolle das Bundeswehr-Sonderkommando Task Force 47 bei dem Bombardement gespielt habe, sagten die Vertreter von Grünen und Linken im Untersuchungsausschuss des Bundestages am 10. Feb. Auch der SPD-Vertreter Rainer Arnold sagte, aus der Aussage Kleins ergäben sich weitere Fragen.
  • Nach der Einstufung des Afghanistan-Konflikts als Bürgerkrieg verlangt die Gewerkschaft der Polizei (GdP) eine Überprüfung des Polizeieinsatzes am Hindukusch. Deutsche Polizisten dürften die Ausbildung der afghanischen Polizei nur in befriedeten Regionen beziehungsweise in gesicherten Lagern ausüben, sagte der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg am 10. Feb. in Berlin. «Ein Einsatz deutscher Polizei in umkämpften Provinzen verbietet sich. Polizeibeamte sind keine Kombattanten und damit nicht Bürgerkriegspartei», fügte er hinzu.
  • US-Vizepräsident Joe Biden hat Pakistan als seine größte Sorge bezeichnet. Pakistan sei ein großes Land und verfüge über Atomwaffen, die es jederzeit einsetzen könne, sagte Biden am 10. Feb. im Interview mit dem Fernsehsender CNN. Zudem habe das Land in der Bevölkerung eine "bedeutende Minderheit" radikaler Menschen und sei keine funktionierende Demokratie im westlichen Sinne. Daher sei nicht Afghanistan oder der Atomstreit mit dem Iran sondern Pakistan seine "größte Sorge". Die US-Regierung hatte Pakistan in der Vergangenheit wiederholt nahegelegt, den Kampf gegen Extremisten wie die radikalislamischen Taliban auszuweiten.
  • Frankreichs Premierminister François Fillon ist am 11. Feb. zu einem nicht angekündigten Besuch in Afghanistan eingetroffen. Fillon kam am Morgen auf dem Flughafen in Kabul an, wo er nach Angaben seiner Mitarbeiter zunächst eine Gedenkzeremonie für einen getöteten 20-jährigen französischen Soldaten leitete. Im Anschluss sollte Fillon mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai zusammentreffen. Auch ein Gespräch mit dem Oberbefehlshaber der internationalen Schutztruppe ISAF, Stanley McChrystal, war vorgesehen.
  • Afghanische und NATO-Soldaten haben am 12. Feb. in der Provinz Farah mehr als 20 Aufständische getötet und fünf gefangen genommen. Wie die NATO mitteilte, begannen die Kämpfe, als die Soldaten in Farah nach einem Befehlshaber der Taliban fahndeten und dabei mehrere Gebäude durchsuchten. Ein Aufständischer warf eine Granate aus einem der Gebäude, das die Soldaten gerade betreten wollten. Andere Aufständische griffen die Truppen mit Schusswaffen an. Auf Seiten der Soldaten gab es keine Toten oder Verletzten.
  • Zu Beginn ihrer Großoffensive im Süden Afghanistans sind die internationalen und afghanischen Truppen nach eigenen Angaben auf geringen Widerstand gestoßen. Die Truppen seien auf dem Vormarsch und der Widerstand der radikalislamischen Taliban sei "minimal", sagte ein Sprecher der US-Armee am 13. Feb. Bei den Gefechten im Bezirk Mardscha in der Provinz Helmand kamen ersten Berichten zufolge fünf Taliban ums Leben. Sie seien im Nahkampf an zwei verschiedenen Orten getötet worden, sagte ein afghanischer Kommandeur am 13. Feb. in einer Video-Konferenz in Laschkar Gah, der Hauptstadt von Helmand. Die Militäraktion "Muschtarak" (Gemeinsam) hatte vor Sonnenaufgang begonnen. Es handelt es sich nach NATO-Angaben um eine der größten Offensiven seit Beginn des Afghanistan-Einsatzes Ende 2001. Ziel ist es, die Region, die letzte Bastion der Taliban in Helmand, unter die Kontrolle der afghanischen Regierung zu bringen.
  • Kurz nach Beginn der Großoffensive internationaler und einheimischer Soldaten in Afghanistan hat ein Selbstmordattentäter nach afghanischen Angaben einen US-Soldaten mit in den Tod gerissen. Der Attentäter habe sein mit Sprengstoff beladenes Motorrad am 13. Feb. in der Nähe einer US-Patrouille in der südlichen Provinz Kandahar in die Luft gesprengt, sagte ein hochrangiger afghanischer Armeevertreter, der sich in der Nähe des Anschlagsortes befand. Ein US-Soldat und ein afghanischer Zivilist seien bei der Explosion in einem Vorort der Provinzhauptstadt Kandahar getötet und drei weitere US-Soldaten und vier Afghanen verletzt worden.
  • In den Stammesgebieten im Nordwesten Pakistans haben mutmaßliche Taliban-Kämpfer einen Anschlag auf eine Jungenschule verübt. Bei der Explosion im Dorf Qamardin im Stammesgebiet Mohmand sei niemand verletzt worden, da die Schule geschlossen gewesen sei, sagte Maqsood Khan, ein hochrangiger Vertreter der örtlichen Behörden, am 13. Feb. der Nachrichtenagentur AFP. Die Taliban hätten an fünf Orten Sprengsätze gezündet, das Schulgebäude sei fast völlig zerstört worden. Der Anschlag sei ein Racheakt für die Militäraktion der pakistanischen Armee in der an Afghanistan grenzenden Region.
  • Die NATO und die britische Armee sind nach Angaben aus London "sehr zufrieden" mit dem Beginn der Großoffensive gegen die radikalislamischen Taliban im Süden Afghanistans. Wie Armeesprecher Gordon Messenger am 13. Feb. sagte, wurden die wichtigsten Ziele erreicht. Den 1000 britischen Soldaten, die vor nördöstlich von Mardscha im Einsatz sind, geht es demnach vor allem darum, die größten Orte und Einrichtungen wie Polizeiwachen unter ihre Kontrolle zu bringen. Es habe bislang nur "sporadische" Kämpfe gegeben, die Taliban wirkten "verunsichert und ungeordnet", sagte Messenger. Sie seien nicht in der Lage, angemessen auf die Offensive zu reagieren.
  • Bei der Großoffensive von afghanischen und NATO-Truppen auf die südliche Taliban-Hochburg Mardschah ist am 13. Feb. ein britischer Soldat ums Leben gekommen. Er sei einem Bombenanschlag auf sein Militärfahrzeug nördlich der umkämpften Stadt zum Opfer gefallen, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Nach NATO-Angaben wurde ein zweiter Soldat der internationalen Streitkräfte bei Gefechten erschossen. Dessen Nationalität wurde zunächst nicht mitgeteilt.
  • Bei der Großoffensive der NATO im Süden Afghanistans sind versehentlich zwölf Zivilpersonen getötet worden. Zwei gegen Aufständische gerichtete Raketen hätten ihr Ziel verfehlt und ein Wohnhaus getroffen, teilte der NATO-Oberkommandierende in Afghanistan, General Stanley McChrystal, am 14. Feb. mit. Man habe sich bei Präsident Hamid Karsai für den bedauernswerten Zwischenfall entschuldigt. McChrystal rechtfertigte die gegenwärtige Großoffensive als notwendigen Beitrag zur Wiedererlangung von Sicherheit und Stabilität im Süden des Landes. Karsai erklärte, bei dem Angriff seien zehn Mitglieder derselben afghanischen Familie getötet worden.
  • Die Taliban haben ein Video mit zwei in Afghanistan verschleppten französischen Journalisten veröffentlicht. Die Aufnahmen waren am 14. Feb. auf einer Webseite der Aufständischen zu sehen. In dem Video appelliert eine der Geiseln an den französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy, mit den Entführern rasch über ihre Freilassung zu verhandeln. Die Reporter waren am 30. Dezember zusammen mit zwei oder drei einheimischen Begleitern in der Provinz Kapisa entführt worden. In dem Video wirkten die zwei Journalisten erschöpft. Sie sagten aber, sie seien bei guter Gesundheit und würden von ihren Entführern gut behandelt.
  • Vor dem Hintergrund der Großoffensive gegen die aufständischen Taliban im Süden Afghanistans hat US-Außenministerin Hillary Clinton dem Land am Hindukusch langfristige Unterstützung zugesagt. "Die USA werden Afghanistan nicht im Stich lassen", sagte Clinton am 14. Feb. beim "US-Islamic World Forum" in Doha. Auch nach dem Abzug der US-Truppen werde Washington mit einer "zivilen Präsenz" eine "langfristige Partnerschaft" mit Kabul sichern. Zugleich machte Clinton deutlich, dass die USA kein Interesse daran hätten, Afghanistan zu "besetzen".
Montag, 15. Februar, bis Sonntag, 21. Februar
  • Am dritten Tag ihrer Großoffensive im Süden Afghanistans sind amerikanische und afghanische Soldaten am 15. Feb. tiefer in die Stadt Mardschah eingedrungen und haben Häuser und Straßen nach Aufständischen durchsucht. Immer wieder wurden sie dabei von Heckenschützen beschossen. An mehreren Orten gab es Feuergefechte. Im Norden wurde eine Kolonne mit gepanzerten Fahrzeugen von mindestens drei verschiedenen Gruppen von Heckenschützen unter Feuer genommen.
    Die größte Militäroffensive in dem Land seit dem Sturz der Taliban 2001 hatte am 13. Feb. mit einem relativ schnellen Vorstoß von NATO-Truppen und afghanischen Soldaten auf Mardschah begonnen. Es wurden dort bis zu 1.000 Aufständische vermutet. Die Stadt gilt als Hochburg der Taliban. Bis die Truppen die 80.000-Einwohner-Stadt völlig unter Kontrolle haben, kann es allerdings noch einige Wochen dauern, wie Brigadegeneral Larry Nicholson von der US-Marineinfanterie erklärte. Größere Gefechte erwarte er aber nicht.
  • Bei dem Raketenangriff der NATO in Südafghanistan am Wochenende sind auch sechs Kinder ums Leben gekommen. Das teilte ein NATO-Sprecher am 15. Feb. mit. Insgesamt kostete der Angriff mit den US-Raketen zwölf Menschen das Leben. Innenminister Hanif Atmar sagte allerdings am 15. Feb., dass unter den Getöteten auch zwei oder drei Aufständische gewesen seien. Nach seinen Angaben hatten sie das Haus eingenommen und daraus die Soldaten beschossen. «Leider wussten unsere Soldaten nicht, dass in dem Haus Zivilisten wohnten», sagte Atmar.
  • Bei einem NATO-Luftangriff auf mutmaßliche Taliban-Kämpfer im Süden Afghanistans sind fünf afghanische Zivilisten getötet worden. Die unbeteiligten Opfer seien versehentlich für Bombenleger gehalten worden, teilte ein Sprecher der NATO-Truppe ISAF am 15. Feb. mit. Zwei weitere Zivilisten seien bei dem Angriff im Bezirk Shari in der Unruheprovinz Kandahar verletzt worden. Einen Zusammenhang mit der Großoffensive afghanischer und internationaler Truppen in der Nachbarprovinz Helmand gebe es nicht, hieß es.
  • Den Geheimdiensten der USA und Pakistans ist laut einem Bericht der «New York Times» ein ranghoher Taliban-Führer ins Netz gegangen. Der Afghane Mullah Abdul Ghani Baradar sei bereits vor einigen Tagen in der pakistanischen Stadt Karachi gefasst worden, meldete die Zeitung am Abend des 15. Feb. in ihrer Online-Ausgabe. Baradar sei nach Taliban-Chef Mullah Omar der zweitwichtigste Mann der islamistischen Bewegung und für die Organisation von Kampfeinsätzen zuständig. Ein Taliban-Sprecher in Afghanistan wies den Bericht zurück. Diesen Artikel weiter lesen
    «Er ist nicht festgenommen worden», sagte Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid der Nachrichtenagentur AP in einem Telefongespräch. Der Bericht der «New York Times», die sich auf Regierungskreise in Washington berief, sei ein Versuch, «die Taliban zu demoralisieren», erklärte Mudschahid.
  • Bei der NATO-Militäroffensive gegen die radikalislamischen Taliban in Südafghanistan sind drei weitere Zivilpersonen getötet worden. Zwei der Opfer liefen auf eine Gruppe von Soldaten zu und ignorierten mehrere Aufforderungen anzuhalten, wie die NATO-Schutztruppe ISAF am 16. Feb. mitteilte. Daraufhin hätten die Soldaten das Feuer eröffnet.
  • Die schwarz-gelbe Koalition kann nach Informationen der «Süddeutschen Zeitung» bei der Verabschiedung des neuen Mandats für den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan mit breiter Unterstützung der Opposition rechnen. Wie das Blatt in seiner Ausgabe vom 16. Feb. berichtet, wollen nach Angaben aus SPD-Kreisen nur etwa zwei Dutzend der 146 SPD-Parlamentarier im Bundestag die Zustimmung verweigern. Auch einige Grünen-Abgeordnete wollten mit Ja votieren. Bei der Abstimmung will sich SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier nach Angaben vom Wochenende um ein geschlossenes Votum seiner Fraktion bemühen.
  • In einer konzertierten Aktion ist den Geheimdiensten Pakistans und der USA ein schwerer Schlag gegen die afghanischen Taliban gelungen. In der pakistanischen Hafenstadt Karachi ging ihnen der Militärchef der radikalen Islamisten ins Netz, wie am 16. Feb. bestätigt wurde. Mullah Abdul Ghani Baradar gilt nach Taliban-Chef Mullah Omar als Nummer zwei der Bewegung sowie als enger Vertrauter von Al-Kaida-Führer Osama bin Laden. Er ist der ranghöchste Taliban, der seit der US-Invasion in Afghanistan 2001 gefasst wurde. Der Verantwortliche für die Koordination von Kampfeinsätzen in den südlichen Provinzen befinde sich schon seit mehreren Tagen in Haft, erklärte ein ranghoher US-Vertreter. Ein pakistanischer Geheimdienstoffizier ergänzte, Baradar sei «vor rund zehn Tagen» in Karachi festgenommen worden. Er werde vernommen und spreche jetzt mit den Verhörexperten.
  • Die Rakete, bei deren Einschlag in Südafghanistan zwölf Zivilpersonen getötet wurden, war laut NATO doch nicht fehlgeleitet. Das Geschoss habe das als Ziel ausgewählte Haus getroffen, sagte der NATO-Kommandeur im südlichen Afghanistan, der britische Generalmajor Nick Carter, am 16. Feb. Der britische Militärsprecher Generalmajor Gordon Messenger sagte, es sei davon auszugehen, dass bei dem Angriff auch Aufständische getötet worden seien.
    Die NATO hatte nach dem Angriff am 14. Feb. zunächst erklärt, die Rakete habe ihr Ziel um mehr als 300 Meter verfehlt und das Haus in der Taliban-Hochburg Mardschah getroffen. Unter den Toten waren sechs Kinder. Laut afghanischen Angaben hielten sich in dem Haus auch sechs Taliban-Kämpfer auf.
  • Bei einem US-Drohnenangriff in den pakistanischen Stammesgebieten sind am 17. Feb. vier fünf mutmaßliche Aufständische getötet worden. Die Drohne habe zwei Raketen auf ein mutmaßliches Rebellenlager im Dorf Tabi Tolkhel nahe der Grenze zu Afghanistan abgefeuert, teilten pakistanische Behörden mit. Dabei seien zwei weitere mutmaßliche Aufständische verletzt worden.
  • Bei einem NATO-Luftangriff im Osten Afghanistans sind offenbar über ein Dutzend Menschen ums Leben gekommen. Bei den Toten handele es sich um Aufständische, teilte die NATO-Schutztruppe ISAF am 17. Feb. mit. Soldaten hätten die Gruppe am 16. Feb. nahe der Grenze zu Pakistan entdeckt und dann den Luftangriff angefordert, bei dem mehr als ein Dutzend Aufständische getötet worden seien.
  • Umfrage der Bundeswehr: Nach der Bombardierung zweier Tanklastzüge nahe Kundus ist die Zustimmung der Bevölkerung zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr deutlich gesunken. In der Jahresumfrage des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr in Strausberg unterstützten im Herbst 2009 nur noch 50 Prozent das Engagement am Hindukusch. Im Vorjahr waren es noch 64 Prozent. Die anderen Auslandseinsätze der Bundeswehr finden im Vergleich dazu weitaus größeren Rückhalt, wie aus der am Mittwoch veröffentlichen Studie hervorgeht.
  • Vertreter Afghanistans und der Taliban-Miliz sind Ende Januar zu Gesprächen auf den Malediven zusammengekommen. Bei dem dreitägigen Treffen sei es um die Suche nach einer friedlichen Lösung in Afghanistan gegangen, sagte am 17. Feb. der maledivische Regierungssprecher Mohamed Zuhair. Jede Delegation habe etwa zwölf Personen umfasst. Ein afghanischer Regierungssprecher bestätigte, dass Abgeordnete aus Kabul an dem Treffen teilgenommen hätten. Ein direkte Beteiligung der Regierung habe es jedoch nicht gegeben.
  • Bei einem Angriff auf deutsche Sicherheitskräfte westlich des Bundeswehrlagers in Kundus im Norden von Afghanistan sind am 17. Feb. drei Soldaten leicht verletzt worden. Die Bundeswehrsoldaten seien von Aufständischen mit Handwaffen und Panzerabwehrwaffen beschossen worden, teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam mit. Die Soldaten hätten das Feuer erwidert. Die verletzten deutschen Soldaten seien im Rettungszentrum des Regionalen Wiederaufbauteams in Kundus behandelt worden.
  • US-Präsident Barack Obama ist am 17. Feb. mit seinen wichtigsten Militär- und Sicherheitsberatern zusammengekommen, um über die jüngsten Entwicklungen des Einsatzes in Afghanistan zu beraten. Es wurde erwartet, dass auf der vertraulichen Sitzung des sogenannten Kriegskabinetts eine Zwischenbilanz der Offensive auf die afghanische Taliban-Hochburg Mardscha gezogen wird. Auch die Ergreifung des Taliban-Militärchefs Mullah Abdul Ghani Baradar dürfte ein Thema sein.
  • Bei einem Bombenanschlag in den pakistanischen Stammesgebieten an der Grenze zu Afghanistan sind am 17. Feb. zehn Menschen getötet worden. Nach Angaben der pakistanischen Sicherheitskräfte explodierte der Sprengsatz in der Nähe eines Lagers von militanten Islamisten und vor einer Moschee. Zunächst stand nicht fest, wer für den Anschlag verantwortlich war. Geheimdienstmitarbeiter äußerten den Verdacht, Hintergrund könne die Feindschaft zwischen zwei islamistischen Gruppierungen sein. Unter den Getöteten befand sich den Geheimdienstinformationen zufolge auch ein örtlicher Kommandeur der pakistanischen Rebellengruppe Lashkar-e-Taiba (LeT).
  • Nach dem Militärchef der Taliban sind zwei weitere ranghohe Funktionäre der islamistischen Bewegung festgenommen worden. Dabei handle es sich um die «Schatten-Gouverneure» der afghanischen Provinzen Kundus und Baghlan, Mullah Abdul Salam und Mullah Mohammed, handeln, teilte der offizielle Gouverneur von Kundus, Mohammed Omar, am 18. Feb. mit. Die beiden seien bereits vor zehn bis zwölf Tagen in Pakistan gefangen genommen worden - ebenso wie Militärchef Mullah Abdul Ghani Baradar.
  • Der Widerstand der Aufständischen in der Taliban-Hochburg Mardschah im Süden Afghanistans ist auch knapp eine Woche nach Beginn einer Großoffensive der alliierten Truppen noch nicht gebrochen. Vor allem in zwei südlichen Stadtteilen stießen amerikanische und afghanische Soldaten am 18. Feb. weiter auf hartnäckige Gegenwehr. Dagegen gab es in den nördlichen Teilen der Stadt, die inzwischen unter der Kontrolle von NATO und afghanischen Truppen stehen, erste Anzeichen für eine Beruhigung der Lage. Dort kehrten die ersten Familien wieder in ihre Häuser zurück. Auch einige Geschäfte öffneten. Auf dem von Kugeln durchsiebten Basar im Norden Mardschahs standen die Menschen erstmals seit fast einer Woche wieder vor Geschäften Schlange, um sich mit Waren zu versorgen.
  • Bei einer Bombenexplosion in einem Zentrum einer muslimischen Terrorgruppe sind am 18. Feb. im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan mindestens 25 Menschen getötet worden. Die meisten der Opfer bei der Detonation im Khyber-Stammesgebiet seien Extremisten gewesen. Das sagte ein Geheimdienstoffizier, der anonym bleiben wollte. Mehr als 50 Menschen seien verletzt worden. Zu der Explosion sei es in einem Gebäude der Gruppe Lashkar-e-Islam (Armee des Islam) in dem Ort Akkakhel gekommen. Die Hintergründe des Vorfalls seien unklar. Der Nachrichtensender Geo TV meldete, ein Selbstmordattentäter habe sich in die Luft gesprengt. Geheimdienstkreise spekulierten, möglicherweise habe es sich um einen Racheakt der rivalisierenden Extremistengruppe Ansar-ul-Islam (Unterstützer des Islam) gehandelt. Im vergangenen Monat hatte ein mutmaßliches Mitglied von Lashkar-e-Islam sich in einem Zentrum von Ansar-ul-Islam in die Luft gesprengt und mindestens zehn Menschen mit in den Tod gerissen. Zunächst hatte es in Geheimdienstkreisen geheißen, eine Bombe sei auf einem Viehmarkt explodiert. Im Khyber-Distrikt greifen Aufständische immer wieder Nachschubkonvois für die ausländischen Truppen in Afghanistan an.
  • Bei einem NATO-Luftangriff im Einsatzgebiet der Bundeswehr im Norden von Afghanistan sind am 18. Feb. versehentlich sieben afghanische Polizisten getötet worden. Die afghanische Polizei und Augenzeugen berichteten, das Fahrzeug sei von einem NATO-Militärflugzeug angegriffen worden. Ein NATO-Sprecher erklärte in Kabul, man prüfe den Vorfall.
    Einheimische und NATO-Truppen hatten am Morgen im Bezirk Emam Saheb in der Provinz Kundus eine gemeinsame Operation gegen die radikalislamischen Taliban begonnen, wie der örtliche Polizeichef Abdul Kajum sagte. «Während der Operation traf ein NATO-Flugzeug eine Polizeipatrouille und tötete sieben Polizisten», sagte er der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Wir gehen davon aus, dass der Pilot die Polizeikräfte versehentlich für Taliban hielt.» Ein weiterer Polizist sei bei dem Vorfall verletzt worden.
  • Die Internationale Schutztruppe ISAF will nach eigenen Angaben das Taliban-Aussteigerprogramm der afghanischen Regierung massiv unterstützen und schätzt die Stärke des Gegners auf 25 000 bis 36 000 Kämpfer und 900 Kommandeure ein.
    In einem Gespräch mit der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (19. Feb.) sagte der Chef der Abteilung zur Reintegration von Taliban-Kämpfern im ISAF-Hauptquartier in Kabul, Generalmajor Richard Barrons, das geplante afghanische Programm sei ein wichtiger Beitrag in der neuen Gesamtstrategie zur Stabilisierung des Landes. Nach seiner Aussage werden die Radikalislamisten nur von zehn Prozent der Bevölkerung unterstützt. Nach acht, neun Jahren des Krieges sei zudem eine «Kampfmüdigkeit» zu erkennen.
    Viele Programme mit ähnlichen Zielen seien in den vergangenen Jahren gescheitert, erklärte der Generalmajor. In vielen Fällen ging es bei den Maßnahmen um Waffenabgabe oder die Förderung einzelner Individuen, die schlecht umgesetzt und missbraucht worden seien. «Wenn ein Taliban-Kämpfer im Winter reintegriert ist und im Frühling wieder zu den Waffen greift, ist das keine gute Idee», sagte der Generalmajor. Das neue Reintegration-Programm sei fundamental anders, weil es auf «die Gemeinden und ihre Söhne» fokussiert sei. «80 Prozent der Taliban-Kämpfer leben 20 Meilen von ihrem Dorf entfernt. Ihnen soll wieder die Chance gegeben werden, in die Gemeinschaft zurückzukehren.»
    Gemeinsam mit den Dorfältesten solle sichergestellt werden, dass Rückkehrwillige eine Garantie haben, weder von afghanischen oder ISAF-Kräften Benachteiligungen befürchten zu müssen. Zudem müssten sie sich vor Racheakten der Taliban sicher fühlen können, sagte Barron weiter. Ihnen werde dafür Zugang zu Bildungsmaßnahmen und Jobs durch neue oder bestehende Entwicklungsprogramme und Industrieprojekten gegeben.
  • Das Auswärtige Amt will seine Bildungsprojekte in Afghanistan weiter ausbauen. «Bildung ist eine unverzichtbare Grundlage für das Gelingen des zivilen Wiederaufbaus», sagte die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper (FDP) am 19. Feb. in Berlin. Im laufenden Jahr wolle das Auswärtige Amt 5,2 Millionen Euro für Bildungsprojekte in Afghanistan ausgeben. Weitere fünf Millionen Euro seien für ein gemeinsames Programm in Afghanistan und dem Nachbarstaat Pakistan beantragt worden. «Investitionen in Bildung schaffen Sicherheit, Zugang zu Bildung ist Voraussetzung für Stabilität», sagte Pieper. «Nur eine gebildete Bevölkerung wird in der Lage sein, den Aufbau des Landes auch aus eigener Kraft voranzutreiben.» In den vergangenen neun Jahren haben die afghanische Regierung und die internationale Gemeinschaft 3500 Schulen gebaut. Ende 2009 besuchten in Afghanistan 6,2 Millionen Kinder die Schule. Das waren laut Auswärtigem Amt etwa zwei Drittel aller Jungen und die Hälfte aller Mädchen. Für den zivilen Wiederaufbau in Afghanistan hat die Bundesrepublik seit 2001 insgesamt 1,16 Milliarden Euro ausgegeben.
  • Bei der Großoffensive gegen die radikal-islamischen Taliban in der südafghanischen Provinz Helmand sind weitere sechs Soldaten der Internationalen Schutztruppe ISAF ums Leben gekommen. Wie die NATO-geführte ISAF in der Nacht zu 19. Feb. mitteilte, starben drei Soldaten bei Gefechten während der Operation «Muschtarak». Drei weitere seien bei der Explosion von Sprengsätzen getötet worden. Die ISAF machte keine Angaben zur Nationalität der Toten.
    Nach Angaben der ISAF stoßen die internationalen und afghanischen Truppen vor allem in der Region um die Stadt Mardscha weiterhin auf «entschlossenen Widerstand» der Aufständischen. Dort seien die Soldaten zum Teil «heftig» beschossen worden. Zudem stellten von den Taliban versteckte Sprengsätze eine Gefahr für die Einsatzkräfte dar.
  • Die USA setzen ihre Angriffe auf Taliban-Führer im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet fort. Beim jüngsten Raketenangriff im Nordwesten von Pakistan wurden ein Bruder und drei weitere Vertraute des afghanischen Islamisten Siradsch Hakkani getötet, wie am 19. Feb. aus pakistanischen Geheimdienstkreisen verlautete. Die Raketen trafen demnach am Abend des 18. Feb. ein Haus in der Gegend von Dande Darpa Khel in Nord-Waziristan, unweit der Grenze zu Afghanistan. Ziel des Angriffs war offenbar Siradsch Hakkani, der als Drahtzieher von Anschlägen auf die NATO-Truppen in Afghanistan gilt.
    Das Hakkani-Netzwerk ist eine autonome extremistische Gruppierung, die loyal zum afghanischen Taliban-Führer Mullah Omar steht und Verbindungen zu Al Kaida hat. Die USA erachten das aus Nord-Waziristan heraus operierende Hakkani-Netzwerk als eine der größten Bedrohungen für ihren Einsatz im benachbarten Afghanistan. Kopf der Gruppe ist Dschalaluddin Hakkani, der aber dem Vernehmen nach so krank ist, dass sein Sohn Siradsch bereits als Nachfolger fungiert.
  • Anders als weite Teile der Bundespartei hat die SPD in Mecklenburg-Vorpommern die geplante Aufstockung des Bundeswehr-Kontingents in Afghanistan abgelehnt. «Viele Menschen sehen mit großer Sorge, dass unsere Soldaten immer mehr in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt werden. Wir sollten auf einen Abzug hinarbeiten», sagte der SPD-Landesvorsitzende und Ministerpräsident Erwin Sellering am 19. Feb. in Schwerin. Eine Vergrößerung des Kontingents sei ein Schritt in die falsche Richtung.
  • Die niederländische Regierung ist am Streit über eine Verlängerung ihres Militäreinsatzes in Afghanistan zerbrochen. Die sozialdemokratische Arbeitspartei (PvdA) werde die Koalition verlassen, teilte Ministerpräsident Jan Peter Balkenende auf einer Pressekonferenz in der Nacht zum 20. Feb. mit. Die Entscheidung fiel nach 16-stündigen Beratungen darüber, ob der 2006 begonnene Einsatz auf Wunsch der NATO fortgesetzt oder die Truppen abgezogen werden sollten.
    Balkenende führt mit seinem Christlich-Demokratischen Appell (CDA) die Koalition, dritte Partei in dem Bündnis neben der PvdA war die Christenunion (CU). Die Regierung könne so nicht mehr fortgsetzt werden, erlkärte der Regieruntgschef. «Wo es kein Vertrauen gibt, es es schwierig, zusammenzuarbeiten.» Die CDA werde mit Unterstützung der CU im Amt bleiben. Experten halten eine Neuwahl aber für unausweichlich.
    Der Ministerpräsident hatte sich für eine Fortführung ausgesprochen und eine spätere Entscheidung darüber gewünscht. Finanzminister Wouter Bos von PvdA bestand aber auf einen Beschluss am 19. Feb. Der Einsatz in der Provinz Urusgan mit rund 1.600 Soldaten ist bis August befristet. Er hat bislang 21 Niederländer das Leben gekostet. (Siehe hierzu unseren Bericht: Koalition zerbricht an Afghanistan.)
  • Bei einem Luftangriff der pakistanischen Streitkräfte im Nordwesten des Landes sind am 20. Feb. mindestens 30 mutmaßliche radikalislamische Kämpfer getötet worden. Nach Militärangaben galt der Angriff einem Taliban-Versteck in der Provinz Süd-Waziristan. Die Armee habe zuvor einen Hinweis erhalten. In den Stammesgebieten an der Grenze zu Afghanistan hatte die Armee im Oktober eine Großoffensive gegen die Taliban gestartet.
  • Mit einer Demonstration in Berlin hat die Friedensbewegung gegen den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan protestiert. An der Kundgebung nahmen nach Veranstalterangaben 2000 Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet teil, die Polizei sprach von bis zu 1500 Demonstranten. "Alles verlief ruhig und friedlich", sagte eine Polizeisprecherin. Aufgerufen hatten die beiden Organisationen "Kooperation für den Frieden" und "Bundesausschuss Friedensratschlag". Einer der Redner war der Kirchenkritiker Eugen Drewermann. Die Protestkundgebung richtete sich gegen das Vorhaben der Bundesregierung, "noch mehr Soldatinnen und Soldaten nach Afghanistan in den Krieg zu schicken", wie es in dem Aufruf zur Demonstration hieß. Dies bedeute "in erster Linie eine Eskalation des Kriegs". Die Friedensorganisationen verwiesen auf Umfragen, wonach die Mehrheit der Bundesbürger einen schnellstmöglichen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan fordere. (Mehr über die Demo hier!)
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat die Tötung von Zivilisten bei der NATO-Militäroffensive im Süden seines Landes scharf kritisiert. Die Bemühungen der NATO-Schutztruppe ISAF, den Tod Unschuldiger bei Luftangriffen zu vermeiden, reichten nicht aus, sagte Karsai am Samstag vor dem Parlament in Kabul: «Wir müssen zu dem Punkt gelangen, an dem es keine zivilen Opfer gibt. Während seiner Rede zeigte Karsai ein Foto eines achtjährigen Mädchens, nach seinen Angaben die einzige Überlebende eines NATO-Luftangriffs mit zwölf Toten in der Nähe der Stadt Mardschah.
  • Die vor einer Woche eröffneten Kämpfe um die mutmaßliche Taliban-Hochburg Mardschah haben bislang zwölf ISAF-Angehörige und einen afghanischen Soldaten das Leben gekostet. Laut von US-Offizieren zitierten Geheimdienstinformationen sollen mindestens 120 Aufständische getötet worden sein. (AP, 21. Feb.)
  • Abseits der Gefechte um Mardschah kam am 21. Feb. ein ISAF-Soldat bei einer Explosion eines an der Straße versteckten Sprengsatzes in Südafghanistan ums Leben. Zwei weitere Soldaten wurden am 20. Feb. bei einem Granaten-Angriff im Osten und einem Anschlag im Süden des Landes getötet, wie die ISAF erklärte.
Montag, 22. Februar, bis Sonntag, 28. Februar
  • Bei einem Luftangriff der Nato in der südafghanischen Provinz Uruzgan sind am 21. Februar nach Angaben der afghanischen Regierung mindestens 21 Zivilisten getötet worden, darunter mehrere Frauen und Kinder. Die internationale Truppe hatte sie mit Taliban-Kämpfern verwechselt, wie das Innenministerium in Kabul am 22. Feb. mitteilte. 14 weitere Zivilisten seien verletzt worden. Der Gouverneur der zentralafghanischen Provinz Daykundi, Sultan Ali Uruzgani, sprach gar von 27 Toten bei dem Angriff (diese Zahl wurde später auf von Kabul bestätigt).
    Die NATO bestätigte, dass am 21. Feb. in Zentralafghanistan eine Gruppe von Fahrzeugen angegriffen worden sei, in denen Aufständische vermutet worden seien. Tatsächlich hätten sich in den Autos ausschließlich einfache Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, befunden. Die Internationale Schutztruppe ISAF teilte mit, ISAF-Kommandant Stanley McChrystal habe sich bei Präsident Hamid Karzai für den "tragischen Vorfall" entschuldigt, der gemeinsam mit afghanischen Behörden untersucht werde.
  • Nach der Großoffensive in der Unruheprovinz Helmand will Afghanistan-Kommandeur Stanley McChrystal die radikalislamischen Taliban offenbar als nächstes aus dem benachbarten Kandahar vertreiben. "Wir werden dahin gehen, wo erhebliche Teile der Bevölkerung gefährdet sind", sagte der Oberkommandierende der US- und NATO-Truppen in Afghanistan der britischen Zeitung "The Times" vom 22. Feb. Die Taliban-Hochburg Kandahar sei "sehr, sehr wichtig", nicht nur für den Süden, sondern für das ganze Land. Um welche Regionen in Kandahar es genau gehen soll, sagte McChrystal allerdings nicht.
  • Nach dem Bruch der Regierungskoalition in den Niederlanden hat der australische Außenminister vor einem Abzug der niederländischen Truppen aus Afghanistan gewarnt. Australien könne in der Provinz Urusgan, wo derzeit 1950 niederländische Streitkräfte stationiert sind, im Fall von deren Rückzug nicht die Führung übernehmen und die niederländischen Soldaten nicht ersetzen, sagte Stephen Smith. Australien habe dies der NATO und den USA "klar mitgeteilt", sagte er laut AFP vom 22. Feb. in Sydney. Es sei zudem Aufgabe der neuen niederländischen Regierung, den Einsatz in Afghanistan zu "klären".
    Australien hat 1550 Soldaten in der Unruheprovinz Urusgan stationiert. Elf australische Soldaten kamen bei dem Einsatz bisher ums Leben.
  • Die Europäische Union hat einen neuen Sonderbeauftragten für Afghanistan: Der frühere Außenminister Litauens, Vygaudas Usackas, soll die EU künftig in Kabul vertreten, wie die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton am 22. Feb. in Brüssel mitteilte. Usackas ist umstritten. Er war erst vor knapp einem Monat als Außenminister zurückgetreten.
  • Bei einem Selbstmordanschlag im Osten Afghanistans wurden am 22. Feb. mindestens 14 Menschen getötet und 15 weitere verletzt.
    Bei einem Bombenanschlag im Süden Afghanistans kamen zwei NATO-Soldaten ums Leben.
  • Der SPD-Parteivorstand hat sich klar für eine Zustimmung zum neuen Afghanistan-Mandat ausgesprochen. Bei einer Enthaltung habe der Vorstand den Plan der schwarz-gelben Bundesregierung zur Aufstockung der Truppen einstimmig gebilligt. Das sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles am 22. Feb. in Berlin nach einem Treffen von Parteivorstand und Parteirat, der die Bezirks- und Landesverbände der SPD vertritt. Der Parteivorstand werde der SPD- Bundestagsfraktion daher empfehlen, bei der Abstimmung über das neue Mandat mit Ja zu votieren.
    Der Bundestag wird an diesem Freitag (26. Feb.) über die Vergrößerung des Kontingents entscheiden. Die Bundesregierung will die Truppen um 850 auf bis zu 5350 Soldaten aufstocken. Davon sollen 350 Soldaten eine Reserve bilden, die flexibel einsetzbar ist.
    Wie Nahles und der am Montag wiedergewählte Parteiratsvorsitzende Claus Möller weiter sagten, stehen die Genossen an der Parteibasis weitgehend hinter dieser Linie. Aus 108 «ausführlichen schriftlichen Stellungnahmen» sowie weiteren «hunderten» Anrufen und E-Mails habe sich ergeben, dass 56 Prozent der Befragten dafür sind, dass sich die Bundeswehr erst bis spätestens 2015 vom Hindukusch zurückzieht - so wie von Schwarz-Gelb geplant. Nur 30 Prozent seien für den sofortigen Abzug. Für die geplante Aufstockung des deutschen Kontingents votierten den Angaben zufolge 46 Prozent, 35 Prozent waren dagegen.
    «Wir werden auch vor dem Hintergrund dieser Befragung eine entsprechende Empfehlung an die Bundestagsfraktion geben», sagte Nahles. «Ich bin sehr zuversichtlich, dass die große Mehrheit der Fraktion dem auch folgen kann.»
  • Nach dem Tod dutzender Zivilisten durch einen Luftangriff in Afghanistan hat sich NATO-Kommandeur Stanley McChrystal bei der Bevölkerung entschuldigt. "Wir sind zutiefst betrübt über den tragischen Verlust unschuldigen Lebens", sagte McChrystal laut AFP vom 23. Feb. in einer Videobotschaft für das afghanische Fernsehen. "Ich habe eine gründliche Untersuchung in Gang gesetzt, um zu verhindern, dass dies noch einmal passiert." McChrystal versprach in der in die beiden örtlichen Sprachen Paschtu und Dari übersetzten Botschaft, das Vertrauen der afghanischen Bevölkerung zurückzugewinnen und "eine bessere Zukunft für alle Afghanen" zu schaffen.
    McChrystal hatte sich bereits am 22. Feb. persönlich bei Afghanistans Präsident Hamid Karsai für den Luftangriff entschuldigt, bei dem am 21. Feb. in der Provinz Daikundi mindestens 27 Zivilisten getötet worden waren. Nach Angaben der afghanischen Regierung waren auch vier Frauen und ein Kind unter der Opfern.
  • Zu Beratungen über die künftige Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte kamen NATO-Militärvertreter am 23. Feb. im belgischen Mons zusammengekommen. Bei den Gesprächen im militärischen Hauptquartier der Allianz in Europa (SHAPE) sollte es vor allem darum gehen, mindestens 2.000 weitere Ausbilder an den Hindukusch zu entsenden. Darum hat McChrystal gebeten. Einem NATO-Sprecher zufolge stand auch die Entsendung weiterer Soldaten aus Europa auf dem Prüfstand. Die europäischen NATO-Staaten haben bislang zusätzliche 7.000 Mann zugesagt. Zusammen mit der von US-Präsident Barack Obama angekündigten Verstärkung um 30.000 Soldaten dürfte die internationale Schutztruppe in Afghanistan schon bald 140.000 Mitglieder umfassen.
  • Vor dem Bundestagsvotum über die Verlängerung des Afghanistan-Mandats der Bundeswehr haben die Grünen Klarheit über den künftigen Einsatz von AWACS-Aufklärungsflugzeugen am Hindukusch gefordert. Es sei zu vernehmen, dass in den nächsten Wochen eine Entsendung von AWACS-Flugzeugen zur Luftraumkoordinierung angefordert werde und damit bis zu 300 zusätzliche Soldaten für den Einsatz bereitgestellt würden, schrieb die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast in einem am 23. Feb. veröffentlichten Brief an Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP). Künast forderte den Außenminister auf, noch vor der Entscheidung über das ISAF-Mandat über eine geplante AWACS-Entsendung aufzuklären.
  • Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat die Kontrolle über die Wahlbeschwerdekommission ECC übernommen, die nach der letzten Wahl mehr als eine halbe Million Stimmen für ihn für ungültig erklärt hatte. Damit könne Karsai nun selbst die fünf Mitglieder der Kommission berufen, sagte Präsidentensprecher Sijamak Herawi am 23. Feb. in Kabul. Die Änderung des Wahlrechts sei bereits vergangene Woche vorgenommen worden. Zuvor hatte das Wahlrecht vorgesehen, dass drei der fünf Kommissionsmitglieder durch die UN-Mission in Afghanistan benannt wurden.
  • Die Zahl der in Afghanistan getöteten US-Soldaten hat laut einer unabhängigen Internetseite die Marke von 1.000 erreicht. In diesem Jahr seien 54 US-Soldaten ums Leben gekommen, heißt es auf icasualties.org. Im Jahr 2009, dem verlustreichsten seit dem Beginn der US-Invasion 2001, wurden demnach 316 US-Soldaten getötet - doppelt soviele wie im Jahr zuvor.
  • US-Generalstabschef Mike Mullen sagte am 23. Feb., im Zusammenhang mit der derzeitigen Großoffensive US-geführter Truppen gegen die Taliban im Süden Afghanistans müsse mit harten Kämpfen und steigenden Opferzahlen gerechnet werden. Pentagon-Chef Robert Gates teilte mit, die vor zehn Tagen zusammen mit anderen NATO- sowie afghanischen Soldaten gestartete Großoffensive "Muschtarak" (Gemeinsam) komme aufgrund des Widerstands der Taliban langsamer voran als vorgesehen. Grund dafür seien vor allem die von den Aufständischen an den Straßenrändern versteckten Sprengsätze. Es gebe jedoch keinen Grund, die Strategie des US-Kommandierenden der NATO-Streitkräfte in Afghanistan, General Stanley McChrystal, zu ändern.
  • US-Verteidigungsminister Robert Gates hat den europäischen NATO-Verbündeten vorgeworfen, die Allianz durch unzureichende Rüstungsausgaben und allgemeine Vorbehalte gegen den Einsatz von Streitkräften zu schwächen. Die Probleme der NATO zeigten sich derzeit akut an dem fortwährenden Mangel an Helikoptern und Transportflugzeugen, der den Einsatz in Afghanistan erschwere, sagte Gates am 23. Feb. auf einem NATO-Strategieforum in Washington. Hinter der unzureichenden Ausstattung stünden aber "sehr ernste, langfristige und systematische Probleme", die das Bündnis schwächten. (HIer geht es zur ganzen Rede von Robert Gates.)
  • Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, hat der Politik Versagen in der Afghanistan-Debatte vorgeworfen und einen neuen Diskurs über den Einsatz am Hindukusch gefordert. Dazu gehörten «unabdingbar auch ethische Gesichtspunkte», sagte der Freiburger Erzbischof am 23. Feb. bei der Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz in Freiburg. Auch die Kirchen hätten sich vielleicht zu lange zurückgehalten, merkte Zollitsch zugleich selbstkritisch an. Sie müssten sich fragen lassen, ob sie nicht allzu lange «friedensethische Anmerkungen mit höflicher Diskretion und Zurückhaltung vorgetragen haben, anstatt direkter und schwungvoller» auf die Probleme aufmerksam zu machen. Zollitsch verlangte einen «angemessenen gesellschaftlichen Diskurs» und eine «echte und wahrhaftige Debatte» über den Militäreinsatz in dem Land. «Mich stimmt besorgt, wie wir (...) mit den Fragen von Krieg und Frieden in Afghanistan und des deutschen Engagements dort umgegangen sind», führte er am zweiten Tag der Vollversammlung weiter aus. Einfache und klare Lösungen gebe es für dieses Problem aber nicht.
    Zollitsch wie auch der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen sowie der Bischof von Trier, Stephan Ackermann, begrüßten zugleich den Strategiewechsel bei der Londoner Konferenz Ende Januar. Dort sei die «zivile Perspektive des Einsatzes» gestärkt worden, sagte Ackermann. Dieser neue Ansatz müsse konsequent fortgesetzt werden. Die «immer wieder behauptete Ausstiegsstrategie» müsse umgesetzt werden, sagte Algermissen. Bei den finanziellen Zusagen der Bundesregierung gebe es ein großes Ungleichgewicht zwischen den Mitteln, die für militärische Zwecke bestimmt seien, und den Mitteln für zivilen Wiederaufbau.
  • Die Unions-Innenminister haben sich gegen den Vorschlag aus der SPD gestellt, die Ausbildung afghanischer Polizisten teilweise nach Deutschland zu verlegen. "Die Bedingungen vor Ort sind wichtig für die Ausbildung und die Ausbilder", erklärten Bundesinnenminister Thomas de Maizière und sein hessischer Amtskollege Volker Bouffier (beide CDU) nach einem Treffen aller Unions-Ressortschefs am 24. Feb. in Berlin. Die Ausbildung solle grundsätzlich in Afghanistan stattfinden. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass fernab jeder afghanischen Realität falsche Schwerpunkte gesetzt werden, hoben die Minister hervor.
  • Die NATO-Mitgliedstaaten wollen weitere 600 Ausbilder für die afghanischen Sicherheitskräfte bereitstellen. Das teilte NATO-Sprecher James Appathurai am 24. Feb. am Rande einer Tagung der EU-Verteidigungsminister in Palma de Mallorca mit. Zusammen mit den bereits im Dezember zugesagten 1.000 Ausbildern habe man damit die Hälfte der ins Auge gefassten Zahl von rund 3.000 erreicht.
    Die zusätzlichen Anstrengungen zur Ausbildung der afghanischen Truppen und der Polizeikräfte sind ein zentrales Element der NATO-Strategie im Kampf gegen die Aufständischen in Afghanistan. Im Rahmen dieser Strategie verstärken die USA zugleich ihre Kampftruppen um 30.000 Mann. Die europäischen NATO-Staaten haben einschließlich der 600 neuen Ausbilder bislang eine Aufstockung ihrer Soldaten um 9.500 zugesagt.
  • Bei dem Angriff einer US-Drohne in den pakistanischen Stammesgebieten sind mindestens sechs Aufständische getötet worden. Die Drohne habe drei Raketen auf das Gebiet Dandey Darpa Khel in Nord-Waziristan an der Grenze zu Afghanistan abgefeuert, sagte am 24. Feb. ein Vertreter der Sicherheitskräfte in Peshawar. Zwei Raketen hätten einen Stützpunkt von Taliban-Kämpfern getroffen, durch eine dritte sei ein Auto zerstört worden, sagte ein weiterer Vertreter. Die Zahl der Toten könne noch steigen. Über die Identität der Opfer wurde zunächst nichts bekannt.
  • Die NATO will ihre nächtlichen Einsätze in Afghanistan einschränken. Eine entsprechende Anweisung habe der Oberbefehlshaber der NATO- und der US-Truppen, Stanley McChrystal, im vergangenen Monat gegeben, sagten Vertreter des US-Verteidigungsministeriums der Nachrichtenagentur AFP am 24. Feb. in Washington. Demnach sollten künftig zunächst afghanische Truppen nachts Häuser nach Aufständischen durchsuchen. Soldaten der NATO-geführten ISAF-Truppe sollten erst dann einschreiten, wenn es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen komme. Ziel sei es, eine größere Unterstützung durch die afghanische Zivilbevölkerung zu erreichen.
  • Die USA unterstützen die "Reform" der Wahlbeschwerdekommission in Afghanistan. Es sei richtig, dass das Land die Verantwortung für "seinen eigenen Wahlprozess" übernehme, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Philip Crowley, am 24. Feb. in Washington. Die Glaubwürdigkeit künftiger afghanischer Wahlen sei für die Legitimität der afghanischen Regierung enorm wichtig. Daher müssten Mitglieder der Kommission ernannt werden, denen die Afghanen Vertrauen schenken könnten, betonte Crowley.
    Am Tag zuvor hatte der afghanische Präsident Hamid Karsai die Kontrolle über die Wahlbeschwerdekommission ECC übernommen (siehe Chronik vom 23. Feb.)
  • Die Innenminister der Unions-regierten Bundesländer haben vom Bund eine bessere Bezahlung für die deutschen Polizeiausbilder in Afghanistan gefordert. Derzeit erhält ein Beamter im deutschen Ausbildungsprojekt rund 1800 Euro pro Monat weniger als in der EU-Ausbildungsmission EUPOL. «Diese Differenz kann man nicht erklären», sagte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann der «Financial Times Deutschland» (Ausgabe vom 25. Feb.). «Für die Beamten ist es schwer nachvollziehbar, dass ihre Kollegen bei EUPOL mehr bekommen», sagte auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Derzeit sind etwa 120 Polizisten im deutsch-afghanischen Ausbildungsprojekt tätig, bei der EU-Mission sind es 45. Die Länderminister riefen den Bund auf zu prüfen, wie sich die Einkommensdifferenz für die Beamten verringern lasse. «Der Bund ist in der Pflicht», sagte Herrmann. Eine Lösung müsse jedoch auch die Besoldung der Soldaten einschließen.
  • In Pakistan ist nach afghanischen Angaben ein ranghoher Taliban-Kommandeur festgenommen worden. Abdul Kabir sei den dortigen Behörden zufolge vor einer Woche gefasst worden, teilte ein Sprecher des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai am 25. Feb. mit. Kabir führte die Taliban im Osten Afghanistans an. In den vergangenen Wochen wurden damit mindestens vier ranghohe Anführer der militanten Islamisten festgenommen, darunter Mullah Abdul Ghali Baradar, die Nummer zwei hinter Mullah Mohammad Omar.
  • Über der einstigen Taliban-Hochburg Mardscha weht wieder die afghanische Flagge. Der Gouverneur der Unruheprovinz Helmand, Mohammed Gulab Mangal, hisste am 25. Feb. die schwarz-rot-grüne Fahne auf einem Markt in der heftig umkämpften Stadt im Süden des Landes, wo derzeit eine Großoffensive gegen die radikalislamischen Taliban läuft. US-Brigadegeneral Larry Nicholson sprach von einem "historischen Tag".
    Wie ein Sprecher der Provinzregierung in Helmand, Daud Ahmadi, sagte, haben die afghanischen Behörden mittlerweile wieder die Kontrolle über Mardscha übernommen. Die afghanische Flagge wehe zum ersten Mal seit zwei Jahren über der Stadt. Damals hatten Taliban-Kämpfer und Drogenhändler die Kontrolle über die Region übernommen, in der bis zu 125.000 Menschen leben.
  • NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen ist über eine «wachsende Diskrepanz» zwischen den USA und ihren europäischen Verbündeten besorgt. Dies sei ein potenzielles Problem, sagte Rasmussen am 25. Feb. in Palma de Mallorca. Die Kritik von US-Verteidigungsminister Robert Gates (siehe unsere Chronik unter dem 23. Feb.), in Europa gebe es eine Abneigung gegen Anwendung militärischer Gewalt, ließ Rasmussen so nicht gelten: Er verwies darauf, dass die europäischen Verbündeten 40 Prozent der mehr als 100.000 ISAF-Soldaten in Afghanistan stellten.
  • Polen hat bei einer israelischen Rüstungsfirma acht Drohnen geordert, die zum Teil in Afghanistan zum Einsatz kommen sollen. Das polnische Verteidigungsministerium besiegelte nach eigenen Angaben am 25. Feb. einen Vertrag mit dem Luftfahrtunternehmen Aeronautics Ltd. Die Firma hatte sich Anfang Februar gegen zwei israelische Mitbewerber durchgesetzt und den Zuschlag für die Lieferung der acht unbemannten Luftfahrzeuge erhalten. Warschau zahlt dafür 89 Millionen Zloty (22,3 Millionen Euro).
  • Im Norden Afghanistans sind am 25. Feb. erneut Bundeswehrsoldaten angegriffen worden. Wie das Einsatzführungskommando in Potsdam mitteilte, wurden die deutschen Sicherheitskräfte rund acht Kilometer westlich des Regionalen Wiederaufbauteams (PRT) in Kundus von Aufständischen beschossen. Die Soldaten waren zur Unterstützung angefordert worden, nachdem eine gemeinsame Patrouille von US-Truppen und afghanischen Soldaten angegriffen worden war. Deutsche Soldaten wurden demnach nicht verletzt.
  • Die Polizeigewerkschaft GdP lehnt einen Einsatz deutscher Polizisten in Afghanistan außerhalb gesicherter Camps ab. Es sei nicht Aufgabe der Ordnungshüter, mit Feldjägern und afghanischen Polizisten in den Bezirken für Sicherheit zu sorgen, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft, Konrad Freiberg, am 26. Feb. im Deutschlandfunk. «Wir wollen nicht, dass deutsche Polizisten auf Taliban schießen», sagte er. Die Polizei sei stolz darauf, eine zivile Institution zu sein.
    Freiberg wiederholte vor der Entscheidung des Bundestags über das neue Afghanistan-Mandat der Bundeswehr seine Forderung nach mehr Stellen im Polizeidienst in Deutschland. Das sei notwendig, wenn künftig 200 statt 123 Polizisten afghanische Kollegen ausbilden sollen.
  • Ein Selbstmordkommando der Taliban hat am 26. Feb. ein Hotel und ein Gästehaus im Zentrum der afghanischen Hauptstadt Kabul attackiert und mindestens elf Menschen getötet. Wie ein Armeesprecher mitteilte, wurden 20 weitere Menschen verletzt. Unter den Opfern seien mehrere Ausländer. Der Sender Tolo TV meldete, in Hotel im obersten Stockwerk eines Einkaufszentrums seien vor allem Inder untergebracht gewesen. Aus Sicherheitskreisen verlautete, sechs indische Staatsbürger seien verletzt worden. Ein offizielle Bestätigung gibt es dafür bislang nicht.
    Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid bekannte sich zu den Anschlägen und erklärte, fünf Selbstmordattentäter hätten ein von Ausländern genutztes Hotel im Stadtzentrum angegriffen. Augenzeugen berichteten zudem von heftigen Schießereien. Polizeikräfte riegelten das Gebiet weiträumig ab. Auf Fernsehbildern waren beschädigte Gebäude und dichte Rauchwolken zu sehen.
    Die Zahl der Toten und Verletzten wurde später auf 17 bzw. 32 präzisiert. Unter den Toten sind offenbar auch mehrere Ausländer - darunter ein Franzose und ein Italiener.
  • Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat der Bundesregierung «sehr gute» Zusammenarbeit beim neuen Afghanistan-Mandat bescheinigt. Im Südwestrundfunk lobte der FDP-Chef am Morgen des 26. Feb. auch seinen Kabinettskollegen von der CSU, Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg: Ihm sei das Mandat «konzeptionell gelungen». Westerwelle lehnte eine sogenannte «Exit-Strategie» mit einem konkreten Datum für den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan erneut ab. Das ermutigte nur die Terroristen, bis zu diesem Datum durchzuhalten, um dann neu loszuschlagen.
  • Während der Afghanistan-Debatte im Bundestag ist es am 26. Feb. zu einem Eklat gekommen. Parlamentspräsident Norbert Lammert verwies sämtliche Abgeordneten der Linksfraktion nach einer Protestaktion aus dem Plenarsaal des Berliner Reichtags. Die Politiker der Linken waren nach der Rede von Christine Buchholz (Die Linke) geschlossen von ihren Plätzen aufgestanden und hatten Dutzende Plakate mit Namen von Opfern der tödlichen Bombenangriffe Anfang September auf zwei Tanklaster am Kundusfluss hochgehalten. Der CDU-Politiker Lammert schickte «die Beteiligten» der Protestaktion wegen eines Verstoßes gegen die Geschäftsordnung des Bundestags aus dem Saal. Daraufhin verließ die Fraktion geschlossen den Raum; anschließend wurde die Debatte fortgesetzt.
    Später beschloss der Bundestag mit Zweidrittelmehrheit, der Linksfraktion die Abstimmung über den Tagesordnungspunkt zu ermöglichen.
  • Ein deutsches Unternehmen, das für die NATO als Dienstleister in Afghanistan arbeitet, ist möglicherweise in illegale Handlungen verstrickt. Es bestehe die "Gefahr, dass möglicherweise Drogen geschmuggelt worden sind oder dergleichen Dinge mehr", sagte der deutsche Generals Egon Ramms am 26. Feb. dem Sender NDR Info. Ramms ist Chef des militärischen Oberkommandos der NATO im niederländischen Brunssum. Bei dem Unternehmen handelt es sich um eine Düsseldorfer Firma, die laut Ramms seit 2003 für die NATO in Afghanistan tätig ist. Das Unternehmen belieferte demnach das Hauptquartier der Afghanistan-Schutztruppe ISAF mit Diesel, zudem ist sie mit Wäschereidienstleistungen und der Müllentsorgung an ISAF-Standorten beauftragt.
    Der NDR berichtete unter Berufung auf NATO-Quellen, hinter der Firma stünden Mitglieder eines Clans, die in organisierte Kriminalität verstrickt seien. Jahrelang habe die NATO bei der Auftragsvergabe an das Unternehmen diese Informationen unbeachtet gelassen. Aktuell prüft die NATO laut NDR zwei laufende Verträge, um festzustellen, "ob Ecolog für uns noch ein geeigneter Geschäftspartner ist".
    Hintergrund der NATO-Prüfungen sind dem Bericht zufolge unter anderem Erkenntnisse der Kosovo-Sicherheitstruppe KFOR. Die betreffende Firma gehört demnach zum Firmengeflecht einer einflussreichen mazedonisch-albanischen Familie. Schon vor acht Jahren habe ein Geheimdienstbericht bei der KFOR von einem "Clan mit dem Schwerpunkt organisierte Kriminalität" gesprochen. Nach einem aktuellen Bericht der KFOR kontrollieren Familien-Mitglieder "Verbrechen und Organisierte Kriminalität" im Grenzgebiet zwischen Kosovo und Mazedonien, wie der NDR weiter berichtete. Das Unternehmen bezeichnete die Vorwürfe dem NDR gegenüber als "unzutreffend".
  • Die internationale Großoffensive in der ehemaligen Taliban-Hochburg Mardscha ist nach Darstellung eines hochrangigen US-Regierungsvertreters nur das "taktische Vorspiel" für einen größeren Einsatz im südafghanischen Kandahar. Die offensive sei "ein taktisches Vorspiel" für eine Offensive auf Kandahar, sagte der Regierungsvertreter am 26. Feb. in Washinigton. Die Stadt Kandahr sei eine Hochburg und "gewissermaßen die Hauptstadt" der radikalislamischen Taliban. Mardscha liegt in der Provinz Helmand, einer Nachbarprovinz von Kandahar.
    Zuvor hatte NATO-Kommandeur Stanley McChrystal gesagt, die Offensive in Mardscha in der Provinz Helmand sei ein "Modell für die Zukunft". Die Offensive "Muschtarak" (Gemeinsam), an der rund 15.000 afghanische und ausländische Soldaten beteiligt sind, läuft seit Mitte Februar und soll die Taliban aus den Opium-Anbaugebieten rund um Mardscha und Nad Ali vertreiben. Die Offensive gilt als erster großer Testfall für die Erfolgsaussichten der neuen Afghanistan-Strategie von US-Präsident Barack Obama, die die Vertreibung der Taliban mit einem zivilen Aufbau verbinden soll.
  • Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DpolG) [im DBB, keine DGB-.Gewerkschaft!], Rainer Wendt, hält 30 000 zusätzliche afghanische Polizisten für nötig, um die Sicherheit in ganz Afghanistan zu gewährleisten. Bis spätestens 2014 könne dann die Verantwortungsübergabe gelingen, sagte Wendt der «Passauer Neuen Presse» (Ausgabe vom 27. Feb.). «Diese Perspektive ist sehr realistisch.» Die neue Afghanistan-Strategie der Bundesregierung hält er für richtig. Deutsche Polizisten gingen mit afghanistan Kollegen in die Distrikte hinein, auch wenn dies gefährlich sei. Das sei wichtig, um Akzeptanz in der Bevölkerung zu finden. «Gefährlichkeit ist ein Wesensmerkmal der Polizeiarbeit, Weglaufen nicht», sagte Wendt. Und bei den deutschen Polizisten gebe es durchaus Interesse, an den Auslandseinsätzen teilzunehmen. «Es gibt keine Probleme, Kollegen zu finden, die bereit sind, diese wichtige Aufgabe in Afghanistan zu übernehmen.»
  • Russland hat den USA Untätigkeit im Kampf gegen den Drogenanbau in Afghanistan vorgeworfen. Dass die USA keine Opium-Plantagen mehr zerstörten, klinge für die Drogenproduzenten nach einer "festen Garantie für Straffreiheit", wurde der Chef der russischen Drogenkontrollbehörde, Viktor Iwanow, am 27. Feb. von russischen Nachrichtenagenturen zitiert. Auch die NATO gehe bislang nur gegen Drogen-Produzenten vor, die Verbindungen zu den radikalislamischen Taliban hätten. Die Aufgabe, die "anderen 99 Prozent zu bekämpfen", werde "großzügig" den Afghanen überlassen, kritisierte Iwanow.
  • Bei einem Selbstmordanschlag auf eine Polizeiwache im Nordwesten Pakistans sind am 27. Feb. mindestens vier Menschen getötet worden. Der Attentäter sprengte vor der Polizeiwache in der Stadt Karak einen mit Sprengstoff beladenen Kleinlaster in die Luft, wie die Polizei mitteilte. Unter den Opfern waren demnach zwei Polizisten und zwei Zivilisten. Mindestens 26 weitere Menschen wurden verletzt, darunter 21 Polizisten. Karak liegt rund 150 Kilometer südöstlich von Peshawar, der Hauptstadt der Nordwestprovinz, an der Grenze zu Afghanistan.
  • Der frühere außenpolitische Berater von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), Michael Steiner, soll neuer Afghanistan-Beauftragter der Bundesregierung werden. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) habe sich für den 60-jährigen Karriere-Diplomaten entschieden, das Kanzleramt müsse noch zustimmen, berichtet der "Spiegel" am 27. Feb. in seiner jüngsten Ausgabe. Steiner solle im Sommer Bernd Mützelburg ablösen. Derzeit ist Steiner deutscher Botschafter in Rom.
    Steiner war bis November 2001 außenpolitischer Berater von Kanzler Schröder. Er musste diesen Posten aufgeben, nachdem er bei einer Kanzlerreise von Peking über Moskau nach Berlin in Russland einen Bundeswehr-Soldaten beleidigt hatte - angeblich, weil dieser ihm keinen Kaviar servieren wollte. In der unter UN-Verwaltung stehenden Provinz Kosovo war Steiner maßgeblich daran beteiligt, zwischen den albanischen Gruppen eine Einigung über die Machtverteilung zu erzielen.
  • Die jüngsten Festnahmen hoher Taliban-Anführer und die Fortschritte bei der Offensive in der Provinz Helmand sind für die USA der erste Hoffnungsschimmer im Afghanistan-Krieg seit Jahren. Es besteht die Chance, so meldet AP am 28. Feb., dass die Amerikaner und ihre Verbündeten doch in der Lage sein könnten, den vor wenigen Monaten noch unaufhaltsam scheinenden Vormarsch der Aufständischen zu stoppen. Die jüngsten Festnahmen hoher Taliban-Anführer und die Fortschritte bei der Offensive in der Provinz Helmand sind für die USA der erste Hoffnungsschimmer im Afghanistan-Krieg seit Jahren. Es besteht die Chance, dass die Amerikaner und ihre Verbündeten doch in der Lage sein könnten, den vor wenigen Monaten noch unaufhaltsam scheinenden Vormarsch der Aufständischen zu stoppen. Zum ersten Mal seit vier Jahren sind die Taliban und ihre Verbündeten in der Defensive. Wichtige Anführer wie Mullah Abdul Ghali Baradar, der als Nummer zwei hinter Mullah Mohammad Omar gilt, befinden sich in Pakistan in Sicherheitsgewahrsam. Nach zweiwöchigen Kämpfen übernahm jetzt die afghanische Regierung die Kontrolle über die Taliban-Hochburg Mardschah in Helmand. Mardschah diente den Taliban als Umschlagplatz für Drogen und als logistische Basis. Als nächstes müssen die Taliban einen Angriff auf ihre Hochburg Kandahar befürchten.
    Läuft für die Amerikaner alles gut, dann werden die Taliban und ihre Verbündeten zunehmend unter Druck geraten, eine Verhandlungslösung zu suchen. Nach Ansicht des Oberbefehlshabers der US- und NATO-Truppen in Afghanistan, General Stanley McChrystal, ist dies der einzige Weg zu einer Beendigung des Konflikts. General David Petraeus, der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte im Mittleren und Nahen Osten, bezeichnete die Offensive in Helmand nur als Anfang eines Feldzuges, dessen Dauer er auf bis zu 18 Monate schätzte.
    Sollten die Taliban ihre Basis in Helmand verlieren, könnten sie sich im Norden der Provinz Urusgan neu aufstellen, besonders wenn die Niederländer wie erwartet dort bis Ende dieses Jahres ihre Truppen abziehen und kein anderer Alliierter einspringt.
    Wenn die Gegend rund um Mardschah gesichert ist - ein Prozess, der sich noch Wochen hinziehen könnte - wollen sich die NATO und die mit ihr verbündeten afghanischen Regierungstruppen nach Osten und damit einer weitaus größeren Herausforderung zuwenden: Kandahar. Es ist die zweitgrößte Stadt Afghanistans und die wirtschaftliche und kulturelle Hauptstadt des Südens. Bis zur US-geführten Invasion im Jahr 2001 war sie auch das geistliche und das Machtzentrum der Taliban.
    Nach ihrer Vertreibung konnten die Taliban in Kandahar und Umgebung, wo nur 1.000 Kanadier stationiert sind, zuletzt wieder beträchtlich an Boden gutmachen. Mittlerweile kontrollieren sie Dörfer im Norden und Westen Kandahars und haben ihren Einfluss bereits in zahlreiche Viertel der Stadt ausgedehnt.
    Um diese Entwicklung zu stoppen, will die NATO ihre Präsenz in dem Gebiet in den kommenden Monaten auf 6.000 Soldaten ausbauen. Tausende weitere werden vermutlich dazu stoßen, wenn die Offensive beginnt. Viele Beobachter gehen davon aus, dass das im Sommer sein wird.


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