Tödliche Waffengeschäfte am Pranger
Hilfsorganisationen fordern Kontrolle der internationalen Rüstungsexporte
Von Olaf Standke *
Über zwei Millionen Menschen sind nach Oxfam-Angaben in den vergangenen
drei Jahren als direkte oder indirekte Folge bewaffneter Konflikte
getötet worden. Die Hilfsorganisation forderte gestern (7. Okt.) mit elf weiteren Gruppierungen der weltweiten Kampagne »Waffen unter Kontrolle«, die Gespräche über einen Waffenhandelsvertrag endlich zum Erfolg zu führen.
In der Minute, in der diese Zeilen gelesen werden, stirbt irgendwo auf
der Welt mindestens ein Mensch durch eine Waffe. In derselben Zeit
werden etwa 15 neue produziert, um anschließend Profit zu bringen. Ihr
Einsatz in Kriegen und bewaffneten Konflikten hat allein in den
vergangenen drei Jahren über zwei Millionen Menschen das Leben gekostet,
heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Report der britischen
Hilfsorganisation Oxfam. Hinzu kommen Dutzende Millionen Verletzte,
Vertriebene und Verarmte.
Weltweit sind im Vorjahr Waffengeschäfte im Wert von 55,2 Milliarden
Dollar abgewickelt worden, über die Hälfte gehen auf das Konto der USA.
Aber auch Deutschland gehört zu den wichtigsten Rüstungsexporteuren,
selbst in Konflikt- und Kriegsgebiete. 2007 etwa erteilte die
Bundesregierung Ausfuhrgenehmigungen im Wert von 8,7 Milliarden Euro.
Obwohl geschätzt schon über 650 Millionen Kleinwaffen im Umlauf sind,
werden jedes Jahr acht Millionen weitere hergestellt.
Vor drei Jahren bestätigte die UN-Generalversammlung eine Resolution zur
Ausarbeitung eines Waffenhandel-Kontrollabkomens (Arms Trade Treaty).
153 Staaten unterstützten das Vorhaben, nur die USA stimmten damals
dagegen. Doch die Verhandlungen über einen Vertrag zur Eindämmung der
blutigen Geschäfte kämen nur im Schneckentempo voran, beklagt Oxfam.
Umso wichtiger sei es, dass die verantwortlichen Regierungen bei den in
diesem Monat beginnenden Gesprächen über einen entsprechenden Vertrag zu
einer Einigung gelangen. Spätestens Ende 2012 müsse ein völkerrechtlich
verbindliches Dokument für den internationalen Handel mit
konventionellen Rüstungsprodukten vorliegen, so der Appell der
weltweiten Kampagne.
Eine Gruppe von Staaten (Argentinien, Australien, Costa Rica, Finnland,
Großbritannien, Japan und Kenia) hat Anfang dieser Woche dem
UN-Abrüstungsausschuss in New York den Entwurf für eine Resolution
vorgelegt, die viele Oxfam-Forderungen aufgreift. Doch sei noch viel
Überzeugungsarbeit erforderlich, um Konsens über ein umfassendes
Verhandlungsmandat und ein zügiges Arbeitsprogramm zu erzielen.
* Aus: Neues Deutschland, 8. Oktober 2009
Vereinte Nationen: Verhandlungen zu Waffenhandelsabkommen auf der
Kriechspur?
07.10.2009. Seit dieser Woche tagt der Abrüstungsausschuss der 64.
UN-Generalversammlung. Die Staatengemeinschaft ist sich im Grundsatz
einig: Der weltweit lückenhaft kontrollierte Handel mit konventionellen
Waffen ist ein großes Problem, das dringend gelöst werden muss. Jetzt
besteht Gelegenheit, dieses Bekenntnis in die Tat umzusetzen. Oxfam
befürchtet jedoch, dass nationale Eigeninteressen weniger Staaten zur
Verzögerung umfassender Lösungen führen könnten.
Der neue Oxfam-Bericht "Dying for Action" rechnet vor, dass jedes Jahr
hunderttausende Menschen Opfer von Waffengewalt werden, da wirksame
Beschränkungen des weltweiten Waffenhandels bislang fehlen.
In der laufenden UN-Generalversammlung eröffnet sich die Chance,
endgültig die Weichen für ein globales Waffenhandelsabkommen (Arms Trade
Treaty, ATT) zu stellen. Oxfam und viele andere internationale
Nichtregierungsorganisationen arbeiten seit Jahren auf ein solches
Kontrollabkommen hin und fordern die UN-Mitgliedsstaaten jetzt auf,
dafür ein dreijähriges Verhandlungsprogramm zu beschließen und die
erforderlichen Budgetmittel bereitzustellen. 2012 könnte dann eine
Vertragskonferenz stattfinden, auf der das Kontrollabkommen
unterschriftsreif ausgearbeitet werden könnte.
Eine Gruppe von Staaten (Argentinien, Australien Costa Rica, Finnland,
Großbritannien, Japan und Kenia) hat Anfang dieser Woche dem
UN-Abrüstungsausschuss den Entwurf für eine Resolution vorgelegt, die
viele Oxfam-Forderungen aufgreift. In den kommenden Sitzungswochen wird
allerdings noch viel Überzeugungsarbeit erforderlich sein, Konsens unter
den UN-Mitgliedern für ein wirklich umfassendes Verhandlungsmandat und
ein zügiges Arbeitsprogramm zu erzielen.
Oxfam-Beobachter berichten in den kommenden Wochen live im Internet von
den laufenden UN-Debatten in New York. Die englischsprachigen
Blogbeitrage erscheinen unter www.conflictvoice.org. Eine andere
Möglichkeit, Neuigkeiten zum UN-Prozess zu verfolgen, wird über den
Internetdienst Twitter angeboten (entsprechende Meldungen werden unter
dem Suchbegriff "#armstreaty" angezeigt).
Quelle: Deutschsprachige Website von Oxfam, 7. Oktober 2009; www.oxfam.de
Hier geht es zum vollständigen Report von Oxfam:
Dying
for Action (pdf-Datei, externer Link)
Zu weiteren Beiträgen über Rüstung und Rüstungsexport
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