Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Deutscher Waffenexport aus "Verantwortung"

Von Fred Schmid, isw *

Sie reklamieren mehr deutsche „Verantwortungsbereitschaft“ für den Globus – der präsidiale Pastor, die tarnfleckige UvdL und der Aussen-Uhu. Auch die Kanzlerin verwendet gern Begriffe wie „Partnerschaft“ und „Verantwortung“, z.B. wenn es um Waffenverkäufe in Krisenregionen wie den Nahen Osten geht. Um hochbrisante 24 Prozent hat die Bundesregierung die Ausfuhrgenehmigungen für solche Art Verantwortungsexport im vergangenen Jahr gesteigert. Auf insgesamt 5,8 Milliarden Euro bei Großwaffen, wie aus parlamentarischen Anfragen der Linksfraktion und der Grünen hervorgeht.

Mit 3,6 Milliarden Euro (Anteil 62%) ist der Wert der Genehmigungen an sogenannte Drittländer, die weder zur EU noch zur NATO gehören, auf ein Rekordniveau gestiegen. Unter den größten Empfängerländern sind allein drei aus dem arabischen Raum – Algerien, Saudi-Arabien und Katar - , die nicht nur als Spannungsgebiete gelten, sondern als Länder mit einer extrem hohen Rate an Menschenrechtsverletzungen. Die saudischen Scheichs und katarischen Emire rüsten ihrerseits fanatische Muslime und Al-Quaida-Kämpfer mit Waffen aus, u.a. im syrischen Bürgerkrieg. Die Geschäfte der „Händler des Todes“ dürften in den nächsten Jahren noch weiter expandieren. So wurde die Ausfuhr von 62 Leopard-Panzern und 24 Panzerhaubitzen an das Scheichtum Katar für die Jahre 2015 bis 2018 genehmigt. Der Panzerdeal gilt zugleich als Türöffner zur gesamten arabischen Halbinsel. Die Saudis wollen jeweils mehrere Hundert Radpanzer Boxer und Leopard-Kettenpanzer mit Bürgerkriegsausrüstung bestellen. Sie erhalten vorerst nur 60 Patrouillenboote zur Küstenüberwachung.

Im vergangenen Jahr erhielt das Scheichtum für 35 Millionen Euro Kleinwaffen: Gewehre, Maschinenpistolen, Handgranaten und tragbare Raketenwerfer – mehr als ein Viertel des deutschen Kleinwaffenexports, der eine Steigerungsrate von 43 Prozent aufwies. Wofür es das Schießgerät gebrauchen kann, zeigte die Scheich-Diktatur als sie sich 2012 an der militärischen Niederschlagung der Demokratiebewegung im benachbarten Bahrein beteiligte. Könnte zudem auch sein, dass ein weiterer arabischer Frühling auch vor den Palästen der Scheichs in Riad zu blühen beginnt. Dann würden die Despoten wohl deutsche Gewehre auf Menschen richten, die mehr Demokratie und ein menschenwürdigeres Leben fordern.

Der neue Rekord beim Export von Kanonen und Panzern, aber auch bei G3-Sturmgewehren und Maschinenpistolen zeigt: Der Verkauf von Waffen ist zu einem zentralen Element der außenpolitischen Strategie der Bundesregierung geworden; er ist Teil der Militarisierung der deutschen Außenpolitik geworden. Die Linksfraktion im Bundestag kritisiert, dass Angela Merkel die kritische Debatte um Waffenexporte komplett ignoriere und „immer hemmungsloser auch noch den letzten Diktator mit deutschen Waffen versorgt“. Der Abrüstungsexperte der Linken im Bundestag, Jan von Aken, sagte: „So deutlich und schonungslos zeigt sich die Brutalität der deutschen Außenpolitik nur selten“. Die Kanzlerin macht gar keinen Hehl aus ihren machtpolitischen Ambitionen bei Waffenexporten. Anläßlich der Tagung des zivilen und militärischen Spitzenpersonals der Bundeswehr in der Akademie der Bundeswehr in Strausberg bei Berlin (22.10.12) erklärete sie im Hinblick auf Rüstungsexporte: „Wer sich der Friedenssicherung verpflichtet fühlt, aber nicht überall auf der Welt eine aktive Rolle in der Friedenssicherung übernehmen kann, der ist auch dazu aufgerufen, vertrauenswürdigen Partnern zu helfen, damit sie entsprechende Aufgaben übernehmen“. Als Delegierung von Verantwortung dürften das die Verantwortungsprediger vom Schlage Gaucks wohl einstufen.

Und Merkel weiter: „Es liegt in unserem Interesse … wenn wir Partner dazu befähigen, sich für die Bewahrung oder Wiederherstellung von Sicherheit und Frieden in ihren Regionen wirksam einzusetzen“. Da könnte in nächster Zeit erhöhter Lieferbedarf bestehen: „Wir fordern den Westen auf , uns moderne Waffen zu liefern“, erklärte die durchgeknallte Präsidentschaftskandidatin und Oligarchin, Julia Timoschenko, die Putin „in den Kopf schießen“ will. „Man muss den russischen Aggressor in seine Schranken weisen“ (zit. nach Spiegel, 12.5.14).

Auch ohne neue Absatzmärkte und Einsatzgebiete für deutsche Waffen, trägt die deutsche Bundesregierung bereits jetzt Verantwortung – Verantwortung für tausendfachen Tod aus deutschen Gewehrläufen und Kanonen-Rohren. Es trifft mehr denn je zu, was die Friedensbewegung bereits vor Jahrzehnten skandierte: „Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt“!

* Dr. Fred Schmid, isw-Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung, München

Quelle: www.kommunisten.de, 21. Mai 2014



Zurück zur Rüstungs- und Rüstungsexport-Seite (Beiträge ab 2014)

Zur Rüstungs- und Rüstungsexport-Seite (Beiträge vor 2014)

Zurück zur Homepage