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Zum Ende der UNO-Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag

Erklärung der IPPNW und des Bundesausschusses Friedensratschlag

Zum Ergebnis der UNO-Konferenz zum NPT-Regime (Atomwaffensperrvertrag) erklärte die IPPNW:

Ärzteorganisation begrüßt Abrüstungsprogramm

Berlin, den 22.05.00: In einem dramatischen Ende der Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrages (NPT=Non-Proliferation Treaty), die seit dem 24. April in New York vier Wochen tagte, einigten sich die 187 Unterzeichnerstaaten auf ein Aktionsprogramm für eine atomare Abrüstung. Der Vorsitzende hielt die Uhr am 19. Mai um fünf vor Mitternacht an, um für weitere 19 Stunden über die offizielle Zeit hinaus zu verhandeln. Es hat sich gelohnt. Um 19:19 Uhr (EST) am Samstag den 20. Mai erzielen die KonferenzteilnehmerInnen eine Einigung. Zuletzt drohte der Streit zwischen den USA und dem Irak über eine Fortsetzung der Sanktionen und weiteren Inspektionen kein Ergebnis zuzulassen. Die hart gewonnene Einigung mit den Atomwaffenstaaten vom Donnerstag drohte damit zu scheitern. Durch die Intervention von Kanada und des Konferenz-Vorsitzenden Baali wurde jedoch ein Kompromiss gefunden. Die Ärzteorganisation IPPNW, die an der Konferenz mit VertreterInnen aus Deutschland, Schweden, den USA, Großbritannien und Russland teilnahm, begrüßt die Einigung über zukünftige Abrüstungsmaßnahmen als einen willkommenen Fortschritt, warnte aber zugleich vor zu großem Optimismus.

"Die Konferenz-Delegierten haben ihr Bestes in einer sehr gefährlichen Situation getan, um den Vertrag zu retten", kommentiert Xanthe Hall, IPPNW-Atomwaffenexpertin und NGO-Teilnehmerin an der Konferenz. "Aufgrund des geplanten US-Raketenabwehrsystems droht die Zeit der Abrüstung zu Ende zu gehen und eine neue Aufrüstung zu beginnen."

Nach den Atomtests in Indien und Pakistan fürchteten viele Staaten, dass der Vertrag auseinanderfallen könnte. "Auch die Situation im Nahen Osten tickte bei der Konferenz wie eine Zeitbombe, die im letzten Moment mit Hilfe des Geschicks des Vorsitzenden und Kanadas Intervention entschärft werden konnte", so Hall. Es wird vermutet, dass die USA die Inspektionen im Irak in den Vordergrund geschoben hatten, um Israel vor der Kritik der Konferenz zu schützen.

Die Zusicherung der Atomwaffenstaaten, dass sie ihre atomaren Arsenale vollständig abrüsten, ohne es zugleich als "Fernziel" zu beschreiben, gibt einen neuen Schub für die Verhandlungen über die nukleare Abrüstung. Das ist ein Verdienst der Gruppe von sieben Staaten, die als die "New Agenda Coalition" bekannt sind und die von der Friedensinitiative "Middle Powers Initiative" unterstützt wird. Mehr über die Initiative informiert das Buch "Per Express zur atomwaffenfreien Welt", herausgegeben von der IPPNW.

In einer ersten Stellungnahme des Bundesausschusses Friedensratschlag heißt es:

Gute Absichten - doch die Probleme bleiben

Am 20. Mai 2000 ging die UN-Überprüfungskonfrenz zum Atomwaffensperrvertrag in New York mit einer Resolution zu Ende, die Hoffnung macht. Die fünf offiziellen Atommächte verpflichten sich darin zur vollständigen atomaren Abrüstung. So weit so gut. Drei Probleme bleiben aber:
  1. Ein Zeitplan für die "vollständige" atomare Abrüstung wurde nicht diskutiert. Die jetzige Erklärung ist zwar mehr als nur eine unverbindliche Absichtserklärung, zwingt die Atommächte aber noch kein konkretes Abrüstungsregime auf.
  2. Ausgeklammert blieb der Streitpunkt ABM-Vertrag und Raketenabwehr. Sollten die USA an ihrer Absicht festhalten, ein nationales Raketenabwehrsystem zu installieren - angeblich zum Schutz vor strategischen Raketen irgendwelcher "Schurkenstaaten" -, so dürften die atomaren Abrüstungsmaßnahmen in den kommenden Jahren kaum über das hinaus gehen, was ohnehin schon im START-2-Vertrag zwischen USA und Russland vereinbart ist.
  3. Das ausdrückliche Bekenntnis zur zivilen Nutzung der Kernenergie entwertet in gewisser Weise die atomaren Abrüstungsabsichten. Zumindest hätten Einschränkungen formuliert werden sollen, die den Zugang zu waffenfähigem spaltbaren Material erschweren. Vor allem muss ein Verbot der Forschung auf dem Gebiet der Atomwaffentechnologie ausgesprochen werden.
Insofern können wir uns nicht den zum Teil euphorischen Berichten und Kommentaren anschließen, die im Anschluss an die Konferenz in den Medien die Runde machten. Auch wenn in den nächsten Jahren einige Tausend atomare Sprengköpfe von derzeit rund 35.000 abgerüstet werden sollten: Von einer atomwaffenfreien Zukunft ist die Welt nach wie vor sehr weit entfernt.

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