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USA bleiben der größte Todeshändler

SIPRI-Report: Deutschland hinter Russland die weltweite Nr. 3 der Waffenlieferanten / China weitet Export stark aus

Von Olaf Standke *

Das Friedensforschungsinstitut SIPRI hat am Montag einen neuen Report vorgelegt: Die USA bleiben größter Waffenexporteur, während Indien wie kein anderes Land Rüstungsgüter importiert.

Trotz Wirtschafts- und Finanzkrise stieg der weltweite Waffenhandel zwischen 2009 und 2013 um 14 Prozent, so das renommierte Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI in seinem am Montag vorgelegten jüngsten Rüstungsreport. Größter Exporteur von Kriegsgütern bleiben laut dieser Statistik die USA mit einem Weltmarktanteil von 29 Prozent vor Russland (27 Prozent), dem weltweit größten Exporteur von Kriegsschiffen. Obwohl ihr Stück vom Rüstungskuchen damit um ein Prozent geschrumpft ist, konnten die USA ihre Lieferungen in insgesamt 90 Länder in den vergangenen fünf Jahren um elf Prozent steigern; fast jede zweite Waffe ging nach Asien, mehr als jede vierte in den Nahen Osten. Vor allem Militärflugzeuge sind ein Verkaufsschlager, sie machen über 60 Prozent der Exporte aus und werden angesichts neuer Bestellungen beispielsweise von fast 600 F-35-Kampfjets auch in den nächsten Jahren für Gewinne sorgen. Von den zehn größten Rüstungskonzernen haben sieben ihren Sitz in den USA.

Nach wie vor liegt die Bundesrepublik mit sieben Prozent Marktanteil auf Platz 3 der Rangliste der Todeshändler. Zwar verringerten sich die Ausfuhren im Vergleich zum Fünfjahreszeitraum zuvor, doch machen deutsche Waffenschmieden weiter als größte Lieferanten von U-Booten und – nach Russland – von Panzern (650 Stück an sieben Länder) satte Profite. Nichtregierungsorganisationen kritisieren, dass die bestehenden Rüstungsexportkontrollen nicht funktionierten und grundlegend reformiert werden müssten. Laut Rüstungsexportbericht der Bundesregierung wurden 2012 nur 0,7 Prozent der Anträge auf Ausfuhren abgelehnt. Im selben Jahr wurden 66 955 sogenannte Kleinwaffen exportiert. Durch solche Waffen aber werden jährlich weltweit etwa 500 000 Zivilisten getötet.

Wichtigste Abnehmer deutscher Kriegsgüter sind laut SIPRI die USA, Griechenland und Israel. Obwohl Griechenland weiter dramatisch unter den Folgen der Eurokrise leidet, ist Athen nach London zweitgrößter europäischer Importeur von Großwaffen. Die wichtigsten Waffenimporteure in Afrika waren nach Analyse der Friedensforscher Algerien, Marokko und Sudan.

Weltweit größter Rüstungskäufer bleibt aber Indien, das seine Einfuhren um 111 Prozent gesteigert und China inzwischen mit einem globalen Anteil von 14 Prozent als erster Waffenimporteur abgelöst hat. Drei Viertel dieser Waffen kommen aus Russland; im Vorjahr stieg Delhi aber auch zum weltweit größten Käufer von Waffensystemen aus den USA auf. »Die chinesischen, russischen und US-amerikanischen Waffenlieferungen nach Südasien sind von wirtschaftlichen und politischen Überlegungen angetrieben«, erklärt SIPRI-Experte Siemon Wezeman, der von einer »erschreckenden Dynamik« der Waffenkäufe bei gleichzeitig zahlreichen »besorgniserregenden Konflikten in der Region« spricht.

47 Prozent aller Waffenlieferungen zwischen 2009 und 2013 gingen nach Asien, 19 Prozent in den nicht weniger explosiven Nahen Osten. Da auch Indiens Erzfeind Pakistan seine Rüstungsimporte um 119 Prozent gesteigert hat, sehen die Stockholmer Friedensforscher in der Region eine besonders explosive Lage. Zumal beide Staaten zu den Kernwaffenmächten zählen.

China hat dabei seinen Weltmarktanteil in den vergangenen fünf Jahren überproportional vergrößert und liegt nunmehr nur noch knapp hinter Deutschland, aber schon vor Frankreich und Großbritannien. Dominierten bei den chinesischen Exporten früher kleinere Waffen, sorgen inzwischen auch Raketenabwehrsysteme für Umsatz in insgesamt 35 Ländern. 47 Prozent aller pakistanischen Waffenimporte etwa kommen aus dem Reich der Mitte. Aber selbst das NATO-Mitgliedsland Türkei kaufte unlängst ein chinesisches Boden-Luft-Raketensystem.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 18. März 2014


BRD drittgrößter Waffenexporteur

Friedensforschungsinstitut SIPRI legt Rüstungsexportzahlen von 2009 bis 2013 vor **

Die USA sind mit einem Anteil von 29 Prozent am weltweiten Waffenhandel Weltmarktführer beim Export von Kriegsgerät. Dies gab das Friedensforschungsinstitut SIPRI am Montag im Rahmen einer Vorstellung der Rüstungsexportzahlen der Jahre 2009 bis 2013 in Stockholm bekannt. Rußland rangiert mit einem Anteil von 27 Prozent auf Platz zwei. Direkt danach folgt Deutschland: Die BRD tätigt sieben Prozent aller Rüstungsausfuhren weltweit. Der Anteil der Volksrepublik China am weltweiten Waffenhandel lag in den vergangenen fünf Jahren bei sechs Prozent, teilte das Institut mit. Damit konnte China Frankreich auf Platz fünf verdrängen, die französischen Waffenschmieden exportieren fünf Prozent aller Waffen, Großbritannien kommt auf vier Prozent.

Indien bleibt den Angaben zufolge der weltweit größte Waffenimporteur. Im Vergleich zu den Jahren 2004 bis 2008 steigerte Neu-Delhi seine Käufe laut SIPRI um 111 Prozent, die Ausgaben sind dreimal so hoch wie die der direkten Wettbewerber Pakistan und China. Bereits 2010 löste der Subkontinent China als größten Waffenkäufer ab. Drei Viertel aller Waffenimporte bezog Indien zwischen 2009 und 2013 von Rußland. Im vergangenen Jahr stieg Indien auch zum weltweit größten Käufer von US-Waffen auf.

Indiens Nachbarstaat Pakistan steigerte in den vergangenen Jahren seine Waffenkäufe um 119 Prozent, wie das in Schweden ansässige Institut mitteilte. Die größten Waffenimporteure in Afrika waren Algerien, Marokko und der Sudan. In Europa steht Großbritannien an der Spitze der Importeure von Großwaffen (zwölf Prozent), gefolgt von dem immer noch unter den Folgen der Euro-Krise leidenden Griechenland (elf Prozent). Insgesamt nahmen laut SIPRI die Waffenimporte der europäischen Länder in den vergangenen fünf Jahren wie schon im Fünfjahreszeitraum zuvor um ein Viertel ab.

»Was an Absatzmärkten in Europa verlorengeht, kompensiert die deutsche Rüstungsexportindustrie hemmungslos in den Krisenregionen dieser Welt. Damit bleibt Deutschland Europameister bei Rüstungsexporten«, kommentierte Jan van Aken, außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, die Rüstungsexportzahlen. Van Aken weiter: »Weder die Rüstungsindustrie noch die Bundesregierung kennen dabei irgendwelche Skrupel, wie der Verkauf von Leopard-Panzern an Katar und Indonesien oder von Kriegsschiffen an Saudi-Arabien zeigt.«

** Aus: junge Welt, Dienstag, 18. März 2014


Politische Heuchelei

Olaf Standke über den jüngsten SIPRI-Rüstungsreport ***

Zum Weltmeister wird es Deutschland auf diesem umkämpften Feld nie bringen, da sind schon die USA als größter Rüstungsexporteur davor. Aber Europas Spitze haben die hiesigen Waffenschmieden auch in den vergangenen fünf Jahren wieder unangefochten verteidigt, wie der jüngste Report des renommierten Stockholmer Friedensforschungsinstituts (SIPRI) nachweist. Die Bundesrepublik war und ist die globale Nr. 3 auf der Hitliste der Todeshändler, selbst wenn die Rüstungslieferungen ins europäische Umland deutlich zurückgegangen sind. Das versucht man durch verantwortungslose Exporte in Krisenregionen zu kompensieren, die – wie die erteilten Ausfuhrgenehmigungen zeigen – auch in den nächsten Jahren nicht abreißen werden.

Was also soll der gebetsmühlenartige Verweis aller Bundesregierungen der vergangenen Jahrzehnte auf die ach so strengen deutschen Exportrichtlinien? Was bringt das Versprechen des aktuellen schwarz-roten Kabinetts, dass sich Deutschland bei Rüstungsgeschäften an die Regeln des neuen internationalen Waffenhandelsvertrags halten wolle – wenn zugleich deutsche Sturmgewehre in aller Welt in Kriegen und Konflikten Tausende Menschen töten oder Leopard-Panzer und Kriegsschiffe in Spannungsgebiete und an Staaten geliefert werden, für die Menschenrechte keine Rolle spielen? Das ist schlicht politische Heuchelei.

*** Aus: neues deutschland, Dienstag, 18. März 2014 (Kommentar)


South Asia and the Gulf lead rising trend in arms imports, Russian exports grow, says SIPRI

(Stockholm, 17 March 2014) India’s arms imports are now almost 3 times as high as those of the second and third largest arms importers—China and Pakistan—according to new data on international arms transfers published today by Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI). Overall, the volume of international transfers of major conventional weapons grew by 14 per cent between 2004–08 and 2009–13.

The volume of Indian imports of major weapons rose by 111 per cent between 2004–08 and 2009–13, and its share of the volume of international arms imports increased from 7 to 14 per cent. Meanwhile, Pakistan’s imports of major arms increased by 119 per cent.

The major suppliers of arms to India in 2009–13 were Russia (accounting for 75 per cent of imports) and the United States (7 per cent), which for the first time became the second largest arms supplier to India. In contrast, the USA’s share of Pakistani imports in the same period was 27 per cent. China was also a major supplier in the region, accounting for 54 per cent of Pakistani arms imports and 82 per cent of Bangladeshi imports.

‘Chinese, Russian and US arms supplies to South Asia are driven by both economic and political considerations,’ said Siemon Wezeman, Senior Researcher with the SIPRI Arms Transfers Programme. ‘In particular, China and the USA appear to be using arms deliveries to Asia to strengthen their influence in the region.'

Russian arms deliveries remain high

The five largest suppliers of major weapons during the five-year period 2009–13 were the United States (29 per cent of global arms exports), Russia (27 per cent), Germany (7 per cent), China (6 per cent) and France (5 per cent).

These top 5 suppliers accounted for 74 per cent of the total volume of arms exports worldwide. The USA and Russia together accounted for 56 per cent of the volume of arms exports.

‘Russia has maintained high levels of arms exports despite the crisis in its arms industry in the post-cold war period,’ said Siemon Wezeman. ‘In 2009–13 Russia delivered major arms to 52 states. Russia’s most significant export in 2013 was of an aircraft carrier to India.’

Imports by Gulf states on the rise

Arms imports to Arab states of the Gulf increased by 23 per cent from 2004–08 to 2009–2013, accounting for 52 per cent of imports to the Middle East in the latter period. Saudi Arabia rose to become the 5th largest importer of major weapons worldwide in 2009–13, compared to 18th in 2004–08.

Several Gulf states have invested heavily in advanced, long-range strike systems and air and missile defence systems. This includes large orders for and deliveries of combat aircraft with precision-guided weapons from the United Kingdom and the USA.

‘The USA, which accounted for 45 per cent of arms deliveries to Gulf states, has signed a series of major deals which will maintain its high levels of arms exports to these countries. In 2013, for the first time, the USA allowed the sale of long-range air launched cruise missiles to Gulf states,’ said Pieter Wezeman, Senior Researcher with the SIPRI Arms Transfers Programme.

Other notable developments
  • Brazil is increasing its arms imports. In 2009–13 it ordered 4 submarines from France and 2044 armoured vehicles from Italy, and decided to buy 36 combat aircraft from Sweden.
  • South Korea was the 8th largest arms importer in 2009–13, receiving and ordering combat aircraft, missiles, reconnaissance aircraft and air defence radars in order to increase its capability to detect and destroy North Korean missiles.
  • Australia increased its imports of major arms by 83 per cent between 2004–08 and 2009–13.
  • China has firmly established itself as a supplier of major arms in the same category as Germany and France, and has succeeded in convincing Turkey, a member of the North Atlantic Treaty Organization (NATO), to select Chinese air defence systems.
  • Imports by Azerbaijan increased by 378 per cent between 2004–08 and 2009–13.
  • Sudan and Uganda—both of which are involved in a number of conflicts—accounted for 17 and 16 per cent, respectively, of arms imports in sub-Saharan Africa.
  • European arms imports decreased by 25 per cent between 2004–08 and 2009–13.
  • In the period 2009–13, 10 countries received a total of 16 submarines of which 8 were delivered by Germany. By the end of 2013, another 50 submarines were on order.
Source: SIPRI, 17 Mar. 2014; http://www.sipri.org

Mehr über die SIPRI-Studie: Fact Sheet: Trends in international arms transfers, 2013 [pdf, externer Link]




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