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Bundeswehr angegriffen

Taliban attackierten neues Bataillon in Kundus

Aufständische haben in der nordafghanischen Provinz Kundus deutsche und afghanische Soldaten des neuen Ausbildungs- und Schutzbataillons der Bundeswehr angegriffen. Nach Angaben der Bundeswehr kamen bei dem Zwischenfall am Sonnabend (14. Aug.) keine Soldaten zu Schaden. Ob es unter den Angreifern Tote gegeben hat, war unklar. Die Internationale Schutztruppe ISAF hatte zunächst von zwei getöteten Aufständischen berichtet. Die Bundeswehr erklärte später, dafür gebe es keine Bestätigung.

Die Soldaten seien rund acht Kilometer nordwestlich des deutschen Feldlagers mit Handfeuerwaffen und Panzerfäusten attackiert worden, teilte die Bundeswehr auf ihrer Homepage mit. Sie hätten den Angriff abwehren können. Nach Angaben der ISAF konnten die Soldaten mit Hilfe einer Bundeswehr-Drohne vom Typ Luna eine Stellung der Aufständischen auf einem ummauerten Grundstück ausmachen. Die Soldaten hätten die Stellung mit einer Anti-Panzer-Rakete zerstört.

Das Ausbildungs- und Schutzbataillon (ASB) ist erst seit Kurzem in Kundus eingesetzt. Ziel ist das sogenannte Partnering, bei dem Soldaten der Bundeswehr gemeinsam mit afghanischen vorgehen.

Im Norden Afghanistans sind neue Vorkommen von Erdöl entdeckt worden. Wie ein Sprecher des Bergbauministeriums am Wochenende in Kabul mitteilte, befindet sich das bislang unbekannte Ölfeld mit einem geschätzten Vorkommen von 1,8 Milliarden Barrel (je 159 Liter) im Dreieck zwischen den Städten Balch, Schuburghan und Hairatan.

* Aus: Neues Deutschland, 16. August 2010


Jagdsaison im Norden

Von René Heilig **

Afghanistan müsse zunehmend Verantwortung für seine eigene Entwicklung übernehmen. Dafür wolle man den zivilgesellschaftlichen Aufbau des Landes voranbringen. Zusätzlich lasse man nichts versucht, um die Mitläufer der Aufständischen zur Aufgabe zu bewegen. Das alles wurde zu Jahresbeginn in London beschlossen. Doch der Krieg tobt weiter. Es existieren mehr unsichtbare Fronten denn je. Zunehmend auch im Norden des Landes.

Dort trägt die Bundeswehr offiziell noch immer die militärische Verantwortung. Doch seit einigen Wochen sind hier nun auch starke US-Kräfte stationiert. Die US-Combat Aviation Brigade mit ihren annähernd 60 Hubschraubern zeigt ihren deutschen »Befehlshabern« immer öfter, wie man Krieg führt. Am Wochenende erst habe man zufällig entdeckt, wie Mitglieder der sogenannten Islamischen Bewegung Usbekistans eine Polizeistation angreifen wollten. Und schlug zu, aus der Luft, knallhart.

Zufällig? Unsinn! Die Aktion gegen die angeblichen Usbeken zeigt vermutlich genau das, was den Taliban signalisiert werden sollte: Trennt euch von falschen Freunden und wir können reden ... Ob das Kalkül aufgeht? Sicher ist, die gezielte Jagd - die im Norden von US- Elitekämpfern im Verbund mit deutschen KSK-Kräften bislang nur heimlich und ziemlich willkürlich betrieben wurde - erreichte mit dem Eintreffen der US-Brigade eine neue Qualität. Was zu entsprechenden Reaktionen und zu neuen Opfern führen wird. Auch bei der Bundeswehr. Doch ob man so die Taliban - als wohl stärkste Kraft in den Anti-ISAF-Gruppierungen - an den Verhandlungstisch lockt, muss sich erst noch zeigen.

** Aus: Neues Deutschland, 16. August 2010 (Kommentar) br>

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