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Die Ausplünderung der Weltmeere

Spaniens Fischerei wird hoch subventioniert, auch wo sie gegen EU-Normen verstößt

Ralf Streck, San Sebastian *

Das »Konsortium Investigativer Journalisten« (ICIJ) veröffentlicht derzeit eine Artikelreihe zur Ausplünderung der Meere. Darin belegen die mehr als 100 beteiligten Journalisten aus 50 Ländern, dass Spanien mit 5,8 Milliarden Euro seit 2000 den Fischfang am höchsten subventioniert hat.

Spanien unterhält die größte Fangflotte innerhalb der EU. Damit fließt nicht nur der Löwenanteil der Fischfangsubventionen der EU dorthin, Zentral- und Regionalregierungen stocken noch kräftig auf. Die Summe der Subventionen - 5,8 Milliarden Euro seit 2000 - macht immerhin ein Drittel des Gesamtwerts des Sektors aus. »Einer von drei Fischen, die gefangen oder in Fischfarmen gezüchtet werden, wird aus Steuergeldern finanziert«, schreiben die Journalisten. Damit werde, so meint der Fischerei-Ökonom Andrew Dyck von der University of British Columbia (Kanada), mit Steuergeldern die Zerstörung der natürlichen Ressourcen finanziert.

In den bisherigen Veröffentlichungen belegte das ICIJ, dass 80 Prozent der Fischereiunternehmen sogar weiter subventioniert würden, wenn wegen Verstößen Sanktionen gegen sie verhängt wurden. Etwa wegen Fischens in verbotenen Zonen oder weil die Fangquoten überschritten wurden. Angeführt wird ein besonderer Fall. So erhielt das spanische Unternehmensgeflecht um Vidal Armadores Subventionen in einer Gesamthöhe von mehr als 8,2 Millionen Euro, obwohl die gleichen Unternehmen wegen mehr als 40 Verstößen gegen Fangauflagen mit Bußgeldern von fünf Millionen Euro belegt worden waren.

Dass die offiziellen Angaben der EU-Subventionen deutlich von dem Betrag abweichen, den das ICIJ ermittelt hat, liegt auch daran, dass ein Teil des Geldes verdeckt fließt. So enthält die offizielle Summe nicht jene zwei Milliarden Euro an Mineralölsteuer, die den Fischereiunternehmen erlassen wurde. Damit werden immer längere Strecken subventioniert, welche die Flotte zurücklegen muss, um an den begehrten Fisch zu kommen, da Mittelmeer und östlicher Atlantik leergefischt sind. Dass am Horn von Afrika die Ausplünderung der Fischgründe von der Militäroperation Atalanta vor Piratenüberfällen geschützt wird, ist bekannt.

Das Netzwerk hat nun auf die Bedrohung der »neuen Kolonisatoren« in Namibia hingewiesen. Die spanische Flotte fange dort schon heute fast 70 Prozent der begehrten Seehechte. Mit Druck auf die Regierung des südafrikanischen Landes werde versucht, die Fangquoten zu erhöhen.

Dass sich die EU-Politik ändern muss, weiß auch die Fischereikommissarin. Maria Damanaki will eine Fischereireform, mit der die Überfischung bis 2015 gestoppt wird. »Wir werfen die Fische wieder über Bord, die uns nicht interessieren«, sprach die Griechin den »Beifang« an. »Der Teufelskreis muss durchbrochen werden, dass es immer weniger Fische gibt, wir immer mehr Aufwand betreiben müssen, um sie zu fangen, was dazu führt, dass es noch weniger Fische gibt.«

* Aus: neues deutschland, 10. Oktober 2011


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