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Luftwaffenschau in Nordhausen

Presseerklärung des BT-Abgeordneten Hübner (PDS)

Weimar, den 30.03.2000
Medieninformation

Werbeschau der Bundeswehr in Nordhausen absagen!
Luftwaffenschau ist Brüskierung der ehemaligen Häftlinge des KZ Mittelbau-Dora

Hübner: "Luftwaffenschau in Nordhausen absagen!"

Vom 06. bis 09.April soll die Wanderausstellung der Bundeswehr "Unsere Luftwaffe" auf dem zentralen Bebel-Platz in Nordhausen gastieren. Nordhausen, seit einem Stadtratsbeschluß von 1996 Stadt des Friedens, erwartet zur selben Zeit die überlebenden ehemaligen Häftlinge des KZ Mittelbau-Dora, die ihren toten Kameraden und der Befreiung vor 55 Jahren gedenken wollen. Dazu erklärt der Thüringer Bundestagsabgeordnete Carsten Hübner, Mitglied des PDS-Landesvorstand Thüringen:

Es ist ein Skandal, daß die Bundeswehr ihre Propagandaschau unter dem Motto: "Luftwaffe zum Anfassen" in Nordhausen präsentieren will. Für eine solche Ausstellung militärischer Zerstörungskraft aus der Luft ist die Harz-Stadt, in deren unmittelbarer Nähe sich die Häftlinge des Konzentrationslagers Mittelbau-Dora in den Produktionsstätten der Nazi-Luftwaffe zu Tode schufteten, ein wahrhaft makaberer Ort. Von 1943 bis 1945 verloren im Rüstungs- und KZ-Komplex Mittelbau-Dora ca. 20.000 Menschen, etwa ein Drittel der dort Inhaftierten, ihr Leben. Sie mußten damals die sogenannten Vergeltungswaffen V1 und V2, die Flugabwehrrakete "Taifun" und verschiedene Strahlentriebwerke für die deutsche Rüstungsindustrie produzieren. Heute nun sollen, wenn es nach dem Willen der Bundeswehr geht, im Zentrum der Stadt das Kampfflugzeug Tornado und die Flugabwehrraketensysteme "Patriot", "Roland" und "Hawk" nebst mobilem Infozentrum zwecks fachkundiger Information und Berufsberatung platziert werden. "Luftwaffe zum Anfassen" - für alle jene, ob nun ehemalige Häftlinge, Angehörige oder andere Teilnehmer der Gedenkveranstaltungen anläßlich der Befreiung des KZ Mittelbau-Dora am Wochenende des 8./9. April, ein Motto, das sie zutiefst verletzen dürfte und das nach der völkerrechts- und verfassungswidrigen Bombardierung Jugoslawiens vor einem Jahr an Geschmacklosigkeit wohl kaum noch zu überbieten ist. Zudem kommen viele Häftlinge aus jenen Ländern, die im 2. Weltkrieg grauenvolle Erfahrungen mit der deutschen Luftwaffe machen mußten.

Der sprichwörtliche i-Punkt wird dem Skandal allerdings dadurch aufgesetzt, daß Nordhausen per Beschluß des Stadtrats von 1996 zu einer "Stadt des Friedens" erklärt wurde. Ein Fakt, der offenbar weder die Bundeswehr noch die Nordhäuser Stadtverwaltung zu interessieren scheint, obwohl er bereits in Fortschreibung eines Stadtratsbeschlusses von 1991 erfolgt ist, in dem fraktionsübergreifend festgeschrieben wurde: "Keine kommunale Förderung von Einrichtungen und Vereinen, die Gewalt als Mittel zur Lösung von Konflikten propagieren" und "Auflösung von Kasernen auf lange Sicht, Nordhausen strebt den Status einer militärfreien Stadt an". Vor diesem Hintergrund kann die Installierung der Waffenschau durch Bundeswehr und Stadtverwaltung nur als bewußte Mißachtung der gewählten Vertreter der Stadt begriffen werden. Und das ist schlicht ein anti-demokratischer Akt!

Ich fordere deshalb die Verantwortlichen von Bundeswehr und Stadtverwaltung auf, die Ausstellung sofort abzusagen. Darüber hinaus erwarte ich von der Bundeswehr, daß sie einen Bericht darüber vorlegt, welche Firmen, bei denen sie heute ihre Waffen bezieht, bereits im Nationalsozialismus die Profiteure von Aufrüstung und Krieg waren. Dabei soll der Einsatz von Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen, ihre Lebensbedingungen und die Zahl der in diesem Bereich durch Arbeit, Folter und katastrophalen Lebensbedingungen Ermordeten ebenso eine Rolle spielen, wie die Gewinne, die diese Unternehmen durch Zwangsarbeit und Krieg machen konnten. Ich bin empört darüber, das ein solcher Skandal unter einem sozialdemokratischen Verteidigungsminister nicht nur möglich ist, sondern offenbar bewußt in Kauf genommen wird! Ich bin aber gleichzeitig der festen Hoffnung, daß sich viele Menschen, international, in der Bundesrepublik, in Thüringen und natürlich in Nordhausen diesen Spuk nicht werden bieten lassen!

Nachfragen bitte an: C. Hübner, Tel.: (0172) 364 9928 Carsten Hübner, MdB - PDS-Bundestagsfraktion - Wahlkreisbüro Weimar Goetheplatz 9b - 99423 Weimar - Tel.: (03643) 519429 - FAX: (03643) 850008 - eMail: wkb_we_huebner@hotmail.com Sie erreichen Carsten Hübner zudem unter folgenden Adressen: Platz der Republik 1 - 11011 Berlin - Tel.: (030) 227 7583-0/-1 u. (0172) 364 9928 - FAX: (030) 227 76508 u. (030) 44058834 - eMail: carsten.huebner@bundestag.de u. carsten-huebner@t-online.de

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