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Drei Staaten besiegeln Pipeline

Projekt von Russland, Bulgarien, Griechenland

Von Jan Keetman, Istanbul *

Im Beisein des russischen Präsidenten Wladimir Putin wurde am Donnerstag in Athen die lange verzögerte Unterschrift unter ein strategisch wichtiges Energieprojekt gesetzt.

Mit dem Bau einer Pipeline vom bulgarischen Burgas am Schwarzen Meer zum griechischen Ägäishafen Alexandroupolis geht ein Traum in Erfüllung, den die Zaren ebenso wie die sowjetischen Führer im Kreml über mehr als zwei Jahrhunderte geträumt haben. Die Meerengen des Bosporus und der Dardanellen kommen zwar nicht wie einst erträumt unter russische Kontrolle, dafür kann man sie nun umgehen. Die 280 Kilometer lange Pipeline, für die eine Bauzeit von 18 Monaten angenommen wird, zieht sich in einem weiten Bogen um den türkischen Teil Thrakiens herum. Dabei beginnt sie in einem Hafen unweit der bulgarisch-türkischen Grenze und endet in einem Hafen genau an der griechisch-türkischen Grenze.

Dass das Ganze vor allem eine auf die Türkei bezogene Bypass-Operation ist, ist schon von der Geografie her eindeutig. Es mag auch eine kleine Revanche für die Bypass-Operation sein, die die Türken mit Hilfe der USA und Großbritanniens mit dem Bau einer Pipeline von Baku am Kaspischen Meer über die georgische Hauptstadt Tbilissi und quer durch die Türkei zum türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan gegen Russland unternommen haben. Danach hätte die Türkei auch noch gerne die russischen Erdölexporte aus Noworossisk über eigenes Gebiet geleitet. Vom Schwarzmeerhafen Noworossisk aus wird vor allem Öl aus Kasachstan auf Tanker verladen. Diese fahren dann durch Bosporus und Dardanellen an der Türkei vorbei ins Mittelmeer.

Die Türkei darf den Bosporus nur für Kriegsschiffe sperren. Doch in den letzten Jahren ist in der Türkei eine starke Umweltbewegung entstanden, die vor den Gefahren des Öltransports auf dem stark befahrenen Bosporus, also mitten durch Istanbul, warnt. Während man es sonst mit dem Umweltschutz, etwa der Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls, in Ankara nicht eilig hat, nahm man die Gefahren bei der Durchfahrt von durchschnittlich einem Großtanker pro Tag doch sehr ernst.

Für Russland bestand die Gefahr, dass die Türkei die Regeln für die Durchfahrt bei Nebel, hohem Seegang oder anderen Problemen restriktiv handhabt, um so das eigene Projekt ins Spiel zu bringen. Dies bestand aus dem Plan einer Pipeline vom türkischen Schwarzmeerhafen Samsun quer durch Anatolien ebenfalls nach Ceyhan, wo auch das Öl aus Baku und eine Pipeline aus dem irakischen Kirkuk ankommen. Für das Samsun-Ceyhan-Projekt gab es bereits konkrete Planungen und Studien. Es hätte der Türkei nicht nur satte Transitgebühren eingebracht, sondern auch ihre Position im Energiepoker weiter gefestigt.

Aus alledem wird nun nichts. Nach 14 Jahren Verhandlungen haben sich Russland, Bulgarien und Griechenland auf die Pipeline Burgas-Alexandroupolis geeinigt. Die Baukosten werden auf eine Milliarde Dollar geschätzt.

* Aus: Neues Deutschland, 16. März 2007


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