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Friedensbewegung entsetzt über Struck

Verteidigungsminister will Deutschland am Hindukusch "verteidigen"

Pressemitteilung

Die Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag Lühr Henken (Hamburg) und Dr. Peter Strutynski (Kassel) nehmen Stellung zur jüngsten Erklärung des Verteidigungsministers, Peter Struck:

Mit Entsetzen reagieren Vertreter der Friedensbewegung auf die jüngsten Äußerungen des Verteidigungsministers, die Landesverteidigung finde heute weit außerhalb des Landes, zum Beispiel am Hindukusch statt. Wenn solches Denken Schule macht, landet die Welt über kurz oder lang im Chaos. Mit demselben Recht könnten Pakistan, Indien, China oder jedes x-beliebige Land in ihre Militärdoktrinen festlegen, dass deren Verteidigung am Rhein stattfinde.

Mit dem Programm, die Bundeswehr weltweit zur professionellen Interventionsarmee auszubauen, soll der offene Grundgesetzbruch dauerhaft vollzogen werden. Dem von US-Präsident Bush verkündeten "permanenten Krieg" folgt die Bundesregierung mit einem permanenten Verfassungsbruch. Artikel 87a GG lautet: "Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf". Dort steht nicht: "Der Bund stellt Streitkräfte zum Angriff auf."

Die von Verteidigungsminister Struck angedeuteten marginalen Kürzungen und Streckungen der Beschaffungen von Kriegsgerät lassen denn auch die geplanten Angriffswaffen unangetastet: z.B. 600 Marschflugkörper für Eurofighter und Tornados, weit reichende Präzisionslenkwaffen und Marschflugkörper für den Krieg von See an Land auf Korvetten, Kampfdrohnen für den Landkrieg oder das 10 bis 15 Milliarden Euro teure Luftverteidigungssystem MEADS, das explizit zur Landesverteidigung nichts taugt, sondern einzig zur Verteidigung von Bundeswehrkampftruppen im Ausland konzipiert wird.

Die von Verteidigungsminister Struck angekündigte Überarbeitung des Grundlagendokuments "Verteidigungspolitische Richtlinien" lassen bisher keine Abkehr von dessen auf den machtpolitischen Einsatz der Bundeswehr zielenden Wesensgehalt erkennen. Wehrminister Rühes Richtlinien legten 1992 als "vitale deutsche Sicherheitsinteressen" fest: "die Aufrechterhaltung des freien Welthandels und den ungehinderten Zugang zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt." Vielmehr deuten Vorarbeiten auf eine Präventivkriegsstrategie ŕ la Bush-Doktrin hin.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag fordert die Bundesregierung auf,
  • den friedfertigen Wesensgehalt des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland zu achten und die Verteidigungspolitischen Richtlinien außer Kraft zu setzen und sie nicht durch neue zu ersetzen.
  • die im Aufbau befindlichen Einsatzkräfte der Bundeswehr ersatzlos aufzulösen
  • die Bundeswehr entsprechend des Überlegenheitspotenzials der NATO zunächst auf das für die Landesverteidigung ausreichende Maß von einem Fünftel ihrer Größe abzurüsten und sich für weltweite Abrüstungskontrolle einzusetzen.
Hamburg und Kassel, 6. Dezember 2002
für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Lühr Henken, Hamburg
Dr. Peter Strutynski, Kassel


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