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"Haben in den Tagen/Stunden vor dem US-Angriff Tornados der Bundeswehr Helmand überflogen und dort aufgeklärt?"

Die "Kinderhilfe Afghanistan" verlangt vom Verteidigungsministerium Aufklärung wegen der Tötung zahlreicher Zivilpersonen

Vor wenigen Tagen haben Kampfflugzeuge der US-Luftwaffe in einem Dorf der süd-afghanischen Provinz Helmand mehrere Dutzend Frauen und Kinder getötet und verletzt. In einer AFP-Meldung vom 9. Mai heißt es dazu:
Bei einem Luftangriff ausländischer Truppen auf ein Dorf in der Provinz Helmand seien 21 Zivilisten ums Leben gekommen, sagte Provinzgouverneur Assadullah Wafa am 9. Mai. Unter den Opfern des Angriffs seien auch Frauen und Kinder. Laut eines Dorfbewohners liegt die Zahl der Toten sogar bei etwa 30. Wafa sagte, er habe eine Delegation in das Dorf geschickt, die sich über den Vorfall informieren solle. Der Gouverneur beschuldigte die NATO-geführte Internationale Afghanistan-Schutztruppe (ISAF), hinter dem Angriff zu stehen. Die ISAF betonte allerdings, ihr sei "zur Zeit nicht bekannt, dass ein NATO-Luftangriff in den vergangenen 24 Stunden zu zivilen Opfern geführt hat". Die ebenfalls in Afghanistan eingesetzte US-Koalition erklärte, einer ihrer Soldaten sei bei Kämpfen mit Taliban-Rebellen in der Region getötet worden. Über zivile Opfer sei nichts bekannt, hieß es in einer Erklärung, in der von einem Luftangriff nicht die Rede war.
Ein Bewohner des bombardierten Ortes Sarwan Kala sagte, der Angriff habe am 8. Mai gegen 23.00 Uhr (Ortszeit) begonnen. Die Zahl der Toten könne noch steigen, da noch immer Opfer unter den Trümmern begraben seien. Der Mann sagte, die meisten Opfer seien Frauen und Kinder. "Wir haben die verwundeten Kinder zur Basis der ausländischen Truppen gebracht, um ihnen zu zeigen, wen sie bombardiert haben", fügte er hinzu.
Die steigende Zahl ziviler Opfer bei Einsätzen der internationalen Truppen führt in Afghanistan zu immer stärkerer Verbitterung über die ISAF und US-Koalition. Untersuchungen lokaler Behörden und der Vereinten Nationen zeigten, dass Ende April an einem Wochenende bei Luftangriffen in der Provinz Herat etwa 50 Zivilisten ums Leben kamen. Die US-Koalition hatte zivile Opfer zunächst dementiert und von 136 getöteten Taliban-Kämpfern gesprochen. Der Luftangriff löste wütende Anti-USA-Proteste im ganzen Land aus.

(AFP, 9. Mai 2007)

Die Provinz Helmand wird seit April 2007 von deutschen Tornado-Aufklärungsflugzeugen aus der Luft überwacht. Kritiker und Gegner dieses Einsatzes haben immer darauf hingewiesen, dass die "Aufklärung" durchaus eine tödliche Dimension habe: Sie diene der Identifizierung von Angriffszielen für die Kampfflugzeuge der "Alliierten", sodass die Gefahr bestehe, dass sich die Bundeswehr an der Produktion von "Kollateralschäden" beteiligt, mit anderen Worten: für den Tod von Zivilpersonen mitverantwortlich werden könne.

Den Vorfall vom 8. Mai nahm Dr. med. Reinhard Erös, Oberstabsarzt a.D. und Vorsitzender der "Kinderhilfe Afghanistan", zum Anlass, sich in einem Offenen Brief an Verteidigungsminister Jung zu wenden. Darin fordert er von der Bundesregierung Informationen über die mögliche Beteiligung von Tornado-Aufklärern an dem Angriff. Wörtlich heißt es in dem Brief:

Wir ersuchen Sie daher um öffentliche Klärung:
  • Haben in den Tagen / Stunden vor dem US-Angriff Tornados der Bundeswehr Helmand überflogen und dort aufgeklärt?
  • Sind die Erkenntnisse dieser Aufklärungsflüge an die US-Luftwaffe weitergegeben worden?
  • Wurde der o.a. US-Luftangriff auf Grund dieser Aufklärungsergebnisse durchgeführt?
  • Falls deutsche Tornados an diesem Angriff zumindest mittelbar beteiligt waren, was denken Sie zu tun, um dies in Zukunft zu vermeiden.
Den ganzen Brief der "Kinderhilfe Afghanistan" dokumentieren wir als pdf-Datei hier: "Sehr geehrter Herr Bundesminister Dr. Jung ..."

Auf die Antwort des Ministeriums und ggf. der Bundestagsfraktionen, die ebenfalls angeschrieben wurden, darf man gespannt sein.

Pst

Spendenkonto der "Kinderhilfe Afghanmistan"

KINDERHILFE AFGHANISTAN
Kt.Nr.: 132 5000
Liga Bank Regensburg, BLZ: 750 903 00




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