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Unterschriftensammlung gegen Panzerlieferung und andere Beschlüsse des Bundesausschusses Friedensratschlag

Tagung am 29. April 2000 in Kassel

Presseerklärung
Kassel, den 30. April 2000

"Keine Panzer für die Türkei":
Friedensbewegung setzt Kampagne fort

Bundesausschuss Friedensratschlag tagte in Kassel

Wir machen weiter! Das war die Reaktion des Bundesausschusses Friedensratschlag auf die Meldungen aus der Türkei, wonach der Kauf von 1.000 Leopard-2-Panzern in Deutschland in Frage gestellt worden sei. Aus verschiedenen Quellen verlautete, die türkische Regierung sehe sich aus finanziellen Gründen derzeit nicht in der Lage, eine Kaufentscheidung zu fällen. Ursprünglich war allgemein damit gerechnet worden, dass die Türkei im Sommer 2000 eine Option für die deutschen Panzer abgeben werde. Die offensichtliche Erleichterung in der rot-grünen Koalition über den jetzigen Aufschub der Entscheidung kann zweierlei bedeuten:
  1. Ein handfester Koalitionskrach über die Panzerlieferung kann vermieden werden, weil der Gegenstand des Krachs entfällt.
  2. Die Befürworter des Panzerdeals erhalten eine weitere Frist, innerhalb derer die Türkei "glaubhafte" Fortschritte in der Menschenrechtssituation machen kann.

Nebelkerzen

Die Friedensbewegung, so der Bundesausschuss Friedensratschlag, dürfe sich von den Meldungen aus Ankara und Berlin nicht ins Bockshorn jagen lassen. Weder haben die türkische Regierung und das türkische Militär definitiv auf die Kampfpanzer verzichtet, noch haben die Befürworter des Panzerexports in der Bundesregierung die Hoffnung aud den 15-Milliarden-DM-Zuschlag für die deutsche Rüstungsindustrie aufgegeben. Vielmehr ist davon auszugehen, dass mit den gegenwärtigen Meldungen Nebelkerzen gezündet werden, welche den Rüstungsexportgegnern die klare Sicht nehmen sollen. Bereits vor zwei Wochen hat Verteidigungsminister Scharping, der im Oktober vergangenen Jahres im Bundessicherheitsrat für die Lieferung des Testpanzers eingetreten war, erklären lassen, er sehe wegen der Menschenrechtsdefizite der Türkei "im Augenblick" keine Möglichkeit die Panzer zu liefern. Wie leicht für ihn, in einigen Monaten festzustellen, dass sich die Situation in der Türkei zum Besseren verändert habe und er, Scharping, nun keine Bedenken mehr gegen den Panzerdeal habe.

Die begonnene bundesweite Unterschriftenaktion gegen die nach wie vor drohende Panzerlieferung in die Türkei soll deshalb fortgesetzt und verstärkt werden. Anlässlich einer friedenspolitischen "Halb-Zeit-Bilanz" über die amtierende Bundesregierung am 23. September 2000 in Berlin sollen die bis dahin gesammelten Unterschriften in einer Aktion übergeben werden.

Ostermärsche und nächster Friedensratschlag

Der Bundesausschuss Friedensratschlag hat bei seinem Treffen an diesem Wochenende in Kassel außerdem eine positive Bilanz der diesjährigen Osteraktivitäten gezogen. Die mit den Ostermärschen begonnene friedenspolitische Debatte soll in den kommenden Monaten intensiviert werden und am 1. September ("Antikriegstag") in vielfältige gemeinsame Veranstaltungen mit den Gewerkschaften münden.

Schließlich wurde verabredet, den nächsten "Friedenspolitischen Ratschlag", das jährliche Diskussionsforum von Friedensbewegung, Friedenswissenschaft und Politik, am 2./3. Dezember 2000 wieder in Kassel abzuhalten. Im Mittelpunkt stehen dabei Fragen der ökonomischen, gesellschaftlichen und politischen Kriegsursachenanalyse sowie der Kritik der herrschenden Kriegsvorbereitungspolitik (Bundeswehr, NATO, EU-Militärmacht) und Fragen und Probleme ziviler Alternativen ("Friedensursachen"). Der "Friedensratschlag" wird in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität Gesamthochschule Kassel vorbereitet und durchgeführt.

Für Rückfragen:
P. Strutynski, Tel. dienstl 0561/804-2314, FAX 0561/804-3738
E-mail: strutype@hrz.uni-kassel.de
Oder:
Bernd Guß, Friedens- und Zukunftswerkstatt Frankfurt a.M., Tel. 069/24249950, FAX 069/24249951
E-mail: Frieden-und-Zukunft@t-online.de

Zu einem Artikel aus der FAZ vom 29.04.2000

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