Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Hoffnung auf Exportmotor Rüstung?

Eine Studie der IG Metall sorgt für Irritationen

Von Peter Nowak *

Deutschen Waffen, deutsches Geld ... schaffen Arbeitsplätze? Die IG Metall spricht sich in einer Studie für den Ausbau der maritimen Rüstung aus.

Die »Einsatzfähigkeit« der Kriegsmarine gegen die »Bedrohung des freien Warenverkehrs« muss ebenso sicher gestellt werden wie die »Exportfähigkeit« deutscher Waffen. Diese Anforderungen an die deutsche Rüstungsindustrie stammen aus einer von der IG Metall in Auftrag gegebenen Studie mit dem Titel »Perspektiven der deutschen militärischen Schiffbaukapazitäten im europäischen Kontext«.

Zu den Autoren gehören Kai Burmeister, der beim IG-Metall-Vorstand für Wehrtechnik zuständig ist, und die gewerkschaftsnahen Unternehmensberatungen Wilke, Maack und Partner in Hamburg und PCG-Project Consult in Essen. Die Studie war bereits 2010 fertig, aber erst vor wenigen Wochen durch einen Artikel auf der Webseite von German Foreign Policy bekannt geworden. Im Vorwort setzen Wolfgang Rohde vom IG Metall Vorstand und die Bezirksleiterin der IG Metall Küste Jutta Blankau Hoffnungen »auf die Wachstumsmärkte außerhalb Europas«. So heißt es dort, »tatsächlich planen einige Schwellenländer milliardenschwere Beschaffungen von Marineeinheiten«.

Für die Rüstung als Exportmotor sprechen sich auch die Verfasser der Studie aus. Sie weisen darauf hin, dass in den letzten beiden Jahrzehnten »allenfalls 20 bis 30 Prozent der national vorhandenen Entwicklungs- und Fertigungskapazität« der deutschen Marine ausgelastet gewesen seien. Seit den 60er Jahren seien 35 der in deutschen Werften gebauten U-Boote für die deutsche Marine und 81 Boote für den Export bestimmt gewesen. Das Bemühen »um eine gemeinsame Rüstungs- und Technologiebasis als Baustein einer glaubwürdigen und zukunftsfähigen europäischen Sicherheitspolitik« wird als Zielstellung der Studie benannt.

Nach dem Vorbild des Flugzeugträgerbaus schwebt den Verfassern eine Zusammenführung von Unternehmen im Marinebereich zu einer »EADS der Meere« vor. Hinter dem Kürzel verbirgt sich Europas größter Luft- und Raumfahrtkonzern, der mittlerweile auch zu den führenden Rüstungsfirmen gehört. So viel Unterstützung für die deutschen Rüstungsinteressen ist in- und außerhalb der Gewerkschaften auf Kritik gestoßen. Die Gewerkschaft nehme in Kauf, dass Entwicklungs- und Schwellenländer auch zukünftig mit dem Kauf deutscher Waffensysteme die Entwicklungshilfe mehrfach wieder zurückzahlen sollen. Sie verzichtet auf Widerspruch dagegen, dass Diktatoren und Terrorfinanzierer wie das Regime in Saudi-Arabien auch weiterhin deutsche Rüstungsgüter erhalten«, moniert die Bundestagsabgeordnete der LINKEN Kathrin Vogler in einer Mitteilung. Die Gewerkschafterin fragt sich, ob das noch die gleiche IG Metall ist, die einst über Kriegsdienstverweigerung und Alternativen zur Rüstungsproduktion aufklärte.

In einer Stellungnahme verwahrt sich der AK Wehrtechnik bei der IG Metall gegen die Vorwürfe. Dort wird der Bericht von German Foreign Policy als »Schmähschrift« bezeichnet, die der Denunziation und nicht der Argumentation diene. Es werde nicht zwischen den »analytischen Beschreibungen der Strategie der Bundesregierung und der NATO« und den Auffassungen der IG Metall unterschieden, moniert der Arbeitskreis. Er verweist auf das Vorwort der Studie, wo allgemein über friedenspolitische Grundsätze gesprochen geschrieben wird. Warum die IG Metall die Studie nicht ins Internet stellt, damit sich Interessierte selber von der Stichhaltigkeit der Kritik überzeugen können, bleibt offen. Sie kann allerdings unter der Adresse wi@igmetall.de bestellt werden.

* Aus: neues deutschland, 7. Oktober 2011


Zurück zur Seite "Rüstung, Rüstungsexport"

Zur Gewerkschafts-Seite

Zurück zur Homepage