Abzug sofort - nicht erst ab 2014!
Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag
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Das Abzugs-Mantra der Besatzungsmächte verfängt nicht
- Drei Lebenslügen der NATO
- Der einzige Ausweg: Abzug sofort - nicht erst ab 2014!
Kassel, 21. Juli 2010 - Zu den Ergebnissen der internationalen
Afghanistan-Konferenz in Kabul erklärte der Sprecher des
Bundesausschusses Friedensratschlag in einer Stellungnahme:
Der Afghanistan-Krieg wird nicht beendet - weder 2011 (das Datum, an dem
US-Präsident Obama mit dem Rückzug beginnen wollte) noch 2014, wie es
jetzt unisono von den Regierungen der Interventionsstaaten verkündet
wird. Wie ein Mantra tragen die Alliierten die "Abzugsperspektive" vor
sich her, um sich selbst Mut zu machen und um die "Heimatfront" zu
beruhigen. Denn das einzige, was wirklich sicher ist in diesem Krieg,
ist seine Ablehnung durch die Bevölkerung.
Mit drei Lebenslügen muss sich die NATO auseinandersetzen:
1) Dass die afghanischen Sicherheitskräfte bis 2014 in der Lage sein
sollen, für die Sicherheit in Afghanistan selbst zu sorgen, ist
Wunschdenken. Nach fast neun Jahren Aufbau und Training von afghanischer
Polizei und Armee ist es weder gelungen, eine ausreichende Anzahl
geeigneter Soldaten bzw. Polizisten zu rekrutieren, noch die
ausgebildeten Truppen "bei der Fahne" zu halten. Immer noch liegt die
Desertionsquote bei über 25 Prozent.
2) Die "vernetzte Strategie" - ein beschönigender Ausdruck für die
"zivil-militärische Zusammenarbeit (CIMIC) - ist kläglich gescheitert.
Man kann eben nicht gleichzeitig Krieg führen und das Land aufbauen.
Gerade die unter dem Dach VENRO zusammengeschlossenen seriösen
Entwicklungsorganisationen (von caritas international bis medico
international) haben sich immer wieder von der Umklammerung durch das
Militär distanziert. Humanitäre Hilfe und ziviler Aufbau lassen sich nur
in strikter Unabhängigkeit von militärischen Operationen leisten.
Solange die Besatzung im Land bleibt und den Krieg weiter führt, wird es
keine Entwicklung im Interesse der afghanischen Bevölkerung geben.
3) Die Aufstockung der Interventions-Truppen auf bislang 150.000
Soldaten (120.000 ISA und weitere 30.000 OEF-Operation Enduring Freedom)
wird deren militärische Lage keineswegs entscheidend verbessern,
sondern den Widerstand weiter befeuern. Alle bisherigen
Truppenerhöhungen (seit 2006 hat sich die Zahl der Interventionstruppen
verdoppelt!) haben nicht mehr Sicherheit, sondern nur noch mehr
Widerstand gebracht. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass sich dieses
Eskalationsmuster ändert.
Die Friedensbewegung hat vor wenigen Wochen einen gemeinsamen Appell
veröffentlicht, in dem das friedenspolitische Kontrastprogramm zum
Afghanistan-Krieg formuliert ist. Gefordert wird darin von Bundestag und
Bundesregierung u.a.: ein "Stopp aller Kampfhandlungen", der "sofortige
Beginn des Abzugs der Bundeswehr aus Afghanistan" und der "Einsatz der
frei werdenden Gelder zur Verbesserung der Lebensbedingungen der
afghanischen Bevölkerung". Nur so kann nach Auffassung der
Friedensbewegung die Gewaltspirale durchbrochen werden.
Mit diesem Appell (er kann hier heruntergeladen werden:
www.ag-friedensforschung.de) geht die Friedensbewegung in die politischen Auseinandersetzungen der
kommenden Wochen und Monate. Jeder Tag, an dem der Krieg in Afghanistan
fortgesetzt wird, ist ein Tag zu viel. Jeder Tote, ob Zivilist, Soldat
oder "Kämpfer", ist ein Toter zu viel.
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)
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