Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.
Westerwelle: "Wir wollen, dass eine Abzugsperspektive erarbeitet wird" / Jan van Aken: "Hören Sie endlich auf, hier Krieg als Wohltätigkeitsveranstaltung anzupreisen!
Dokumentiert: Debatte und Abstimmung im Bundestag am 3. Dezember 2009 über die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan
Im Folgenden dokumentieren wir die Debatte des deutschen Bundestags vom 3. Dezember 2009, in der es um die Verlängerung des ISAF-Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan ging. [Die erste Lesung hierzu fand am 26. November 2009 statt. Wir haben sie hier dokumentiert.]
Es sprachen in dieser Reihenfolge:
Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht
9. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 3. Dezember 2009
(Plenarprotokoll 17/9)
S. 667 - 688
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 9 auf:
- Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss) zu dem Antrag der Bundesregierung
Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher
Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen
Sicherheitsunterstützungstruppe in
Afghanistan (International Security Assistance
Force, ISAF) unter Führung der NATO
auf Grundlage der Resolution 1386 (2001) und
folgender Resolutionen, zuletzt Resolution
1890 (2009) des Sicherheitsrates der Vereinten
Nationen
- Drucksachen17/39, 17/111 (neu) -
(...)
Zwischen den Fraktionen ist es verabredet, zu diesem
Tagesordnungspunkt eineinviertel Stunden zu debattieren.
- Dazu sehe ich keinen Widerspruch. Dann ist das
so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort dem
Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido Westerwelle.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolleginnen
und Kollegen! Seit der Einbringung des Antrages
der Bundesregierung in der ersten Beratung hat Präsident
Obama die von uns seinerzeit bereits erwartete
Rede gehalten und seine Erwartungen und sein Konzept
vorgestern vorgetragen. Das ist zweifelsohne eine bedeutsame
Rede, auch für unsere Entscheidung. Deswegen
erlaube ich mir, gegen die üblichen Gewohnheiten
auch in der zweiten bzw. dritten Beratung noch einmal
das Wort zu ergreifen.
Ich werde nicht noch einmal auf das Bezug nehmen,
was wir schon in der ersten Beratung gemeinsam besprochen
haben. Die Gründe, warum die Bundesregierung
der Auffassung ist, dass das ISAF-Mandat verlängert
werden sollte und dass unsere Mission in Afghanistan
nicht nur den Menschen in Afghanistan dient, sondern
auch unserer eigenen Sicherheit, sind bereits ausgetauscht
worden.
Präsident Obama hat zweifelsohne eine wichtige
Rede gehalten. Er hat sich auch die Zeit genommen,
diese Rede und seine Strategie zu erarbeiten. Ich möchte
hinzufügen: Auch wir werden uns in Deutschland die
Zeit nehmen, das, was in dieser Rede gesagt worden ist,
auszuwerten und selbstverständlich auch mit unseren
Verbündeten zu besprechen.
Ich möchte nach der Diskussion im Auswärtigen Ausschuss
noch einmal mit Nachdruck sagen: Wir werden
selbstverständlich nicht nur mit den Verbündeten reden,
sondern auch mit dem Parlament. Wir wollen mit allen
Fraktionen das Gespräch suchen, wie wir es im Auswärtigen
Ausschuss verabredet haben. Das versteht sich von
selbst.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Ich sehe die Haltung, die wir als Bundesregierung
vertreten haben, durch die Rede von Präsident Obama
vor allen Dingen darin bestärkt, dass auch wir uns innerhalb
dieser deutschen Legislaturperiode eine Abzugsperspektive
erarbeiten wollen. Wir wollen das in den nächsten
Jahren. Es deckt sich mit dem Willen von Präsident
Obama, dass durch die richtige Politik eine Abzugsperspektive
erarbeitet wird und auch in Sicht kommt.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Deswegen ist es sehr wichtig, festzuhalten, dass auch unsere
Verbündeten dieser Auffassung sind. Das ist ein
Einsatz, der ein Ziel hat, nämlich das Ziel der selbsttragenden
Sicherheit in Afghanistan. Es ist kein Einsatz als
Selbstzweck. Wir wollen, dass eine Abzugsperspektive
erarbeitet wird, weil niemand in diesem Hause diesen
Einsatz für die Ewigkeit möchte. Wir wollen, dass das
vor der Abstimmung über die Verlängerung dieses Mandats
klar ist.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Es ist wichtig - auch das hat Präsident Obama in seiner
viel beachteten Rede unterstrichen -, dass es keine
militärische Lösung geben wird. Was es geben wird, ist
eine politische Lösung, die militärisch unterstützt wird.
Das ist ein fundamentaler Unterschied zu Teilen der öffentlichen
Diskussion.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Deswegen setzt die Bundesregierung einen Schwerpunkt
beim zivilen Aufbau. Wir sind bereit - das sagen wir
auch unseren Verbündeten -, mehr beim zivilen Aufbau
zu tun. Wer will, dass eine Abzugsperspektive in Sicht
kommt, muss mehr für die selbsttragende Sicherheit tun
und seinen Beitrag dazu leisten, dass Polizei in Afghanistan
selbst ausgebildet wird und über eine vernünftige
Arbeitstechnik verfügt. Das ist es, worum es in Afghanistan
geht: um eigene Sicherheitsstrukturen in Afghanistan.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Herr Kollege Trittin, um vorab auf Ihre Einwände zu
antworten: Ich sagte, dass das ein Schwerpunkt wird.
Das ist eine klare Aussage der Bundesregierung. Ich
sage hier nicht ohne Grund, dass wir einen Schwerpunkt
auf diesen Bereich legen möchten. Ich habe oft genug in
früheren Debatten genauso wie Sie auf dieses Thema
hingewiesen.
Es ist aus unserer Sicht aber auch notwendig, dass wir
auf die Afghanistan-Konferenz hinweisen. Sie wird mutmaßlich
am 28. Januar nächsten Jahres in London stattfinden.
Es wird mutmaßlich weitere Konferenzen geben,
mutmaßlich auch in Kabul. Das entspricht natürlich der
Notwendigkeit und der Erkenntnis, dass wir schließlich
gemeinsam mit Afghanistan eine Lösung erarbeiten wollen.
Es ist aber aus Sicht der Bundesregierung auch
wichtig, darauf hinzuweisen, dass es zuallererst um strategische
Diskussionen geht und dass die bevorstehende
Afghanistan-Konferenz keine Truppenstellerkonferenz
ist. Diese Afghanistan-Konferenz muss vielmehr Ziele
definieren. Sie muss auch strategische Diskussionen führen
und Analysen vornehmen. Dann geht es um alles
Weitere. Zuerst eine Debatte zu führen, in der es nur
noch darum geht, um wie viele Soldaten aufgestockt
werden soll oder nicht, ist die falsche Reihenfolge. Zuerst
geht es um Ziele, Konzepte und eine gemeinsame
Strategie.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Ich möchte Ihnen vor dem Hintergrund, dass heute
Abend das NATO-Außenministertreffen in Brüssel beginnen
wird, versichern - es wird nächste Woche fortgesetzt;
es gibt verschiedene Debatten am morgigen Tag,
auch im Bündnis; auf Einladung der amerikanischen
Seite wird es mehrere Gespräche am Rande dieser Beratungstage
in Brüssel geben -: Mir ist es wichtig - das
sage ich insbesondere an die Adresse der Opposition, die
ein Recht darauf hat, das zu erfahren -, dass Sie sicher
sein können, dass es jetzt zuerst um eine gemeinsame
strategische Erörterung gehen wird. Es wird nicht so
sein, dass wir nach der anstehenden Abstimmung heute
Abend nach Brüssel fahren und dort Zusagen über Kontingente
machen. Es gilt, was ich hier gesagt habe. Die
Afghanistan-Konferenz ist nicht ohne Grund von
Deutschland, Frankreich und Großbritannien initiiert
worden. Sie ist für uns der richtige Ort für die strategische
Diskussion. Sie können sich darauf verlassen, dass
ich diese Linie im Bündnis heute Abend und morgen
beim NATO-Außenministertreffen verbindlich für unser
Land vertreten werde.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Hans-Ulrich Klose hat das Wort für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Die Entscheidung, die wir heute zu treffen haben,
ist keine Routineentscheidung und darf es auch
nicht sein. Wir müssen uns jedes Mal der Gründe vergewissern,
warum wir in Afghanistan sind und bleiben
wollen. Ich wiederhole sie: einmal, weil seinerzeit ein
deutscher Bundeskanzler nach den Anschlägen von 9/11
den Amerikanern uneingeschränkte Solidarität versprochen
hat - ich gebe zu, ich habe damals bei dem Adjektiv
"uneingeschränkt" etwas gezuckt, aber ich habe nicht
widersprochen -, zum anderen, weil die deutsche Bundesregierung
auf der von ihr organisierten Petersberg-
Konferenz dem afghanischen Volk Hilfe bei der Stabilisierung
und beim Wiederaufbau des Landes versprochen
hat, und weil ich glaube, dass Peter Struck mit seinem
Wort, dass wir am Hindukusch auch unsere Sicherheit
verteidigen, recht hatte; denn jeder weiß: Würden wir
von heute auf morgen von dort abziehen, wären in sechs
Wochen die Taliban wieder dran, und dann wäre Afghanistan
wieder ein Safe Haven für Terrorismus. Das wollen
wir nicht.
Weil das so ist, wird die sozialdemokratische Fraktion
der Verlängerung des Mandats mit großer Mehrheit zustimmen.
Dennoch sind dieses Mal einige Besonderheiten
zu bedenken: erstens die Präsidentenwahl in Afghanistan.
Dabei hat es Unregelmäßigkeiten gegeben, die
weit über das normale Maß hinausgehen. Karzai ist, vorsichtig
formuliert, ein umstrittener Präsident auch in
Afghanistan. Ich möchte nicht so weit gehen, ihn als Teil
des Problems zu bezeichnen, aber von Good Governance
ist Afghanistan weit entfernt. Mangelnde Effizienz und
grassierende Korruption sind die Stichworte, die die
Lage richtig beschreiben.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN)
Zweitens der Vorfall in Kunduz; denn das Bombardement
der Tanklastfahrzeuge in der Nacht vom 3. auf den
4. September hat das Bild der Bundeswehr in Afghanistan,
aber auch hier bei uns verändert. Es gibt eine Vielzahl
von Fragen, mit denen sich der Verteidigungsausschuss
als Untersuchungsausschuss beschäftigen wird.
Sie betreffen nicht nur den Bereich des Verteidigungsministeriums,
die Frage also, wann wer von wem informiert
worden ist; sie gelten vor allem dem Vorfall selbst,
will sagen: Es geht um die Frage, ob die Bombardierung
ein Fehler war oder doch nötig, gerechtfertigt oder angemessen.
Vor allem um diese Fragen muss sich der Untersuchungsausschuss
kümmern, weil wir, das deutsche Parlament, wissen müssen, wie die Parlamentsarmee Bundeswehr im konkreten Fall in Afghanistan agiert.
Dabei muss auch die Bundeswehr ausreichend zu Wort
kommen, vor allem der Offizier, der den Befehl gegeben
hat. Er steht im Zentrum der Kritik, und deshalb ist es
wichtig, seine Lageeinschätzung und seine Motivation
kennenzulernen. Vorverurteilungen sollten wir tunlichst
unterlassen.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der
FDP)
Drittens. Zu bedenken ist aber auch, was Präsident
Obama am 1. Dezember zur neuen amerikanischen
Afghanistan-Strategie gesagt hat. Es war, wie immer,
eine eindrucksvolle Rede, über die ich, um ehrlich zu
sein, gleichwohl nicht glücklich bin: zum einen, weil ich
das Gefühl habe, die Rede sei mehr der amerikanischen
Innenpolitik geschuldet als der konkreten Lage in
Afghanistan, zum anderen, weil die neue amerikanische
Strategie immer noch zu sehr auf militärische Mittel,
mehr Soldaten setzt, obwohl wir doch alle wissen, dass
der Konflikt in Afghanistan mit militärischen Mitteln allein
nicht zu lösen ist. Zugegeben, der Präsident hat auch
über eine zivile Strategie gesprochen, und von Partnerschaft
mit Pakistan in diesen Punkten ist die Rede, aber
nach meinem Dafürhalten sehr allgemein und sehr
knapp. Etwas genauer hätte ich es schon ganz gern gehört.
Mit welchen militärischen Mitteln will man die
Momentum genannte Wende im Kampf gegen die Taliban
denn herbeiführen? Von wem und in welcher Zeit
sollen wie viele afghanische Soldaten und Polizisten
ausgebildet werden, die nach anderthalb Jahren schrittweise
die Verantwortung für ihr Land übernehmen sollen?
In welcher Weise sollen die regionalen Führer in die
Stabilisierungsbemühungen einbezogen werden? Sie
müssen es! Genügt die Partnerschaft mit Pakistan, oder
müssen auch andere Nachbarländer in die Stabilisierungsbemühungen
eingebunden werden? Vielleicht Indien?
Ganz sicher Iran und die nördlichen Nachbarn.
Auch Russland und China?
Ich bin nicht glücklich, weil ich finde, die neue Strategie
der USA hätte vorher mit den Alliierten besprochen
werden müssen, und zwar im NATO-Rat, zumal
der Präsident die NATO-Relevanz seiner Entscheidung
ausdrücklich und mehrfach betont hat.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich weiß, der Präsident hat unter anderem die Bundeskanzlerin
einige Stunden vor seiner Rede über deren Inhalt
informiert. Das reicht aber nicht aus. Besser wäre es
gewesen, die Verbündeten in diesen Entscheidungsprozess
einzubeziehen, damit aus der amerikanischen eine
solidarische NATO-Entscheidung wird. Wer allein entscheidet
und dann erwartet, dass die Verbündeten liefern,
mehr Soldaten vor allem, der plädiert in Wahrheit für ein
militärisches Weiter-so in einer Koalition der Willigen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das habe ich immer, auch hier in diesem Hause, kritisiert,
und ich kritisiere es auch heute. Antiamerikanische
Motive wird man mir dabei nicht unterstellen.
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wahr!)
Ich bin für amerikanisches Leadership, füge aber
hinzu: Es wäre hilfreich, wenn die Verbündeten gefragt
würden, bevor in Washington über eine neue Strategie
entschieden wird. Weil ich das so sehe, unterstütze ich,
Frau Bundeskanzlerin, ausdrücklich die Position der
Bundesregierung, die ihre Afghanistan betreffenden Entscheidungen
erst nach dem 28. Januar 2010, also nach
der Strategiekonferenz in London, treffen will. Ich betone
übrigens: Strategiekonferenz, keine Truppenstellerkonferenz.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/
CSU und der FDP)
Im Übrigen verweise ich auf den Entschließungsantrag
der SPD-Bundestagsfraktion. Ich gehe davon aus,
dass dieser Antrag wie üblich in die Ausschüsse überwiesen
wird. Das ist gut so, weil es uns Gelegenheit gibt,
uns um die Details einer verbindlichen Roadmap zu
kümmern und Einfluss zu nehmen auf die erwähnte
Konferenz in London. Das Parlament ist dort nicht vertreten
- leider. Die Bundesregierung wäre jedoch gut beraten,
auf die Stimmen des Parlamentes, auch die der
Opposition, zu hören.
Zum Schluss. Zwei der drei heutigen Oppositionsfraktionen
haben in den vergangenen sieben bzw. elf
Jahren aufseiten der Regierung über wichtige Afghanistan
betreffende Fragen mit entschieden. Die SPD-Fraktion
steht zu der Verantwortung, die sie dadurch übernommen
hat, auch in der Opposition.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der
FDP sowie des Abg. Thomas Koenigs
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Der Kollege Dr. Andreas Schockenhoff hat das Wort
für die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
In Afghanistan ist kein Erfolg allein mit militärischen
Mitteln zu erzielen. Das sagen wir in fast jeder
Rede zu diesem Thema. Zu oft wird dabei aber vergessen:
In Afghanistan ist auch kein Erfolg ohne militärische
Mittel zu erzielen. Wir alle sind uns einig in der
Anerkennung der Tragweite unserer Entscheidung, deutsche
Soldaten nach Afghanistan zu schicken. Wir alle
anerkennen die Verantwortung, die wir damit übernehmen,
und wir alle sind uns darin einig, dass wir uns diese
Entscheidung nicht leicht machen dürfen und dass uns
diese Entscheidung durch die Ereignisse und Entwicklungen
in Afghanistan alles andere als leicht gemacht
wird.
Ich will mich auch auf die Rede von Präsident Obama
in West Point beziehen. Er hat gesagt: "Afghanistan ist
nicht verloren, aber es hat sich seit einigen Jahren zurückbewegt."
Eine radikale Allianz aus religiösen Fanatikern,
regionalen Aufständischen und Terroristen hat
die Sicherheitslage in vielen Landesteilen verschlechtert.
Korruption und Drogenkriminalität zehren weiter wie
ein Krebsgeschwür am Körper des afghanischen Staates,
und die Umstände der Wiederwahl Präsident Karzais haben
diese nicht gerade zu einem Jubelfest der Demokratie
gemacht. Ich sage ganz offen: Ich verstehe jeden,
dem unser Engagement in Afghanistan Kopfschmerzen
bereitet. Ich verstehe jeden, der sich fragt, ob wir hier
auf dem richtigen Weg sind, und ich verstehe jeden, der
diesen Einsatz lieber heute als morgen beendet sehen
will. Mir geht es auch so. Aber ich sagte schon, wir sind
uns der Verantwortung bewusst, die wir mit dieser
Mandatserteilung übernehmen, und dazu gehört die Erkenntnis,
dass es zu diesem Mandat, zu diesem Einsatz
unserer Soldatinnen und Soldaten, keine vernünftige Alternative
gibt. Ich weiß, einige in diesem Haus sehen das
anders.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Das stimmt!)
- Das stimmt, Herr Ströbele. Aber, Herr Ströbele, Sie
sollten sich fragen: Wer würde die Aufbauhelfer schützen,
wenn die Soldaten plötzlich abzögen? Wer würde
dafür sorgen, dass die gebauten Brücken nicht wieder
gesprengt, die neu gebauten Schulen nicht wieder geschlossen
würden, die neu erlangten Freiheiten nicht
wieder einkassiert würden? Wer würde das Erreichte absichern,
und wer würde künftige Weiterentwicklungen
ermöglichen?
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten
der FDP)
Die afghanischen Sicherheitskräfte jedenfalls sind dazu
noch nicht in der Lage. Das ist nicht nur unsere Analyse,
so sagt es auch die afghanische Regierung, und es ist vor
allem auch die Auffassung der Mehrheit der Menschen
in Afghanistan.
Ich bin der Kollegin Marieluise Beck dankbar, dass
sie einen Brief afghanischer Frauen an uns alle weitergeleitet
hat. In diesem Brief heißt es:
Der Abzug der deutschen Truppen würde einen herben
Rückschlag in Bezug auf sämtliche Entwicklungen
bedeuten, die stattgefunden haben.
Und weiter:
Deshalb möchten wir die internationale Gemeinschaft
und insbesondere die Bundesrepublik
Deutschland ermuntern und um ein langfristiges
Engagement in unserem Land bitten. Auf Ihren
Beitrag - militärisch wie zivil - kommt es an, damit
wir die Chance auf eine friedliche, demokratische
Zukunft erhalten.
- So weit die afghanischen Frauen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir haben
ein klares politisches Interesse an einer solchen friedlichen,
demokratischen Entwicklung in Afghanistan.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Dafür führen wir Krieg!)
Wir haben ein Interesse daran, dass das afghanische
Volk nicht wieder zur Geißel einer Gewaltherrschaft
wird, die die Gewalt auch nach außen trägt.
Spätestens seit dem 11. September 2001 wissen wir,
dass die Sicherheit und die Stabilität Afghanistans mit
unserer Sicherheit verbunden sind. Wir wissen auch,
dass sich eine Destabilisierung Afghanistans unweigerlich
auf dessen Nachbarland Pakistan und damit auf die
ganze Region ausweiten würde.
Stellen wir uns das doch einmal vor: Afghanistan
wird von der internationalen Schutztruppe sich selbst
überlassen, es versinkt erneut im Bürgerkrieg, al-Qaida
und die Taliban erstarken wieder, sie setzen ihre Angriffe
gegen den Nachbarstaat Pakistan mit doppelter
Härte und Brutalität fort, Pakistan als Nuklearmacht
stürzt ins Chaos, Indien wird sich gezwungen sehen, einzuschreiten,
und der Westen ist von einem erneuten
schrecklichen Terroranschlag bedroht.
Und noch etwas gibt es zu bedenken: Wenn die Mission
von 43 Staaten, angeführt von den USA und der
NATO, die unter einem Mandat der Vereinten Nationen
Frieden und Stabilität in ein kleines unterentwickeltes
Land bringen soll, nach fast einem Jahrzehnt eines teuren
und aufopferungsvollen Engagements nicht Erfolg
hat, dann steht nicht nur die NATO vor einem Scherbenhaufen,
dann können sich auch die Vereinten Nationen,
die diesen Auftrag mandatiert haben, auf Jahrzehnte hinaus
von jeder Glaubwürdigkeit ihrer Friedensmissionen,
ja ihres ganzen Auftrags verabschieden. Das alles müssen
wir sehen.
Wir übernehmen mit unserer Entscheidung für dieses
Mandat Verantwortung für die Stabilität Afghanistans
und seiner Region, für die Zukunft seiner Menschen, die
sich ein Leben in Frieden wünschen, für die Sicherheit
der Menschen hier bei uns, für das Ansehen der NATO
und für die Glaubwürdigkeit der Vereinten Nationen.
Für all diese Ziele müssen wir entschlossen einstehen,
und unsere Beteiligung am ISAF-Einsatz ist dafür ein
unerlässlicher Beitrag.
Meine Damen und Herren, auf der Afghanistan-Konferenz
am 28. Januar wollen die ISAF-Partner gemeinsam
mit der afghanischen Regierung neue Ziel- und
Zeitvorgaben definieren. Maßgabe dabei wird sein, dass
die Afghanen mehr und mehr die Verantwortung für die
Stabilisierung ihres Landes und seinen Aufbau übernehmen
müssen, dass die Afghanisierung des Einsatzes vorangetrieben
werden muss. Wir wollen, dass dort konkrete
Ziele und überprüfbare Teilschritte vereinbart
werden: für die wirtschaftliche Entwicklung, für die
Ausbildung von Polizei und Armee, für die Bekämpfung
von Korruption, Drogen und Kriminalität, für gute Regierungsführung,
für die Achtung von Menschenrechten.
In den nächsten fünf Jahren müssen auf all diesen Feldern
deutliche Fortschritte erzielt werden, um den internationalen
Truppen zu ermöglichen, sich immer mehr
zurückzuziehen.
Wir wissen noch nicht, was dies für unseren Anteil
am ISAF-Einsatz bedeutet. Das ist der Grund - der Außenminister
hat es gesagt -, warum wir das ISAF-Mandat
heute zunächst inhaltlich unverändert verabschieden
wollen.
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Um ein Jahr verlängern, Herr Kollege!)
Wir wollen dem Ergebnis der Konferenz und den Konsequenzen,
die daraus zu ziehen sein werden, in keiner
Weise vorgreifen. Das ist die richtige Reihenfolge.
Eines aber ist klar - auch das hat der Außenminister
noch einmal unterstrichen -: Es geht um die Schaffung
selbsttragender Sicherheit und Stabilität. ISAF und unsere
afghanischen Partner müssen in den nächsten Jahren
die Voraussetzungen für eine Übergabe der Verantwortung
von ISAF an die afghanischen Sicherheitskräfte
schaffen. Dies ist kein endloser Einsatz.
Meine Damen und Herren, ich wiederhole es: Ich
habe Respekt und Verständnis für alle Kolleginnen und
Kollegen, die mit diesem Einsatz Schwierigkeiten haben.
Dies ist ein schwieriger Einsatz, und die Ereignisse
vom 4. September zeigen, in welch schwierige Situationen
er unsere Soldaten führt. Da dürfen wir uns die Entscheidung
auch nicht leicht machen. Wir müssen diesen
Einsatz immer wieder neu bewerten.
Das Ergebnis dieser Bewertung fällt für mich heute
aber eindeutig aus: Es gibt keine verantwortbare Alternative
zu diesem Einsatz, nicht für Afghanistan und
seine Menschen und auch nicht für unsere Sicherheit.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Jan van Aken hat das Wort für die Fraktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie werden
gleich dafür stimmen, 4 500 deutsche Soldaten in
den Krieg zu schicken. Sie sagen es nur nicht. Sie reden
hier die ganze Zeit von Mandat, von Abzugsperspektive
- auf das Wort muss man erst einmal kommen -, von
Missionen, von Einsatz, als ob das Ganze eine Feuerwehrübung
in Castrop-Rauxel wäre.
(Heiterkeit bei der LINKEN - Stefan Müller
[Erlangen] [CDU/CSU]: Quatsch!)
Das ist es aber nicht. Es geht hier um einen Krieg. Die
Entscheidung, die Sie gleich im Bundestag treffen, wird
Menschenleben kosten, und das verschweigen Sie.
(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von der
SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Ihre auch!)
Wie weit dieses Ausblenden einer Kriegsrealität geht,
musste ich vor zwei Tagen in voller Breite und Tiefe erfahren.
Da habe ich den Verteidigungsminister zu
Guttenberg gefragt, wie viele zivile Opfer es insgesamt
in den letzten Jahren durch die Bundeswehr in Afghanistan
gegeben hat. Er wusste es nicht.
(Zuruf von der LINKEN: Das interessiert ihn
ja nicht!)
Auch die ganze Riege der Generäle, die hinter ihm saß,
wusste es nicht. Das interessiert Sie einfach nicht, wenn
in Ihrem Krieg unschuldige Zivilisten zu Tode kommen,
(Beifall bei der LINKEN)
es sei denn, es steht irgendwann einmal in der Bild-Zeitung.
(Joachim Spatz [FDP]: Unverschämtheit! -
Dr. Rainer Stinner [FDP], an den Abg.
Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE] gewandt:
Herr Gehrcke, ist das Ihr Mann? Das kann
doch nicht sein!)
Es geht hier auch nicht nur um die Bombenabwürfe in
Kunduz. Die beiden Tanklaster sind doch nur die Spitze
des Eisberges. Darunter liegen viele Tausende Tote. Ich
habe hier nur eine Zahl von den Vereinten Nationen für
Sie: In den letzten zweieinhalb Jahren sind in Afghanistan
4 654 unschuldige Zivilisten bei Kampfhandlungen
getötet worden, ein Drittel davon von afghanischen und
westlichen Truppen.
(Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Und was ist mit den anderen zwei
Dritteln?)
Darin sind all die noch nicht eingerechnet, die im Krieg
an Unterernährung und Krankheit gestorben sind.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Herr zu Guttenberg, es reicht einfach nicht, dass Sie einen
Krieg auch einen Krieg nennen. Sie müssen auch sagen,
welches Elend und welche Zerstörung dieser Krieg
jeden Tag in Afghanistan bedeutet.
(Beifall bei der LINKEN)
Ihre Soldaten wissen das ganz genau.
Ich möchte jetzt den Wehrbeauftragten der Bundesregierung
zitieren.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Des Deutschen
Bundestages, nicht der Bundesregierung!)
Er hat immer einen sehr engen Kontakt zu den Soldaten.
Er hat neulich in einer Fernsehsendung etwas gesagt,
was mir bis heute keine Ruhe lässt. Er sagte nämlich, bei
seinem letzten Besuch in Afghanistan hätten deutsche
Soldaten ihn bedrängt: Herr Robbe, wenn Sie wieder in
Berlin sind, dann sagen Sie doch bitte, dass im Moment
hier keine Brunnen gebaut werden und auch keine Schulen
errichtet werden, sondern dass hier Krieg stattfindet. -
Das ist die Stimme der deutschen Soldaten in Afghanistan.
Ich habe mir kurz überlegt, ob ich diesen Satz heute
nicht immer und immer wieder vorlesen soll: Sagen Sie
doch bitte, dass im Moment hier keine Brunnen gebaut
werden und auch keine Schulen errichtet werden, sondern
dass hier Krieg stattfindet.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir müssen endlich aufhören, diesen Krieg als große
Aufbauaktion darzustellen. Wenn ich Ihnen heute hier
zuhöre, dann habe ich das Gefühl, Sie schicken Care-Pakete
nach Afghanistan und keine Soldaten. Wenn die
deutschen Soldaten selber sagen, hier werde nichts aufgebaut,
dann müssen Sie auch einmal darauf hören.
(Widerspruch bei der FDP)
Das Gleiche gilt übrigens auch für die Entwicklungshelfer,
die tagtäglich vor Ort sind. Sie sagen seit Jahren
das Gleiche: Da, wo das Militär ist, können wir gar
nichts aufbauen. - Erst gestern hat dazu CARE, eine der
größten internationalen Hilfsorganisationen, deutliche
Worte gefunden: In dem Moment, in dem wir gezwungen
werden, mit dem Militär zusammenzuarbeiten, werden
wir von den Menschen vor Ort nicht mehr akzeptiert.
Dieses Risiko können wir nicht eingehen. Deshalb
nehmen wir kein Geld an, das uns zwingen würde, mit
dem Militär zusammenzuarbeiten.
(Beifall bei der LINKEN - Joachim Spatz
[FDP]: Das ist doch Quatsch!)
Nehmen wir doch einmal einen Zeugen aus den Reihen
der Bundeswehr. Der ehemalige Bundeswehrarzt
Reinhard Erös baut seit sieben Jahren in Afghanistan
Schulen für Mädchen und Jungen,
(Joachim Spatz [FDP]: Ich denke, es werden
keine mehr gebaut!)
und zwar im Osten, wo die Amerikaner sind, also mitten
im Hauptkampfgebiet, mitten im Taliban-Gebiet. Was
sagt er dazu? Ich habe neulich mit ihm in einer Talkshow
gesessen, in der er gesagt hat: Die Voraussetzung dafür,
dass ich Schulen bauen und betreiben kann, ist, dass sich
das Militär heraushält. Die Amerikaner haben bei uns
die strikte Vorgabe, an die sie sich auch halten: Kommt
unseren Schulen nicht zu nahe, Distanz vier bis fünf Kilometer.
- Das hat er militärisch präzise ausgedrückt.
(Zuruf von der FDP: Gilt das auch für die Taliban?)
Herr Erös sagte weiter: Verbindet Schulen nicht mit
westlichen Soldaten. Und das funktioniert mitten im Taliban-
Gebiet. - Das sind die Realitäten. Hören Sie endlich
auf, hier Krieg als Wohltätigkeitsveranstaltung anzupreisen!
(Beifall bei der LINKEN)
Eine Frage habe ich die ganze Zeit: Warum überhaupt,
warum schicken Sie jetzt wieder 4 500 deutsche
Soldaten in den Krieg? In ihrem Antrag nennt die Bundesregierung
dafür genau zwei Gründe. Der erste Grund
ist die Sicherheit Deutschlands, also Terrorbekämpfung.
Dabei wissen doch alle Militärs und auch Sie, Herr zu
Guttenberg, ganz genau, dass sich Terror nicht mit Krieg
bekämpfen lässt.
(Beifall bei der LINKEN)
Im Gegenteil: Mit jedem einzelnen Bombenabwurf und
mit jedem einzelnen Toten in Afghanistan wächst der
Widerstand dort. Auch die internationalen Terrororganisationen
bekommen mehr und mehr Zulauf von jungen
Leuten.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Der zweite Grund, den Sie nennen, ist die Bündnistreue.
Sie schreiben in dem Antrag, dem Sie gleich zustimmen
werden, als Begründung für den Kriegseinsatz:
Für die Bundesregierung ist es eine Frage der
Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit als Bündnispartner
...
Wenn ich mir vorstelle, dass mir als Soldaten in Afghanistan
die Kugeln rechts und links um die Ohren fliegen
und mein oberster Dienstherr mir sagt: "Das machst du,
um die deutsche Bündnistreue zu demonstrieren", dann
muss ich doch sofort den Dienst quittieren.
(Beifall bei der LINKEN - Birgit Homburger
[FDP]: Waren Sie mal da?)
Nehmen Sie sich ein Beispiel an Kanada und Australien,
die den Mut hatten, ihre Soldaten aus Afghanistan
abzuziehen. Nehmen Sie sich auch ein Beispiel am niederländischen
Parlament, das den Mut hatte, den Abzug
seiner Soldaten zu beschließen.
(Beifall bei der LINKEN)
Bringen auch Sie endlich den Mut auf, den Abzug der
deutschen Soldaten zu beschließen und jetzt endlich den
Weg zum Frieden einzuschlagen.
Die spannende Frage ist natürlich: Was ist der Weg
zum Frieden? Wie könnte er aussehen? Da muss man
das Rad gar nicht neu erfinden.
(Dr. Lutz Knopek [FDP]: Der Wähler wollte
etwas anderes!)
Denn in jedem Krieg ist der allererste Schritt, den man
machen muss, um zum Frieden zu kommen, ein Waffenstillstand.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Mit wem eigentlich?)
Warum redet hier eigentlich niemand über Waffenstillstand?
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN -
Lachen bei der FDP)
Der kann natürlich scheitern. Aber ohne einen Waffenstillstand
wird es niemals Frieden geben.
(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Mit
wem?)
Das war in jedem Krieg so, und das ist auch im Afghanistan-
Krieg so.
Also, Herr Westerwelle, wann fangen die Verhandlungen
an? Wissen Sie jetzt schon, mit welchen lokalen
Führern Sie dann zusammenarbeiten wollen?
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich würde Gregor Gysi hinschicken!
Der hat das in Serbien auch schon versucht!)
Haben Sie den Waffenstillstand schon auf die Tagesordnung
der Afghanistan-Konferenz gesetzt?
(Dr. Karl A. Lamers [Heidelberg] [CDU/
CSU]: Mit wem?)
Das darf doch keine Truppenstellerkonferenz, sondern
muss eine Friedenskonferenz werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir als Linke bleiben dabei: Wir lehnen diesen Krieg
ab. Wir lehnen den Kriegseinsatz der deutschen Soldaten
ab, und wir werden uns weiterhin im Bundestag und auf
der Straße für einen Waffenstillstand, für einen wirklich
zivilen Aufbau in Afghanistan und für einen endgültigen
Frieden einsetzen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN - Zuruf
von der SPD: Das machen wir auch!)
Vorhin hat ein Abgeordneter der CDU/CSU Immanuel
Kant zitiert:
Der Friede ist das Meisterstück der Vernunft.
Recht hat er. Aber der Krieg, den Sie jetzt gleich beschließen,
ist das Meisterstück der Unvernunft.
(Beifall bei der LINKEN)
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Deutschland
keine Waffen mehr exportieren sollte. Ob wir nun deutsche
Soldaten oder deutsche Waffen in einen Krieg schicken,
beides ist falsch. Ich sage Ihnen: Wir werden keine
Ruhe geben, bis beides aufhört.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der LINKEN)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Jürgen Trittin hat jetzt das Wort für Bündnis 90/Die
Grünen.
(Zuruf von der LINKEN: Jetzt kommt wieder
"weder noch"!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber
Herr Kollege van Aken, man kann ja unterschiedlicher
Auffassung über diesen Einsatz sein und darüber so oder
so denken. Eines aber sollten Sie sich klarmachen: Egal
wie sich ein Mitglied dieses Hauses entscheidet, egal ob
er dafürstimmt, dagegenstimmt oder sich enthält, diese
Entscheidung hat so oder so Konsequenzen für das Leben von Soldatinnen und Soldaten, von Entwicklungshelfern
sowie von Afghaninnen und Afghanen. Das Dilemma
ist, dass es keine Entscheidung gibt, die wirklich
das erzeugt, was wir alle uns wünschen, nämlich dass
niemand in Gefahr kommt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)
Es geht um eine Abwägung und in diesem Sinne um gegenseitigen
Respekt.
Wir sollten es uns nicht einfach machen. In Afghanistan
geht es um einen Stabilisierungseinsatz im Auftrag
des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Wir haben
es nicht mit einer imperialistischen Invasion zu tun. Wir
haben es nicht mit dem Überfall der Sowjetunion auf
dieses Land zu tun, sondern mit einem Stabilisierungseinsatz
im Auftrag der Vereinten Nationen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)
Es ist das Wesen eines solchen Stabilisierungseinsatzes,
dass er nur dann erfolgreich sein kann, wenn man
den Grundgedanken, dass irgendein Problem auf dieser
Welt nur militärisch zu lösen ist, überwindet, aber
gleichzeitig weiß, dass die Stabilisierung von zerfallenden
Gesellschaften nur in einem vernünftigen Zusammenwirken
von Sicherheit - das beinhaltet auch militärische
Sicherheit - und Entwicklung stattfinden kann. Es
geht dabei darum, dies unter dem Primat des Zivilen in
ein vernünftiges, ausgewogenes Verhältnis zu bekommen.
So schafft man heute auf diesem Globus, in einer
komplizierteren Welt, Frieden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der
CDU/CSU und der FDP)
Dazu gehört auch, dass man, wenn etwas schiefgeht,
wenn ein Fehler passiert, über diejenigen, die solche
Entscheidungen in Extremsituationen zu treffen haben,
nicht leichtfertig den Stab bricht; denn solche Fehler
können passieren. In Richtung der Bundesregierung sage
ich aber: Solche Fehler darf man nicht vertuschen; man
muss sie als Fehler benennen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD)
Denn nur wenn man solche Angriffe wie den vom
4. September 2009 als Fehler benennt, haben wir gemeinsam
die Chance, aus einem solchen Fehler zu lernen
und dafür Sorge zu tragen, dass sich solche Fehler
tunlichst nicht wiederholen. Bei Ihnen, Herr Bundesverteidigungsminister,
Frau Bundeskanzlerin, vermisse ich,
dass Sie auf dem Stand des Wissens, das Sie heute haben,
zugeben, dass es falsch war, wie an dieser Stelle
agiert wurde, und uns erklären, wie man das künftig anders
machen will.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der
LINKEN)
Wir wissen, wie Sie, dass es ein einfaches Weiter-so und
ein Durchwursteln bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag
nicht geben wird. Deswegen brauchen wir - der Außenminister
hat darauf hingewiesen - eine Abzugsperspektive.
Sie haben sich auf Präsident Obama berufen. Präsident
Obama hat drei Elemente benannt:
(Christine Buchholz [DIE LINKE]: 30 000 Truppen!)
militärische Aufstockung, mehr zivile Hilfe und ein konkretes
Datum, an dem der Abzug beginnt. Das alles haben
Sie aber in Ihrem Mandat - und Sie berufen sich auf
Obama - nicht vorgesehen. Sie legen uns ein Mandat
vor, in dem es heißt: Wir machen erst einmal ein Jahr so
weiter und ändern es eventuell im Lichte der Ergebnisse
der Afghanistan-Konferenz, wir sagen aber heute noch
nicht, wie.
(Birgit Homburger [FDP]: Das können wir
auch gar nicht! - Volker Kauder [CDU/CSU]:
Vor der Konferenz kann man nicht wissen, was
rauskommt!)
Ich sage Ihnen: Das ist ein Ansinnen an den Deutschen
Bundestag, einen Blankoscheck auszustellen. Ich hätte
mir gewünscht, Herr Westerwelle, dass Sie mit Ihrer
mehrfachen Ankündigung, ein konkretes zivil-militärisches
Mandat vorzulegen, ernst gemacht hätten, und
nicht allgemein versprechen, dass Sie für den Polizeiaufbau
mehr tun wollen; denn das hören wir seit drei Jahren.
Vielmehr hätte ich von Ihnen die verbindliche Zusage
erwartet, dass Sie endlich 500 Polizistinnen und
Polizisten nach Afghanistan schicken, weil das die Voraussetzung
dafür ist, dass es dort 80 000 Polizistinnen
und Polizisten geben kann.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das alles sind Sie uns schuldig geblieben. Sie sind
nicht einmal in der Lage, zu benennen, mit welchen zivilen
Vorschlägen und wie viel zusätzlichen Euros an Entwicklungshilfe
Sie in diese Afghanistan-Konferenz gehen.
Von uns erwarten Sie aber, dass wir für ein Jahr
verlängern. Ich sage Ihnen: Wenn Sie diese Konferenz
ernst nehmen würden, dann hätten Sie diesen Vorschlag
nicht machen dürfen. Dann hätten Sie sagen müssen:
Okay, wir wissen noch nicht, was bei dieser Konferenz
vorgeht. Wir gehen mit verschiedenen Vorschlägen hin
und werden das Mandat im Lichte dieser Konferenz verändern,
und weil wir es danach ändern, verlängern wir
das Mandat erst einmal für ein halbes Jahr. In anderen
Fällen haben Sie das auch gekonnt. Sie aber lassen uns
im Unklaren über Ihre Absichten. Sie sagen nicht, wohin
Sie wollen. Sie machen unverbindliche Ankündigungen,
erwarten aber von uns, dass wir zu einem weiteren Jahr
Ja sagen. Ich finde, das ist eine Überforderung.
Wir Grüne stehen zu unserer Verantwortung in
Afghanistan. Es kann und darf keinen Sofortabzug geben,
aber am Ende des Tages brauchen wir eine konkrete
Abzugsperspektive und eine Aufbauoffensive. Die bleiben
Sie schuldig. Deswegen sagt die große Mehrheit
meiner Fraktion - zu Ihrem Mandat, nicht zu Afghanistan -: Wir können diesem Mandat nicht zustimmen. Deshalb
werden wir uns enthalten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem
Kollegen Polenz.
Herr Kollege Trittin, ich hatte mich zu einer Zwischenfrage
gemeldet, die Sie leider nicht zugelassen haben.
Deshalb möchte ich mich in dieser Form auf die
letzte Passage Ihres Beitrags beziehen, in der Sie kritisieren,
dass die Bundesregierung erneut ein Mandat für
ein Jahr beantragt. Glauben Sie nicht, dass in dieser Situation
ein auf ein halbes Jahr verkürztes Mandat dahin gehend
weltweit große Kommunikationsprobleme ausgelöst
hätte, dass es in der Diskussion im Bündnis so hätte
verstanden werden können, als sei das der Anfang vom
Ende des deutschen Engagements in Afghanistan?
(Zuruf von der LINKEN: Das wäre doch gut!)
Herr Trittin, wenn man die Regierung in der Frage der
Kommunikation kritisiert und die eine oder andere Enthaltung
in Ihrer Fraktion damit begründen will, muss
man einbeziehen, dass es hier nicht nur eine Binnenkommunikation,
sondern auch eine Kommunikation nach
draußen gibt. Sie wissen genauso gut wie ich, dass bereits
jetzt - zum Beispiel auch weil die Rede des amerikanischen
Präsidenten vergleichsweise spät kam - in der
Region die Sorge besteht, die 43 Länder, die sich jetzt
für die internationale Gemeinschaft in Afghanistan engagieren,
könnten vielleicht doch vorzeitig diesem Land
den Rücken kehren und diejenigen im Stich lassen, die
sich jetzt mit uns für den Aufbau ihres Landes engagieren.
Die müssen wir im Blick haben, und deshalb glaube
ich, dass der Antrag der Bundesregierung, am Einjahresmandat
festzuhalten, genau richtig ist.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Herr Polenz, das Signal für Ihre Zwischenfrage kam
außerhalb der zugestandenen Redezeit; das konnten Sie
nicht wissen. Jetzt erhält Herr Trittin das Wort für eine
Erwiderung.
Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrter Herr Kollege Polenz, entschuldigen Sie,
aber ich habe Ihre Meldung nicht gesehen. Ich wollte Ihrer
Frage überhaupt nicht ausweichen. Ich finde, Sie haben
eine wichtige und richtige Frage angesprochen. Die
Bundesregierung hätte aber Alternativen gehabt. Wir
können als Parlament immer nur Ja oder Nein sagen. Die
Bundesregierung hätte uns heute ihre Vorstellungen, die
sie für ein Mandat hat, auch was die zivile Seite - die
Aufstockung der Entwicklungshilfe und der Polizei - angeht,
hier vorlegen können; dann würde über die Sachlage,
die Sie angesprochen haben, anders diskutiert.
Die Bundesregierung hätte sich auch entscheiden
können, zu sagen: Wir wissen nicht, wie weit wir gehen.
Bis heute gibt es keine Äußerung der Bundesregierung
zu den Ankündigungen auch aus Ihren Reihen - der Kollege
redet nachher noch -, man sei bei der Aufstockung
der Truppen flexibel. Es gibt bis heute keine Antwort auf
die Frage, warum der entsprechende Teil des Haushalts
um 200 Millionen Euro aufgestockt worden ist. All dies
ist unklar.
Deswegen hätten Sie das tun müssen - Sie heben auf
die Binnenkommunikation ab -, was Sie in einem anderen
Fall auch getan haben: Sie hätten das Mandat auf ein
halbes Jahr begrenzen müssen. Das können Sie, wie man
am Beispiel UNIFIL sieht. Da sind Sie sogar in der
Lage, das Mandat so sehr zu verkürzen, dass es schon
vor dem nächsten Beschluss des Sicherheitsrates über
ein zusätzliches UNIFIL-Mandat ausläuft; Sie lassen es
zwei Monate vorher enden. Wenn es Ihnen mit den
Signalen an die Verbündeten ernst ist, hätten Sie in diesem
Fall zumindest sagen müssen: Wir verlängern bis
August, weil dann der Sicherheitsrat entschieden hat.
Ich sage Ihnen: Heute wäre es richtig gewesen, uns
entweder ein komplettes zivil-militärisches Mandat vorzulegen
oder aber das Mandat, wie es in unserem Entschließungsantrag
heißt - das wäre logisch gewesen -,
auf ein halbes Jahr zu verkürzen, verbunden mit der
Klarstellung, dass darauf ein neues Mandat folgen wird.
Das haben Sie versäumt; das bringt uns in die Situation,
Ihrem Antrag in der Form nicht zustimmen zu können.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Der Kollege Dr. Rainer Stinner hat das Wort für die
FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
In diesen Tagen schaut die ganze Welt auf Afghanistan.
Wir alle merken, dass unsere heutige Debatte in der
deutschen Öffentlichkeit eine viel größere Resonanz findet
als in den vergangenen Jahren. Ich finde das gut;
denn wir nehmen heute wieder einmal eine wichtige
Weichenstellung vor; wir treffen eine wichtige Entscheidung
für unser Land und die internationale Gemeinschaft.
Wir von der FDP-Fraktion werden dem Mandatsantrag
der Bundesregierung zustimmen. Es ist im deutschen
nationalen Interesse, dass Afghanistan nicht wieder
zur Brutstätte des internationalen Terrorismus wird.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Es ist im deutschen nationalen Interesse, dass das Land
stabilisiert wird, dass sich das Land und die Region nicht
zu einem unüberschaubaren Pulverfass entwickeln, das
die Sicherheit der Region und der ganzen Welt gefährdet.
Wir können und wollen es auch nicht zulassen, dass
dieses Land wieder in die Steinzeit zurückgebombt wird,
mit unübersehbaren Folgen für die ganze Bevölkerung,
insbesondere für Frauen und Kinder.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Meinen Sie die US-Bombenangriffe?)
Wer angesichts dieser Tatsache heute hier, im Deutschen
Bundestag, öffentlich den sofortigen Abzug deutscher
Soldaten fordert, handelt völlig verantwortungslos.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Zuruf
von der LINKEN: Sie handeln verantwortungslos!)
Wer heute hier den sofortigen Abzug fordert, zeigt ein
weiteres Mal, dass ihm das Schicksal von Millionen von
Menschen völlig egal ist.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU -
Widerspruch bei der LINKEN)
Diejenigen, die das hier und heute tun, stehen damit in
einer Reihe unseliger Fehlentscheidungen, die Sie und
Ihre Vorgänger in den letzten 20, 30 Jahren immer wieder
gefällt haben. Ihnen sind die Menschen völlig egal.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Zuruf
von der LINKEN: Unverschämtheit!)
Wir bürden den Soldatinnen und Soldaten, den Polizisten
und den Zivilisten, die in Afghanistan sind, eine
schwere Aufgabe auf. Deshalb rufe ich von hier aus den
vielen Soldaten, Polizisten und Zivilisten in Afghanistan,
die die heutige Debatte vor Ort live verfolgen, zu:
Unsere Gedanken sind bei Ihnen. Wir unterstützen Sie.
Wir danken Ihnen ganz herzlich für Ihren schweren, freiwilligen
Einsatz. Insbesondere sprechen wir Ihnen unsere
Anerkennung aus.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie
bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN)
Wir von der FDP-Fraktion sind weit davon entfernt,
uns die Welt in Afghanistan zurechtzubiegen und sie uns
rosig auszumalen. Wir wissen, dass wir schwere Probleme
mit dem Mandat haben, dass wir schwere Probleme
in Afghanistan haben. Deshalb betrachten wir das
Mandat von Jahr zu Jahr und auch zwischen den Jahren
kritisch, und wir sind dabei auch selbstkritisch.
(Zuruf des Abg. Hans-Christian Ströbele
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
- Herr Ströbele, das ist notwendig.
Unsere Kritik und Selbstkritik hat insbesondere zwei
Aspekte zum Inhalt:
Erstens. Was wollen wir eigentlich dort? Was ist die
Strategie? Was ist das Ziel? Eine genaue Definition von
Strategie und Ziel durch die NATO ist nochmals dringend
notwendig. Deshalb begrüßen wir es ausdrücklich,
dass in London eine Afghanistan-Konferenz stattfinden
wird. Werter Herr Trittin, Sie sind kein Hellseher, ich bin
kein Hellseher, und auch Herr Westerwelle ist kein Hellseher.
Wir alle wissen nicht, was das Ergebnis dieser
Konferenz sein wird. Deshalb wäre es völlig unseriös,
wenn wir heute die möglichen Ergebnisse der Konferenz,
an der wir aktiv teilnehmen wollen, vorwegnehmen
würden. Der folgende Ablauf ist richtig: Erst die Konferenz,
erst das Ziel, dann die Strategie, dann die Maßnahmen,
und dann entscheiden wir hier, im Deutschen Bundestag,
welche Ressourcen wir einsetzen. Das ist die
richtige Reihenfolge.
Ich spreche ausdrücklich von Ressourcen, weil ich
sehr deutlich sagen möchte: Es geht nicht nur darum,
dass wir uns über die Anzahl der Soldaten unterhalten.
Es geht darum, wie wir dem Ziel, das wir gemeinsam haben
- ich glaube, darin sind wir uns alle einig -, der Stabilisierung
Afghanistans insgesamt, näherkommen können.
Der zweite Aspekt unserer Reflexion ist immer gewesen:
Ist die vernetzte Sicherheit eigentlich richtig verankert?
Auch diesbezüglich müssen wir sehr selbstkritisch
sein. Ich sage ganz offen und ehrlich: Wir müssen gemeinsam
besser werden.
Ich bin sehr froh darüber, dass Minister Niebel in den
ersten Wochen seiner Amtszeit deutliche Impulse für Afghanistan
gesetzt hat.
(Zuruf von der SPD: Wo denn? - Jürgen
Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, da
ist uns etwas entgangen!)
Ich fordere die Innenpolitiker in Bund und Ländern auf
und bitte darum, dem Thema Afghanistan eine höhere
Priorität beizumessen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Wir haben eine schwere Entscheidung zu fällen. Sie
betrifft Soldaten, ihre Familien, Polizisten und Zivilisten.
Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass unsere Soldatinnen
und Soldaten bestens ausgerüstet, bestens ausgestattet
sind und mit klaren Einsatzregeln ihre Arbeit in
Afghanistan verrichten können.
Meine Damen und Herren, wir treffen heute eine
schwere, eine wichtige, eine bedeutsame Entscheidung.
Wir treffen sie in Verantwortung für unsere Soldaten, in
Verantwortung hinsichtlich der internationalen Kompetenz
und Zusammenarbeit Deutschlands. Wir treffen sie
mit gutem Gewissen. Wir treffen sie für Deutschland, für
den Frieden und für Afghanistan.
Ihnen fällt auch nichts Besseres mehr ein! - Kollege
Stinner, ich bin bereit, mir sehr viel vorhalten zu lassen.
Ich bin bereit, mir vorhalten zu lassen, dass ich mich
möglicherweise irre und dass sich möglicherweise meine
Fraktion irrt. Glücklich ist, wer Irrtum für sich selbst
hundertprozentig ausschließen kann, wie Sie es offensichtlich
können. Ich bin bereit, mir vorhalten zu lassen,
dass unsere Vorschläge möglicherweise nicht zu dem Ergebnis
führen, das wir wünschen, nämlich endlich Frieden
in einem Land, in dem seit über 30 Jahren Krieg
herrscht. Ich bin bereit, mir vorhalten zu lassen, dass wir
alle zusammen die Dinge vielleicht noch nicht bis zum
Ende durchdacht haben und vieles nicht berücksichtigt
haben. Ich bin aber nicht bereit, mir von Ihnen vorhalten
zu lassen, dass ich persönlich oder meine Fraktion kein
Interesse am Leben der Menschen in Afghanistan haben.
Das ist eine Unverschämtheit. Eine solche Behauptung
steht Ihnen nicht zu.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich will Ihnen ein weiteres Moment nennen, das für
mich ein doch sehr entsetzliches Déjà-vu-Erlebnis darstellte.
Sie haben davon gesprochen, Afghanistan dürfe
nicht in die Steinzeit zurückgebombt werden. Das ist ja
ein Satz, der im Vietnamkrieg eine Rolle gespielt hat.
Aber unterstellen wir das einmal: Steinzeit, Mittelalter.
Sie haben davon gesprochen, wie toll in Afghanistan
dazu beigetragen werde, dass Bildung verbreitet wird,
dass eine andere Art und Weise der Ökonomie durchgesetzt
werde, dass ein Land aus dem Mittelalter herausgelöst
werde. All diese Argumente habe ich immer benutzt,
um den Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan zu
rechtfertigen. Ihre Argumente sind nicht anders und keinen
Deut besser, als es damals meine Argumente waren.
Diese waren, wie man inzwischen gesehen hat, falsch.
(Beifall bei der LINKEN)
Das müssen Sie sich vorhalten lassen. Sie beten alten
Quark nach und das in einer Art und Weise, durch die
eine Verständigung über einen vernünftigen politischen
Prozess schon nicht mehr möglich ist.
Ich habe sehr genau hingehört, welche Bedenken hier
artikuliert und welche neuen Fragen aufgeworfen worden
sind. Wenn man in der Art und Weise, wie Sie hier
glauben, Politik machen zu können, nämlich Augen zu
und durch, weiterhin in die Sackgasse rennt, dann wird
man Schaden anrichten - in Afghanistan und auch bei
den Soldaten, die Sie nach Afghanistan schicken. Das ist
Krieg, und aus diesem Krieg muss man heraus. Das war
unser Anliegen.
(Beifall bei der LINKEN)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Herr Stinner, es gibt noch eine zweite Kurzintervention
des Kollegen Ströbele. Diese würde ich gern erst
noch zulassen; dann können Sie im Zusammenhang antworten.
(Dr. Rainer Stinner [FDP]: Dann muss ich
nicht zweimal antworten!)
Der Kollege Stinner und vorher auch schon der Kollege
Polenz haben darauf hingewiesen, dass man berücksichtigen
sollte, wie das, was hier gesagt wird, weit draußen
in der Welt ankommt. Das ist sicher richtig. Man
sollte aber auch berücksichtigen, wie es hier in Deutschland,
hier in Berlin ankommt. Ich spreche hier - Kollege
Mißfelder hat mir ja letztes Mal vorgeworfen, ich wolle
nur meine Meinung sagen und diese hier unterbringen -
für die Bevölkerung in meinem Wahlkreis in der Mitte
Berlins. Ich maße mir an, für die Mehrheit der deutschen
Bevölkerung zu sprechen,
(Beifall bei der LINKEN - Lachen und Widerspruch
bei der CDU/CSU und der FDP)<
nämlich für den Teil der deutschen Bevölkerung - darunter
sind auch CDU- und FDP-Wählerinnen und
-Wähler, und zwar nicht zu wenige -,
(Zuruf von der FDP: Die Stimme Kreuzbergs!)
der nicht versteht, dass hier immer nur darüber geredet
wird, wie mit mehr Soldaten, mit mehr Krieg in Afghanistan
die Situation bewältig werden kann.
(Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]:
Quatsch!)
Sie verstehen einfach nicht, dass man sich überhaupt
nicht damit auseinandersetzt, dass die Bundeswehr seit
acht Jahren in Afghanistan ist und dass der Bevölkerung
in Deutschland - übrigens auch der Bundeswehr - seit
fünf Jahren immer wieder versprochen wird: Wir brauchen
nur ein paar mehr Soldaten, wir brauchen ein bisschen
mehr Militär, dann wird sich das Schicksal da
schon wenden, dann werden wir unserem Ziel näher
kommen.
Sie nehmen - das werfe ich der Bundesregierung und
den Koalitionären vor - die Realitäten in Afghanistan
nicht zur Kenntnis.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Sie reden nur davon, dass Sie militärische Mittel brauchen.
Sie übersehen, dass der zivile Aufbau, der uns allen
am Herzen liegt, in weiten Gegenden, beispielsweise
rund um Kunduz, so gut wie gar nicht mehr stattfinden
kann, weil in Afghanistan Krieg herrscht. Wir verlängern
diesen Krieg nur, indem wir immer neue Soldaten
nach Afghanistan schicken.
Bitte erklären Sie nicht nur der Weltöffentlichkeit,
sondern auch Ihren und meinen Wählerinnen und Wählern
und der gesamten deutschen Bevölkerung, warum
Sie jetzt hoffen, dass sich die Situation in Afghanistan
im nächsten oder übernächsten Jahr verbessert, wenn
man heute die Aufstockung der Zahl der Soldaten und
die Fortsetzung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr
mit einem Weiter-so beschließt. Was so in ein oder
zwei Jahren dort passiert sein wird, ist, dass dort weitere
Tausende von Menschen im Krieg getötet, verletzt oder
verstümmelt worden sein werden. Ich bitte Sie, dies zu
bedenken. Darauf sollten Sie eine Antwort geben. Diese
Antwort sind Sie der deutschen Bevölkerung schuldig.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Herr Kollege Stinner zur Antwort auf die beiden
Kurzinterventionen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Gehrcke, als
Sie sich gemeldet haben, habe ich zunächst gedacht, Sie
wollten sich für die unsägliche Rede Ihres Herrn van
Aken hier entschuldigen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU -
Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das werden
Sie nicht erleben! - Weitere Zurufe von der
LINKEN: Buh!)
Da habe ich mich leider getäuscht.
Lieber Herr Gehrcke, da ich Sie persönlich als durchaus
differenziert denkenden Menschen schätze, möchte
ich Ihnen sehr gerne antworten. Ihr Kollege und Ihre
Partei bezeichnen uns hier im Parlament und draußen im
Lande als Kriegstreiber,
(Beifall bei der LINKEN - Volker Kauder [CDU/
CSU], zur LINKEN gewandt: Pfui!)
als Leute, die den Krieg willkürlich in fremde Länder
treiben.
(Beifall des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE
LINKE] - Sevim Dag(delen [DIE LINKE]:
Putschunterdrücker!)
In Anbetracht eines solch gravierenden Vorwurfs muss
ich sagen: Auf diesen groben Klotz gehört eindeutig ein
grober Keil.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Deshalb stehe ich nicht an, gegenüber Ihrer Partei eine
sehr deutliche Sprache zu sprechen.
Sie und Herr Ströbele wollen heute hier mit Nein
stimmen. Würde die Mandatsverlängerung abgelehnt,
hieße das aber, dass die Soldaten innerhalb von zehn Tagen
abgezogen sein müssten.
Lassen Sie uns jetzt einmal realistisch denken. Sehr geehrter,
lieber Herr Gehrcke, sind Sie nicht in der Lage zu
ermessen, was das für die Menschen in Afghanistan bedeuten
würde? In dieser Woche hatten wir eine afghanische
Delegation zu Besuch, die afghanischen Frauen haben
einen Brief geschrieben,
(Zurufe von der LINKEN)
und vor einiger Zeit haben wir mit 20 afghanischen Parlamentariern
eine beeindruckende Diskussion geführt.
Alle haben uns aufgefordert: Verlasst unser Land
nicht! - Herr Gehrcke, Sie glauben doch nicht im Ernst,
dass dann, wenn die NATO ihre Soldaten innerhalb von
14 Tagen abziehen würde, irgendeine Chance bestünde,
dass die Menschen in Afghanistan in Frieden leben.
Nein, nein, nein! Das ist nicht der Fall. Deshalb verlängern
wir das Mandat.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie
der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN])
Herr Ströbele, ich bin gerne bereit, bei anderer Gelegenheit
ausführlicher mit Ihnen über die Frage, welche
Entwicklung stattgefunden hat, zu sprechen. Jetzt habe
ich allerdings nicht die dafür notwendige Zeit zur Verfügung.
Ich frage Sie aber: Sind Sie nicht in der Lage, zu
erkennen, dass es in den letzten Jahren durchaus zu einer
Wandlung der Attitüden der verschiedenen beteiligten
NATO-Staaten gekommen ist?
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Das hat man in Kunduz gesehen!)
Sind Sie nicht in der Lage zu erkennen, dass wir jetzt in
London eine Chance haben, die wir noch niemals hatten,
nämlich die Chance, bezüglich der Strategie in Afghanistan
eine Konvergenz der Attitüden der verschiedenen
beteiligten Länder herzustellen? Das ist eine Veränderung.
Außerdem, Herr Ströbele - ich muss das so deutlich
sagen -, bezweifle ich Ihre Fähigkeit, zu hören.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der
CDU/CSU)
Der Außenminister, der Kollege Schockenhoff von der
CDU und ich haben eindeutig mehrfach und mit Nachdruck
darauf hingewiesen, dass Militär allein nicht die
Lösung ist.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Trotzdem schicken Sie immer
mehr dorthin!)
- Herr Ströbele, hören Sie eigentlich nicht zu? Hören Sie
einfach einmal zu, nehmen Sie das zur Kenntnis und lassen
Sie das Gehörte von Ihren Gehörgängen auch in Ihr
Gehirn hineinrauschen.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der
FDP und der CDU/CSU)
Wir haben eindeutig und mehrfach betont: Wir wissen
genau, dass wir einen gemeinsamen, vernetzten Ansatz
- "comprehensive" oder wie auch immer Sie ihn nennen
wollen - brauchen. Dafür stehen wir. Wir sind doch
selbstkritisch, Herr Ströbele; das habe ich doch gesagt.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Nein! Das sind Sie überhaupt
nicht!)
Wir malen uns die Welt nicht rosa.
(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)
Wir glauben, dass wir mit der neuen Bundesregierung
jetzt, wo sich die Möglichkeit bietet, in London eine gemeinsame
Kompetenzlinie der NATO zu finden, bessere
Chancen haben als jemals zuvor. Das ist ein Fortschritt.
Den sollten Sie unterstützen, statt hier nicht zuzuhören
und das abzulehnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat der Kollege Rainer Arnold von der
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
weiß nicht, ob das Geschrei, das die Linken zu diesem
Thema aufführen, der Ernsthaftigkeit der Situation und
der Not der Menschen in Afghanistan wirklich angemessen
ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/
CSU und der FDP)
Mein Rat wäre: Bevor Sie der ganzen Welt erklären
wollen, wie es in Afghanistan aussieht, sollten Sie wenigstens
Ihren Fraktionsvorsitzenden einmal dorthin
schicken, damit er sich ein eigenes Bild macht und vielleicht
herausfindet, wie man was verhindern kann. Hier
sitzt eine Reihe von verantwortungsvollen Politikern aus
allen Fraktionen. Alle machen sich die Mühe, sich in
Afghanistan umzuhören und umzuschauen.
(Zurufe von der LINKEN)
Dieses Geschäft ist Ihnen schon zu viel. Sie wollen vom
bequemen Schreibtisch aus wissen, wie es geht.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie
bei Abgeordneten der SPD)
Die Bundesregierung und alle, die heute geredet haben,
haben übereinstimmend gesagt: Ein Weiter-so darf
es in Afghanistan nicht geben. Wir hätten uns allerdings
ein präziseres und aufschlussreicheres Mandat gewünscht,
übrigens auch ein kürzeres; das wurde hier
schon diskutiert. Ich glaube nicht, dass es ausreichend
ist, wenn Sie auf die Konferenz am 28. Januar verweisen.
Es ist richtig: Auf dieser Konferenz muss über Neuausrichtungen
und Veränderungen der Strategie diskutiert
und entschieden werden. Wir wünschen uns
allerdings, dass Sie sich nicht hinter dieser Konferenz
verstecken, sondern im Vorfeld mit uns Parlamentariern
darüber reden, mit welchen Ideen und Impulsen Sie dorthin
fahren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Weil dies wichtig ist, hat unsere Fraktion einen Entschließungsantrag
vorgelegt. Dieser Entschließungsantrag
ist in vielen Bereichen sehr konkret. Wir sagen
zum Beispiel, dass die Hilfe für Afghanistan nicht unkonditioniert
gewährt werden darf, sondern die afghanische
Regierung eine Menge Hausaufgaben zu erledigen
hat. Wir sagen natürlich auch, dass ein Versöhnungsprozess
initiiert werden muss. Vor allen Dingen sagen wir,
es reicht nicht aus, immer wieder zu fordern, dass die afghanische
Polizei ausgebildet wird. Es ist höchste Zeit,
dass der Innenminister der Bundesrepublik Deutschland
mit seinen Kollegen aus den Ländern Klartext über den
Aufbau der Polizei in Afghanistan redet und sich hier
einmal ausdrücklich dazu bekennt, was er in Zukunft
leisten will, damit der Aufbau der Polizei in Afghanistan
vernünftig vorankommt. Wir wissen doch alle, wie groß
die Defizite vor allen Dingen im Bereich Kunduz sind.
Diese Defizite werden wir nur beheben können, wenn
wir nachhaltig für eine Finanzierung der dort notwendigen
zusätzlichen Polizisten sorgen. Zu all dem schweigt
die Regierung; das ist wirklich zu wenig. Darüber muss
diskutiert werden!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Obamas Rede - darüber wurde schon geredet - hat
nicht wirklich etwas Neues gebracht. Eines hat er mit
seiner Rede aber schon im Vorfeld erreicht: All diejenigen,
auch in der Regierung, die in der Vergangenheit immer
wieder gesagt haben: "Der Afghanistan-Einsatz
wird erst auf einer langen Zeitschiene gesehen erfolgreich",
merkten, dass das der falsche Ansatz ist. Die
westlichen Demokratien - auch wir - werden diesen
Einsatz weder materiell noch von der Zustimmung in unserer
Gesellschaft her 10, 15 Jahre durchhalten.
Deshalb ist es sicherlich richtig, dass jetzt darüber geredet
werden muss: Wo muss man Strategien nachjustieren,
und wo muss das als richtig Erkannte endlich konsequenter
um- und durchgesetzt werden? Das ist doch das
Hauptproblem in Afghanistan: dass das, was man weiß,
nicht wirklich umgesetzt wird. Deshalb sind wir durchaus
dankbar, dass jetzt klar ist, dass in allen Bereichen
- das trifft eben nicht in erster Linie auf das Militärische
zu, sondern vor allen Dingen auf den zivilen Aufbau -
mehr getan werden muss.
Wir stimmen mit der Regierung überein, wenn sie
sagt, dass die Frage der Truppenstärke nicht am Anfang
stehen darf, sondern am Ende stehen muss. Es ist richtig,
zunächst die Ziele und erst dann den Weg dorthin zu definieren.
Es bleibt dabei: Wir Deutschen haben eine besondere
Verantwortung im Norden. Bei dieser Verantwortung
sollen und müssen wir bleiben. Es muss aber
auch darüber geredet werden: Wo gibt es im Norden stabile
Distrikte? Die gibt es. So können Ressourcen frei
werden, die man einsetzen kann, um die Lage im zweifellos
problematischen Bereich Kunduz zu stärken. All
dies kann und sollte vorgelegt werden.
Lassen Sie mich am Ende noch ein Thema ansprechen.
Frau Bundeskanzlerin, Herr Außenminister, Herr
Verteidigungsminister, Sie machen es uns nicht ganz einfach,
zuzustimmen; denn durch die Debatte der letzten
Wochen, die zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
aufgrund Ihrer desaströsen Informationspolitik
geführt hat, wird die Zustimmung natürlich erschwert.
Dadurch ist Vertrauen kaputtgegangen. Dabei geht es
nicht nur um die Frage, wie wir Abgeordneten damit
umgehen, sondern auch darum, wie wir es in Zukunft
schaffen, in der deutschen Gesellschaft Akzeptanz für
Auslandseinsätze zu erreichen. Deshalb ist das ein sehr
wichtiges Thema. Ich wünsche mir, dass ein paar Fragen
wirklich zu Ende debattiert werden.
Herr zu Guttenberg hat, ich glaube, zu Recht darauf
verwiesen, dass es ein bewaffneter nichtinternationaler
Konflikt ist. Herr zu Guttenberg, deshalb ist noch lange
nicht jedes militärische Vorgehen angemessen. Ich
glaube, darin sind wir uns auch einig. Ich will Ihnen das
überhaupt nicht unterstellen. Ich glaube aber, die
Debatte darüber, was in Afghanistan richtig ist und was
die Soldaten tun dürfen, ist nicht damit erledigt, dass die
Soldaten Rechtssicherheit haben. Das ist sicher hilfreich
und notwendig; das unterstützen wir. Aber darüber, wie
die Bundeswehr vorgeht, haben wir offensichtlich einen
politischen Diskurs zu führen.
Wir alle wissen: Das Völkerrecht wird diesen neuen
asymmetrischen Konflikten nicht ausreichend gerecht.
Es ist eben so, dass man zwar keine Zivilisten wissentlich
angreifen und töten darf, gleichzeitig besagt das
Völkerrecht aber: Wenn es einen hohen militärischen
Nutzen gibt und es in einem vernünftigen Verhältnis
steht, dann darf man auch hinnehmen, dass Zivilisten zu
Schaden kommen. Ich spitze das einmal zu, weil ich
viele E-Mails dazu erhalte: Viele Bürgerinnen und Bürger
ziehen daraus den Schluss, nun ja, wenn man in
einem solchen bewaffneten Einsatz ist, dann ist es fast
normal, dass Zivilisten getötet werden.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Ohne Rücksicht auf Verluste!)
Ich sage Ihnen ausdrücklich: Dahin wollen und dürfen
wir nicht kommen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Zuruf
des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])
Dafür gibt es viele gute Gründe: Es ist strategisch falsch,
zivile Opfer in Kauf zu nehmen, weil wir wissen: Aufständische
werden nur erfolgreich sein, wenn sie in der
Zivilgesellschaft Unterstützung finden. Es ist aber auch
ethisch falsch.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Auch die Afghanen haben ein
Recht auf Leben!)
Wir machen es uns hier nicht einfach. Wir schicken
die Soldaten in den Einsatz, und wir wissen, dass wir
damit Verantwortung dafür übernehmen, was in Afghanistan
passiert. Wir denken in solchen Stunden auch an
die getöteten Zivilisten. Das ist die Verantwortung des
Deutschen Bundestages. Ich glaube, wir haben an dieser
Stelle noch einen erheblichen Klärungsbedarf.
Herr zu Guttenberg, Sie könnten uns helfen, wenn Sie
sehr deutlich machen würden, dass für Sie ein militärischer
Einsatz mit Abwurf von Bomben eben nicht verhältnismäßig
ist und auch nicht, wie Sie es in Washington
angedeutet haben, ein Stück Normalität der
deutschen Politik ist, sondern dass wir uns der großen
Verantwortung in Afghanistan bewusst sind. Wenn nämlich
alle anderen Mittel - das müssen sich die Linken
auch noch einmal aufschreiben - versagt haben, dann ist
es im Auftrag der Vereinten Nationen legitim und auch
notwendig, den Menschen in Afghanistan Stabilität zu
bringen; denn das liegt nicht nur im deutschen Interesse,
sondern auch im Interesse der ganzen Welt.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.
Rainer Arnold (SPD):
Ich bin sofort fertig. - Ich sage am Ende noch dazu:
Wir sehen dabei auch unsere Verantwortung als Bündnispartner.
Die NATO darf in Afghanistan nicht scheitern.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen
Paul Schäfer das Wort.
Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Arnold,
ich war als verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion
Die Linke in Afghanistan, und auch mein Kollege
Norman Paech, der außenpolitischer Sprecher war, war
mehrfach in Afghanistan, und zwar nicht nur in Delegationen,
in denen man einen ganz bestimmten Ausschnitt
der Realität sieht, aber natürlich auch nur diesen. Sie
werden mir bestimmt zugestehen, dass man auf diese
Weise die Realität dieses Landes nicht erfasst.
Ich habe Bundeswehrsoldaten gesehen und mit ihnen
gesprochen. Sie haben dringend nachgefragt: Was wollen
wir da? Wie lange wollen wir da bleiben? Zu welchem
Ende wollen wir das Ganze bringen? Ich habe
gesehen, wie sich die Eliten in Afghanistan immer mehr
"verbunkert" haben - und nicht nur die afghanischen
Eliten. Auch die auswärtigen Verwalter dieses Landes
haben sich von Besuch zu Besuch immer mehr "verbunkert".
Ich habe auf der einen Seite die Armut im Land
gesehen und auf der anderen Seite die herrlichen Villen,
die sehr gut abgesichert sind, von Leuten, die immer reicher
geworden sind.
Ich habe natürlich auch Afghanen getroffen, die große
Hoffnungen in die internationale Gemeinschaft projizieren.
Diese sagen: Ihr müsst uns weiterhelfen. - Das muss
man sicherlich zur Kenntnis nehmen. Aber sie stellen
auch die Frage, mit welchen Mitteln man dies tut. Diese
Realität kennen wir doch alle, unabhängig davon, ob
man das mit den eigenen Augen gesehen hat oder nicht.
Ich habe hier schon beim letzten Mal vorgetragen
- dem hat niemand widersprochen -, dass in den vergangenen
drei bis vier Jahren die Zahl der Soldaten eminent
aufgestockt worden ist und gleichzeitig die Gewalt zugenommen
hat. Das ist ein Grundfaktum, das man nicht
aus der Welt schaffen kann, auch wenn man schon zehn
oder zwanzig Mal in Afghanistan war. Daraus muss man
einen Schluss ziehen. Wir haben festgestellt: Je mehr
Krieg dort geführt wird, desto weniger Aufbau findet
statt. Man kann das nicht damit kontern, dass man darauf
verweist, dass vielleicht irgendwo eine Brücke gebaut
worden ist. Insgesamt legen alle Befunde den Schluss
nahe, dass der Aufbau umso mehr ins Stocken gerät, je
stärker der Krieg zunimmt und je weiter die Taliban infolge
dieses Krieges ihren Einflussbereich ausdehnen.
Daher bleiben wir bei unserem Nein zu diesem Einsatz.
Deshalb plädieren wir dafür, die Bundeswehr aus Afghanistan
abzuziehen.
An dieser Stelle möchte ich eine sehr persönliche Anmerkung
machen. Wir alle beschäftigen uns mit diesem
"Vorfall" in Kunduz. Die Bundeswehr ist zum ersten
Mal seit 1945 zumindest in die Situation verstrickt, dass
eine offensive Operation ausgelöst worden ist, bei der
sehr viele Menschen getötet worden sind.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Herr Kollege Schäfer, kommen Sie zum Schluss.
Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE):
Ich komme zum Schluss.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE):
Dieser Vorfall zeigt, wie sehr wir schon auf die
schiefe Bahn geraten sind. Weil wir als Deutsche eine
besondere historische Verantwortung tragen, bin ich
dagegen, dass wir diesen Weg fortsetzen. Vielmehr bin
ich der Meinung, dass Schluss sein sollte. Wir sollten die
Bundeswehr aus Afghanistan abziehen.
Kollege Schäfer, wir waren ja wiederholt zusammen
in Afghanistan. Ich sage ausdrücklich,
(Zurufe von der LINKEN)
dass alle Gespräche, die wir dort geführt haben - auch in
der Nachbereitung mit Kollegen Schäfer -, hilfreich und
konstruktiv waren. Wir konnten über den richtigen Weg
für Afghanistan streiten und ringen. Das finde ich in
Ordnung. Wir müssen uns nicht einig sein.
Wenn man aber aus Afghanistan zurückkommt, dann
muss man seiner Fraktion auch differenziert über die
Situation in Afghanistan berichten. Wir stellen fest, dass
es in Kunduz, im Norden unseres Verantwortungsbereiches,
Kämpfe gibt. Wir stellen fest, dass die Taliban
stark sind und deshalb die Bundeswehr und andere Verbündete
jeden Tag unter Druck stehen. Wir sehen aber
auch, dass in Faizabad ziviles Leben entsteht, dass sich
die Wirtschaft entwickelt, dass es Strom gibt, dass es
Schulen gibt, dass es Krankenhäuser und sichere Straßen
gibt. Wir sehen, dass sich in Masar-i-Scharif, einer
Großstadt, von Halbjahr zu Halbjahr ein richtiges Leben
entwickelt und dies auch für den Laien sichtbar ist.
Warum reden Sie nicht auch über dieses Afghanistan?
Afghanistan ist eben ein Land, in dem es nicht nur Krieg
gibt, wie manche glauben, und in dem es auch nicht nur
Frieden gibt, sondern es gibt beides parallel. Es gehört
zu unserer Verantwortung, dies auch so darzustellen.
Ich habe Ihnen als Verteidigungspolitiker überhaupt
nicht vorgeworfen, dass Sie sich nicht um Afghanistan
kümmern. Sie tun das zweifellos. Ich sage nur: Die beiden
Vertreter Ihrer Fraktionsspitze, die die lautesten Reden
zu diesem Thema halten, die dabei den oberflächlichsten
und billigsten Applaus einheimsen,
(Zurufe von der LINKEN: Pfui!)
die alles tun, um Anhänger der Friedensbewegung oder
grundsätzliche Pazifisten für sich allein zu vereinnahmen
- diese haben allerdings auch in Zukunft in meiner
Partei Platz -, diese beiden waren noch nie in Afghanistan.
Es wäre jedoch lehrreich, wenn Herr Lafontaine und
Herr Gysi einmal nach Afghanistan fahren, mit allen
möglichen Menschen dort sprechen, sich umhören und
davon lernen würden. Bei dieser Aufforderung bleibe
ich. Ich habe den Eindruck, das könnte zumindest den
Ton in der Auseinandersetzung ein Stück weit verändern.
Das halte ich für notwendig.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Bundesminister Dr. Karl-
Theodor zu Guttenberg.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten
der FDP)
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!
Man kann, Herr Kollege Schäfer, mit guten Gründen
- ich weiß, dass Sie sich intensiv damit befassen -
unterschiedliche Linien vertreten. Was die Diskussion
vorhin ausgelöst hat, war der geäußerte Vorwurf, uns
würde es nicht interessieren, wenn Menschen ums Leben
kommen. Dieser Vorwurf ist an Niveaulosigkeit nicht zu
übertreffen. Ich glaube, das gilt für jeden hier in diesem
Raum.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie
bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN)
Wir müssen uns nämlich überlegen, dass eben auch die
Selbstüberlassung Afghanistans Leben kosten kann.
(Zuruf von der FDP: Sehr richtig!)
Ich würde im Umkehrschluss nie behaupten, dass Ihnen
das egal wäre. Das wäre niveaulos. Genau diesen Punkt
sollten wir in Betracht ziehen, wenn wir diese Diskussion
substanziell führen und wenn wir uns mit Punkten
beschäftigen, die niemals Routineentscheidungen sein
können und niemals Routineentscheidungen sein dürfen.
Kollege Klose hat darauf hingewiesen.
Auch was sich in Afghanistan täglich abspielt, ist nie
Routine, und das wird es nie sein. Das, was sich in Kunduz
am 4. September abgespielt hat, war natürlich nicht
Routine. Gestatten Sie mir, nachdem das Thema heute
angesprochen wurde und ich dem Parlament zugesagt
habe, dass ich eine Neubewertung der Vorfälle in Kunduz vornehmen werde, dass ich Ihnen diese meine Neubewertung
heute vortrage.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Sehr gut!)
Meine Damen und Herren, jede Bewertung dieses
Vorfalls hängt in hohem Maße davon ab, ob und inwieweit
man die Perspektive des in einer kriegsähnlichen
- ja, kriegsähnlichen -, besonderen Situation stehenden
Kommandeurs einnimmt oder ob man den Vorfall primär
unter dem Blickwinkel möglicher, aber auch tatsächlicher
Regelverstöße - Fehler, Herr Trittin - sieht.
Ich darf in aller Klarheit sagen, dass Oberst Klein
mein volles Verständnis dafür hat, dass er angesichts
kriegsähnlicher Zustände um Kunduz, angesichts anhaltender
Gefechte, bei denen in diesen Tagen auch deutsche
Soldaten verwundet wurden - unter seinem Kommando
sind in diesen Monaten auch deutsche Soldaten
gefallen -, subjektiv von der militärischen Angemessenheit
seines Handelns ausgegangen ist. Dafür hat er mein
Verständnis. Ich zweifle nicht im Geringsten daran, dass
er gehandelt hat, um seine Soldaten zu schützen.
Jeder, der jetzt aus der Distanz leise oder laut Kritik
übt, sollte sich selbst prüfen, wie man in dieser Situation
gehandelt hätte. Wie viel leichter erscheint es jetzt, sich
ein Urteil über die Frage der Angemessenheit zu bilden -
aus der Distanz, mit auch für mich zahlreichen neuen
Dokumenten und mit neuen Bewertungen, die ich am
6. November dieses Jahres noch nicht hatte. Diese weisen
im Gesamtbild gegenüber dem gerade benannten
COMISAF-Bericht deutlicher auf die Erheblichkeit von
Fehlern und insbesondere von Alternativen hin.
Zu dem Gesamtbild zählt auch ein durch das Vorenthalten
der Dokumente leider mangelndes Vertrauen gegenüber
damaligen Bewertungen. Ich wiederhole: Obgleich
Oberst Klein - ich rufe das auch den Offizieren
zu, die heute hier sind - zweifellos nach bestem Wissen
und Gewissen sowie zum Schutz seiner Soldaten gehandelt
hat, war es aus heutiger, objektiver Sicht, im Lichte
aller, auch der mir damals vorenthaltenen Dokumente,
militärisch nicht angemessen.
Nachdem ich - ohne juristische Wertung; das ist mir
wichtig - meine Beurteilung diesbezüglich rückblickend
mit Bedauern korrigiere, korrigiere ich meine Beurteilung
allerdings nicht betreffend mein Verständnis
bezüglich Oberst Klein. Das ist der Grund - das sage ich
auch an dieser Stelle -, weshalb ich Oberst Klein nicht
fallen lassen werde. Das würde sich nicht gehören.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie
bei Abgeordneten der SPD)
In Afghanistan wird auch künftig der Einsatz militärischer
Gewalt notwendig sein, leider. Unsere Soldaten
müssen sich schützen und verteidigen können, und sie
müssen ihren schwierigen und fordernden Auftrag in der
ganzen Breite des Spektrums erfüllen. Deshalb ist es
wichtiger denn je - gerade auch in einer solchen Debatte
wie am heutigen Tag -, dass sie sich auf unseren vollen
Rückhalt verlassen können und unser Verständnis für
ihre schwierigen Entscheidungssituationen, in denen sie
immer wieder sein werden, gegeben ist. Gleichzeitig
muss von unserer Seite alles Machbare getan werden,
um vergleichbare Fehler - ich habe auf diese Fehler
schon am 6. November hingewiesen - künftig zu vermeiden.
Wir haben diesbezüglich im Übrigen unmittelbar
entsprechende Maßnahmen eingeleitet.
Ich habe im Zusammenhang mit dem Vorfall von
Kunduz, aber auch im Zusammenhang mit dem Afghanistan-
Mandat generell dem Parlament größtmögliche
Offenheit und Transparenz zugesagt. So will ich das
weiterhin handhaben, auch mit Blick auf den Untersuchungsausschuss.
Auch ich habe ein Interesse an der
Aufdeckung von allem, was sich im Zuge dessen ereignet
hat. Ich glaube, das ist eine Form des Umgangs, die
sich gehört. Deswegen habe ich Ihnen heute an dieser
Stelle diese Stellungnahme abgegeben.
Herzlichen Dank.
(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der
FDP - Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt die Kollegin Ute Koczy von
Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Geehrte Kolleginnen
und Kollegen! Herr Minister zu Guttenberg, ich möchte
Ihnen meinen Respekt dafür ausdrücken, dass Sie so
klare Worte gefunden haben. Ich möchte Ihnen auch sagen,
dass ich Ihre Einschätzung zu Oberst Klein teile.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten
der SPD)
Ich finde diese Korrektur bemerkenswert; denn wir müssen
abwägen - darauf wurde in der Diskussion schon
hingewiesen -, wie wir mit der Situation in Afghanistan
umgehen. Daher ist es sehr dienlich und hilfreich, wenn
wir klare, offene und transparente Worte finden, um Vertrauen,
das verloren gegangen ist, wieder entstehen zu
lassen.
Wie wir alle wissen, hat sich die Situation in Afghanistan
verschlechtert, und dies allen Anstrengungen zum
Trotz. Wir müssen uns hier im Bundestag fragen, was
falsch gelaufen ist, was jetzt getan werden muss und was
sich ändern muss; denn ein Weiter-so darf es nicht geben.
Was aber sagt uns das zur Abstimmung stehende
Mandat zu ISAF dazu?
(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Weiter so!)
Für mich als Entwicklungspolitikerin steht der zivile
Aufbau im Vordergrund. Aus diesem Blickwinkel heraus
sage ich Ihnen: Auch dieses Mal ist es der Bundesregierung
leider nicht gelungen, den zivilen Aufbau in den
Mittelpunkt zu rücken. Es bleibt weiterhin bei einer
Schräglage. Wir haben es hier mit einer Militärfixiertheit
zu tun, die immer wieder dazu beiträgt, die eigentlichen
Probleme zu übersehen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wann sehen Sie ein, dass es für Afghanistan wirklich
nur ein Motto geben kann: "Zivil vor Militär"? Für den
Erfolg unseres Engagements ist der Rückhalt in der afghanischen
Bevölkerung entscheidend. Dieser Rückhalt
schwindet aber jeden Tag mehr, weil die Versprechen
nicht gehalten worden sind.
Es gibt aber auch Fortschritte. Ich möchte in diesem
Zusammenhang auf die Einlassungen der Linken reagieren.
Es gab unter den Taliban kein Gesundheitswesen, es
gab ein hohes Sterberisiko von gebärenden Frauen, deren
Rechte nicht anerkannt wurden. Auch das muss man
in dieser Diskussion immer wieder betonen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und
der FDP)
Es gibt einen Aufbau, aber der Rückhalt schwindet trotzdem,
weil man zu wenig auf die Bekämpfung von Armut
und Arbeitslosigkeit geachtet hat, weil die Mechanismen
der internationalen Gebergemeinschaft den Bedingungen
in Afghanistan nicht angepasst wurden und weil
man die Bedürfnisse der Afghaninnen und Afghanen
nicht ausreichend berücksichtigt hat.
Die Frage ist: Gibt es jetzt eine Umkehr? Ist diese
Bundesregierung willens und fähig, all diese Fehler
schonungslos zu analysieren und zu bilanzieren? Wird
die Bundesregierung ausgehend von dieser Bilanzierung
einen Richtungswechsel einleiten? Keine dieser Fragen
wurde im Antrag zum Mandat beantwortet. Frau Bundeskanzlerin
Merkel, glauben Sie wirklich, dass eine Afghanistan-
Konferenz, die mit so heißer Nadel gestrickt
wird, zum Dreh- und Angelpunkt neuer Überlegungen
und erfolgreicher Arbeit für die Entwicklungszusammenarbeit
wird? Ich glaube das nicht, aber die Hoffnung
stirbt bekanntlich zuletzt. Nein, dieses Mandat, das Sie
hier vorgelegt haben, bleibt auf dem bekannten, ausgetretenen
und bisher leider erfolglosen Pfad. So ist eine
Zustimmung eben nicht möglich.
Ich danke.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Ernst-Reinhard Beck
von der CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und
Kollegen! Ich möchte zunächst kurz auf die Erklärung
des Ministers eingehen und zwei seiner Bemerkungen
unterstreichen. Das Erste ist: Ich glaube, dass er hier völlig
richtig festgestellt hat, dass Oberst Klein in einer
schwierigen Situation zum Schutz der ihm anvertrauten
Soldaten diese Entscheidung getroffen hat und dass dies
aus seiner Sicht eine verantwortungsvolle Entscheidung
war. Das Zweite ist, dass Oberst Klein nach bestem Wissen
und Gewissen gehandelt hat. Es ist für uns alle, die
wir andere Informationen haben, sehr leicht, im Nachhinein
Entscheidungen zu kritisieren. Wir müssen aber
anerkennen, dass wir dann, wenn wir Soldaten in diese
schwierige Situation schicken, auch zu Fehlern stehen
müssen, die dort gemacht werden. Ich danke dem Minister
ganz ausdrücklich dafür, dass er mit seiner veränderten
Bewertung nicht vor die Presse gegangen ist, sondern
diese Erklärung hier vor dem Deutschen Bundestag
abgegeben hat. Dies verdient unser aller Respekt.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie
bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN - Wolfgang
Gehrcke [DIE LINKE]: Normales Benehmen
muss schon gelobt werden! Das ist auch bezeichnend!
Das ist ein normales Benehmen,
was an den Tag gelegt worden ist!)
- Das war jetzt nicht sehr sachdienlich. Ich habe eigentlich
noch gar nicht angefangen.
Wir reden heute über ein Mandat, das inhaltlich unverändert
bei 4 500 Soldaten für Afghanistan liegt. Ich
glaube, dass diese Debatte eine Schlagseite hatte; denn
wir sind uns auch darüber im Klaren, dass es zunächst
einmal um drei Dinge geht:
Erstens. Der zivile Aufbau Afghanistans muss erheblich
intensiviert werden. Die Grundbedürfnisse der Menschen,
wie zum Beispiel die Versorgung mit Wasser und
Energie, Gesundheitsvorsorge, also die Basic Elements,
müssen dabei im Mittelpunkt stehen. Die Menschen
müssen spüren und erleben, dass sich ihre Lage tatsächlich
verbessert.
Zweitens. Afghanistan hat immer in einem Kampf
zwischen der Zentralgewalt und dezentralen Gewalten
gestanden. In einem dezentral organisierten Staatswesen
muss die Unterstützung der Zentralregierung auch durch
den regionalen Aufbau und durch regionale Strukturen,
die demokratisch abgesichert sind, erfolgen. Warum
werden zum Beispiel die Gouverneure dort nicht gewählt?
Drittens. Wenn wir über die Erfordernisse des zivilen
Aufbaus Einigkeit erzielt haben, aber erst dann, sollten
wir uns gemeinsam auf zusätzliche militärische Fähigkeiten
verständigen.
Die Bundesregierung ist bereit, an diesem kooperativen
Ansatz mitzuwirken. Die Bundeskanzlerin hat deshalb
gemeinsam mit Frankreich und Großbritannien den
Generalsekretär der Vereinten Nationen gebeten, möglichst
zügig eine internationale Afghanistan-Konferenz
einzuberufen. Diese wird vermutlich am 28. Januar 2010
in London stattfinden.
Es müssen konkrete, realistische Zielmarken entwickelt
werden. Es geht nicht darum, in Afghanistan eine
Demokratie westlichen Musters aufzubauen. Wer sich
dieses Ziel setzt, ist zum Scheitern verurteilt. Es geht
vielmehr darum, ein Afghanistan zu schaffen, das seine
Sicherheit selbst gewährleisten kann und rechtsstaatlich,
wirtschaftlich und sozial eine positive Zukunft bekommt.
Ausgehend von diesen Zielmarken können dann
Zeitmarken definiert werden, um in einem angemessenen
Zeitrahmen ein Ergebnis erreichen zu können. Wir
können nicht weitere acht Jahre warten, bis sich grundlegende Erfolge einstellen. Die Regierung Karzai ist aufgerufen,
hier ihre Anstrengungen zu verstärken.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ziel sollte es sein, noch in dieser Legislaturperiode,
das heißt bis zum Herbst 2013, die Voraussetzungen für
einen Abzug der internationalen Truppen und somit auch
der Bundeswehr zu schaffen. Ich warne aber ausdrücklich
davor, heute Abzugstermine zu veröffentlichen oder
zu diskutieren. Dies würde den Gegnern jeder Stabilisierungspolitik
nur in die Hände spielen.
Wenn Ziele und Zeitmarken definiert sind, sollte die
Bundesregierung ihren zivilen und militärischen Beitrag
neu justieren. Dies kann bedeuten, für einen überschaubaren
Zeitraum eine Verstärkung des bisherigen Engagements
vorzunehmen. Dazu müssen wir eine Fähigkeitsund
Defizitanalyse durchführen, um Schwachstellen zu
beseitigen und unseren Ansatz zu optimieren. Dies könnte
zum Beispiel - ich glaube, dass dies sogar dringend notwendig
ist - eine Verstärkung der Ausbildungskomponente
zur Folge haben.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Herr Kollege Beck, erlauben Sie eine Zwischenfrage
des Kollegen Nouripour?
Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Herr Kollege
Beck, teilen Sie vor dem Hintergrund, dass Sie selbst zu
Recht mehrfach angemerkt haben, dass der zivile Aufbau
für den Erfolg in Afghanistan lebensnotwendig ist,
meine Einschätzung, dass es nach den beiden Debatten
hier in diesem Hohen Hause - die zweite Debatte geht zu
Ende; nach Ihnen sprechen plangemäß nur noch zwei
Personen -, die intensiv waren und in denen viele Abgeordnete
gesprochen haben, mindestens, euphemistisch
gesagt, ein Zeichen von Desinteresse, wenn nicht sogar
von Ignoranz ist, dass in diesem Zusammenhang der Minister
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
hier nicht spricht?
Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) (CDU/CSU):
Lieber Kollege Nouripour, diese Frage müssen Sie
dem Entwicklungsminister stellen. Ich kann dies an dieser
Stelle nicht kommentieren. Vielleicht geben wir dem
Minister die Gelegenheit, auf Ihre Frage zu antworten.
(Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister:
Zwei Minister haben gesprochen!)
- Ich möchte hinzufügen: Dass in einer Debatte zwei
Minister das Wort ergreifen, lässt sich nur noch dadurch
steigern, dass ein dritter Minister eingreift.
(Thomas Oppermann [SPD]: Geben Sie ihm
zwei Minuten ab! - Omid Nouripour [BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie haben selbst
gesagt: Der zivile Aufbau ist entscheidend!)
- Dies ist richtig. Worüber man wenig spricht: Vor Ort
- Kollege Nouripour, auch Sie waren schon vor Ort -
haben wir die zivilen Erfolge schon sehen und bewerten
können.
Ich möchte ein Nachdenken darüber anregen, ob wir
militärisch richtig aufgestellt sind, ob wir eine angemessene
Reaktionsfähigkeit haben, zum Beispiel bei Hubschraubern,
zum Beispiel bei der Feldhaubitze, bei der
Panzerhaubitze 2000 oder bei anderen gepanzerten
Fahrzeugen. Stellen Sie sich vor, dass Oberst Klein
möglicherweise eben nur die Alternative zwischen
Handfeuerwaffen und einem Luftschlag hatte; andere
Reaktionsmöglichkeiten gab es eventuell gar nicht. Angesichts
dessen muss man sich in Zukunft natürlich
überlegen, ob eine angemessene militärische Reaktion
einer entsprechenden Ausformung, einer entsprechenden
Bewaffnung bedarf.
Bereits heute nehmen die afghanischen Sicherheitskräfte
an der Mehrzahl der Operationen teil. Wir sollten
diese Ausbildung massiv verstärken. Wir sollten uns
auch um die Polizeiausbildung kümmern. Natürlich ist
es nicht Aufgabe der Bundeswehr, Polizisten auszubilden;
darüber sind wir uns im Klaren. Aber es ist ebenso
völlig klar, dass unsere Feldjäger eine bestehende Lücke
ausgefüllt und wertvolle Ausbildungsarbeit geleistet haben.
Ich möchte an dieser Stelle den 45 Feldjägern, die
ständig im Einsatz sind, um Polizisten auszubilden, herzlich
danken.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten
der SPD und der FDP)
Ich meine auch, dass wir zukünftig in die Mandate
nicht nur die Zahl der Soldaten und die entsprechenden
militärischen Sachverhalte hineinschreiben sollten, sondern
auch die zivilen Komponenten, die hinzukommen
müssen.
Das Bundeswehrkontingent wird weiter in der Nordregion
und in Kabul eingesetzt sein. An dieser Stelle,
weil ich oben auf der Tribüne die Kameraden sehe, ein
herzliches Dankeschön an die Soldatinnen und Soldaten
der Bundeswehr, die unter schwierigen Umständen ihren
verantwortungsvollen Dienst erfüllen. - Im Namen meiner
Fraktion ein aufrichtiges Dankeschön!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten
der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN)
Aus aktuellem Anlass warne ich davor, das Engagement
unserer Soldatinnen und Soldaten hier bei uns in
Deutschland durch parteipolitische Profilierung zu belasten.
Unsere Kommandeure und Soldaten brauchen in
dieser Phase unser Vertrauen und unseren Rückhalt und
keine Verunsicherung. Dies und nichts anderes ist unsere
gemeinsame Verantwortung in diesem Parlament.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Herr Kollege Beck, erlauben Sie eine weitere Zwischenfrage,
diesmal der Kollegin Buchholz von der
Fraktion Die Linke?
Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) (CDU/CSU):
Ich würde jetzt gern zum Schluss kommen, Herr Präsident,
weil ich ja nur noch eine Minute Redezeit habe.
Bundesminister Jung hat mit seinem Rücktritt die
Konsequenzen aus den Informationspannen im Verteidigungsministerium
gezogen. Damit hat er sich vor die
Bundeswehr gestellt und weiteren Schaden von der
Truppe ferngehalten. Dafür gebührt ihm der Respekt unserer
Fraktion.
Wir werden als CDU/CSU-Fraktion weiterhin alles
dafür tun, Informationsmängel im Zusammenhang mit
dem Vorfall vom 4. September in einem Untersuchungsausschuss
aufzudecken und künftig Abhilfe zu schaffen.
Dies ist, meine ich, auch im Interesse des ganzen Hauses.
Ich appelliere daher an Sie: Lassen Sie uns gemeinsam
aufklären, aber lassen Sie uns dies in fairer und angemessener
Weise tun!
Herr Kollege Klose, ich begrüße es ausdrücklich, dass
sich die SPD zu ihrer Verantwortung bekennt und der
Mandatsverlängerung für ISAF um ein weiteres Jahr zustimmen
will. Schließlich haben wir in den letzten vier
Jahren gemeinsam in der Regierungsverantwortung gestanden.
Ich möchte auch die Kolleginnen und Kollegen
von den Grünen ermuntern, die Mandatsverlängerung zu
befürworten. Schließlich haben Sie Ende 2001 in gemeinsamer
Regierungsverantwortung mit der SPD den
Grundstein für unser Engagement in Afghanistan gelegt.
Meine Fraktion wird dem vorliegenden Antrag der
Bundesregierung auf Drucksache 17/39 zustimmen. Die
Entschließungsanträge von SPD, vom Bündnis 90/Die
Grünen und von der Linken lehnen wir ab.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten
der FDP)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Zu einer Kurzintervention erteile ich der Kollegin
Buchholz das Wort.
Herr Kollege Beck, Sie haben ja über das Nachdenken
über den Einsatz gesprochen, Sie haben berechtigterweise
auch über die Soldatinnen und Soldaten gesprochen.
Ich möchte Sie fragen, ob Sie in Ihre Erwägungen
auch die Meinung der Bevölkerung hier in Deutschland
mit einbeziehen. Wie ja in mehreren Umfragen deutlich
wurde, sind drei Viertel der Bevölkerung gegen diesen
Krieg in Afghanistan. Die Friedensbewegung hat in der
letzten Woche in 69 Städten eine Umfrage auf der Straße
durchgeführt und hat über 17 000 Menschen befragt.
94 Prozent der Menschen waren der Meinung, dass die
Bundeswehr aus Afghanistan abgezogen werden soll.
(Widerspruch bei der CDU/CSU)
Was sagen Sie dazu? Wie bewerten Sie diese Umfrage
in Bezug auf Ihren Antrag?
(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der
FDP: Wissenschaftlich nicht belastbar!)
Liebe Frau Kollegin, ich könnte Ihnen ebenfalls eine
Reihe von Umfragen entgegenhalten. Je nachdem, wie
Sie die Frage stellen, bekommen Sie andere Ergebnisse.
Fakt ist in der Tat - da gebe ich Ihnen recht -, dass der
Einsatz in weiten Teilen der Bevölkerung - ich glaube,
nach den letzten Zahlen, die ich habe, liegt das bei
60 Prozent - nicht unterstützt wird, wenn man ihn als
Kriegseinsatz definiert. Dies ist aber de facto gar nicht
der Fall,
(Lachen bei der LINKEN)
sondern unsere Soldaten - ich sage das noch einmal in
aller Klarheit - sind dort, um einen zivilen Aufbau abzusichern.
Ich sage Ihnen auch deutlich: Wenn wir hier
über die zivilen Opfer sprechen - vorhin ist eine Zahl genannt
worden -, muss man dazusagen, dass 80 Prozent
Opfer der Taliban und nicht der Bundeswehr sind.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten
der FDP)
Wir sind dort, um einen Aufbau abzusichern. Wir haben
diesen Aufbau über viele Jahre hinweg geleistet.
Wenn Sie die zivilen Aufbauhelfer vor Ort fragen, was
sie machen würden, wenn die Bundeswehr nicht mehr
dort wäre, sagen sie, dass ihre Arbeit dann, zumindest in
den paschtunischen Gebieten des Nordens, nicht mehr
möglich wäre. Wir würden die Menschen also im Stich
lassen. Das wird mit uns nicht geschehen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten
der FDP)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Burkhard Lischka von
der SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will
eines ganz deutlich sagen - das gilt, glaube ich, für alle
Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause, die gleich
zustimmen werden -: Die Verlängerung des ISAF-Mandats
und die damit verbundene militärische Präsenz in
Afghanistan sind kein Selbstzweck, für niemanden hier.
Aber sie sind notwendige Grundlage für die Schaffung
eines sicheren Umfeldes, in dem überhaupt so etwas wie
Entwicklung und Stabilisierung in Afghanistan stattfinden
kann.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Aber wahr ist auch: Die Verlängerung des ISAF-Mandates
darf nicht ein einfaches Weiter-so bedeuten. Wir
brauchen eine teilweise Neuausrichtung unserer Afghanistan-
Politik, eine stärkere Betonung entwicklungspolitischer
Ziele. Denn wenn es uns nicht gelingt, unser Engagement
mit sichtbaren Perspektiven für die Menschen
in Afghanistan zu verbinden, dann wird dieses Engagement
scheitern.
Insofern beschließen wir hier heute nicht nur eine
Verlängerung des ISAF-Mandates, sondern wir vergewissern
uns auch dessen, was wir in Zukunft wollen.
Dem dient der Entschließungsantrag der SPD-Fraktion,
der Ziele und Zwischenetappen enthält. Was wir brauchen,
ist ein klarer Zeitplan für die Umsetzung. Wir wollen
das nicht irgendwann erreichen, sondern das muss in
dieser Legislaturperiode gelingen. Das muss Ziel unserer
Politik sein.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Afghanistan ist eines der ärmsten Länder der Welt.
Trotz des internationalen Militäreinsatzes hat sich die Situation
in Afghanistan für die Bevölkerung mancherorts
verschlechtert. Die Menschen leiden unter Hunger und
Armut und unter einer sehr prekären Sicherheitslage.
Das Verhältnis von militärischen zu zivilen Ausgaben
beläuft sich derzeit auf vier zu eins. Eine dauerhafte Perspektive
wird Afghanistan erst dann bekommen, wenn
es uns gelingt, dieses Verhältnis umzukehren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Nur durch eine konsequente, nachhaltige Armutsbekämpfung
und wirtschaftliche Entwicklung werden wir
erreichen, dass das westliche Engagement von der Bevölkerung
in Afghanistan akzeptiert wird.
(Zuruf des Abg. Hans-Christian Ströbele
[BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Aber ich sage auch: Unserer Verantwortung gerade
gegenüber der Bevölkerung in Afghanistan würden wir
nicht gerecht, Herr Ströbele, wenn wir jetzt in einer
Kurzschlusshandlung Hals über Kopf das Land verlassen,
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Das will doch keiner!)
uns einen schlanken Fuß machen und die Afghaninnen
und Afghanen mit ihren riesigen Problemen alleine lassen
würden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU und der FDP)
Vor allen Dingen müssen wir an den Zielen unserer
Entwicklungszusammenarbeit insgesamt und an der
Durchsetzung der international vereinbarten Steigerungen
der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit festhalten.
Die Bundesregierung hat sich bekanntlich dazu
verpflichtet, 2010 0,51 Prozent des Bruttonationaleinkommens
für die Entwicklungszusammenarbeit zur
Verfügung zu stellen. Dass sich ausgerechnet der zuständige
Minister, Herr Niebel - jetzt ist er nicht mehr
da -, gleich zu Beginn seiner Amtszeit ganz offiziell
von diesem Ziel verabschiedet hat, ist bitter.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN)
Das ist bitter für die Menschen, die Hunger leiden, aber
auch für die Entwicklungspolitiker, die sich den Millenniumszielen
ernsthaft und nicht nur in Sonntagsreden
verpflichtet fühlen. Entwicklungspolitik muss die Herzen
der Menschen erreichen und muss bessere Lebensperspektiven
für die Menschen vor Ort eröffnen - gerade
auch in Afghanistan.
Hier hat uns die Bombardierung des Tanklastzugs am
4. September zurückgeworfen. Wenn der von einem
deutschen Oberst befohlene Angriff zivile Opfer fordert
und Sie, Herr Verteidigungsminister zu Guttenberg, diesen
Einsatz, wie wir heute wissen, vorschnell als "angemessen"
tituliert haben, dann geht zunächst einmal Vertrauen
verloren. Sie haben sich heute darum bemüht, die
Glaubwürdigkeit ein Stück weit wiederherzustellen. Dafür
spreche ich Ihnen meinen Respekt aus. Wir brauchen
diese Glaubwürdigkeit für unser Engagement in Afghanistan,
aber auch für die Akzeptanz bei uns in Deutschland.
Entwicklung der Infrastruktur, Bildung, Gesundheit,
Landwirtschaft, ländliche Entwicklung und nicht zuletzt
Korruptionsbekämpfung sind wichtige Ziele. Aber wir
wissen auch: Manche Entwicklungshilfegelder versickern
in Afghanistan. Zu viel von dem, was wir eigentlich
erreichen könnten, wird nicht erreicht. Deshalb werden
wir dafür sorgen müssen, dass den Worten auch
Taten folgen und dass es einen konkreten Fahrplan gibt,
der die weitere Zusammenarbeit mit dem afghanischen
Präsidenten festlegt und der einen Einstieg in den Ausstieg
aus dem militärischen Engagement vorzeichnet.
Einen Strategiewechsel darf man nicht nur ankündigen,
man muss ihn auch machen. Dem dient der Entschließungsantrag
der SPD-Fraktion. Daran werden wir
auch die künftige Politik der Bundesregierung messen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Denn eine vage Hoffnung, dass das alles in Zukunft
schon werden wird, ist uns zu wenig. Das ist zu wenig
für die Entwicklung in Afghanistan. Wir müssen die Perspektiven
der Menschen stärken. Da haben wir noch jede
Menge zu tun. Das müssen wir angehen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Herr Kollege Lischka, auch Ihnen gratuliere ich zu Ihrer
ersten Rede im Deutschen Bundestag. Alles Gute!
(Beifall)
Als letzter Redner in dieser Debatte hat der Kollege
Florian Hahn von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten
der FDP)
Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen
und Kollegen! Die Entscheidung, die wir heute im Hohen
Haus zu treffen haben, ist keine leichte. Wie die Debatte
zeigt, machen wir sie uns auch nicht leicht. Es ist
letztlich ein Beschluss darüber, ob wir deutsche Soldaten
weiterhin 5 000 Kilometer von der Heimat entfernt der
Gefahr für Leib und Leben aussetzen.
Doch warum müssen und sollen wir uns weiter zu
diesem Mandat bekennen? Weil ein stabiles Afghanistan
im ureigenen Interesse Deutschlands liegt. Nur ein
afghanischer Staat, der selbstständig für Sicherheit sorgen
kann, wird dauerhaft verhindern können, erneut
Operationsbasis für Terroristen zu werden, die es auf die
Freiheit abgesehen haben,
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten
der FDP)
die Andersdenkende nicht nur unterdrücken, sondern
auch der Folter und dem Tod preisgeben, jawohl: der
Folter und dem Tod. Da kann ich, Herr van Aken, nur sagen:
Das ist wahrlich keine Feuerwehrübung in Castrop-
Rauxel.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn wir heute darüber abstimmen, das ISAF-Mandat
zu verlängern, müssen wir uns dabei klar vor Augen
führen, wie wir in Afghanistan den Weg zur Übergabe in
Verantwortung weiter beschreiten wollen. Es geht um
die Schaffung selbsttragender Sicherheitsstrukturen und
anderer funktionstüchtiger Strukturen in Afghanistan.
Hier möchte ich mich meinen Vorrednern anschließen:
Dies ist nur durch einen vernetzten Ansatz von sicherheitspolitischen,
diplomatischen und eben auch - das ist
ganz entscheidend - entwicklungspolitischen Maßnahmen
zu erzielen.
Durch unser entwicklungspolitisches Engagement
sind in Afghanistan bis heute bereits lebenswichtige
Fortschritte zu verzeichnen: 800 000 Menschen haben
eine bessere Stromversorgung. 500 000 Buben und Mädchen
können eine Grundschule besuchen. 600 Kilometer
Straße und viele Brücken wurden neu gebaut. Von
100 000 vergebenen Mikrofinanzkrediten konnten Haushalte,
Handwerker, Händler und Dienstleister profitieren.
Dies wäre ohne unsere Sicherheitskräfte so nicht
möglich.
Ich brauche Ihnen auch nicht zu erzählen, welche
Rolle die Frauen unter dem Talibanregime hatten. Für
die Rechte der Frauen konnte bis jetzt, auch mit unserer
Hilfe, viel erreicht werden. An dieser Stelle möchte ich
der Kollegin Beck sehr herzlich danken, die uns den Bericht
von neun prominenten Frauen in Afghanistan zugeleitet
hat, in dem unter anderem die Erfolge im Rahmen
der Entwicklungszusammenarbeit im Bereich der Frauenrechte
dargestellt werden. Diese Frauen bitten uns explizit
um eine Verlängerung des Mandats; Herr
Schockenhoff hat bereits ausführlich darauf hingewiesen.
Wenn wir den Einsatz jetzt beenden, haben andere,
nämlich die Taliban, die Chance, wieder an die Macht zu
gelangen und wieder ihr menschenverachtendes Regime
zu installieren. Wir in Deutschland müssen uns als berechenbare
Freunde der afghanischen Bürgerinnen und
Bürger erweisen. Unsere zivilen Anstrengungen müssen
noch unmittelbarer bei der Bevölkerung ansetzen. Die
Wirkung unseres Einsatzes soll noch deutlicher sichtbar
werden und direkt bei den Bedürftigen ankommen.
In einem Gespräch mit Vertretern aus Afghanistan
wurde mir gesagt, dass es nicht nur wichtig ist, die Bereiche
der Landwirtschaft und der Hochschule zu fördern.
Ganz entscheidend ist auch die Schaffung von
Strukturen im Bereich von Handwerk und Mittelstand.
Dies ist mir ein persönliches Anliegen. Denn am Ende
des Tages werden wir unsere Politik daran messen müssen,
ob es den Menschen in Afghanistan dann nachhaltig
besser geht als unter der Talibanherrschaft und ob sie
selbstbestimmt die Zukunft ihres Landes gestalten können.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten
der FDP)
Dabei können wir aktuell weder auf den Einsatz der
Frauen und Männer der Bundeswehr noch auf den Einsatz
der Polizei, des Diplomatischen Dienstes und der zivilen
Hilfsorganisationen verzichten. Deren Einsatz gebühren
unser aller Respekt und unsere Anerkennung.
Wir wünschen ihnen auch in Zukunft Gottes Segen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Genau diese Leistungsträger können zu Recht von
uns erwarten, dass sie nicht zum Gegenstand von parteipolitischem
Klein-Klein werden, Herr Nouripour. Sie
brauchen vielmehr unsere volle Rückendeckung, eine
Rückendeckung, die Sie im Ausschuss gegeben haben
und heute nicht mehr geben wollen.
(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Unerhört!)
Zu dieser Rückendeckung gehört ein klares Bekenntnis
- das heißt ein klares Ja oder Nein - eines jeden von uns
hier im Haus zur Verlängerung des ISAF-Mandats. In
diesem Sinne bitte ich Sie um Ihre Zustimmung.
Ich bedanke mich ganz herzlich.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Herr Kollege Hahn, auch Ihnen gratuliere ich im Namen
des ganzen Hauses zu Ihrer ersten Rede vor dem
Deutschen Bundestag.
(Beifall)
Ich schließe die Aussprache.
Bevor wir zur Abstimmung kommen, gebe ich Ihnen
bekannt, dass wir 23 Erklärungen nach § 31 unserer Geschäftsordnung
zu Protokoll nehmen.
Jetzt kommen wir zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung
des Auswärtigen Ausschusses auf
Drucksache 17/111 (neu) zu dem Antrag der Bundesregierung
zur Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter
deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen
Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan unter
Führung der NATO. Der Ausschuss empfiehlt in seiner
Beschlussempfehlung, den Antrag auf Drucksache 17/39
anzunehmen. Es ist namentliche Abstimmung verlangt.
Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre
Plätze einzunehmen. - Haben die Schriftführer ihre
Plätze an allen Urnen eingenommen? - Das ist offenkundig
der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.
Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Karte
noch nicht abgegeben hat? - Das ist nicht der Fall. Ich
schließe den Wahlgang und bitte die Schriftführerinnen
und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das
Ergebnis der namentlichen Abstimmung wird Ihnen später
bekannt gegeben.
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, gebe
ich Ihnen das von den Schriftführerinnen und Schriftführern
ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstimmung
über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen
Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung zur
Fortsetzung des ISAF-Mandats bekannt: abgegebene Stimmen 594. Mit Ja haben gestimmt 446 Abgeordnete,
mit Nein haben gestimmt 105, Enthaltungen 43. Die
Beschlussempfehlung ist angenommen.
Damit beenden wir das Protokoll der Bundestagssitzung.
Im Folgenden dokumentieren wir noch die Namen der Abgeordneten, die mit NEIN gestimmt oder sich der Stimme enthalten haben.
Nein-Stimmen:
CDU/CSU:
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Dr. Peter Gauweiler
Norbert Schindler
SPD:
Ingrid Arndt-Brauer
Klaus Barthel
Marco Bülow
Dr. Peter Danckert
Wolfgang Gunkel
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)
Hilde Mattheis
Sönke Rix
Dr. Marlies Volkmer
Waltraud Wolff (Wolmirstedt)
FDP:
Joachim Günther (Plauen)
Dr. h. c. Jürgen Koppelin
DIE LINKE:
Jan van Aken
Agnes Alpers
Dr. Dietmar Bartsch
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Dr. Martina Bunge
Roland Claus
Sevim Dag(delen
Dr. Diether Dehm
Heidrun Dittrich
Werner Dreibus
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Wolfgang Gehrcke
Nicole Gohlke
Diana Golze
Annette Groth
Dr. Gregor Gysi
Heike Hänsel
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Dr. Barbara Höll
Ulla Jelpke
Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
Harald Koch
Jan Korte
Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Caren Lay
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Wolfgang Neškovic'
Thomas Nord
Jens Petermann
Richard Pitterle
Ingrid Remmers
Paul Schäfer (Köln)
Michael Schlecht
Dr. Herbert Schui
Dr. Ilja Seifert
Kathrin Senger-Schäfer
Raju Sharma
Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Sabine Stüber
Alexander Süßmair
Dr. Kirsten Tackmann
Frank Tempel
Dr. Axel Troost
Alexander Ulrich
Kathrin Vogler
Sahra Wagenknecht
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Katrin Werner
Jörn Wunderlich
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Katja Dörner
Bettina Herlitzius
Winfried Hermann
Dr. Anton Hofreiter
Uwe Kekeritz
Memet Kilic
Sven Kindler
Maria Klein-Schmeink
Sylvia Kotting-Uhl
Monika Lazar
Agnes Malczak
Beate Müller-Gemmeke
Dr. Hermann Ott
Elisabeth Paus
Dr. Gerhard Schick
Dorothea Steiner
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Dr. Harald Terpe
Enthaltungen:
CDU/CSU:
Manfred Kolbe
SPD:
Daniela Kolbe (Leipzig)
Dr. Wilhelm Priesmeier
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
Kerstin Andreae
Birgitt Bender
Alexander Bonde
Viola von Cramon-Taubadel
Ekin Deligöz
Dr. Thomas Gambke
Kai Gehring
Katrin Göring-Eckardt
Britta Haßelmann
Ulrike Höfken
Bärbel Höhn
Ingrid Hönlinger
Thilo Hoppe
Katja Keul
Ute Koczy
Oliver Krischer
Agnes Krumwiede
Fritz Kuhn
Stephan Kühn
Renate Künast
Undine Kurth (Quedlinburg)
Markus Kurth
Nicole Maisch
Jerzy Montag
Kerstin Müller (Köln)
Ingrid Nestle
Dr. Konstantin von Notz
Friedrich Ostendorff
Brigitte Pothmer
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)
Elisabeth Scharfenberg
Christine Scheel
Dr. Frithjof Schmidt
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Daniela Wagner
Wolfgang Wieland
Dr. Valerie Wilms
Josef Philip Winkler
Quelle: Deutscher Bundestag - Stenografischer Bericht von der 9. Sitzung, Berlin, Donnerstag, den 3. Dezember 2009 - (Plenarprotokoll 17/9); S. 667 - 688 und S. 690 C