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Kriegsskeptische Stimmen nehmen zu: Bischöfin Käßmann erfährt Unterstützung - Bundesregierung "tarnt und täuscht"

Dokumentiert: Pressemitteilungen des Bundesausschusses Friedensratschlag und der IPPNW

Im Folgenden dokumentieren wir zwei Pressemitteilungen aus der Friedensbewegung, die sich mit der jüngsten öffentlichen Debatte um den deutschen Beitrag zum Krieg in Afghanistan befassen.


Friedensratschlag: Tarnen und Täuschen der Bundesregierung

Der Afghanistankrieg wird ausgeweitet - aber keiner soll es merken

Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag

Kassel, 7. Januar 2010 - Zur Diskussion um den Bundeswehreinsatz in Afghanistan erklärte der Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag in Kassel:

Die kriegsskeptischen Stimmen insbesondere aus den Kirchen und den Hilfsorganisationen lassen die Bundesregierung nicht unbeeindruckt. Angesichts der anhaltenden Ablehnung des Afghanistan-Einsatzes durch die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung auf der einen Seite und des zunehmenden Drucks Washingtons auf die Bundesregierung auf der anderen Seite greift Verteidigungsminister zu Guttenberg zu einem Mittel, das bereits jeder Rekrut in der Grundausbildung beigebracht bekommt: "Tarnen und Täuschen".

So wird die Fortsetzung des Krieges in Afghanistan weiterhin als Stabilisierungseinsatz und als Mittel der Übertragung von "Sicherheitsverantwortung" an die Afghanen getarnt und die Bevölkerung über das wahre Ausmaß des Kampfeinsatzes und die wahren Kriegsziele Deutschlands und der NATO getäuscht.

Die Wahrheit sieht doch so aus:
  1. Mit jeder Erhöhung der Zahl der NATO-Truppen in den vergangenen Jahren wurde auch der Widerstand in Afghanistan stärker. Auch der vermeintlich "ruhigere" Norden (Stationierungsgebiet der Bundeswehr) ist zum umkämpften Kriegsschauplatz geworden. Von "Stabilisierung" kann also keine Rede sein.
  2. Auch bei einem noch so forcierten Aufbau der afghanischen "Sicherheitskräfte" (über deren "Loyalität" berechtigte Zweifel bestehen) wird die herrschende Machtelite in Afghanistan (eine korrupte Regierung, Warlords, Drogenbarone und Stammesfürsten) auf Jahre hinaus sich nur auf die Feuerkraft der ausländischen Besatzungsstreitkräfte stützen können.
  3. Den USA und der NATO ging es nie um "Stabilisierung", Demokratie und Menschenrechte in Afghanistan, sondern um die Durchsetzung geostrategischer Interessen im Zentrum des "eurasischen Schachbretts", dessen Kontrolle für die weltpolitische Dominanz des "Westens" von überragender Bedeutung ist. Da lässt man dann auch schon mal bei offenkundig manipulierten Präsidentschaftswahlen Fünfe gerade sein.
Verteidigungsminister zu Guttenberg gesteht mittlerweile ein, dass die Bundesregierung im Ergebnis der Londoner Konferenz eine Erhöhung der deutschen Truppen in Afghanistan vornehmen wird. Lediglich die diskutierte Zahl von 2.500 zusätzlichen Soldaten soll seinen Angaben zufolge "unterschritten" werden. Und mit Sicherheit wird die Truppenerhöhung mit der Ankündigung garniert werden, die zivile Aufbauhilfe sowie die Ausbildung afghanischer "Sicherheitskräfte" ebenfalls zu verstärken. Eine "Abzugsperspektive", von der mittlerweile nicht mehr nur Außenminister Westerwelle, sondern auch etliche CDU/CSU-Politiker schwadronieren, sieht anders aus.

Wirkliche "Verantwortung" gegenüber den Menschen in Afghanistan heißt in den Augen der Friedensbewegung:
  1. den Krieg unsererseits sofort durch einen Waffenstillstand beenden;
  2. statt die Truppen erhöhen sofort mit dem Abzug der Bundeswehr beginnen;
  3. dadurch frei werdende Mittel verstärkt in den zivilen Wiederaufbau investieren, der den Menschen vor Ort zugute kommt.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag wird zusammen mit anderen Organisationen der Friedensbewegung die Aktivitäten zur Beendigung des Afghanistan-Einsatzes erhöhen. Einer Erhöhung der Truppenstärke, die vom Bundestag beschlossen werden muss, wird sich die Friedensbewegung mit allen Mitteln widersetzen.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski, Kassel


Krieg schafft keinen Frieden

IPPNW unterstützt das klare Votum von Margot Käßmann gegen Krieg

IPPNW-Presseinformation vom 06.01.2009

Die 1985 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Ärzteorganisation IPPNW unterstützt das klare Votum der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche Dr. Margot Käßmann gegen den Afghanistan-Krieg. Wir begrüßen ihre Aufforderung an die Politik, die Logik des Krieges zu durchbrechen. "Nicht das Votum von Frau Käßmann gegen diesen Krieg, sondern das Votum der Politiker für dessen Fortsetzung gegen den Willen der Volksmehrheit ist unmoralisch", erklärt IPPNW-Gründer und Ehrenvorstandsmitglied Prof. Dr. Horst-Eberhard Richter. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung spricht sich bereits seit Jahren bei allen Umfragen eindeutig gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan aus.

Die IPPNW fordert die Bundesregierung auf, die deutsche Beteiligung an den Afghanistan-Einsätzen OEF und ISAF schnellstmöglich zu beenden. Die finanziellen Ausgaben für den Bundeswehreinsatz stehen im eklatanten Missverhältnis zu den Ausgaben für die Entwicklungshilfe. Diese finanzielle Ausstattung für den zivilen Aufbau muss aus Sicht der Ärzteorganisation dringend aufgestockt werden. Notwendig ist zudem eine klare Trennung zwischen Militär und Aufbauhilfe.


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