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Waffendeals bleiben geheim

Bundestag stimmte über Anträge ab

Von Aert van Riel *

Die Öffentlichkeit wird künftig über abschließend genehmigte Rüstungsexporte schneller informiert als bisher. Die Verhandlungen bleiben aber intransparent und der Bundestag weitgehend machtlos.

Wenn eine brisante Rüstungsexportentscheidung getroffen wird, sind Parlament und Öffentlichkeit bisher außen vor. Doch viele Abgeordnete wollen diese Praxis nicht länger hinnehmen. Vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe läuft derzeit eine Verfassungsklage grüner Bundestagsabgeordneter wegen eines geheimen Panzerdeals mit Saudi-Arabien.

Mit einem neuen Gesetz versucht die Bundesregierung nun, ihren Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Am Donnerstagabend sollte der Bundestag über einen schwarz-roten Antrag [externer Link] abstimmen. Darin behaupten die Koalitionäre von Union und SPD, Rüstungsexporte künftig transparenter zu machen. Bisher wurde der Rüstungsexportbericht Ende des Folgejahres veröffentlicht. Nun soll das Papier vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause des Folgejahres publiziert werden. Laut Antrag soll zusätzlich ein Zwischenbericht im Herbst des jeweils laufenden Jahres vorgelegt werden.

Über abschließende Genehmigungsentscheidungen des geheim tagenden Bundessicherheitsrates, dem die Kanzlerin vorsitzt, oder des Staatssekretärsausschusses werden Ausschüsse des Bundestages künftig spätestens zwei Wochen nach Tagung des Gremiums informiert. Die Parlamentarier sollen dann Art des Exportgutes, Anzahl der genehmigten Güter und das Endempfängerland erfahren. Allerdings ist zu befürchten, dass die Regierung die parlamentarische Kontrolle aushebelt. Zusagen, die der Bundessicherheitsrat auf Voranfragen von Firmen gibt, können Regierung und Rüstungswirtschaft als unverbindlich deklarieren und geheim halten.

Davor warnten die Grünen, die einen eigenen Antrag [externer Link] vorgelegt hatten, der ebenfalls zur Abstimmung stand. Darin kritisierte die Oppositionsfraktion, dass die parlamentarische Kontrolle bei den Entscheidungen über Rüstungsexporte erschwert werde. »Die angestrebten Veränderungen in der Informationspraxis sind in keinster Weise ausreichend, um dieses Defizit zu beheben«, schrieben die Grünen. Dem Bundestag würden Mitwirkungsrechte vorenthalten. Statt mehr Transparenz sahen die Grünen sogar eine eklatante Verschlechterung im Vergleich zur bisherigen Informationspraxis. Denn die Große Koalition weigere sich, parlamentarische Anfragen zu Rüstungsexporten zu beantworten. Sie tue das mit dem Verweis auf ihre Berichte.

In ihrem Entwurf forderten die Grünen, dass eine Genehmigung über Rüstungsexporte stets bekanntgegeben und begründet werden müsse. Vor besonders sensiblen Exportgenehmigungen sollte der Bundestag unterrichtet werden und die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten. Allerdings soll die Entscheidung weiter bei der Regierung liegen. Sie dürfte demnach trotz einer negativen Stellungnahme des Bundestages weiterhin eine abweichende Entscheidung treffen. Außerdem verlangten die Grünen, die Kriterien der Rüstungsexportrichtlinie und des Gemeinsamen Standpunktes der EU, insbesondere die Menschenrechtslage im Empfängerland und die Gefahr der inneren Repression, gesetzlich zu verankern.

Damit soll eine bisher bestehende Lücke geschlossen werden. Die Rüstungsexportrichtlinien wurden im Jahr 2000 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung erlassen. Nach diesen sollten grundsätzlich keine Exporte in Länder gehen, »die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind oder wo eine solche droht«. Weil diese Richtlinien keine Gesetzeskraft erhielten, mussten die Regierungen, die sich nicht daran hielten, aber keine Konsequenzen fürchten. Auch deswegen konnte der deutsche Waffenhandel unter der rot-grünen Bundesregierung weiter florieren und Kriegsgerät in Krisengebiete verkauft werden. Weltweit ist die Bundesrepublik der drittgrößte Rüstungsexporteur.

Kürzer als der Text der Grünen war der Antrag der Linksfraktion [externer Link]. Diese begrüßte mehr Transparenz bei Rüstungsexporten. Aber durch mehr Transparenz werde kein Waffenexport verhindert. Deswegen forderte die Fraktion, dass die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf vorlegen müsse, in dem ein generelles Verbot des Exports von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern geregelt wird.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 9. Mai 2014


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