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Vorlage für faire Rohstoffbeschaffung

Grüne kritisieren bilaterale Abkommen der Bundesregierung und legen eigenes Konzept vor

Von Knut Henkel *

Rohstoffabkommen müssen fair, transparent und nachhaltig sein, damit sie allen Beteiligten nützen.

Rohstoffpartnerschaften sind ein wesentliches Instrument, mit dem die Bundesregierung die Versorgung mit Metallen und anderen Grundstoffen langfristig sichern will. Doch die bilateralen Abkommen werden den gern formulierten Ansprüchen der Politik nach fairen Abbau- und Umweltkonditionen nicht gerecht. Ein alternatives Reglement wäre denkbar, so ein Gutachten, das die Europafraktion der Grünen in Auftrag gegeben hat.

»Chile, Sambia Angola und Südafrika stehen auf der Wunschliste für den Abschluss von Rohstoffpartnerschaften der Bundesregierung«, erklärt Grünen-Bundestagsabgeordnete Ute Koczy. »Wir müssen aufpassen, dass dort nicht die gleichen Fehler wiederholt werden«, so Koczy. Sie hat die Mongolei und Kasachstan vor Augen. Mit der Mongolei wurde im Oktober 2011 die erste Rohstoffpartnerschaft vereinbart, kurz darauf folgte Kasachstan. Doch die Verträge sind eher nach industrie- als nach entwicklungspolitischen Kriterien verfasst, kritisiert Markus Krajewski. »Es ist keinerlei Anspruch auf Nachhaltigkeit feststellbar.« Deshalb stünden die Rohstoffpartnerschaften nicht im Kontext der Außen- und Entwicklungspolitik, sagte der Völkerrechtler der Uni Erlangen-Nürnberg am Montag in der Heinrich-Böll-Stiftung.

Dahin hatte Grünen-Europaparlamentarier Reinhard Bütikofer geladen, um ein Jahr nach Unterzeichnung des Abkommens mit der Mongolei Rohstoffpartnerschaften auf den Prüfstand zu stellen. Dazu bat Bütikofer den Juristen Krajewski, den Text für ein alternatives Rohstoffabkommen zu entwerfen. Der basiert auf fünf Grundsätzen: Transparenz, Partizipation, Zivilgesellschaft, nachhaltige Entwicklung sowie ökologische Rohstoffbewirtschaftung und Unternehmensverantwortung. »Kernpunkte, die in den beiden von der Bundesregierung unterzeichneten Abkommen keine Rolle spielen«, kritisiert Krajewski. »Bilaterale Abkommen können - in Ermangelung multilateraler Regime - sinnvolle Steuerungsinstrumente für eine nachhaltige Rohstoffbewirtschaftung sein«, schreibt er. Doch sein Blick geht in die Zukunft: Man brauche Anstöße auf EU-Ebene, um multilateral zu gemeinsamen Standards zu kommen. Das wäre eine Alternative zum Wettrennen um die Rohstoffe, bei dem Deutschland laut Bütikofer eher hinterherläuft und in dem neokoloniale Strukturen reproduziert würden. »Echte Partnerschaften, wo Deutschland mit Know-how bei Recycling, bei Emissionsabbau und bei Ausbildung hilft, wären wünschenswert - ein alternatives Win-win-Modell«, so Bütikofer.

Die Realität sieht oft anders aus: So ist die Bevölkerung selten eingebunden. Das zeigen Proteste in Kasachstan genauso wie in Peru, wo in den letzten Monaten bei Demonstrationen gegen den Bergbau mehrere Menschen starben. Auch die Förderbedingungen entsprechen nicht immer internationalen Standards. Die zentrale Frage sei, wie man die Rohstoffpolitik fairer gestalten kann, so Parlamentarierin Koczy. Übergeordnetes Ziel seien multilaterale Abkommen, die aber nur langfristig zu erreichen seien, so dass alternative Entwürfe für Partnerschaften durchaus Sinn machten. Da gebe es erheblichen Nachbesserungsbedarf in der deutschen Politik, die auch bei Kreditvergabe und -absicherung Bedingungen stellen sollte - wie es andere Länder täten.

»Nachhaltigkeit, Partizipation und die Einhaltung internationaler Konventionen wie Kernarbeitsnormen und Menschenrechte lassen sich durchaus fixieren«, bestätigt Krajewski und verweist auf seinen Entwurf. Von dem könnten potenzielle Partner wie Sambia oder Peru profitieren - falls die deutsche Regierung nachbessert.

* Aus: neues deutschland, Mittwoch, 10. Oktober 2012


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