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Interesse an israelischen "Reihern"

Bundeswehr will Aufklärungsdrohne – am besten eine mit Erfahrung

Von René Heilig *

Die Bundeswehr hat angeblich Fähigkeitslücken. Eine betrifft den Bereich Aufklärung durch unbemannte Fluggeräte, kurz UAV. Bislang stand ein US-Muster ganz oben auf der Wunschliste der Luftwaffe, doch nach dem Krieg in Gaza gewinnt nun das Konkurrenzmuster »Heron« Höhe.

Das deutsche Militär schwächelt in den Bereichen »Überwachung und Lageaufklärung« sowie »Ziel und Wirkungsaufklärung«. Beides sei wichtig, um in der obersten Globalliga »mitspielen« zu können. Bereits im Bundeswehrplan 2008 hatte man mit der Beschaffung des US-Models »Predator B« geliebäugelt. 165 Millionen Euro sind für die UAV-Anfangsausstattung vorgesehen. Zwischen 2010 und 2012 will man fünf »Systeme für die Abbildende Aufklärung in der Tiefe des Einsatzgebietes« (SAATEG) beschaffen.

Die Tiefe des Einsatzgebietes ist derzeit in Afghanistan. Dort und in Pakistan hat das US-Muster auch als Waffenträger seine Tauglichkeit unter Beweis gestellt. Mit Kriegserfahrung können nun auch die Hersteller des »Heron« – zu deutsch: Reiher – aufwarten.

Der von Israel Aerospace Industries (IAI) hergestellte Flugkörper spielte eine wesentliche Rolle beim jüngsten Angriff auf den palästinensischen Gazastreifen. Zudem kann der »Heron« länger in der Luft bleiben. 36 Stunden lang übermitteln Sensoren und Kameras in Echtzeit Daten an die Bodenstelle und prüfen die Wirkung von Angriffen.

»Das zu beschaffende UAV-System soll in der Lage sein, eine im Rahmen der Missionsplanung berechnete und einprogrammierte Flugroute mit hohem Autonomiegrad abzufliegen. Darüber hinaus soll es aber auch möglich sein, das Fluggerät jederzeit über einen geeigneten Datenlink von der Bodenstation aus zu steuern«, erklärt Verteidigungsstaatssekretär Thomas Kossendey (CDU) auf eine aktuelle Anfrage der FDP-Fraktion.

Israels »Heron« kann beides. Zudem muss man nicht US-Satellitentechnik nutzen, die deren Betreibern Einblicke in deutsche Absichten vermittelt.

Nun ist der Wettbewerb wieder offen. Das »Vergabeverfahren dauert noch an«, eine Entscheidung – obwohl planungstechnisch längst überfällig – wurde »noch nicht getroffen«, sagt Kossendey.

Bei der Auftragsvergabe werden nach Ansicht von Insidern auch wirtschaftliche Gründe eine Rolle spielen. Deutschland hat durch seine Rüstungszusammenarbeit mit Israel – unter anderem die Lieferung der 2. U-Boot-Tranche – gewisse Guthaben. Das zeigt sich beispielsweise bei der EuroSpike GmbH, in der die deutschen Rüstungsfirmen Diehl und Rheinmetall mit der israelischen Rafael Advanced Defence System Ltd. zusammen Raketen entwickeln. Bereits im vergangenen Sommer hatten Rheinmetall und IAI einen Kooperationsvertrag über die Vermarktung der »Heron TP« geschlossen.

Dass der israelische »Reiher« offenbar zum Besten gehört, was auf dem Markt angeboten wird, haben auch Russlands Aufrüster entdeckt. In Moskau diskutiert man derzeit über die Freigabe von 100 Millionen US-Dollar zum Ankauf der Drohne.

* Aus: Neues Deutschland, 29. Januar 2009


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