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"Wir wollen nicht für die Rüstungsindustrie arbeiten"

Kleiner Betrieb in der Toskana lehnt großen Auftrag ab

Von Anna Maldini, Rom *

In der Toskana hat ein kleiner Betrieb einen großen Auftrag abgelehnt, der die Firma erst einmal aus einer tiefen Krise herausgeführt hätte. Der Grund: Man hätte indirekt für die Rüstungsindustrie gearbeitet und das können Eigentümer und Belegschaft nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren.

Die Nachricht ist nur langsam durchgesickert: die Morellato Termotecnica aus Ghezzano vor den Toren von Pisa wollte sie nicht an die große Glocke hängen, weil man »mit Prinzipien keine Werbung machen sollte«. Aber dann wurde es doch bekannt. Der Betrieb, der sich hauptsächlich mit erneuerbaren Energien und Kühlsystemen beschäftigt und in der augenblicklichen Krise schon einen Teil der Beschäftigten auf Kurzarbeit setzen musste, hat einen großen Auftrag abgelehnt, weil er sich nicht mit den »ethischen Grundlagen« der Firma vereinbaren lässt.

Der 32-jährige Valerio Morellato, der den Familienbetrieb leitet, erzählt das so: »Bei uns hat sich die WAAS, ein großes Unternehmen gemeldet, das eine Kühlanlage für eine besondere Wanne wollte. Unsere Ingenieurin Valentina Bonetti hat die Sache bearbeitet und fast zufällig herausgefunden, was es damit auf sich hatte«. In dieser Wanne sollten Torpedos getestet werden, die WAAS an Marineeinheiten rund um den Erdball verkauft.

Morellato rief eine erste Betriebsversammlung ein, an der aber nur einige der etwa 30 Beschäftigten teilnahmen. Dort legte der junge Unternehmer seine Zweifel dar und hatte schnell alle Anwesenden auf seiner Seite: »Wir wollen nicht, auch nicht indirekt, für die Rüstungsindustrie arbeiten!«. Doch solche eine Entscheidung, darin war man sich ebenfalls einig, muss von der gesamten Belegschaft genaustens überdacht und eventuell mitgetragen werden, zumal sie ja auch wichtige Auswirkungen auf die Arbeiter und ihre Familien haben würde. Nimmt man den Auftrag an, hat man erst einmal ein gutes Finanzpolster, mit dem sich die kommenden Krisenmonate leichter überstehen lassen; lehnt man ab, bleiben die großen Geldsorgen bestehen und muss man demnächst vielleicht sogar Arbeitnehmer entlassen.

Nach tagelangen Diskussionen wurde dann eine Art Referendum einberufen, bei dem jeder - vom Chef bis zum Hilfsarbeiter - seine Stimme abgeben konnte. Trotz der Bedenken und Zweifel von Valerio Morellato, für den aber »das Zusammenwirken von Prinzipien und Produktion« zu den Grundlagen der »sozialen und ethischen Verantwortung« eines Unternehmens gehört, war das Ergebnis eindeutig. Die übergroße Mehrheit der Belegschaft stimmte gegen den Auftrag und am 9. Juli schickte Morellato Termotecnica eine Mail an WAAS, mit der sie dankend ablehnte: »Wir können unsere Fähigkeiten nicht in den Dienst einer Sache stellen, mit der man Kriegstechnologien entwickelt«.

Für diese mutige Entscheidung erntete die Firma viel Lob - aber die finanziellen Schwierigkeiten bleiben bestehen. »Für die Summe, die wir von WAAS erhalten hätten, müssten wir 38 Aircondition oder 12 Photovoltaik-Anlagen installieren - und das ist derzeit extrem schwierig, da die Menschen in der Krise sparen müssen und der Staat die Anreize für erneuerbare Energiequellen gekürzt hat«. Auch deswegen hat Morellato schließlich beschlossen, selbst an die Öffentlichkeit zu gehen: »Ich bitte alle Bürger, die uns ihre Solidarität ausgesprochen haben, sich an die Morellato Termotecnica zu erinnern, wenn sie einen Auftrag zu vergeben haben«. Bisher sind nur zwei Anfragen eingegangen. Trotzdem hat der junge Chef des Unternehmens die Entscheidung nicht bereut: »Ich bin stolz darauf, mit Menschen zusammenzuarbeiten, für die Umwelt, Gerechtigkeit und Rechte wirklich Ideale und nicht nur leere Worthülsen sind.«

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 26. Juli 2012


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