"Es ist schon dreist, mir Lügen zu unterstellen"
Trotz Bestätigung aus Saudi-Arabien: Bundesregierung dementiert Verkauf von Leopard-2-Panzern. Gespräch mit Jan van Aken *
"Es ist schon dreist, mir Lügen zu unterstellen"
Trotz Bestätigung aus Saudi-Arabien: Bundesregierung dementiert Verkauf von Leopard-2-Panzern. Gespräch mit Jan van Aken
Jan van Aken ist Bundestagsabgeordneter der Partei Die Linke und Mitglied im Auswärtigen Ausschuß.
Die Online-Ausgabe von Die Welt titelte am Freitag: »Der schmutzige Panzer-Deal eines Linken-Politikers«. Gemünzt ist das auf Sie und Ihre vermeintlich unlauteren Enthüllungen über den Verkauf von 270 Leopard-2-Panzern an Saudi-Arabien. Die Bundesregierung bestreitet bis heute hartnäckig, die Genehmigung dafür erteilt zu haben. Sie dementiert auch, daß der deutsche Militärattaché in Riad das Geschäft bestätigt habe, wie Sie behaupten. Wer hat denn nun Recht?
Es ist schon dreist von der Bundesregierung, mir Lügen zu unterstellen. Sie vertuscht und verheimlicht seit Monaten das schmutzige Panzergeschäft mit Saudi-Arabien und glaubt immer noch, das an der Öffentlichkeit vorbei einfädeln zu können. Richtig ist sicherlich, daß es noch keinen Vertrag über den Verkauf gibt, der würde ja erst nach einer Vorabgenehmigung der Bundesregierung kommen. Aber richtig ist auch, daß mir der deutsche Militärattaché in Riad, Herr Nitsche, am 4. Oktober gesagt hat, daß Saudi-Arabien 270 Leopard-Panzer kaufen wolle. Laut Herrn Nitsche habe die deutsche Industrie befürchtet, daß ihr der Panzerdeal von den Spaniern weggeschnappt wird, deshalb habe sie einen Exportantrag an die Bundesregierung gestellt.
Der Militärattaché ist nicht der einzige, auf den Sie sich berufen ...
Nein, direkt nach dem Gespräch mit Herrn Nitsche hat auch General Abdullah Al-Saleh vom saudischen Verteidigungsministerium mir persönlich bestätigt, daß die Herstellerfirma Krauss-Maffei/Wegmann bereits bei ihm vorgesprochen habe.
Man macht Ihnen jetzt den Vorwurf, nichts von alledem in Ihrem Reisebericht ans Parlament erwähnt zu haben. Warum sind Sie erst nachträglich damit herausgerückt?
Auf der Reise hatte mich ein Zeit-Journalist begleitet. Wir hatten vereinbart, daß er die Zahl 270 sowie die Bestätigung durch Nitsche und Al-Saleh exklusiv verwenden kann. Deshalb habe ich das nach der Reise nicht in meine öffentlichen Berichte mit aufgenommen – das gilt für den Bericht an den Bundestag genauso wie für die Veranstaltungen, die ich danach durchgeführt habe. Solche Absprachen mit Journalisten zu exklusiven Storys sind überhaupt nichts Besonderes, sondern gang und gäbe. Es würde mich schon sehr wundern, wenn das ausgerechnet den Mitarbeitern der Welt neu wäre. Inzwischen hat der Zeit-Journalist seinen Bericht am Donnerstag veröffentlicht – und alles aus meiner Sicht korrekt wiedergegeben.
Die Welt mutmaßt, Sie würden es im Kampf gegen Rüstungsexporte womöglich »mit der Wahrheit nicht so genau« nehmen. Was erwidern Sie darauf?
Ach, dieser Welt-Artikel ist doch nur ein ganz schlechtes Stück Propaganda. Die wissen selbst, daß die Dementis der Bundesregierung durch nichts belegt sind und meine Version im Zweifelsfall auch durch Dritte bestätigt werden könnte. Das eigentlich Furchtbare ist doch, daß die Wahrheit bei den Rüstungsexporten oft noch schlimmer ist als jede Räuberpistole, die man sich ausdenken könnte. Das Problem ist ja nicht das Fehlverhalten einzelner Akteure oder ein plumper Vertuschungsversuch der Regierung. Das wirkliche Problem ist, daß deutsche Konzerne Milliarden mit diesem tödlichen Geschäft machen und dabei Jahr für Jahr von jeder Bundesregierung unterstützt werden.
Wenn Ihre Version stimmt, dann ist der Regierung die Sache offenbar höchst unangenehm. Ist das nicht ein gutes Vorzeichen, den Deal noch stoppen zu können?
Natürlich weiß die Bundesregierung genau, daß dieser Deal falsch ist. Und sie ist sich bewußt, daß sich in der deutschen Bevölkerung eine erfreulich große Mehrheit klar gegen diese Art von Exporten ausspricht. Ob das Geschäft noch gestoppt werden kann, hängt in diesen Tagen vor allem davon ab, ob sich dieser Druck auswirkt und sich die etwas Vorsichtigeren in den Regierungsparteien durchsetzen können. Nach Spiegel-Informationen soll der Deal ja noch in diesem Jahr erneut im Bundessicherheitsrat Thema sein – allein das zeigt, daß es reichlich Druck gibt. Ich glaube jedenfalls, daß der Deal momentan auf der Kippe steht.
Interview: Ralf Wurzbacher
* Aus: junge Welt, 10. Dezember 2011
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