Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Bundeswehr baut auf "Bombodrom"

Sofortige Räumung des Schießplatzes bei Wittstock verweigert - Der Kampf der Bürgerinitiativen um die Freie Heide geht weiter

Die Bundeswehr und ihr oberster Minister Scharping bleiben hart: Sie wollen ihren Schießplatz behalten und sind nicht bereit, die Wittstock-Ruppiner Heide zu räumen. Dazu einen Bericht aus der jungen welt:

Die Bundeswehr will auch nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das ihr die Nutzung des sogenannten »Bombodrom«-Schießgeländes in der Wittstock- Ruppiner Heide untersagt hat, auf dem Gelände bleiben. »Von Räumung war in dem Verfahren überhaupt keine Rede«, erklärte eine Sprecherin des Verteidigungsministers am Donnerstag in Berlin. Der Rechtsanwalt der »Bombodrom«-Gegner, Reiner Geulen, hatte gefordert, die Soldaten bis zum Samstag von dem über 140 Quadratkilometer großen Gelände abzuziehen und die Zäune abzubauen.

Nach Ansicht der Ministeriumssprecherin verbietet das Urteil nur die Nutzung als Truppenübungsgelände oder Luft- Boden-Schießplatz für Bombenabwurfübungen. »Bevor wir irgend etwas in der Angelegenheit tun, warten wir erst einmal die schriftliche Urteilsbegründung ab«, erläuterte sie. Geulens Kanzleikollege Remo Klinger droht dem Verteidigungsministerium nun damit, den Bundeswehrabzug zum Beispiel mit einem Zwangsgeld durchzusetzen. »Theoretisch könnten wir sogar Zwangshaft gegen Minister Scharping beantragen«, sagte Klinger. Sollte die Bundeswehr bis Samstag tatsächlich nicht aus der Wittstocker Heide abgezogen sein, würden die »Bombodrom«-Gegner nach Weihnachten ein Verwaltungsvollstreckungsverfahren anstrengen. »In dem Gebiet stehen eine Kommandantur, Zäune und Schilder >Betreten verboten! Vorsicht, Schußwaffengebrauch!<. Das ist das, was die Bundeswehr jahrelang als militärische Nutzung bezeichnet hat und die hat das Gericht untersagt«, argumentierte der Jurist.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte am 14. Dezember ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Frankfurt an der Oder bestätigt, daß die Bundeswehr den 1993 von der Russischen Armee übernommenen Truppenübungsplatz südlich der brandenburgischen Stadt Wittstock zunächst nicht weiter nutzen darf. Die Bundeswehr wollte dort das größte Manövergelände Europas einrichten. Mehrere Anliegergemeinden hatten dagegen geklagt.
Aus: junge welt, 22. Dezember 2000

Zur Seite "Aktuelles"

Zurück zur Homepage