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Zahl der kriegerischen Konflikte erneut leicht zurückgegangen

Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF)

19.12.2013

Nach Untersuchungen der Hamburger Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF) wurden 2013 vier Kriege und bewaffnete Konflikte weniger geführt als im Jahr zuvor. Deren Zahl lag damit bei 30. Darüber hinaus waren auch 2013 eine ganze Reihe von Gewaltkonflikten zu beobachten, die nicht von der AKUF erfasst werden.

Als beendet sind insgesamt sieben kriegerische Konflikte zu betrachten. Umgekehrt begannen 2013 drei bewaffnete Konflikte neu. Die von organisierten Kämpfen zahlenmäßig am stärksten betroffenen Weltregionen waren 2013 Afrika mit 11, gefolgt vom Vorderen und Mittleren Orient mit 10 und Asien mit 8 kriegerischen Konflikten. In Lateinamerika war ein Krieg zu verzeichnen.

Neu eskalierte bewaffnete Konflikte

Während die Aufmerksamkeit in Ägypten sich 2013 vor allem auf den Konflikt um den Sturz des gewählten Präsidenten Mursi richtete, fanden auf der Sinai-Halbinsel mehrfach Kampfhandlungen zwischen Islamisten und der Armee statt. Auch in Tunesien eskalierte im Schatten des Machtkampfes zwischen Regierung und Opposition ein bewaffneter Konflikt. Im Grenzgebiert zu Algerien kam es wiederholt zu Kämpfen zwischen Islamisten und Sicherheitskräften. Der dritte neue bewaffnete Konflikt eskalierte 2013 in Mosambik. Dort kündigte die RENAMO, die 1975-1992 in einem lang andauernden Krieg gegen die Regierung gekämpft hatte an, erneut zu den Waffen greifen zu wollen. Sie beendete damit vorerst ihre Rolle als politische Oppositionspartei. Zu bewaffneten Auseinandersetzungen kam es jedoch bislang nur sporadisch.

Beendete Kriege und bewaffnete Konflikte

Im Jahr 2013 nicht mehr als kriegerische Konflikte weitergeführt, wurde eine Reihe von Auseinandersetzungen, in denen Kampfhandlungen bereits in den Vorjahren nicht mehr kontinuierlich geführt wurden. Der bekannteste unter diesen ist sicherlich der Konflikt zwischen Israel und palästinensischen Gruppen. In der Casamance-Region im Senegal und im kurdisch bewohnten Teil des Iran hatten ebenfalls noch vor wenigen Jahren Kriege stattgefunden, die sich zunächst zu bewaffneten Konflikten abgeschwächt hatten und in denen nunmehr nur noch vereinzelt gewaltsame Auseinandersetzungen stattfanden. Auch in Indien, im Bundesstaat Manipur, erreichten die gewaltsamen Auseinandersetzungen erstmals seit mehreren Jahren nicht mehr das Niveau eines bewaffneten Konfliktes. Ebenfalls beendet wurden kürzere bewaffnete Konflikte in Burundi und Tadschikistan sowie die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Sudan und Südsudan um die umstrittene Provinz Abyei.

Gewaltkonflikte jenseits von Kriegen und bewaffneten Konflikten

Auch 2013 war eine ganze Reihe von Gewaltkonflikten zu beobachten, die nicht als Kriege oder bewaffnete Konflikte im Sinne der AKUF zu bezeichnen sind. Dazu gehörte zum Beispiel - wie bereits in den vergangenen Jahren – vor allem die Gewalt zwischen den verschiedenen Drogenbanden in Mexiko. Diese Konflikte forderten 2013 erneut mehr Todesopfer als die meisten Kriege. Auch in anderen Staaten Zentralamerikas ist bereits seit Jahren ein hohes Gewaltniveau zwischen rivalisierenden Banden zu verzeichnen. Wechselseitige Übergriffe von Milizen verschiedener Bevölkerungsgruppen waren in mehreren Ländern zu beobachten. In Nigeria zeichneten hierfür muslimische und christliche ebenso wie ethnische Milizen verantwortlich; in Myanmar waren es buddhistische und muslimische und im Libanon sunnitisch-muslimische und alawitische Milizen. In allen diesen Fällen gab es mehrere Dutzend bis zu über 100 Todesopfern und die Übergriffe erstreckten sich jeweils über mehrere Monate. Ebenfalls Dutzende Todesopfer forderten Zusammenstöße zwischen Anhängern von Regierung und Opposition sowie Demonstranten und Sicherheitskräften in Bangladesch.

Die vollständige Presseerklärung von AKUF einschließlich der tabellarischen Übersicht über alle Konflikte nach Weltregionen erhalten Sie hier:

AKUF-Pressemitteilung (pdf)



AKUF-Kriegsdefinition

"Krieg" definiert die AKUF in Anlehnung an den ungarischen Friedensforscher István Kende (1917-1988) als einen „gewaltsamen Massenkonflikt, der alle folgenden Merkmale ausweist:
  • (a) an den Kämpfen sind zwei oder mehr bewaffnete Streitkräfte beteiligt, bei denen es sich mindestens auf einer Seite um reguläre Streitkräfte (Militär, paramilitärische Verbände, Polizeieinheiten) der Regierung handelt;
  • (b) auf beiden Seiten muss ein Mindestmaß an zentralgelenkter Organisation der Kriegführenden und des Kampfes gegeben sein, selbst wenn dies nicht mehr bedeutet als organisierte bewaffnete Verteidigung oder planmäßige Überfälle (Guerillaoperationen, Partisanenkrieg usw.);
  • (c) die bewaffneten Operationen ereignen sich mit einer gewissen Kontinuität und nicht nur als gelegentliche, spontane Zusammenstöße, d.h. beide Seiten operieren nach einer planmäßigen Strategie, gleichgültig ob die Kämpfe auf dem Gebiet eines oder mehrerer Gesellschaften stattfinden und wie lange sie dauern.“
Kriege gelten als beendet, soweit Kampfhandlungen dauerhaft, d.h. für mindestens ein Jahr, eingestellt bzw. nur unterhalb der Schwelle der AKUF-Kriegsdefinition fortgesetzt werden.

Bei einem "bewaffneten Konflikt" handelt es sich um gewaltsame Auseinandersetzungen, bei denen die Kriterien der Kriegsdefinition nicht in vollem Umfang erfüllt sind.

Hier geht es zur Website von AKUF [externer Link]




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