"Nie wieder Krieg ohne uns?"
September: FriedensJournal 5/2008 erschienen. Themen: Vom Kaukasuskrieg bis zu Uranwaffen
Editorial:
Am 1. September fanden
deutschlandweit wieder zahlreiche Veranstaltungen
zum Antikriegstag statt,
wie immer unter dem traditionellen
Motto: „Nie wieder Krieg“. Dieser von
Kurt Tucholsky im Jahr 1922 geprägte
Ausspruch wurde 1945 zum gesellschaftlichen
Konsens in Deutschland. Endgültig vorbei war es damit ziemlich
genau 50 Jahre später. Ende April 1995
begann das maßgeblich von Deutschland
unterstützte Tudjman-Regime in
Kroatien einen Überraschungsangriff
auf die von Serben bewohnte Krajina
mit dem Ziel von dessen Reintegration
in das kroatische Staatsgebilde. Die
meisten Tageszeitungen in Deutschland
begrüßten den kroatischen Angriffskrieg.
Die Frankfurter Rundschau
kommentierte: „Die kroatische Offensive
hat der serbischen Aggression einen
Riegel vorgeschoben“.
Diese Geschehnisse erinnern stark an
den Konflikt zwischen Georgien und
Rußland. Die georgische Aggression
wurde als solche nur kurz in den
Tageszeitungen benannt, um sehr
schnell einer anti-russischen Stimmung
breiten Raum zu geben. Seitdem
wird die Konfrontation gegenüber
Rußland durch die NATO-Staaten
kräftig geschürt – und die deutsche
Bundesregierung ist durch Merkel und
Steinmeier gewissermaßen „an vorderster
Front“ mit dabei.
Anstatt Öl ins Feuer zu gießen, könnte
die Bundesregierung natürlich auch
zur Löschung von Brandherden beitragen,
wenn sie nur wollte. Dieses gilt
insbesondere für den Nahost-Konflikt.
Dort wäre ein Frieden greifbar nahe,
wenn die deutsch-Israelische Freundschaft
nicht in einer blinden Unterstützung
der israelischen Regierungspolitik
bestünde. „Freundschaft bedeutet
nicht Nibelungentreue, sie impliziert
auch Kritik“, so Werner Ruf in seinem
Beitrag in dieser Ausgabe.
Dass in Nahost kein Frieden einkehrt,
liegt auch daran, daran, dass die israelische
Regierung den Kriegszustand
mit Palästinensern als Normalfall ansieht
und der Friede der Ernstfall wäre.
Diese Umschreibung ist in dem Gastkommentar
von Wolfgang Gehrcke
zwar auf die Bundesregierung bezogen,
wäre aber für die israelische Regierung
sicherlich in gleicher Weise anwendbar.
Wie weit die Bundeswehr inzwischen
von ihren ursprünglichen Aufgaben
entfernt ist, zeigt sich nicht nur in
Afghanistan, sondern auch an der
„Heimatfront“. Hier gibt es mit dem
Bundeswehroffizier Jürgen Rose jemanden,
der das Prinzip vom „Staatsbürger
in Uniform“ noch sehr ernst
nimmt, während der Inspekteur des
deutschen Heeres verkündet: „Wir
brauchen den archaischen Kämpfer“.
Passend dazu wird in dem Artikelbeitrag
von Ulrich Sander dargestellt, wie
die Bundeswehr Positionen in Rathäusern
und Landratsämtern besetzt, um
auf „definierte Krisenfälle“ vorbereitet
zu sein.
Der denkwürdige Auftritt von Barak
Obama in Berlin hat substanziell nur eines
klar erkennen lassen: Eine stärkere
militärische Beteiligung Deutschlands
in Afghanistan wird von einem künftigen
US-Präsidenten wahrscheinlich
noch viel stärker eingefordert werden.
Widerstand hiergegen wird nicht von
der Bundesregierung kommen, sondern
„nur“ von der deutschen Friedensbewegung.
Der massenhafte Protest
gegen den immer eindeutiger zum
Kampfeinsatz mutierenden Afghanistan-
Krieg mit den zentralen Demonstrationen
am 20.9. in Berlin und Stuttgart
ist deshalb notwendiger denn je.
Darüber hinaus zeigt sich aktuell sehr
deutlich, wo der weitere Schwerpunkt
der Friedensbewegung liegen muss:
Wir sind auf dem Weg zurück in die
Zeiten des Kalten Krieges durch die
Expansion der NATO und deren aggressive
Strategie mit Raketenabwehrsystemen
in Osteuropa und Provokationen
im Kaukasus. „60 Jahre
NATO sind 60 Jahre zu viel“. So lautet
der gemeinsame Aufruf von Mouvement
de la paix und Bundesausschuss
Friedensratschlag zur Vorbereitung eines
Gegengipfels der Friedensbewegung
anlässlich des offiziellen NATOJubliläumsgipfels
2009, den wir auf
der Rückseite dieser Ausgabe abgedruckt
haben.
Karl-Heinz Peil
Aus dem Inhalt:
-
Geopolitik im Kaukasus (Thomas Immanuel Steinberg)
-
Israel-Palästina: die deutsche Verantwortung (Werner Ruf)
-
Der Ernstfall ist der Friede. Gastkommentar (Wolfgang Gehrcke, MdB)
-
Kriegsverbrechen Uranwaffen (Interview mit Frieder Wagner, Filmemacher)
-
Archaische Kämpfer vs. Staatsbürger in Uniform (Peter Mühlbauer)
-
Bundeswehr greift in die Kommunalpolitik ein (Ulrich Sander, Bundessprecher der VVN-Bund der Antifaschisten
-
Wie gerecht muss ein Weltgericht sein? (Offener Brief von Jürgen Todenhöfer)
-
Vorwand für den Krieg zur See
-
Das alte Lied: Teile und herrsche! (Buchbesprechung von "Serbien nach den Kriegen")
-
Aufruf: 60 Jahre NATO (Deutsch-französischer Appell)
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